Protocol of the Session on July 11, 2013

Sie erfassen mit Ihrem Gesetzentwurf nur einen Bruchteil aller Haushaltsmittel im Verkehrsbereich. Um das anhand eines Bildes deutlich zu machen: Sie kümmern sich um die Regelung des Durchflusses am Kaitzbach, vergessen aber, dass die Elbe nebenan fließt. Das ist nicht ausreichend, liebe GRÜNE.

Wir sprechen bei den Entflechtungsmitteln über ein Gesamtvolumen von circa 88 Millionen Euro nur für den Verkehrsbereich. Für den ÖPNV insgesamt fließen 600 Millionen Euro. Vor diesem Hintergrund ist unklar, warum Sie nur diese 88 Millionen Euro quotieren wollen. Sie wissen selbst, dass sich die ÖPNV-Finanzierung in Sachsen aus mehreren Quellen speist. Es sind die Regionalisierungsmittel und die Entflechtungsmittel des Bundes, es sind Eigenmittel des Landes, und es sind Gelder der EU.

Da ist es ein großer Erfolg für Sachsen, dass wir EFREMittel für das Chemnitzer Modell einsetzen konnten oder mittlerweile auch für die Aufstockung des Investitionsprogramms nutzen. Ich darf Sie bitten, in das aktuelle Landesinvestitionsprogramm für den ÖPNV-Bereich zu schauen. Dabei stellen Sie fest, dass in diesem Jahr ohne den City-Tunnel 114 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Vergleichen Sie das einmal mit 2009: Damals waren es noch 97 Millionen Euro. Das ist eine ordentliche Steigerung, die dem ÖPNV zugutekommt, meine Damen und Herren.

(Lachen der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Ihr Gesetz, Frau Jähnigen – da brauchen Sie gar nicht zu lachen –, ist eben nicht nur überflüssig, sondern auch schädlich. Die kommunalen Spitzenverbände haben in ihren Stellungnahmen ausdrücklich darauf verwiesen, dass Sie wieder einmal Ihr beliebtes Spiel „Schiene gut, Straße böse“ spielen. Dieses Schwarz-Weiß-Spiel machen wir nicht mit, Frau Jähnigen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Aus diesem Grund haben wir im aktuellen Doppelhaushalt pro Jahr 13 Millionen Euro zusätzlich für den kommunalen Straßenbau zur Verfügung gestellt. Das sind im aktuellen Doppelhaushalt insgesamt 250 Millionen Euro. Davon profitieren nicht nur die von Ihnen so gehassten Autofahrer. Nein, über Straßen rollen eben auch Busse, da fahren auch Radfahrer, und eine Verbesserung der Straßenverhältnisse dient auch der Verkehrssicherheit, und damit gibt es weniger Unfälle, weniger Verletzte, weniger Tote. Dazu bekennen wir uns, meine Damen und Herren.

Die GRÜNEN kämpfen natürlich mit ihren ökoideologischen Scheuklappen weiterhin gegen alles, was irgendwie nach Straßenbau aussieht.

(Zuruf des Abg. Michael Weichert, GRÜNE)

Ich darf daran erinnern, dass Sie 123 Millionen Euro beim kommunalen Straßenbau im aktuellen Doppelhaushalt kürzen wollen. Sie erzählen uns hier, Sie wollten in den Erhalt investieren. Tatsächlich wollen Sie das Geld kürzen und den Staatsstraßenbau auf null setzen. Das ist die Wahrheit, Frau Jähnigen. Stehen Sie wenigstens dazu!

(Beifall bei der FDP)

Im Gegensatz zu Ihnen gibt es bei uns nicht das Gut und Böse, sondern wir stehen für einen integrierten Verkehrsansatz, bei dem jeder Verkehrsträger seine Rolle spielt und im Übrigen auch seine Vorteile ausspielen kann. Wir wollen vernetzen und nicht ideologisch gegeneinander ausgrenzen.

Wenn Sie immer davon reden – das tun Sie ja –, dass allein der Schienenverkehr das einzige Heil sei, dann übersehen Sie, dass rund 46 % der sächsischen Gemeinden überhaupt keinen Schienenanschluss haben.

(Zuruf der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Die Menschen in diesen Regionen wissen ganz genau, dass Autos und Busse kein Teufelszeug sind. Auf den Straßen rollt der Individualverkehr, aber in vielen Regionen des ländlichen Bereichs eben auch der ÖPNV.

(Zuruf der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Deshalb sind intakte Straßen wichtig für die Verkehrssicherheit.

Frau Jähnigen, auf manchen Strecken könnten wir die Bedienfrequenz für den ÖPNV deutlich erhöhen, wenn wir statt leerer Züge sinnvoll kleinere Busse fahren ließen. Dann könnten wir einen Ort nicht dreimal, sondern fünf- oder sechsmal am Tag bedienen. Das wäre mit denselben Kosten drin, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Wir werden uns auch weiterhin dafür einsetzen, dass die Mittel für den Verkehr in Sachsen ausgewogen und bedarfsgerecht eingesetzt werden. Der Gesetzentwurf der GRÜNEN ist überflüssig. Er ist undurchdacht. Er schadet den kommunalen Interessen. Deshalb lehnen wir ihn ab.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren! Für die NPD-Fraktion spricht Herr Abg. Gansel. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meistens starten die GRÜNEN parlamentarische Initiativen, um irgendwelchen gesellschaftlichen Randgruppen staatliche Fördermittel zuzuschanzen. Manchmal sind es geschlechtlich indifferente Genderopfer, denen Unisextoiletten spendiert werden sollen. Manchmal sind es – Sie erinnern sich noch an diesen Antrag hier im Hohen Haus – sogenannte Aschkali- und Balkanägypter, bei denen man nicht weiß, ob die GRÜNEN sie vor der Abschiebung nach Kairo oder Transsilvanien bewahren wollen.

(Zuruf von den LINKEN: Das ist eine Unverschämtheit!)

Nein, das ist keine Unverschämtheit. Das ist die Wahrheit. Manchmal sind es – Sie erinnern sich noch an die Große Anfrage der GRÜNEN – schwule Fußballfans sowie Homorentner und deren Lebenssituation im Freistaat Sachsen. Ich erinnere Sie nur an Ihre absurden Anträge.

Es gibt aber auch für die GRÜNEN eine parlamentarische Sternstunde. Die ist dann gegeben, wenn man sich ausnahmsweise einmal mit den Interessenlagen der Mehrheitsbevölkerung auseinandersetzt. Wenn es um das Thema der Finanzversorgung der sächsischen Kommunen und des öffentlichen Personennahverkehrs geht, haben die GRÜNEN tatsächlich auch einmal ein Mehrheitsanliegen der Bevölkerung erreicht und thematisiert – dazu vonseiten der NPD erst einmal einen herzlichen Glückwunsch.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Der Freistaat Sachsen erhält jährlich etwa 88 Millionen Euro aus Bundesmitteln zur Förderung des kommunalen Straßenbaus und des öffentlichen Personennahverkehrs. Ab dem 1. Januar des nächsten Jahres entfallen zwar nicht die Zuschüsse, aber deren Zweckbindung. Deswegen sieht auch die NPD die Gefahr, dass die Staatsregierung die Bundeszuschüsse nicht etwa für notwendige verkehrsinfrastrukturelle Maßnahmen verwendet, sondern anderweitig verplant. Wir hatten das Thema der Sächsischen Landesbank erst gestern diskutiert. Es ist wieder einmal mehr als deutlich und in Erinnerung gerufen worden, dass auch die CDU-geführte Landesregierung Sachsens nicht mit Geld umgehen kann. Noch schlimmer ist, dass sie es in Gestalt der früheren

Sächsischen Landesbank zugelassen und gefördert hat, dass mit Steuergeld auf den internationalen Finanzmärkten spekuliert und gezockt wird, anstatt die Gelder etwa in die Ausbesserung der Straßen und in eine bessere Anbindung des ländlichen Raums an den ÖPNV zu stecken.

Wie die NPD schon im Jahr 2008 befürchtete, haben sich die Spekulationsverluste der Landesbank mittlerweile zu einem Milliardendebakel ausgeweitet. Da die erste Milliarde Euro sächsischer Steuergelder zur Begleichung der Spekulationsverluste bereits draufgegangen ist und sich der Gesamtschaden bekanntlich auf bis zu 2,75 Milliarden Euro belaufen könnte, ist es aus Sicht der NPD höchste Zeit, die nach Sachsen fließenden Bundesmittel weiterhin unter Zweckbindung zu halten, damit sie nicht indirekt doch zur Begleichung des Landesbankdesasters zweckentfremdet werden können.

Deswegen findet der GRÜNEN-Antrag grundsätzlich die Zustimmung der NPD, aber auch nur grundsätzlich. Wir würden eine andere Schwerpunktsetzung bei der Verteilung und dem Einsatz der Mittel vornehmen. Für die NPD muss die Wiederherstellung funktionstüchtiger Straßen, die dringend notwendige Schlaglochsanierung bzw. die Schaffung winterfester Asphaltwege, absoluten Vorrang vor dem Bau und dem Ausbau von Radwegen haben. Die Sanierung von Schlaglochpisten ist übrigens nicht nur im Interesse der vielen Arbeitspendler, sondern auch des ÖPNV, da nicht nur der Individual-, sondern eben auch der Busverkehr unter beschädigten Straßen zu leiden hat. Wichtiger als der Ausbau von Radwegen ist für die NPD die Aufstockung der ÖPNV-Förderung, damit ältere Mitbürger und solche Menschen, die sich ein eigenes Auto nicht leisten können, im ländlichen Raum nicht sprichwörtlich abgehängt werden.

In einem weiteren Punkt widerspricht die NPD deutlich: Die GRÜNEN behaupten, dass die Aufgaben der Daseinsvorsorge im sogenannten demografischen Wandel den Um- und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur nach ihren Vorstellungen erfordern würden. Nein, der sogenannte demografische Wandel ist ebenso wenig ein Naturgesetz wie das Desaster der Sächsischen Landesbank. Deswegen dürfen wir uns auch nicht mit der demografischen Katastrophe und dem drohenden Volkstod abfinden, sondern müssen familien- und bevölkerungspolitisch endlich kraftvoll gegensteuern.

Meine Damen und Herren, dafür sind die heutigen GRÜNEN im Gegensatz zu ihren früheren Gründervätern Herbert Gruhl und Baldur Springmann die denkbar schlechtesten Ansprechpartner.

Wir können uns bei diesem Antrag aus den eben genannten Gründen nur enthalten.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine zweite Runde? – Aus den Reihen der Fraktionen sehe

ich keine Wortmeldung. Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Es spricht Herr Staatsminister Dr. Martens für den Verkehrsminister. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! In der Tat vertrete ich den sich im Ausland befindenden Verkehrsminister.

Meine Damen und Herren! Ein Sächsisches Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, wie es die GRÜNEN hier vorschreiben, ist aus Sicht der Staatsregierung weder erforderlich noch sinnvoll. Durch den beschlossenen Doppelhaushalt 2013/2014 und die Nutzung der Mittel im Rahmen der sonstigen kommunalen Förderprogramme – hier in erster Linie die Richtlinie für den kommunalen Straßen- und Brückenbau und für den ÖPNV – ist eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in Sachsen sichergestellt. Der Bund wird die Entflechtungsmittel in Verlängerung der bis zum Jahr 2013 zur Verfügung gestellten Mittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz des Bundes noch bis zum Jahr 2019 in konstanter Höhe fortsetzen. Diese Mittel sind für investive Zwecke vorgesehen. Wie sie jedoch für die Aufgabenerledigung eingesetzt werden, obliegt der Entscheidung des sächsischen Haushaltsgesetzgebers.

Die Föderalismusreform hat den Ländern mehr Eigenverantwortung gebracht. Deswegen hat sich die Staatsregierung auf Bundesebene gegen eine unnötige Zweckbindung investiver Mittel im Entflechtungsgesetz ausgesprochen. Im Jahr 2013 stehen für die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden 1,335 Milliarden Euro zur Verfügung. Auf den Freistaat Sachsen entfallen davon rund 88 Millionen Euro. Das sind etwa 6,5 %.

Wenn man sich einmal anschaut, welche Mittel allein in Sachsen im Jahr 2013 für die Unterstützung der kommunalen Infrastruktur zur Verfügung stehen, ist leicht zu erkennen, dass die Entflechtungsmittel nur eine Refinanzierungsquelle von mehreren Quellen sind. Wir haben 114 Millionen Euro für den öffentlichen Personennahverkehr und 185 Millionen Euro, einschließlich Ausgabenreste, für den Bereich des kommunalen Straßen- und Brückenbaus zur Verfügung. Wir wissen noch nicht, ob und in welchem Umfang EU-Mittel zur Verfügung stehen werden. Der Einsatz der Mittel wird jeweils im Gesamtzusammenhang zu sehen sein.

Die Steuerung dieser Mittel über den Haushalt ist einfacher, situationsbezogen und zuverlässiger als über den Gesetzesvorschlag. Ein Beispiel für eine völlig wirkungslose Zweckbindung findet sich etwa im früheren Mineralölsteuergesetz und heutigem Energiesteuergesetz. Der Bundesfinanzminister verfügt hier jährlich im Rahmen seiner Haushaltskompetenz eine andere Verwendung. Die Mineralölsteuer kommt in viel zu geringem Maß dem Straßenbau zugute, wodurch unter anderem der Bereich der Bundesfernstraßen seit Jahren chronisch unterfinanziert ist. Sinnvoller wäre es, die jeweiligen Haushalte direkt mit Mitteln auszustatten.

Der Gesetzentwurf sieht eine Quotierung der Mittel vor: 70 % für den ÖPNV, 20 % für den motorisierten Individualverkehr und 10 % für den Radverkehr. Abgesehen davon, dass diese Verteilung der realen Verteilung auf Verkehrsträger bei Weitem nicht entspricht und nicht gerecht wird, ist diese Festlegung nicht sinnvoll, da sie dem jeweiligen Bedarf in den Gemeinden überhaupt nicht gerecht werden kann. Eine Beurteilung, wo und für welche Vorhaben die Mittel in den Gemeinden sinnvoll verwendet werden sollen, sollte stets auf der Grundlage der Kenntnis des Zustandes der lokalen Verkehrsnetze erfolgen und nicht durch eine Quotenregelung eingeschränkt werden. Zudem gibt es ohnehin keine derart klare Abgrenzung. Verbesserungen im Straßenbau kommen häufig nicht nur einem Verkehrsträger, sondern zugleich mehreren zugute, etwa dem ÖPNV und dem Bau von Straßen.

(Eva Jähnigen, GRÜNE: Das sieht das Gesetz ja vor!)

Der Busverkehr im ländlichen Raum profitiert auch vom kommunalen Straßenbau. Für den Radverkehr gilt das in vielen Fällen in gleicher Weise.

Bei Betrachtung der Fördergegenstände fällt auf, dass heute bereits solche Bereiche gefördert werden – mit Ausnahme des Carsharing; das ist ein privates Modell, das muss auch nicht gefördert werden. Die vernetzenden Maßnahmen, die Verkehrsträger übergreifenden Mobilitätsformen werden auch durch feste Quotierungen nicht gefördert, sondern eher behindert.

Zur Förderung von ÖPNV und Radverkehr stehen mit den genannten Richtlinien praxisnahe und bewährte Werkzeuge zur Verfügung. So ist beispielsweise eine Förderung kommunaler Radweganlagen mit einem Fördersatz von 75 bis 90 % heute schon möglich. Eine Quotierung nach Verkehrsträgern würde die Städte in der Ausübung ihrer Planungshoheit dagegen eher behindern.

Schließlich lassen Sie mich noch auf eines hinweisen: Der Gesetzentwurf der GRÜNEN aus dem Jahr 2012 sieht eine Evaluierung vor – eben im Jahre 2012 – und den Ablauf der Quotierung im Jahr 2016. Wir haben den Haushalt 2013/2014 verabschiedet, das heißt, nach diesem Gesetz hätten wir noch zwei ganze Jahre zur Verfügung, und das ist augenscheinlich viel zu kurz, um irgendwelche der im Antrag genannten Effekte erzielen zu können. Im Ergebnis hält die Sächsische Staatsregierung deshalb die bestehenden Gesetze und Richtlinien für ausreichend, um auch weiterhin eine bedarfsgerechte Förderung der kommunalen Verkehrsvorhaben zu gewährleisten. Der vorliegende Gesetzesvorschlag ist weder erforderlich noch sinnvoll, er führt vielmehr eine unnötige feststehende Regulierung mit seinen Quoten ein. Die Staatsregierung bittet daher, diesen Gesetzentwurf nicht anzunehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)