Protocol of the Session on June 20, 2013

Sie führen gerade eine Diskussion darüber. Ich erinnere an die Länder, in denen Sie in der Verantwortung sind.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Wir reden über Sachsen!)

Der Beamte im Polizeieingangsamt – eins zu eins vergleichbar – bekommt im schönen Brandenburg

1 890 Euro und im Land Berlin 1 788 Euro. Sie werden bemerken, da gibt es signifikante Unterschiede.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: In Berlin regiert auch die CDU!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Bayern, das wir so gern als Vergleich nehmen, bekommt der Polizeibeamte im Eingangsamt nach der Anpassung zum

01.01.2013 – da ist die Tarifanpassung schon erfolgt – 2 053 Euro. Vor der Anpassung waren es 2 006 Euro. Und der Polizeibeamte in Bayern hat keine freie Heilfürsorge mehr. Der ist im Beihilferecht. Wir sollten bitte in der Diskussion – bei allen berechtigten Forderungen – nicht vergessen, was Gehaltsbestandteile sind, was Leistungsbestandteile der Besoldung sind und wie die Grundlagen dafür aussehen.

Ich stehe durchaus und zu Recht dafür, dass auch die Beamten im Freistaat Sachsen eine Übernahme des Tarifvertrages haben sollen. Die Erhöhung ist rechtlich verständlich und legitim. Die Betroffenheitsdiskussion, die Sie in dem Hause führen, ist der Sache aber nicht dienlich und nicht angemessen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir über Pensionsrecht reden, dann ist das völlig von der Frage zu trennen, die Herr Bartl angedeutet hat, ob der Beamte im Jahr 2000 oder 1994 64 % bekommen hat. Sein Pensionsanspruch berechnet sich auf sein letztes Amt nach dem dann üblichen Besoldungsschlüssel. Insoweit hat das nichts mit dem Durchschnitt zu tun.

Wenn wir über ein modernes Dienst- und Besoldungsrecht im Freistaat Sachsen reden, dann lassen Sie uns das offen und ehrlich tun. Dann lassen Sie uns auch die Punkte, die uns nicht passen, offen und ehrlich diskutieren. Aber diese pauschale Debatte, bei der Sie sich als Gutmenschen im Freistaat darstellen und Forderungen aufmachen, ohne eine finanzielle Verantwortung zu tragen, während in den Ländern, in denen Sie Verantwortung tragen, die Besoldungsfragen noch ganz anders diskutiert werden, ist scheinheilig.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Kämpfen Sie bitte in den Ländern, in denen Sie Verantwortung tragen, dafür, dass wenigstens die sächsische Lösung, die Sie hier so kritisieren, umgesetzt wird. Dann wäre Ihre Diskussion und die Ihrer Partei glaubwürdig und angemessen. So ist es Blaserei, die ich nicht mittragen kann.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Herr Scheel, haben Sie noch einen Redebeitrag? – Selbstverständlich, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Ich muss sagen, die Debatte ist erst einmal sehr lebhaft. Das ist schön für das Hohe Haus. Ich habe auch nichts gegen die Meinungsvielfalt in der sächsischen Union. Sie werfen uns allerdings immer vor, dass wir die Frage von Reichtum und Armut in diesem Land und von der Reichtumsschere immer stellen und eine Neiddebatte führen würden zwischen den Vermögensbesitzern, die jährlich mit Millionen und Milliarden zu tun haben, und der

arbeitenden Bevölkerung. Das, was Sie hier tun, ist eine Neiddebatte, bei der Sie versuchen, die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst und die Angestellten und Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft gegeneinander aufzuhetzen. Das ist meines Erachtens eine sehr schäbige Neiddebatte, die Sie hier führen, meine Damen und Herren von der CDU.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD – Zuruf von der CDU: Das ist eine Gerechtigkeitsfrage!)

Das ist noch keine Gerechtigkeitsfrage. Erst einmal geht es darum, was dieser Freistaat Sachsen für Aufgaben hat, wofür er Beamte braucht, die mit einer Loyalitätspflicht ausgestattet sind, und wie er sie alimentiert bzw. ob er in der Lage ist, sie zu alimentieren.

(Zuruf von der CDU: Sind wir!)

Das ist die Debatte, die wir hier eigentlich führen müssten. Sie vermengen meines Erachtens Debatten in unzulänglicher und sogar gefährlicher Art und Weise. Es geht darum, ob es möglich ist, diese von den Gewerkschaften ausgestrittene, mit den Arbeitgebern gemeinsam gefundene Tarifeinigung im Angestelltenbereich auf die Beamten zu übertragen. Denn bei den Angestellten gibt es Arbeitnehmervertretungen, die überhaupt mit Streikrecht ausgestattet sind, die ihre Interessen auch durchsetzen können. Es hat also einen Grund, warum die Beamten angekoppelt werden. Das geschieht, weil sie eben mit diesem Recht nicht ausgestattet sind.

(Zuruf von den LINKEN: Richtig!)

Da können Sie sich gern fragen, ob wir wirtschaftlich und finanziell als Freistaat in der Lage sind, diese Einigung zu übertragen. Das ist die eigentliche Frage, die wir uns stellen müssen. Sind wir in der Lage dazu?

Herr Michel, ja, wir haben Entnahmen aus der Haushaltsrücklage, 2013 110 Millionen Euro, 2014 188 Millionen Euro. Wir unter uns Finanzern wissen aber auch, warum so etwas gemacht wird. Das ist Abschreckungspotenzial. Wir hatten nämlich auch in den Jahren 2011 und 2012 Entnahmen aus der Haushaltsrücklage. Die Entnahme real für 2011 ist 0,0. Das wissen Sie so gut wie ich. Ich gehe davon aus, dass die Entnahme real auch bei der Jahresrechnung 2013 wie 2014 bei 0,0 sein wird. Dieses Abschreckungspotenzial in Ihren eigenen Reihen, damit die nicht mit den Forderungen überhand nehmen, brauchen Sie mir jetzt nicht vorzuhalten. Deshalb müssen Sie nicht sagen, dass diese 300 Millionen Euro notwendig sind. Das ist bewirtschaftbar und wird im Haushaltsministerium bewirtschaftet. Ich habe alles Vertrauen, dass das gelingen wird.

Sie unterschlagen aber, dass wir im Einzelplan 15 nicht nur eine Entnahme aus diesen Haushaltsrücklagen, sondern zum Beispiel auch eine Personalverstärkungsrücklage haben. Das sind Personalverstärkungsmittel in Höhe von 40 Millionen Euro jedes Jahr. Wenn Sie über Dienstrechtsreformen herziehen, dann unterschlagen Sie auch, dass wir allein dort schon, ohne eine rechtliche

Grundlage zu haben, 2013 und 2014 jeweils 7,5 Millionen Euro als Rücklage in den Haushalt eingepreist haben.

Sie unterschlagen, dass Sie mit unserer allgemeinen Haushaltsrücklage – von der Sie sagen: Oh, auf die müssen wir aber aufpassen, dass sie nicht auseinanderbricht – mit Ende des Jahres 2012 974 Millionen Euro haben. Angesichts von BER würde sich das Land Brandenburg sehr freuen, wenn es über diese Rücklage verfügen würde. Und dann können wir eine Debatte darüber führen, was gerecht und was nicht gerecht ist zwischen den Ländern, sehr geehrter Herr Kollege Hartmann.

(Beifall bei den LINKEN – Zurufe von der CDU und der FDP)

Dann sprechen wir einmal darüber, wie wir mit dem Generationenfonds im Freistaat Sachsen – ich bin ja noch nicht einmal dagegen – Zukunftslasten von Beamten, richtigerweise Pensionslasten, von der Zukunft in die Gegenwart holen mit knapp 500 Millionen Euro jedes Jahr. Also, so zu tun und sich hier hinzustellen – die Chuzpe muss man erst mal haben –, dass der Freistaat Sachsen das Geld nicht hätte, um seine Beamten inhalts- und zeitgleich zu alimentieren,

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Das hat keiner behauptet!)

die muss man doch erst mal haben! Sie stellen sich doch aber hin und tun so, als hätten Sie das Geld nicht, und sagen, dass die Beamten zu viel Geld verdienen würden. Das ist doch eine Frechheit!

(Beifall bei den LINKEN – Widerspruch bei der CDU und der FDP)

Es hat wahrscheinlich auch einen Sinn, warum ein Finanzminister nicht gleichzeitig Dienstherr ist – was in den meisten Ländern so geregelt ist. Es ist nämlich schwierig, dass derjenige, der auf das Geld aufpassen muss, sich gleichzeitig um seine Untergebenen, seine Beamten, kümmert. Vielleicht sollte man sehen, dass man das wieder ein bisschen auseinanderbringt.

Ich habe – ehrlich gesagt – auch wenig Lust, federführend mit der Dienstrechtsreform im Haushaltsausschuss befasst zu sein. Aber das ist eine andere Frage.

Was Sie, liebe Koalitionäre, mit den Beamten und Ihren Staatsdienern tun, ist eine Art Herr-Knecht-Verhältnis.

(Iris Firmenich, CDU: Jetzt reicht’s aber! – Widerspruch bei der CDU)

Dieses Herr-Knecht-Verhältnis ist mit einem modernen Dienstrecht, mit einem modernen Umgang mit Mitarbeitern nicht vereinbar.

(Beifall bei den LINKEN)

Wenn ich das jetzt richtig mitbekommen habe – da wir ja die 274 Seiten Dienstrechtsreform noch nicht auf dem Tisch des Hauses haben –, wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, was der Kollege Schmalfuß, glaube ich, vorhin gesagt hat, dann verstehe ich das jetzt so, dass die

Besoldungsanpassung im Rahmen des Gesetzentwurfes zur Dienstrechtsreform mit abgehandelt wird.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Genau! – Cornelia Falken, DIE LINKE: Gruselig! – Weitere Zurufe von den LINKEN)

Das finde ich in der Tat ein starkes Stück. Es scheint dann so zu sein, dass man die Bepackung macht, um lästige Debatten nicht noch zusätzlich zu haben.

Eigentlich wollen wir uns doch über eine Dienstrechtsreform unterhalten und nicht über den Sinn und Unsinn von verspäteten

(Zuruf von der FDP: Das machen Sie ja!)

oder zeitlich unterschiedlich übernommenen Tarifeinigungen. Sie wollen diese Debatte nicht. Deswegen bepacken Sie – unzulässig meines Erachten – diesen Gesetzentwurf zur Dienstrechtsreform mit dieser Frage. Das ist ein schöner Trick. Sie können das auch gern als Marketing-Event immer wieder überall auffahren. Das ist ja anscheinend eine Marketing-Scharade: Jetzt gehen wir mal über Lehrer, über Beamte, über Altersteilzeit und die Frage, ob man die reinbringt, und am besten noch über die Wegstreckenentschädigung – alles wird miteinander vermischt.

Wie gesagt, wir dürfen das Geld nur einmal ausgeben. Das mag eine nette Marketing-Scharade sein. Vielleicht funktioniert das in Ihren eigenen Reihen ganz gut. Ich glaube aber, bei den Beamten und Beschäftigten im öffentlichen Dienst – bei demjenigen, der dann betroffen ist, der nämlich mehrere Monate in Kauf nehmen muss, dass seine berechtigte Gehaltssteigerung später kommt – wird es meines Erachtens nicht gut ankommen.

Ich kann Sie jetzt nur auffordern – das ist zumindest schon Praxis in Sachsen gewesen –, dass, wie es im November beschlossen werden soll, Sie schon jetzt mit der Auszahlung der Gelder beginnen, sehr geehrter Herr Finanzminister.

(Beifall bei den LINKEN)

Weil ich weiß, dass es einige bezüglich der Frage der Sonderzahlung schwer haben, würde ich darum bitten, dass wir über den Punkt 1 a) separat abstimmen. Denn so können Sie erst einmal über die Tarifeinigung – denn darum geht es ja heute – abstimmen und dann über den Rest separat.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)