Es soll nicht so sein, dass die Verwaltungskosten aufgebläht werden, sondern es soll der Gesellschaft auch etwas bringen. Deswegen kann hier das Vorkaufsrecht korrigiert werden. Es ist im Baugesetzbuch noch drin.
Ich möchte nur darauf reagieren. – Ich meine, die Vorkaufsrechte in unserem Sächsischen Wassergesetz werden auch nur dann ausgeübt, wenn wir Hochwasserschutz machen wollen. Von daher ist es schon legitim, wenn wir ein eigenes sächsisches Landesgesetz mit Vorkaufsrechten ausstatten, weil die Baugesetzgebung nun einmal Bundesrecht ist. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, meine ich. Die Vorkaufsrechte müssen wir uns nicht beschneiden lassen. Wenn wir keine Vorkaufsrechte mehr haben, können wir gleich gar keine Flächen mehr erwerben, ob sie nun vorhanden sind oder nicht. Das macht also gar keinen Sinn.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sicherlich zu früh, ein Resümee zu ziehen. Die Schäden werden noch erfasst. Das Funktionieren und das Zusammenspiel der verschiedenen Beteiligten im Katastrophenschutz werden derzeit noch evaluiert. Insoweit werden diese Ergebnisse sicherlich abzuwarten bleiben.
Festzustellen ist jedoch, dass es besser lief als im Jahr 2002. Wir haben aus den Erfahrungen durchaus eine ganze Menge gelernt. Als Erstes gilt das Mitgefühl den Betroffenen und den über 16 000 Evakuierten im Freistaat Sachsen. Ich denke, da ist Hilfe notwendig, und die werden wir auch geben. Auf der anderen Seite gilt unser Respekt der Struktur des Katastrophenschutzes, wie er gelaufen ist, beginnend vom Verwaltungsstab im Sächsischen Staatsministerium des Innern über die Koordinierung der Landesdirektion, bis hinunter zu den Landkreisen, kreisfreien Städten und natürlich den 126 betroffenen Gemeinden vor Ort. Dazu ist heute schon einiges gesagt worden, auch zum Engagement der Bürgermeister vor Ort.
Ein besonderer Dank gilt den vielen Helfern, die im Einsatz gewesen sind: über 1 700 Polizeibeamte, über 1 200 Mitarbeiter der Feuerwehr und über 3 300 Angehörige der Bundeswehr, aber auch internationaler Einsatz. Es waren über 300 Soldaten von der Deutsch-Französischen Brigade aus Frankreich in Sachsen und 200 Soldaten vom 101. Pionierbataillon der niederländischen Armee. All diese Hilfe war da.
Nicht zu vergessen sind das Technische Hilfswerk und die anderen Hilfsorganisationen. Hier in Dresden hat der Kreisverband des DRK mit Lars Rohwer im Katastrophenstab der Landeshauptstadt Dresden mitgewirkt. So haben viele Menschen an verschiedenen Stellen ihren Beitrag in der Katastrophe geleistet.
Besonderen Respekt und die besten Genesungswünsche möchte ich den 18 Verletzten dieser Katastrophenabwehr aussprechen, insbesondere den verletzten 16 Einsatzkräften. Mögen sie gesund werden und sehr schnell wieder genesen. Herzlichen Dank für die geleistete Arbeit!
Es war sehr viel professionelle Hilfe vor Ort, aber auch sehr viel engagierte Selbsthilfe. Wer selbst Sandsäcke geschleppt hat – ich habe das genauso getan wie mein SPD-Stadtratskollege Herr Kaniewski an der Leipziger Straße –, der war sicherlich sehr beeindruckt von der Selbstorganisation besonders junger Menschen, die über Stunden freiwillig geholfen haben, und hat auch in dieser Situation die modernen Medien, insbesondere das Facebook, schätzen gelernt. Es sind beispielsweise über „Fluthilfe Dresden“ oder „Elbpegelstand“ bei Facebook Hilfen organisiert, koordiniert und Kräfte gelenkt worden. Das ist eine sehr gute Erfahrung.
Ich glaube, die müssen wir auch für die Mechanismen des organisierten Katastrophenschutzes umsetzen. Hier haben wir durchaus Potenzial, auch diese Medien in die logistischen Strukturen besser aufzunehmen.
Herr Dr. Hahn, einen Punkt aus Ihrer Rede möchte ich herausgreifen: Sie haben die integrierten Leitstellen und den BOS-Digitalfunk angesprochen und dabei schon den Eindruck vermittelt, als ob zu diesem Thema nichts passiert und wir in Sachsen bis zum Jahr 2015 in einer verdammt schwierigen Situation sind.
Ich glaube, hier muss man etwas klarstellen: Wenn wir über integrierte Leitstellen und BOS-Digitalfunk reden, dann will ich einiges festhalten: Der Netzaufbau, die Schaffung der Infrastruktur und die Endgeräte-Rollouts für die Polizei werden im Jahre 2013 abgeschlossen. Das Rollout der Nothilfestation für die Polizei wird bis zum Jahr 2014 abgeschlossen. Der Endgeräte-Rollout für die BRK, also Brand-, Rettungs- und Katastrophenschutzbereiche, wird bis zum Jahr 2015 abgeschlossen sein. Wir werden in diesem Jahr die ersten integrierten Leitstellen in Dresden und Ostsachsen schrittweise ans Netz nehmen. Also, da passiert eine ganze Menge.
Die Zeitverzögerungen in diesem Bereich verdanken wir insbesondere der Verzögerung im Bund. In Sachsen ist das auf gutem Wege, und es sei deutlich gesagt: Wir werden in diesem Jahr beginnen und es im Wesentlichen im Jahre 2014 abschließen: sowohl die Umsetzung der integrierten Leitstellen als auch den BOS-Digitalfunk.
Nichtsdestotrotz werden wir dieses Thema weiter diskutieren. Es sind viele wesentliche Fragen angesprochen worden. Ich freue mich auf die weitere Diskussion und hoffe, dass wir – Parlament und Staatsregierung – sachlich-konstruktiv im Interesse des Freistaates die Fragen des Hochwasserschutzes, der Hochwasservorsorge, aber auch andere anstehende Fragen klären.
Meine Damen und Herren! Mir liegt jetzt kein Rednerwunsch mehr vor. Aber nicht, dass ich jemanden übersehen habe: Wer möchte noch sprechen? – Frau Nicolaus, bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte den Reigen schließen und hier als eine der betroffenen Bürgermeisterinnen – wohlweislich, dass ich hier als Wahlkreisabgeordnete stehe – sprechen, da auch einige Gemeinden meines Wahlkreises von dieser Situation betroffen waren.
Mein kleines Ehrenamt hat mich gefordert am 31. Mai, am 1. Juni, am 2. Juni und am 3. Juni und so weiter. Wir
waren betroffen im Jahr 2002. Wir waren betroffen im Jahr 2010, und wir waren betroffen im Jahr 2013. Es waren dieses Mal unterschiedliche und andere Schadenslagen, und es war mehr Wasser als in den Jahren 2002 und 2010.
Nun kann man viel philosophieren über Gewässer I. und II. Ordnung. Ich schätze mich – in Anführungszeichen – „glücklich“, dass ich vier Gewässer II. Ordnung habe. Ich kann vorausschicken: Ja, wir haben nach HQ 100 ausgebaut den Rödelbach, den Wolfsbach, den Grenzbach und den Kaltenbach. Aber es hat nicht gereicht!
Ich bin etwas betroffen über die geführten Diskussionen, die zum Teil sehr lebensfremd sind. Man kann Retentionsflächen anlegen. Ich muss sagen: Ja, wir haben Retentionsflächen angelegt. Aber es hat nicht gereicht. Und gerade am Grenzbach war für uns die schlimmste Zeit. Es war noch kein Katastrophenalarm ausgelöst worden. Der Bach ist drübergegangen, hat sich mit dem Rödelbach vereint und die Retentionsflächen waren voll. Mit einem Mal hatten wir ein Haus, das eine Insel war. Es gab eine Frau, die eingeschlossen war und herausgeholt werden musste.
Wir können viel darüber philosophieren, was noch alles angelegt werden muss. Das werden wir, denke ich, auch tun. Es wird umgesetzt werden. Ich bin froh, dass jetzt die Zusage da ist, dass aufgeräumt werden kann – außerhalb der Soforthilfen.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden auch feststellen müssen, dass wir bestimmte Gefahrensituationen nur mit den Bürgern meistern können und dass sie am Ende auch Selbsthilfe leisten müssen. Jetzt sind wir bei der Selbsthilfe und der Hilfe von anderen. Damit bin ich speziell bei den Feuerwehren. Es ist so, dass speziell in den kleineren Gemeinden vor allen Dingen und zuvörderst die freiwilligen Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehen vor Ort waren, natürlich unterstützt durch freiwillige Helfer. Ich kann Ihnen sagen: Die haben ihr Leben riskiert!
Vielerorts wird darüber diskutiert, ob in Ortsteilen Wehren abgeschafft werden sollten. Es wird gesagt: Man sollte das konzentrieren und in den Ortsteilen nur noch nostalgische Feuerwehrfahrzeuge vorhalten. Dem muss ich entgegenhalten: Die Feuerwehren sind eine strategische Frage auch für die Perspektive. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass alle Ortswehren im Freistaat Sachsen erhalten werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch etwas ansprechen, was hier keine Rolle gespielt hat. Ich bin der Meinung, dass wir auch Obacht darauf geben müssen, was auf den Waldflächen passiert. Wir hatten über Jahrzehnte Monokulturen mit Flachwurzlern. Wir müssen dorthin kommen – der Freistaat geht dorthin –, dass wir sagen: Wir wollen Mischwald haben, denn der Mischwald nimmt das Wasser anders auf.
Das Gleiche gilt auch für die Landwirtschaft. Auch die Landwirte müssen wir ermahnen, andere Kulturen anzulegen. Früher hieß das – ich kenne das noch aus meiner Kindheit –, dass wir Anerwand gefahren haben, also beim Ackern etc. nicht bis zum Rand rangefahren sind. Auch das muss in Zukunft eine Rolle spielen.
Ich will damit sagen, die Dinge müssen von allen Seiten betrachtet werden. Man darf sie nicht einseitig betrachten, wenn es zum Beispiel um den Hochwasserschutz und die Hochwasserbekämpfung geht.
An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei allen bedanken, die uns auch jetzt unterstützen, die entstandenen Schäden zu beheben; denn es sind Millionenschäden. Selbst in meiner kleinen Gemeinde sind es 2,7 Millionen Euro Schaden. Am Ende muss das gestemmt werden, mit den Bürgern.
Ich bin froh und dankbar, dass die Bürger hier mitarbeiten und es ein gutes Miteinander gibt. Dieses Miteinander erhoffe ich mir auch für die Zukunft. Ich hoffe und wünsche mir, dass die Menschen in diesem guten Geist im Freistaat Sachsen weiterleben. Wir können am Ende sagen: Jawohl, wir haben alle Schäden behoben – hier in unserem schönen Freistaat Sachsen.
Meine Damen und Herren! Die Diskussion um die Regierungserklärung ist jetzt abgeschlossen. Wir kommen zu den Entschließungsanträgen.
Ich rufe auf den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 5/12181, und bitte Frau Kallenbach um die Einbringung.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in diesem Entschließungsantrag einige Forderungen, die zusammenfassen, was uns aufgrund der begrenzten Redezeit vielleicht heute nicht vermittelbar war.
Wir bitten Sie, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen, und danken allen, die geholfen haben, Schlimmeres zu verhindern und Schäden zu beseitigen. Wir wollen festgestellt wissen, dass wir integrierte, klug verzahnte Konzepte brauchen, um den vorbeugenden Hochwasserschutz deutlich zu optimieren und die von mir schon angemahnte koordinierte Gesamtbetrachtung und planung für die Gewässer I. und II. Ordnung vorzunehmen.
Wir sind der Meinung, dass es bei der Flächenneuinanspruchnahme nicht bei verbalen Lippenbekenntnissen bleiben darf, sondern dass wir konkrete Ziele brauchen. Was den Landesentwicklungsplan betrifft – auch da ist der Prozess nicht abgeschlossen –, schlagen wir vor, bei der Waldvermehrung einen Zahn zuzulegen. Dabei sind wir nicht schnell vorangekommen. Heute haben wir dieses Thema leider auch nicht ansprechen können.
Wir fordern die Staatsregierung auf, neben den finanziellen Hilfen ein räumliches Konzept zu erstellen, in welchen Zeiträumen in Sachsen und länderübergreifend neue Retentionsflächen geschaffen werden können. Dabei ist es wichtig, auch wieder regionale und überregionale Ausgleichsflächen in Betracht zu ziehen. Bitte nutzen Sie die Möglichkeiten, die das neue OP für die Förderperiode 2014 bis 2020 geben wird, um Überflutungsflächen mit europäischen Mitteln finanzieren zu können.
Stichwort: Hochwassermeldepegelnetz. Auch da sind sicherlich Verbesserungen und vor allen Dingen Beschleunigungen notwendig.
Einen Schwerpunkt möchte ich Ihnen noch einmal ans Herz legen. Es geht um Eigenvorsorge. Wir hatten schon mehrfach vorgeschlagen, dafür einen Hochwasserfonds einzurichten. Ich denke, die dort eingesetzten Mittel sind allemal geringer als die Schäden, die wir anschließend zu beheben hätten. Und schließlich: Das Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern, der Informationsfluss, muss wesentlich verbessert werden. Wenn Sie unserem Entschließungsantrag zustimmen, dann wird das alles enthalten sein.