Protocol of the Session on June 19, 2013

Die Teilnehmer sollten durch Seminare und Sprachkurse auf eine Tätigkeit im EU-Ausland vorbereitet werden. Aber es muss auch sichergestellt werden, dass den Freiwilligen keine beruflichen Nachteile erwachsen. Das bisherige Aktionsprogramm der EU „Jugend in Aktion“ hatte schon freiwilliges Engagement in Europa im Rahmen des Europäischen Freiwilligendienstes unterstützt, aber das Projekt läuft Ende dieses Jahres aus.

Meine Damen und Herren! Der Staatsregierung ist es ein Anliegen, nicht nur das Engagement jüngerer Bürgerinnen und Bürger in einem solchen Freiwilligendienst zu unterstützen. In einer alternden Gesellschaft müssen wir auch das Engagement etwa von älteren Mitbürgern im

Auge haben und fördern. Sicherlich ist es nach dem Ende der Schule und der Ausbildung eine gute Gelegenheit, um sich für eine begrenzte Zeit für gemeinnützige Projekte in Europa zu engagieren. Aber auch eine berufliche Umbruchsituation, eine Neuorientierung oder der Abschluss des Berufslebens können ein geeigneter Zeitpunkt sein, sich für ein soziales Projekt zu engagieren.

Herr Dr. Martens, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Frau Klepsch, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Minister, können Sie mir sagen, wann sich die Staatsregierung auf europäischer Ebene dafür eingesetzt hat, dass das Programm „Jugend in Aktion“ über das Jahr 2013 hinaus fortläuft und dass es auch ein eigenständiges Jugendprogramm bleiben wird und nicht vom Bildungsprogramm subsumiert wird, was ja lange in der Diskussion war?

Das Programm war von vornherein befristet und ist ausgelaufen. Die Zustimmung dafür erfolgt im Rat auf der Ebene der Mitgliedsstaaten, sodass die Staatsregierung keine unmittelbare Einflussnahme hat. Die Staatsregierung macht aber in den Konsultationen zu der Frage der Verlängerung eines solchen Dienstes ihre Position deutlich, dass sie das befürwortet und dass wir im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten auch dazu beitragen wollen, dass, wie angesprochen, Sprachkurse und Qualifizierungsmaßnahmen durchgesprochen werden, um auch in Zukunft einen, wie hier auch dann gefordert, erweiterten Europäischen Freiwilligendienst möglich zu machen.

Es ist in unserem Interesse, dass das Freiwillige Europäische Jahr – ich habe es schon gesagt – allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern offensteht. Aber wir werden dabei auch darauf achten, dass der reguläre Arbeitsmarkt nicht durch die Förderung des Freiwilligenengagements beeinträchtigt wird. Die staatliche Unterstützung für ein Freiwilliges Europäisches Jahr darf eben nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zulasten der etwa bisher bei gemeinnützigen Organisationen Beschäftigten führen. Wir werden auch darauf achten. Aber insgesamt begrüßen wir diesen Antrag. Die Staatsregierung wird im Rahmen ihrer Möglichkeit die angesprochenen Punkte weiter verfolgen und einen solchen Europäischen Freiwilligendienst unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Schlusswort. Für die einreichende Fraktion Herr Biesok.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man kann es auch kompliziert machen. Ich möchte gerade mit diesem Antrag nicht etwas vorgeben, wo ich versuche, für Leute einen Anreiz zu schaffen, in eine bestimmte Richtung zu gehen, sondern ich möchte die Möglichkeit eröffnen, selbst entscheiden zu können, in welches europäische Land ich gehe, in welches karitative gemeinnützige Projekt ich gehe und in welcher Lebensphase ich das mache.

Das ist der Gegenentwurf zu dem, was von Frau Kallenbach und von Herrn Kosel gesagt wurde. Ich möchte nicht Kriterien vorgeben, in welche Richtung das gehen soll. Ich möchte nicht, weil gerade Hochwasser ist und Tschechien in meinem Blickfeld liegt, es darauf beschränken, dort dieses Projekt zu machen. Ich möchte nicht schon hineinschreiben, welche Gruppen besonders gefördert werden, sondern es soll aus der Mitte der Gesellschaft die freie Entscheidung entstehen können, dass ich jetzt ein Jahr ins Ausland gehe und mich dort für die Gesellschaft betätige. Das ist das Anliegen dabei. Deshalb ist es richtig, diese Kriterien nicht vorzugeben und hier dezidiert vorzugeben, welche Gruppen wir ansprechen möchten. Das ist für mich eine innere Überzeugung.

Meine Schwester lebt in Italien. Als ihre Tochter klein war, hat sie nach einem Au-Pair-Mädchen gesucht. AuPair-Mädchen sind meistens jung. Beworben hatte sich eine Dame, die sich nach der Erziehung ihrer eigenen Kinder nach einer neuen Perspektive umgesehen hat, und sie hat mehrere Jahre in Italien gelebt. Das meine ich damit. Wenn jemand sagt, ich habe hier für eine Zeit lang meine berufliche Tätigkeit unterbrochen oder ich möchte gern etwas anderes machen, dann soll er die Möglichkeit haben, ohne dass wir uns vorher intellektuell einen Kopf gemacht haben, welches politische Ziel wir mit diesem Antrag verfolgen, um so eine Zusammenarbeit in Europa zu verbessern.

Herr Biesok, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Frau Klepsch, bitte.

Danke, Herr Präsident. – Herr Biesok, ich bin etwas irritiert. Habe ich

richtig verstanden, dass Sie sich vorstellen, dass der Europäische Freiwilligendienst, der bisher ausschließlich in miteinander kooperierenden Organisationen durchgeführt werden darf, zukünftig nach Ihrer Vorstellung auch in Privathaushalten als Haushaltshilfe oder Kinderbetreuung zum Einsatz kommen darf?

Das habe ich nicht gesagt. Ich habe von den Menschen gesprochen, die sich dafür entscheiden, ins Ausland zu gehen – das war der Ausgangspunkt – und für die ich keine Vorgaben machen möchte, auch weil das ganz unterschiedliche Lebenslagen sein können, zum Beispiel, weil die Kinder aus dem Haus sind, weil man sich beruflich verändert und Zeit hat, in der man freigestellt ist, oder weil man noch auf der Suche nach einem neuen Beruf ist. Vielleicht möchte man sich auch eine Schlüsselqualifikation erwerben, die sonst keiner hat, vielleicht das Erlernen einer Sprache neben dem sozialen Engagement in einem fremden Land, die sonst hier keiner spricht. Diese Menschen möchte ich ansprechen. Ich habe Ihnen lediglich ein persönliches Beispiel eines Menschen genannt, der sich nach 35 Jahren entschieden hat, für eine bestimmte Zeit ins europäische Ausland zu gehen, mehr nicht.

Deshalb finde ich, dass es wichtig ist, dass wir hier einen breiten Handlungsspielraum gegeben haben, um dieses Freiwillige Europäische Jahr zu entwickeln, und wir werden die Möglichkeit eröffnen, entsprechende Ausgestaltungsmöglichkeiten für die Staatsregierung zu geben. Aus diesem Grunde bitte ich Sie, diesem Antrag zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 5/12083 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Vielen Dank. Bei einigen Stimmenthaltungen und einigen Gegenstimmen ist die Drucksache 5/12083 beschlossen.

Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 5

Zukunft der Schulsozialarbeit an Schulen im Freistaat Sachsen sichern

Drucksache 5/12133, Antrag der Fraktion DIE LINKE

So lautet der vollständige Titel; in der gedruckten Fassung der Tagesordnung war leider ein Wort vergessen worden.

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: DIE LINKE, CDU,

SPD, FDP, GRÜNE, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht. Frau Klepsch, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolle

ginnen und Kollegen! Heute vor genau einer Woche fand in Moritzburg der „Tag der sächsischen Produktionsschulen“ statt, und nicht nur ich und Frau Dr. Stange, sondern auch Frau Clauß als Sozialministerin waren vor Ort.

Die Produktionsschulen sind ein Projekt, das mit Geldern des Europäischen Sozialfonds Jugendlichen ohne Schulabschluss oder Ausbildungsplatz sowie Schulverweigerern und Schulabbrechern eine neue und auch letzte Chance gibt, den Weg in die Berufsausbildung zu finden. Ich bin von dem Konzept der Produktionsschulen in Sachsen überzeugt.

Doch warum erzähle ich das? Ich habe mich am vergangenen Mittwoch in Moritzburg gefragt, wie viele der Jugendlichen dort nicht in einer Produktionsschule, einer Maßnahme der sogenannten arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit landen würden, wenn es in der Regelschule anders laufen würde, wenn es also an den Mittelschulen und an den Förderschulen in Sachsen überall Schulsozialarbeit gegeben hätte.

Schulsozialarbeit in Sachsen ist ein Stiefkind, das zwischen Kultus- und Sozialministerium und den Kommunen im Regen steht, weil das Haushaltsgeld für den gezielten Ausbau – so wie es auch der 14. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung fordert – an den sächsischen Schulen angeblich nicht reicht. Wenn es um die Finanzierung von Schulsozialarbeit geht, lehnt sich das Sozialministerium gern zurück und verweist auf die Kommunen, die dies neben vielen anderen Maßnahmen aus der Jugendpauschale finanzieren sollen, und die wurde bekanntlich vor einigen Jahren gekürzt und eingefroren.

Das Kultusministerium als das eigentlich zuständige Ressort für gelingende Bildung in der Schule bleibt bescheiden und finanziert Schulsozialarbeit ausschließlich im Berufsvorbereitungsjahr. Das Programm „Chancengerechte Bildung“ – 2011 durch das Sozialministerium gestartet – war als Tiger geplant und ist als Bettvorleger gelandet; denn im Unterschied zu den Intentionen der Fachreferenten und des Landesjugendamtes nach einem flächendeckenden Ausbau der Schulsozialarbeit wurde in der Ausgestaltung der Richtlinie aufgrund der Haushaltslage pro Landkreis nur ein neuer Standort für Schulsozialarbeit finanziert und zugelassen.

Als im vergangenen Jahr klar wurde, dass die Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds noch nicht ausgeschöpft sind, wurde durch das Sozialministerium das Programm „Kompetenzentwicklung von Schülerinnen und Schülern“ aufgelegt – eine gute Sache, und diese soll im Ansatz eigentlich der Erhöhung der Ausbildungsfähigkeit der Jugendlichen dienen und die Ansätze der Schulsozialarbeit nur ergänzen. Wir haben nun die Situation, dass es unterschiedliche Auffassungen gibt, was mit diesem Programm Kompetenzentwicklung eigentlich geleistet werden soll.

Ein dritter Finanzierungsansatz für Schulsozialarbeit kam schließlich eher zufällig über das Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung. Die SPD hielt den Ansatz der Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen für unzu

reichend und handelte 400 Millionen Euro in das Programm hinein, die den Kommunen bis Ende 2013 für Schulsozialarbeit zur Verfügung stehen sollten.

Das Ergebnis ist bekannt. Während Landkreise wie Leipzig-Land und die Stadt Dresden die Mittel nutzen, um ihre Schulsozialarbeit deutlich aufzustocken, lehnten andere Landkreise dies mit dem Verweis auf den begrenzten Finanzierungskorridor und die fehlende Nachhaltigkeit ab und nutzten die Mittel lieber zur Schuldentilgung oder zum Bau von Krippenplätzen. Die Stadt Dresden hat beides gemacht: Schulsozialarbeit aufgestockt und Krippenplätze gebaut; aber so war der Gedanke eigentlich nicht.

Jetzt befinden wir uns im Sommer 2013. Die ESFFörderperiode läuft bekanntlich aus – die Mittel für Schulsozialarbeit aus dem Bildungs- und Teilhabepaket ebenfalls – und die Jugendpauschale ist auf dem Niveau von 2010 eingefroren.

Die Schulsozialarbeit als schulunterstützende Form der Jugendsozialarbeit offenbart in Sachsen ein Bild der Kleingärtnerei. 13 Jugendämter und unzählige freie Träger der Jugendhilfe auf der einen Seite und ein Heer von Sachbearbeitern aufseiten des Kultusministeriums, des Landesjugendamtes, des Sozialministeriums und der Sächsischen Aufbaubank beackern das Feld, um die wenigen Gelder zu verteilen.

Der Gipfel in der Vernachlässigung der Schulsozialarbeit durch die Staatsregierung war die Beantwortung zweier Kleiner Anfragen im Mai 2013. Mir wurde auf meine Anfrage geantwortet, man wisse nicht, an welchen Schulstandorten die Kommunen Schulsozialarbeit aus den Mitteln des Bildungs- und Teilhabepakets finanzieren.

Verehrte Frau Clauß, fragen Sie doch bitte die Jugendamtsleiter oder die Sozialdezernenten, wenn Sie sie das nächste Mal in Ihrem Ministerium versammeln.

Frau Giegengack von den GRÜNEN wurde zum gleichen Thema beschieden, man sähe – ich zitiere – „derzeit keinen vorrangigen und zwingenden Handlungsbedarf für eine weitere zusätzliche Finanzierung von Schulsozialarbeit“.

Für viele Gebietskörperschaften – ich nenne beispielhaft die Stadt Dresden und die Landkreise Sächsische Schweiz und Osterzgebirge sowie Leipzig – ist nicht klar, wie es mit der Schulsozialarbeit ab den Jahren 2014 und 2015 weitergehen soll. Einige Kolleginnen und Kollegen haben inzwischen auch die Kündigung. Hier ist die Staatsregierung gefordert, die zukünftig verbleibenden EU-Gelder aus dem ESF in einer Richtlinie zu bündeln und durch eigene Mittel zu ergänzen, um die vorhandenen Standorte der Schulsozialarbeit zu erhalten und endlich in der Fläche auszubauen, damit zukünftig weniger junge Menschen nach einer erfolglosen Schulzeit in Maßnahmen der Jugendberufshilfe wie den Produktionsschulen landen und stattdessen direkt eine Berufsausbildung aufnehmen können.

(Beifall bei den LINKEN)

Der Freistaat Thüringen macht es gerade vor: Anfang Juni teilte die Thüringer Staatsregierung mit, dass für die nächsten beiden Schuljahre 200 Vollzeitstellen Schulsozialarbeit für die 900 allgemeinbildenden Schulen in Thüringen zur Verfügung stehen. Ich darf daran erinnern: Bereits im Dritten Sächsischen Kinder- und Jugendbericht von 2009 kommt die Staatsregierung in ihrer Stellungnahme zu dem Schluss, es gebe – ich zitiere – „Handlungsbedarf zur Verbesserung des Schulklimas, insbesondere an den Mittelschulen“. Die Schulsozialarbeit könne hier einen wichtigen Beitrag leisten und die Staatsregierung wolle die Ergebnisse des Berichts deshalb in die fortlaufende Gestaltung der Schulpolitik einbeziehen.