Protocol of the Session on May 16, 2013

Diese Tatsache bereitet uns Kopfzerbrechen, weil in anderen Ländern die Fünf-Jahres-Grenze gilt – aus anderen Erwägungen heraus, als sie in Sachsen und in der CDU eine Rolle gespielt haben. Anders als im Ländergesetzentwurf haben wir auch eine Veränderung im § 2 enthalten, die uns in erheblichem Maße beunruhigt. Die Formulierung der entsprechenden Grundbestimmungen des Strafvollzugsgesetzes in § 2 Aufgaben des Vollzugs lautet, dass der Vollzug dem Ziel dient, die Gefangenen zu befähigen, „künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen“. – So weit, so gut. Er hat die Aufgabe, „die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten“ zu schützen.

Die Expertinnen und Experten haben in der entsprechenden Anhörung des Verfassungs- und Rechtsausschusses eindeutig die Abkehr von einem 37 Jahre geltenden Prinzip in der Bundesrepublik Deutschland betont. Eingeführt durch das immer noch gültige Strafvollzugsgesetz von 1976, gilt aus vollzugspolitischen Erwägungen heraus immer das Primat der Resozialisierung. Indem gewisser

maßen diese Frage der entsprechenden Unterbringung mit entsprechender Sicherung etc. hinzugefügt wird, haben wir eine Durchbrechung des Primats.

(Marko Schiemann, CDU: Nein!)

Dazu haben sich mehrere Experten, unter anderem Frau Rechtsanwältin Dr. Kilian, Frau Prof. Dr. Graebsch, Herr Dr. Lips – viele Jahre Vizepräsident des Oberlandesgerichts Sachsen und Richter am Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen – geäußert. In der Expertenanhörung am 27. Februar formulierte Herr Dr. Lips wörtlich: „Ich denke, das Primäre ist der Resozialisierungsgedanke, und der Sicherheitsaspekt ist sehr wichtig. Aber die Gleichgewichtigkeit oder gar den Vorrang des Sicherungsaspektes halte ich für schiefliegend, …“ So versteht er den jetzigen Wortlaut – und wir ebenso.

Dagegen haben wir Bedenken. Das ist, ich sage es nochmals, eine Abweichung vom Länderentwurf. Somit haben wir in Nordrhein-Westfalen oder in Thüringen eine andere Grundsatzregelung zur Versuchsanlage.

Wir halten es ebenfalls für einen Rückschritt im Verhältnis zum geltenden Strafvollzugsgesetz des Bundes, wenn im § 15 die vorgesehene Regelung für die Vollzugsform geschlossener und offener Vollzug so dargelegt wird, dass das bis dahin nach der Gesetzeslage geltende Prinzip, dass der offene Vollzug der Regelvollzug ist, aufgegeben wird. Wir haben eine eindeutige Nachrangigkeit des offenen Vollzugs im Verhältnis zum geschlossenen Vollzug etabliert. Ich möchte Frau Dr. Kilian als Expertin in der Anhörung am 27. Februar kurz wiedergeben: „Ich verkenne nicht, dass es in der Praxis anders läuft, weil wir zu wenige Haftplätze im offenen Vollzug haben. Aber es kann nicht Ziel eines neuen Gesetzes sein, dass wir einen Rückschritt machen, sondern die Perspektive ist: mehr Plätze im offenen Vollzug. Deshalb besteht insoweit kein Anlass, das Strafvollzugsgesetz unter dem Aspekt zu ändern.“

Sie hat recht. Der Grundansatz auf Wiedereingliederung und Entlassungsvorbereitung von Beginn an – der hervorragend ist im Gesetz – orientiert sich ebenso daran, dass nach allen forensischen und kriminologisch prognostischen Erkenntnissen die rechtzeitige Unterbringung im offenen Vollzug zu einer deutlich verringerten Rückfallquote führt. Der lässt sich nicht damit vereinbaren, dass wir im Gesetz die Nachrangigkeit des offenen Vollzugs anlegen. Allein bei der Planung der neuen Justizvollzugsanstalt für Sachsen und Thüringen, wenn sie in Zwickau mit der geringen Anzahl von offenen Vollzugsplätzen so entstehen sollte – darüber haben wir uns in einem anderen Zusammenhang verständigt –, wird deutlich, dass, wenn das so ins Gesetz kommt, praktische Auswirkungen bestehen und sich das auf künftige Vollzugsformen in Sachsen auswirken wird.

Ich möchte noch einen letzten Aspekt anführen, was die Frage der Verschlimmbesserung – um das einmal zurückhaltend zu formulieren – des § 22 anbelangt. Hierbei geht es um das Recht der Gefangenen, Arbeitszuweisungen im

Vollzug zu bekommen. Der Länderentwurf hatte den Wortlaut: „Den Gefangenen soll auf Antrag oder mit ihrer Zustimmung Arbeit zugewiesen werden.“ Wir sind auf Ihrer Seite, Frau Dombois – das schätzen wir sehr –, wenn gesagt wird, dass diese Arbeitspflicht, wie im jetzigen Strafvollzugsgesetz des Bundes, noch enthalten ist.

Die gleiche Bestimmung nach Änderung im Verfassungs- und Rechtsausschuss am 6. Mai lautet jetzt wie folgt: „Den Gefangenen sollen nach Möglichkeit ihren Fähigkeiten angemessene Arbeiten übertragen werden, soweit sie körperlich und geistig hierzu in der Lage sind.“ Dieser Rückzug aus der Sollverpflichtung, jedem arbeitswilligen und arbeitsfähigen Gefangenen auf dessen Antrag und mit dessen Zustimmung eine Arbeit – gerade wegen deren positiven Effekten für die Resozialisierung – zur Verfügung zu stellen, ist für uns unannehmbar.

Ich zitiere nochmals kurz aus dem Länderentwurf zum § 22. Dort heißt es, dass die Zuweisung einer Arbeit es den Gefangenen ermöglicht, Geld für die Erfüllung von Unterhaltsverpflichtungen, den Schuldenabbau, den

Ausgleich von Tatfolgen und den Einkauf zu verdienen. Wenngleich Arbeit im Gegensatz zu Arbeitstraining und arbeitstherapeutischen Maßnahmen keiner spezifisch verantwortlichen Zielsetzung dient, werden hierdurch positive Effekte für die Resozialisierung erzielt, da die Gefangenen einen strukturierten ausgefüllten Tag haben und ihre Arbeit als sinnvoll erleben. Sie hat die Funktion, die der Erwerbsarbeit außerhalb des Vollzugs zukommt, und ist daher Ausprägung des Angleichungs- und Gegensteuerungsgrundsatzes. Deshalb ist es Kernbereich der Resozialisierung und ich kann nicht Arbeit nach Möglichkeit gewähren.

Sachsen hat damit, wenn wir diesen Bestandteil des Angleichungs- und Gegensteuerungsgrundsatzes nur nach Möglichkeit gewähren, eine in dieser Frage schäbige Vorschrift, schäbig im Verhältnis zu den Vollzugsstandards anderer Länder. Bei der Bestimmung darf es nicht bleiben. Wir bitten darum, dass die Koalition noch einmal über eine Änderung nachdenkt, wie das von der SPD oder der Fraktion DIE LINKE durch Änderungsanträge vorgeschlagen wird.

(Zuruf von der CDU)

Man hegt an dieser Stelle den Verdacht, dass diese Einfügung „nach Möglichkeit“ mit einem prinzipiellen Problem zusammenhängt, das dieser Gesetzesentwurf mit sich bringt. Der Entwurf will etwas Gutes – Sie haben völlig recht, Frau Dombois. Da sind wir uns in vielen Dingen einig, dass das ein Fortschritt ist. Es ist ein Gesetzentwurf, der in vielerlei Hinsicht Format hat. Das Problem ist nur, es muss auch Einigkeit in diesem Hause bestehen – Sie haben es durch eine zurückhaltende Formulierung angedeutet. Das wird, wenn es umgesetzt bzw. Rechtswirklichkeit werden soll, Geld kosten und dazu führen, dass wir, wenn nicht vielleicht wesentlich mehr, aber anderes Fachpersonal brauchen werden.

Wir brauchen eine wesentliche Stärkung der sogenannten Funktionsdienste, Fachkräfte im sozialpädagogischen, psychiatrischen und forensischen Bereich bis hin zu Kriminologen, externen Sachverstand und eine größere Beteiligung im Ehrenamt. Das betrifft nicht nur die Beiräte, die hoch zu schätzen sind, sondern auch das sonstige Ehrenamt.

Dort hat bekanntermaßen im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss die Formulierung unter Buchstabe d) „Kosten“ bei der demokratischen Opposition zu viel Kopfschütteln geführt; meine Kollegin Friedel hat es vorgetragen. Unter d) bei der Kostenauswirkung heißt es: Das Gesetz erfordert zur Vorbereitung einer sachgerechten Behandlung der Gefangenen insbesondere eine systematisch und gründliche Diagnostik, so die Bereitstellung der nach dieser Diagnostik indizierten Behandlungsmaßnahmen. In Umsetzung des Gesetzes wird dies eine stärkere Konzentration der vorhandenen, insbesondere personellen Ressourcen des Justizvollzugs für diejenigen Gefangenen bedeuten, von denen im Falle eines Rückfalls die höchste Gefahr für bedeutende Rechtsgüter ausgeht, was zu einer Beschränkung der Intervention auf kriminalprognostisch relevante Defizite und Stärken führt.

Eine ausgleichende Ausstattung des Justizvollzugs mit Fachdienstkräften wird angestrebt und erfordert Qualitätszuwachs für die vorgenannten Gefangenengruppen, was allerdings mit verringertem Aufwand für andere Gefangene verbunden sei. – Was soll denn das? Gibt es einen Anspruch auf Fach- und Funktionsdienste, auf Fürsorge für Gefangene ersten, zweiten und dritten Grades, um Kosten zu minimieren?

Das ist ein Problem und wir sagen dazu, wer den Mund spitzt muss auch pfeifen. Wir müssen uns darüber einig sein. Es wird nicht nur um die Frage gehen, das zu evaluieren, sondern es wird um die Frage gehen, ob im jetzigen Haushalt und im Haushalt für 2015/2016 dieser Gesetzentwurf mit entsprechenden Konsequenzen zu bedenken ist. Das ist zwar in einer Bestimmung im Entwurf selbst angedeutet, die ich aus Zeitgründen nicht noch einmal wiedergeben möchte. Das Ministerium hat sich dabei etwas gedacht. An anderer Stelle wird auf die nach der Bundesverfassungsgericht-Rechtsprechung geschuldete

Finanzierung der Resozialisierung verwiesen.

(Marko Schiemann, CDU: Das wird sehr teuer!)

Wir meinen, dass es ehrlicher gewesen wäre, bezüglich der Kosten hineinzuschreiben, dass der Freistaat Sachsen für diesen Strafvollzug mit einer sicheren Einsparungsperspektive rechnet. Er wird nämlich durch den Rückgang der Straffälligkeit viel Geld einsparen, muss dafür allerdings erst einmal Geld in die Hand nehmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Elke Herrmann, GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Bartl. Meine Damen und Herren, nun die SPD-Fraktion, Frau Abg. Friedel. Frau Friedel, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will zu Beginn die positiven Aspekte des Gesetzentwurfes aufzählen. Kollege Bartl hat schon viel davon gesprochen. Wir schließen uns dem an. Ich will drei Punkte noch mal herausstellen.

Zum einen. Der Gesetzentwurf sagt recht weit vorn im § 3 zum Thema Eingliederung, dass der Vollzug von Beginn an auf die Eingliederung der Gefangenen auf das Leben in Freiheit hinwirkt. Das klingt jetzt so leicht, aber das hat sehr viele Konsequenzen und das halten wir für richtig. Wenn das oberste Ziel von Strafvollzug Resozialisierung sein soll, dann macht es keinen Sinn, jemanden, der drei oder vier Jahre abzusitzen hat, erst im letzten halben Jahr vorher dann mal ein bisschen genauer anzufassen und zu schauen, wie man bei der Eingliederung behilflich sein kann. Es ist wichtig, vom ersten Tag an das Augenmerk darauf zu lenken, das Resozialisierungsziel zu erfüllen. Die Eingliederung hat vom ersten Tag an einen wichtigen Stellenwert. Das hat praktische Konsequenzen bezüglich der Frage, wie man es erreichen kann, dass der Bezug zum Leben außerhalb nicht völlig abgebrochen wird, vielleicht die Wohnung gehalten werden kann oder beim Arbeitgeber, sofern vorhanden, eine Rückkehrmöglichkeit einzuräumen. Das hat zudem die Auswirkung, dass sehr frühzeitig über die Möglichkeit entschieden werden muss, ob der Gefangene in den offenen Vollzug wechseln kann, um seine Beziehungen zur Außenwelt weiter aufrechterhalten zu können zwecks Arbeit und Familienkontakt.

Der zweite positive Aspekt bezieht sich auf die Persönlichkeit des Gefangenen. Das Gesetz sagt, und auch da richtet es sich explizit nach dem Musterentwurf, dass die Persönlichkeit des Gefangenen zu achten, seine Selbstständigkeit im Vollzugsalltag so weit wie möglich zu erhalten und zu fördern ist. Das ist theoretisch wichtig, weil es darum geht, dass wir nicht irgendwelche Objekte wegsperren, die wir nach vier Jahren wieder hervorholen, in der Hoffnung, dass eine positive Entwicklung stattgefunden hat. Wir haben es vielmehr mit Menschen zu tun, die sich nur ändern können, wenn sie es selbst wollen. Der Wille hat viel mit der Achtung der Persönlichkeit zu tun. Werden Leute nicht geachtet oder wertgeschätzt, dann entwickeln sie nicht den Willen, sich so verhalten, Achtung und Wertschätzung als etwas Positives zu empfinden.

Das ist die theoretische Ebene. Die praktische Ebene – was heißt Selbstständigkeit? Wird die Selbstständigkeit der Gefangenen tatsächlich gefördert, indem sie das Frühstück, Mittag- und Abendessen in die Zelle gebracht bekommen? Müssen wir uns nicht vielmehr Gedanken machen, wie die eigenständige Versorgung vom Einkaufen über selbst oder in Gemeinschaft kochen bis hin zum gemeinsamen Essen Alltag in die Anstalten bringen kann? Ist es sinnvoll, so wie es jetzt ist, dass aus Sicherheitsgründen die Gefangenen ihre dreckige Wäsche abgeben –

diese wird in der Gefängniswäscherei gewaschen –, um diese sauber wieder zurückzuerhalten? Wäre es zur Achtung der Persönlichkeit und zur Förderung der Selbstständigkeit nicht sinnvoll, wenn solche alltäglichen Dinge wie Essen machen und Wäsche waschen und Ähnliches in der Verantwortung der Gefangenen lägen?

Das sind die Punkte, die angesprochen werden, wenn es um die Achtung der Persönlichkeit der Gefangenen geht.

Ein dritter Punkt, auf den ich eingehen will, ist die Orientierung am Behandlungsvollzug. Hierbei ist wieder das oberste Ziel die Resozialisierung. Das Gesetz sieht vor – das ist vernünftig –, dass die therapeutischen Maßnahmen, Suchtberatung und Behandlungsmaßnahmen,

Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Kompetenz einen wesentlich größeren Stellenwert bekommen als bisher.

Das bildet sich ganz praktisch ab. Bisher ist es so, dass Inhaftierte, wenn sie arbeiten gehen, sich ein kleines – zugegeben, ein sehr kleines – Taschengeld nebenbei verdienen können. Wenn sie nicht arbeiten und während dieser Zeit eine Behandlungsmaßnahme absolvieren, dann ist das für ihre Persönlichkeit gut, aber für ihren finanziellen Status schlecht. Bisher war somit das Anreizsystem schlecht. Arbeit bedeutet, das Taschengeld aufbessern zu können, um beispielsweise Unterhaltsverpflichtungen nachkommen zu können. Wenn die Gefangenen Behandlungen benötigen, müssen sie auf Arbeit verzichten und haben demzufolge weniger Einkommen. Diesen Nachteil beseitigt das Gesetz, indem die Vergütung sowohl für Arbeit als auch gleichrangig für die Teilnahme an Behandlungsmaßnahmen gewährt wird. Das sehen wir als positiven Aspekt.

Nachfolgend möchte ich eine negative Seite beleuchten. Herr Bartl hat die Passage bereits vorgelesen. Dazu habe ich bereits im Ausschuss erklärt, dass wir einem solchen Gesetz nicht zustimmen können. Ich möchte das nicht noch einmal vortragen, sondern erläutern, was drinsteht, weil es schwer verständlich geschrieben ist. Herr Kollege Bartl zitierte bereits, dass dieses Gesetz eine sachgerechte Behandlung fordert und deswegen besondere behandlungsdiagnostische Maßnahmen erforderlich sind. Das bedeutet, dass wir die Inhaftierten besser behandeln und resozialisieren wollen.

In Umsetzung des Gesetzes wurde gesagt, dass eine stärkere Konzentration der vorhandenen, insbesondere personellen Ressourcen auf diejenigen Gefangenen erfolgt, von denen im Falle eines Rückfalls die größte Gefahr ausgeht. Das heißt, dass wir die Gefangenen besser behandeln wollen. Allerdings haben wir nicht mehr Geld zur Verfügung, sondern es bleibt so viel, wie es ist. Das gilt besonders für die schwierigen Gefangenen. Bei gleichbleibender Ausstattung des Vollzugs bedeutet das geringerer Aufwand bei anderen Gefangenen.

Erstens. Wir machen es besser. Zweitens. Wir haben nicht mehr Geld. Drittens. Es betrifft nur die schlimmen Finger. Viertens. Die, die nicht so schlimm sind, müssen mit weniger Resozialisierung auskommen.

So liest sich dieser Text und das ist ein fatales Signal. Denn zum einen kann man keine Unterschiede machen zwischen dem Resozialisierungsanspruch von Gefangenen. Zweitens sollten wir nicht gerade bei denen den Fehler machen, die noch am Nächsten an der geraden Bahn sind, alles fallen zu lassen und zu warten, bis sie vollständig auf die schiefe Bahn geraten sind. Das ist der Punkt, bei dem wir gesagt haben, dass, wenn das Geist der Begründung ist – der Geist des Gesetzes ist in Ordnung –, wir große Schwierigkeiten haben.

Deshalb haben wir noch einmal nachgefragt, was das tatsächlich zu bedeuten hat. In der Antwort des Justizministeriums wurde uns mitgeteilt, dass für die Resozialisierung, insbesondere die bisherige Kriminalitätsentwicklung, soziale Kompetenzen, das Konfliktverhalten des Gefangenen und einige andere Dinge zu prüfen sind. In der Antwort heißt es: „Die deliktspezifische Arbeit und die geeigneten Behandlungsmaßnahmen müssen sich dann an dem individuellen Bedarf eines Gefangenen ausrichten.“ Das halten wir für richtig und gut. Es kann nicht sein, dass sich die Behandlung und der Strafvollzug an den finanziellen Möglichkeiten des Freistaates, den personellen Gegebenheiten und den vorhandenen bzw. nicht vorhandenen Stellen ausrichten. Diese Maßnahmen müssen sich am individuellen Bedarf eines Gefangenen orientieren.

Das hat uns ein wenig versöhnt und lässt uns glauben, dass die Art und Weise, wie wir den Kostenteil in der Begründung gelesen haben, nur eine, aber nicht die alleinige ist. Ob das tatsächlich stimmt, werden wir in den nächsten Haushaltsverhandlungen sehen, wenn es um die Stellen im Bereich Justizvollzug geht.

Zum Schluss noch etwas Positives. Wir haben uns sehr gefreut über die sehr konstruktive Debatte im Rechtsausschuss – Frau Dombois hat es bereits angesprochen. Wir haben uns sehr gefreut, dass für zwei unserer Änderungsanträge – zum einen das Thema behinderte Gefangene, wenn wir Inklusion ernst nehmen, und zum anderen das Thema Postkontrolle – im Ausschuss eine Mehrheit gefunden wurde. Auch andere unserer Vorschläge beim Thema Opferschutz wurden ebenfalls mit aufgenommen. Diese konstruktive und positive Atmosphäre zusammen mit der Antwort des Justizministeriums hat uns zu der Entscheidung gebracht, über unseren Schatten und unsere Sorgen zu springen und dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Wir werden noch einen Änderungsantrag einbringen, um einige Punkte noch deutlicher hervorzuheben, die wir uns perspektivisch anders vorstellen.

Ich möchte noch einmal daran anschließen, was Frau Dombois gesagt hat. Der Dank an die Bediensteten ist wesentlich und notwendig. Sie haben formuliert, dass die Bediensteten ihre Arbeit unter schwierigen Bedingungen tun.

Das stimmt. Einen Teil dieser Umstände haben wir selbst in der Hand: als Gesetzgeber, als Haushaltgeber, und es ist nun einmal so, dass Überlastung, Stress und zu viel Arbeit eher dazu führen, dass auch Fehler passieren. Das ist

völlig klar. Überall, wo gearbeitet wird, passieren Fehler. Wenn die Arbeit hart ist und unter schwierigen Bedingungen stattfindet, dann passieren mehr Fehler, und wir müssen dafür sorgen, dass die Bedingungen so gestaltet sind, dass Fehler vermieden werden können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie vereinzelt bei der CDU und den LINKEN)

Vielen Dank, Frau Friedel. – Für die FDP-Fraktion Herr Abg. Biesok. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorredner haben bereits darauf hingewiesen, dass uns die Föderalismusreform im Jahr 2006 die Kompetenz gegeben hat, den Strafvollzug im Freistaat Sachsen selbst zu regeln.

Herr Bartl, ich war einer derjenigen, der das sehr kritisch gesehen hat. Ich habe befürchtet, dass es zu einem Wettlauf kommt: Wer macht das härteste Strafvollzugsgesetz? Wie kann man Strafgefangene nach Meinung der Landesparlamente am besten drangsalieren? Aber genau das Gegenteil ist eingetreten: Wir haben sehr individuelle Lösungen bekommen, und ich denke, das ist ein guter Weg gewesen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)