Protocol of the Session on May 16, 2013

Sie tun immer so, als ob man mit der Braunkohle nun Strom erzeugen muss. Ja, zurzeit machen wir das. Die Realität zeigt auch, dass die Braunkohlekraftwerke aktuell auf Volllast laufen, weil es noch die Defizite bei den erneuerbaren Energien gibt, was den Netz- und Speicherausbau anbelangt. Das wird sich auch in den nächsten Wochen nicht ändern. Deswegen ist sie jetzt für die Verstromung wichtig.

Schauen wir einmal ein bisschen weiter. Schauen wir einfach einmal über den Tellerrand. Wir können sehen, dass die stoffliche Nutzung in der Zukunft wahrscheinlich einen ganz großen Beitrag leisten wird. Wir sind dann nicht mehr von Erdöl abhängig. Die Wertschöpfung liegt dann im eigenen Land. Die Arbeitsplätze und die Forschung befinden sich im eigenen Land.

Es wird gesagt, dass die Jugend wegzieht. Ja, das ist auch in anderen Regionen der Fall. Derjenige, der an einer bestimmten Universität studieren will, muss natürlich erst einmal aus seinem Elternhaus ausziehen. Es wohnen nun einmal nicht alle in Dresden. Wir können nicht überall eine Universität bauen. Das ist normal. Es kommen aber auch Leute wieder zurück und werden ihre Familie dort gründen.

Bitte kommen Sie zum Schluss.

Sie sehen, dass das, was Sie hier machen, nicht wirklich sinnvoll ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Für die NPD-Fraktion spricht Herr Abg. Löffler. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heimatrecht ist ein Menschenrecht. Dieses Recht ist im vergangenen Jahrhundert mehr als einmal gebrochen worden. Nicht nur kriegerische Ereignisse, sondern auch beispielsweise der Aufschluss von Tagebauen hat Tausende Bewohner gezwungen, ihre angestammte Heimat zu verlassen. Diskussionen gab es zu SED-Zeiten nicht bzw. hatte es auch nicht zu geben.

Der Neuaufschluss des Tagebaus Nochten II würde, so wurde es eben schon erwähnt, 1 500 Menschen betreffen. Wenn die Entschädigungen heute auch wesentlich großzügiger ausfallen, dabei die Lebensqualität weitgehend gewahrt bleibt und Bergbaufolgelandschaften sich mittlerweile sehen lassen können, muss sehr genau abgewogen werden, ob der Tagebau Nochten II tatsächlich benötigt wird und, wenn ja, wann. In dieser Frage prallen die Meinungen aufeinander.

Bereits mehrfach erwähnt wurde heute das Gutachten zur energiewirtschaftlichen Notwendigkeit der Fortschreibung des Braunkohleplans Tagebau Nochten von Prof. Christian von Hirschhausen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Dieses Papier ist im Auftrag der Klimaallianz Deutschland entstanden. Ausgehend von den aktuellen energiepolitischen Rahmenbedingungen wird in diesem Gutachten ein stark rückläufiger Anteil der Braunkohle am Strommix unterstellt. Ich möchte ein Zitat nennen: „Während viele der bestehenden Braunkohlekraftwerke noch in den 2030er Jahren verfügbar sind, gehen deren Volllaststunden aufgrund der zunehmenden Einspeisung erneuerbarer Energien erheblich zurück. Es ist davon auszugehen, dass der Betrieb von Braunkohlekraftwerken in der Lausitz und somit auch am Standort Boxberg zu Beginn der 2040er Jahre aufgrund der hohen Einspeisung aus erneuerbaren Energien und der geringen Residuallast sowie tendenziell sinkender Großhandelspreise unrentabel sein dürfte.“ Hierbei wurde ich stutzig: sinkende Großhandelspreise. Man hört immer wieder etwas davon, nur kommt davon herzlich wenig beim Endverbraucher an.

(Beifall bei der NPD)

Das Gegenteil ist der Fall. Er wird dazu verdonnert, die Einspeisung der erneuerbaren Energien über ständig steigende Preise zu finanzieren. Als weiteres Argument wird die Absage an die CCTS-Technologie genannt, welche die Belastung mit CO2 hätte vermindern können. Ich sage es heute an dieser Stelle nicht zum ersten Mal: Mit unserem Anteil an der weltweiten CO2- Emission von unter 3 % und unseren Möglichkeiten sind wir weder in Sachsen noch in Deutschland allein in der Lage, das Weltklima zu verändern.

Nun gibt es aber auch eine Reaktion auf dieses Gutachten. Bei Vattenfall meint man, dass es die energiewirtschaftliche Realität ignorieren und von falschen Grundannahmen ausgehen würde. Dr. Hartmuth Zeiß, Vorstandsvorsitzender der Vattenfall Europe Mining AG und Vattenfall Europe Generation AG, sagt hierzu – ich zitiere: „Die Nachfrage nach Strom aus heimischer Braunkohle hat deutlich zugenommen. Vor dem Hintergrund des Ausstiegs aus der Kernenergie wird sie auch in den nächsten Jahren auf einem hohen Niveau bleiben. Es ist offensichtlich, dass die Braunkohle zur Integration eines wachsenden Anteils erneuerbarer Energien noch für Jahrzehnte benötigt wird, wenn gleichzeitig die Versorgungssicherheit und die Netzstabilität am Wirtschaftsstandort Deutschland gesichert bleiben sollen. Mit dieser Ansicht befinden wir uns in völliger Übereinstimmung mit dem Energie- und Klimakonzept des Freistaates Sachsen, das die Braunkohle als strategisch wichtige heimische Ressource und Partner der erneuerbaren Energien betrachtet.“

Nun müssen auch diese Aussagen nicht der reinen und vollständigen Wahrheit entsprechen. Fakt ist jedoch, dass sämtliche Nachbarländer den energiepolitischen Weg Deutschlands nicht mitgehen, weder in der Frage der Kernkraft noch in der Frage der Verstromung fossiler Energien.

Misstrauisch macht mich in diesem Zusammenhang die Zusammensetzung der sogenannten Klimaallianz. Kaum ein bundesdeutscher Gutmenschenverein ist darin nicht vertreten. Dass es zum Beispiel der Grünen Liga oft meist um Selbstdarstellung und Profilierung geht, haben wir am Beispiel der Waldschlößchenbrücke mehr als hinlänglich erleben dürfen.

Die Forderung der GRÜNEN-Fraktion nach Förder- und Feldesabgaben erfreut uns sehr. Allerdings immer dann, wenn die NPD-Fraktion genau diese Anträge in das Plenum brachte, wurden sie von den GRÜNEN ebenso strikt abgelehnt.

(Miro Jennerjahn, GRÜNE: Ja, weil Ihr Nazis seid! – Jürgen Gansel, NPD: Weil Du ein Dummkopf bist, Mensch!)

Was ist zu tun? Die Heimat der betroffenen Bürger darf auf keinen Fall leichtfertig verspielt werden. Ausschließlich von Interessengruppen geprägte Gutachten können eben auch nicht die Grundlage für künftiges Handeln sein.

Bitte kommen Sie zum Schluss.

Die NPD-Fraktion erwartet von der Staatsregierung, sich unabhängig von kurzlebigen politischen Strömungen ein eigenes Bild zu verschaffen, um so die Energiesicherheit und das Recht auf Heimat in Einklang zu bringen.

Die Redezeit ist zu Ende, Herr Löffler.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es den Wunsch für eine zweite Runde? – Ja, für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abg. Kallenbach. Bitte, Frau Kallenbach.

Vielen Dank, Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Jahrzehntelang war Braunkohletagebau eigentlich immer nur mit der angeblich so billigen Energieerzeugung, aber auch mit der Zerstörung von Kulturlandschaften, Verlust von Heimat oder massiven Eingriffen in den Wasserhaushalt verbunden. Heute sehen wir uns weit umfangreicheren Schäden gegenüber: Landab- und -einbrüche, rasanter Grundwasseranstieg, Versäuerung sowie Verockerung der Grund- und Oberflächenwässer. Das sind Folgen, die uns noch Jahrzehnte begleiten werden und deren Ursachen wir heute wieder neu durch die Erschließung von weiteren Tagebauen schaffen.

Ich finde es auch unverantwortlich, immer wieder nur mit dem Finger dorthin zu zeigen, welche immensen Schäden doch in der DDR entstanden sind und Folgendes zu behaupten – ich zitiere einen Satz aus der Antwort der Staatsregierung auf eine Kleine Anfrage: „Der derzeit aktive Braunkohlentagebau trägt teilweise deutlich zur Milderung der vor dem Jahr 1990 bereits entstandenen Schäden bei.“ Das glaube, wer will.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Fakt ist Folgendes: Der heutige Bergbau wird geologisch bedingt zeitversetzt, nämlich unseren Enkeln aufgebürdet, die gleichen Probleme bringen. Es reicht mir der Verweis auf die Rückstellung überhaupt nicht aus. Bedenken Sie bitte Folgendes: Allein in der Lausitz haben wir bisher 3,5 Milliarden Euro Steuergelder aufwenden müssen, um die Schäden, die vor dem Jahr 1990 entstanden sind, zu beheben.

Meinen Sie, die bisher zurückgestellten 1,2 Milliarden Euro werden ausreichen? Ich möchte gern nachprüfbare Angaben, wofür diese Gelder verwendet werden sollen. Wer kommt auf für die Mittel für die möglicherweise erhöhten Aufbereitungskosten für die Trinkwasserversorgung? Wer zahlt die Schäden, die Sulfat an Betonbauwerken anrichtet? Wer gleicht die Nachteile aus, die für die touristische Entwicklung in der Lausitz durch die Wasserverunreinigung entstehen, Stichwort: braune

Spree? Trägt sie der Verursacher?

Bisher kann ich nur wahrnehmen, dass Staatsregierung und Koalition nahezu zwanghaft die Braunkohleunternehmen von einer angemessenen und realistischen Beteiligung an dem Ausgleich der Schäden befreien. Ich denke, das ist ein Irrweg, den Sie gehen. Besinnen Sie sich Ihrer Verantwortung!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kallenbach. – Die CDU-Fraktion; Herr Abg. von Breitenbuch, bitte.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kurz einige Vorbemerkungen, bevor ich in meinen Ausführungen weitermache.

Ich habe so ein Verfahren einmal erlebt im Rahmen der A72, wie mit dem Bürger umgegangen wird. Ich war beeindruckt, wie jeder angehört wurde, wie auch versucht wurde, jedem zu entsprechen. Das ist ein ganz langwieriger Prozess, den damals das Regierungspräsidium Leipzig bei uns durchgeführt hat, was mich sehr beeindruckte, wie die Bürgerrechte da gewahrt werden. Herr Jurk, ich kann das voll bestätigen, was Sie vorhin angedeutet haben.

(Beifall bei der CDU)

Wir befinden uns da wirklich auf rechtsstaatlichem Terrain. Das Nächste ist – das frage ich mich natürlich und gerade auch bei den Ausführungen von Frau Kallenbach, die jetzt ein bisschen schärfer angezogen hat als die Fraktionsvorsitzende –, wer denn die Zielgruppe Ihres heutigen Antrages, Ihrer heutigen Aktuellen Debatte ist. Sind es wirklich die Menschen in der Lausitz, um die Sie sich Sorgen machen? Oder sind es nicht ganz andere Wählerschichten, die Sie mit diesem Thema einzufangen versuchen, weil die die Dinge ganz von ferne betrachten und eben nicht in den Vor-Ort-Situationen stecken, wie das hier verschiedene Abgeordnete deutlich gemacht haben, die aus der Region kommen? Diese Frage möchte ich bei Ihrer Debatte wirklich hier stellen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe)

Die sächsische Energiepolitik hat schon immer auf einen Energiemix gesetzt und mit einem festen Bestandteil der Braunkohle. Gerade für die Grundlast ist Braunkohle zurzeit unverzichtbar und auch für die Automatisierung in der Automobilindustrie oder eine gleichmäßige Spannungsversorgung entscheidend. Wir sollten uns doch noch einmal vorstellen, was mit Blackouts in unserer hochzivilisierten Welt passiert, bevor wir so leichtfertig diese Energie ablehnen, die wir hier vor Ort haben und zu deren Nutzung wir auch moralisch verpflichtet sind. Ich denke, wir sollten uns erst einmal auf unsere eigenen Rohstoffe beziehen, bevor wir irgendwo aus anderen Ländern Dinge importieren. Dieser Verantwortung sollten wir auf alle Fälle gerecht werden und entsprechend damit umgehen.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Auf die künftige Forschungssituation in Richtung stofflicher Nutzung ist eingegangen worden. Wir haben auch mit dem Energie- und Klimaprogramm gezeigt, dass wir diesen Weg konsequent gehen, Energiemix auch mit der Braunkohle. Sie sichert nicht nur in dem eigentlichen Braunkohleabbau Arbeitsplätze, sondern auch in der

Nachsorge der Tagebaue bis 2080 hinaus sind dort Arbeitsplätze gesichert: nicht nur für zwei Generationen, sondern fast für drei Generationen in der Lausitz. Das gehört eben auch zu Heimat in dieser Region, zu Arbeit, die dort gut bezahlt stattfindet.

Vattenfall investiert 700 Millionen Euro jedes Jahr in der Region. Das sind Dinge, auf die wir nicht verzichten sollten, damit es dort auch weitergeht.

Noch einmal zu den Gutachten:

Herr von Breitenbuch, gut, dass Sie mir ein Zeichen geben. Das verstehe ich so, dass Sie eine Zwischenfrage zulassen wollen. Herzlichen Dank für Ihr Entgegenkommen. – Frau Dr. Runge, bitte.

Danke, Herr Präsident!

Sehr verehrter Herr von Breitenbuch, ich habe zufällig in einer Fachzeitschrift gestern einen Artikel eines Mathematikers gelesen, der das Energiekonzept der Bundesregierung bezüglich der quantitativen Zielstellungen bis 2050 durchgerechnet hat und zu folgendem Ergebnis kommt – wie bewerten Sie das Ergebnis? –:

Ihre Frage bitte, Frau Dr. Runge!

Wie bewerten Sie genau dieses Ergebnis? Danach hat Kohle hierzulande nur noch einen sehr kleinen Platz in der Energiebilanz. Faktisch ist dieser Beitrag der Kohle in 2050 mit null anzusetzen. Wie verhält sich dann sozusagen das sächsische Energiekonzept zu dem Energiekonzept der Bundesregierung?

Das verbinde ich jetzt gleich ein bisschen mit den Gutachten. Es ist logisch, wenn man jetzt die neuen Energiebeschlüsse einbezieht, dass sich die Mengen selbstverständlich verändern. Das ist klar. Nur die Frage ist doch, ob wir jetzt, indem wir diese Planungshorizonte herausnehmen, indem wir die Planung nicht mehr machen, schon die Vorsorge für die Tagebaue abschneiden: Die uns vielleicht im Jahre 2030, 2040 in die Sackgasse geführt haben, weil wir es dann feststellen. Oder ob wir die Planung in dieser Region jetzt weiter zulassen.