Protocol of the Session on May 15, 2013

halten, dass Eltern ihre Kinder selbst erziehen. Das kann es nicht sein.

An der Anstrengungskultur zu zweifeln – die Anstrengungen, die notwendig sind und die unsere Facharbeiter bringen – wird durch Ihren Systemwandel in meinen Augen ad absurdum geführt. Wir haben uns gerade darauf eingelassen, dass wir in einem Bewusstsein, diese Schulden abtragen zu müssen, zusammenarbeiten, und nun bringen Sie zum Ausdruck: Na, wenn du dafür noch mehr arbeitest, dann musst du noch mehr Steuern und Abgaben zahlen. Ich finde das überhaupt nicht anständig.

Die Reaktion dieser arbeitenden Bevölkerung – zu der wir auch gehören – wird sein, dass sie in ihrem Work-LifeBewusstsein vielleicht weniger arbeitet, weniger Steuern erbringt. Dann haben Sie gar keine Hand mehr drauf, wir werden noch höhere Steuern verfügen müssen, wir müssen noch mehr umverteilen und es muss noch mehr Sozialtransfers geben – und immer geht es zulasten der Familien.

Familien – zum Beispiel verheiratet und mit zwei Kindern – mit einem Durchschnittseinkommen haben heute schon nach Abzug aller Steuerbelastungen und Abgaben nicht einmal das, was wir ihnen als steuerliches Existenzminimum eigentlich gewähren wollen. Ihnen fehlen, wenn man es genau berechnet, 3 427 Euro, und diese Familien wollen Sie noch weiter belasten. Ob sie 30 000 oder 60 000 Euro verdienen, der Mechanismus ist über den Grenzsteuersatz immer der gleiche.

Letztlich sind Steuererhöhungen nur ein Zeichen, dass Sie in meinen Augen nicht wirtschaften können; denn wir haben in Sachsen und in Deutschland ein Ausgabenproblem, und wir haben kein Einnahmenproblem.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Nachdem wir gerade diesen Sack zugemacht und gesagt haben, wir öffmen kein Ventil mehr über Neuverschuldung, sondern wir setzen einen Deckel auf diese Verschuldung, suchen Sie ein neues Ventil, um Ihre Ausgabenwut zu befriedigen. Bei dieser ideologiebetriebenen Ausgabenwut knüpfen Sie nicht mehr an dieses Verhältnis, die Ausgaben müssen kleiner als die Einnahmen sein, an – was eigentlich hinter der Schuldenbremse steht –, sondern Sie sagen: Gut, schaffen wir ein neues Ventil. Wir nehmen neue, höhere Steuern auf.

Teil Ihrer Steuerphilosophie ist ja auch, das Ehegattensplitting abzuschaffen. Ich möchte an unser Bürgerliches Gesetzbuch erinnern, worauf unser gesamtes System aufbaut. Es ist so organisiert: Wenn sich zwei zusammenschließen, dann ist es allein deren Überlegung, wie sie ihre Arbeit verteilen, also beispielsweise ob der eine Bauleistungen erbringt und der andere die Buchhaltung macht, ob der eine in der Praxis operiert und der andere die Praxis verwaltet oder ob der eine arbeitet und der andere Kinder erzieht.

Bitte zum Ende kommen.

Ja. – Das ist keine Erwerbsarbeit, sondern eine wichtige Kernaufgabe in unserer Gesellschaft. Aber das ist Privatsphäre und das entzieht sich bitte Ihrer Ideologie.

Herr Patt, bitte zum Ende kommen! Sie sind schon weit über der Zeit.

Letzter Satz. – Wenn sich zwei arbeitsteilig zusammentun, wenn zwei sich die Arbeit teilen, dann muss es ihnen überlassen sein, dass sie es gemeinsam versteuern und letztlich jeder seinen halben Anteil daran versteuert.

Diese Ihre Ideologie akzeptieren wir nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Fraktion DIE LINKE; Herr Scheel, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich bin ja begeistert, dass wir die Bundestagswahl nun endlich auch in den Sächsischen Landtag tragen.

(Zuruf des Abg. Holger Zastrow, FDP – Heiterkeit bei der FDP und des Abg. Steffen Flath, CDU)

Ich glaube, was die Ideologiefragen angeht, Herr Patt, treffen Sie diese selbst. Ja, ich nehme die Debatte gern auf. Wir dürfen ja zur Kenntnis nehmen, dass es einigen Kollegen der FDP mittlerweile zumindest aussichtsreich und interessant erscheint, in Nordkorea zu wohnen. Es drohe ja angeblich rot-grüne Gefahr und die Lebensbedingungen würden sich hier derart verschlechtern, dass das zum Problem werden könne.

(Oh-Rufe von den LINKEN)

Ich persönlich nehme Ihnen Ihr Betroffenheitsgejammer, wenn es um den kleinen Mann geht, nicht ab.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Auch wenn Sie denken, dass die Bürgerinnen und Bürger draußen vergesslich sind: Schwarz-Gelb regiert ja nicht erst seit 2009, sondern Sie haben auch schon vorher einmal regiert. Es gibt wunderschöne Sündenregister, wenn es um die Belastung des kleinen Mannes geht. Sie brauchen nur einmal hineinzuschauen.

(Zuruf des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Das Finanzministerium stellt alles zur Verfügung: Umsatzsteuererhöhungen 1983, 1993, 1998 – das ist alles unter Schwarz-Gelb passiert –, Versicherungssteuer erhöht, Mineralölsteuer erhöht, mehrfach, Kfz-Steuer erhöht, mehrfach. Die Grunderwerbsteuer, über die Sie hier noch großartig gestritten haben, haben Sie damals von 2 auf 3,5 % erhöht.

(Torsten Herbst, FDP: Wir haben es bei 3,5 % belassen, im Gegensatz zu Ihnen!)

Also stellen Sie sich nicht hin, als wären Sie die Partei, die sich um die Pendler in diesem Land kümmert, die sich um die Häuslebauer in diesem Land kümmert und die sich um die arbeitnehmende Bevölkerung in diesem Land kümmert, meine Damen und Herren von CDU und FDP.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN )

Da müssen Sie auch einmal ehrlich sein, es gehört ein bisschen Geschichte dazu. Vorhin waren Sie etwas geschichtsvergessen, Herr Zastrow.

(Zuruf des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Jetzt komme ich zu der wunderschönen Ideologie, die Sie immer predigen. Sie reden von einem schlanken Staat. Ja, was ist denn das, bitte? Was ist denn Ihr schlanker Staat? Sie regieren im Bund – gemeinsam mit der CDU. Sie regieren im Land – gemeinsam mit der CDU. Sie haben sogar einen Minister – er ist jetzt leider nicht anwesend –, der sich für Staatsmodernisierung hergab. Ja, wo sind denn die großen Impulse? Wo sind denn die Punkte, die wegfallen können, die so erlässlich sind, die diesen Staat so überbordend machen, wie Sie doch wohl finden?

Ich höre nichts von Ihnen. Ich höre immer nur eines: Wir geben zu viel Geld aus. Wir haben immer noch eine sehr niedrige Steuerquote, meine Damen und Herren. Wir haben eine hohe Sozialabgabenquote.

(Holger Zastrow, FDP: Das gehört zusammen!)

Dann sagen Sie doch bitte ehrlich, dass Sie das Geld von den Kranken in diesem Land wollen, von den Alten und von den Pflegebedürftigen. Dann sagen Sie es doch!

(Beifall bei den LINKEN und der SPD – Zurufe von der FDP)

Ich sehe nur, dass Sie keine Ideen haben, wie Sie denn wirklich einen schlankeren Staat herstellen wollen, also durch Aufgabenwegfall. Den müssen Sie uns mal beschreiben.

(Holger Zastrow, FDP: Das ist ja abenteuerlich!)

Nur dadurch, Mittel wegzunehmen, schaffen Sie keinen schlanken Staat, sondern nur eines: einen ausgehungerten Staat – und den kann niemand wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Wir haben in den letzten Jahren eine riesige Umverteilung erlebt, und ich werde in einem zweiten Redebeitrag auch gerne unsere finanziellen Vorstellungen darbieten. Es war eine riesige Umverteilung vor allen Dingen von den direkten Steuern hin zu indirekten Steuern.

Was bedeutet das? Direkte Steuern eben von denen, die nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip besteuert werden, hin zu einer Besteuerung nach dem Konsumprinzip. Konsum trifft alle: den Armen und den Reichen gleichermaßen. Die Leistungsfähigkeit – das ist aber der Kernge

danke – trifft diejenigen, die eben auch mehr wegtragen können. Und Sie haben dafür gesorgt, dass die Besserverdienenden in diesem Land weniger wegtragen müssen. Sie haben dafür gesorgt, dass reiche Erben weniger wegtragen müssen. Sie haben dafür gesorgt, dass Unternehmen in diesem Land sich weniger beteiligen an der Finanzierung des Staates. Dieses System muss geändert werden. Hier müssen wir Änderungen herbeiführen, auch nach der Bundestagswahl.

(Beifall bei den LINKEN)

Noch eine Anmerkung zu Herrn Patt, wenn es hier um die Frage geht, dass man gesagt hat, man möchte keine Kredite mehr aufnehmen: Es muss doch klar sein, dass wir als Staat auch weiterhin in der Lage sein müssen, Investitionen zu finanzieren.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Dies können wir auch ohne Sie!)

Dies können wir, wenn wir die Einnahmenbasis so aufstellen, dass genug öffentliches Geld vorhanden ist, und dieses Geld ist in diesem Land vorhanden. Lassen Sie uns doch gemeinsam darum ringen, die Vermögensteuer zum Beispiel wieder einzuführen. Dort blockieren Sie seit Jahren, meine Damen und Herren von CDU und FDP.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. In der zweiten Runde hören Sie unsere Konzeption und Vorstellungen.

Danke schön.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Die SPD-Fraktion; Herr Dulig, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war ja zu erwarten, dass der Bundestagswahlkampf auch auf der Bühne des Sächsischen Landtages ausgetragen wird.