Protocol of the Session on May 15, 2013

Gemäß § 259 des Strafgesetzbuchs macht sich der Hehlerei strafbar, wer eine Sache, die ein anderer durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Handlung erlangt hat, ankauft, um sich oder Dritte zu bereichern. Nichts anderes ist der Ankauf von Steuer-CDs. Die Daten wurden von Mitarbeitern der Banken rechtswidrig erlangt. Damit ist dieser Straftatbestand erfüllt. Die SPD fordert nichts anderes, als dass sich die Staatsregierung strafbar macht.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Möchten Sie eine Zwischenfrage stellen, Herr Pecher?

Bitte, Herr Pecher.

Ich bin kein Jurist. Würden Sie mir zustimmen, dass im gesamten juristischen Bereich, vor

allem im Steuerbereich, der Begriff Datenhehlerei oder Hehlerei überhaupt nicht vorkommt und dies auch festgestellt wurde, weil es ihn gar nicht gibt?

Ich gebe Ihnen nicht recht. Es gibt unterschiedliche Stimmen in der Rechtsprechung und Literatur.

Es gibt Stimmen. Es steht aber nichts im Gesetz.

Es gibt unterschiedliche Stimmen, die diese Frage unterschiedlich bewerten. Sie sprechen sicherlich gleich das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes an. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil lediglich festgestellt, dass die Verwertung der illegal erlangten Daten nicht dazu führt, dass ein Beweisverwertungsverbot vorliegt. Anders als im amerikanischen Rechtssystem gilt bei uns nicht das System des „Fruit of the poisonous tree“, wonach rechtswidrig erlangte Beweismittel automatisch zu einem Beweisverwertungsverbot führen. Damit ist aber die Frage nicht beantwortet, ob es legal und nicht strafbar ist, diese Daten zu erwerben. Ich stelle mich auf den gleichen Standpunkt wie zum Beispiel Prof. Samson von der Universität Kiel, der dies schlicht und einfach für Hehlerei hält.

(Beifall bei der FDP)

Allerdings zeigt die bisherige Strafrechtspraxis, dass Strafbarkeitslücken bestehen, weil es andere Auffassungen gibt, wie man den Straftatbestand auslegen kann. Der derzeitige Hehlereitatbestand ist sehr materialistisch ausgelegt und geht nicht auf Daten ein. Diese Strafbarkeitslücke soll geschlossen werden. Das begrüße ich ausdrücklich.

Die Justizministerkonferenz hat einen entsprechenden Beschluss gefasst. Im Bundesrat hat das Land Hessen dazu einen Gesetzentwurf eingebracht. In einem Punkt lehne ich diesen Gesetzentwurf ab: Der Gesetzentwurf aus dem Land Hessen ist im Bundesrat dahingehend erweitert worden, dass eine Ausnahme für diejenigen gemacht wird, die Daten erwerben, um damit Steuer-CDs ankaufen zu können. Das lehne ich aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten ab. Das Recht gilt für alle gleichermaßen. Wenn es anderen normalen Bürgern nicht erlaubt ist, sich Daten illegal zu besorgen, um sie für ihre Zwecke zu verwenden, darf sich der Staat kein Privileg heraussuchen, damit er mit illegalen Datenhändlern kooperieren kann.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Jede andere Argumentation ist scheinheilig. Wir fordern gleiche Rechte und gleiche Pflichten für die Bürger. Deshalb darf es nicht sein, dass der Staat sich diese CDs besorgt.

Ich finde es ebenfalls scheinheilig, wenn Sie Folgendes sagen: Wir müssen die Steuergerechtigkeit durch den Erwerb von illegalen CDs herstellen – und sich gleichzeitig an dem Steuerabkommen mit der Schweiz nicht

beteiligen. Das Steuerabkommen mit der Schweiz hat sicherlich einige systematische Fehler. Ich begrüße dieses Abkommen nicht in allen Punkten.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Hört, hört!)

Selbst der Diskussion und der Änderung an einigen Stellen haben Sie sich von der SPD und von den GRÜNEN verweigert. Sie haben eine Totalblockade gemacht. Sie haben gesagt, dass Sie dieses Steuerabkommen nicht möchten. Das finde ich nicht richtig. Man hätte darüber im Detail diskutieren müssen. Man hätte auch Lösungsmöglichkeiten für dieses Steuerabkommen finden können, sodass es nicht mehr populistisch gegen Reiche gerichtet wäre, sondern eine zweckgerichtete Lösung des Problems gebracht hätte.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Werte Kollegen von der SPD! In Ihrem Antrag fordern Sie darüber hinaus die Staatsregierung auf, die strafbefreiende Selbstanzeige für Steuersünder zu streichen, wenn sie über 50 000 Euro liegt. Das ist ebenfalls scheinheilig. Erinnern Sie sich noch an Herrn Eichel? Das ist ein bisschen her. Das war einer Ihrer gescheiterten Ministerpräsidenten, der anschließend Bundesfinanzminister

wurde. Wir können nur hoffen, dass dieses Rekrutierungsschema für Ihre politischen Eliten nicht irgendwann einmal auf Frau Kraft zutrifft, wenn sie das Land Nordrhein-Westfalen ruiniert hat. Kommen wir zurück zu Herrn Eichel. Herr Eichel hat im Jahr 2003 eine Amnestie für Schwarzgeld auf den Weg gebracht. Es ging um Zinseinkünfte aus Deutschland. Wer sich offenbarte, zahlte 15 % Quellensteuer. 56 000 Erklärungen wurden abgegeben, 1,4 Milliarden Euro konnten in den maroden rot-grünen Haushalt eingebracht werden.

(Holger Zastrow, FDP: Hört, hört!)

Nur zum Vergleich nenne ich Folgendes: Das Steuerabkommen mit der Schweiz sah eine Abgeltungssteuer von 21 bis 41 % vor. Das ist eine scheinheilige Politik der SPD.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Fassen wir noch einmal zusammen, was SPD

Steuerpolitik bedeutet: 15 % Quellensteuer für illegale Steuerhinterzieher, 45 bis 48 % Spitzensteuersatz für die arbeitende Mitte der Gesellschaft und Hehlereigeschäfte mit illegal erlangten Datenträgern. Meine Damen und Herren! Eine solche Politik können wir nur ablehnen. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag auch ab.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Für die GRÜNEN spricht nun Frau Hermenau, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Herr Biesok, die Aufnahme eines Beweisverwertungsverbotes obliegt im Prinzip den Fachgerichten. Das ist richtig. Wir haben nicht wie in den USA das Recht der Frucht des verbotenen Baumes, um es

einmal zu übersetzen. Es ist eine Abwägung. Viele Gerichte haben diese Abwägung getroffen und diese Daten zur Verwertung zugelassen. Das ist der eine Punkt. Man muss bei jedem einzelnen Fall sicherlich genau hinschauen. Das ist genau das, was Abwägung bedeutet. Wenn Sie sich einmal das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes anschauen, bleibt festzuhalten, dass keine deutschen Amtsträger an der illegalen Datenbeschaffung beteiligt waren. Wenn sich dies herausgestellt hätte, wäre es auch anders ausgegangen.

Das heißt auf der anderen Seite – das ist mir jetzt wichtig –, dass es nicht per se rechtsstaatswidrig ist, wenn man für eine Information eine Vergütung zahlt. Nur darf derjenige, der zahlt, nicht selbst gegen Gesetze verstoßen. Das ist das, was dabei herauskommt, wenn man es einmal durchliest.

(Carsten Biesok, FDP, steht am Mikrofon.)

Sie möchten bestimmt eine Zwischenfrage stellen?

Ich schaue zur NPD-Fraktion, weil es dort sehr laut ist. Ich möchte Sie bitten, Ihre Gespräche einzustellen.

Vielen Dank.

(Andreas Storr, NPD: Das ist die CDU!)

Ich habe Sie darum gebeten, die Gespräche etwas einzustellen. – Nun kommen wir zur Zwischenfrage; Herr Biesok, bitte.

Frau Hermenau, ist Ihnen bekannt, dass in der Schweiz zwei Steuerfahnder aus der Bundesrepublik Deutschland derzeit nicht einreisen dürfen und gegen sie ein Ermittlungsverfahren läuft, weil sie Mitarbeiter von schweizerischen Großbanken angestiftet haben sollen, Daten von deren Rechner abzuziehen und als Daten-CD nach Deutschland zu verkaufen?

Das ist mir erstens bekannt und um die zweite Antwort gleich vorwegzunehmen, dass Sie nicht noch einmal aufstehen müssen: Ja, ich finde auch, dass es dann in Ordnung ist, diesen Fall zu verfolgen.

Eine ganz andere Frage ist, wie gesagt, ob man das verwerten kann. Das entscheiden die Fachgerichte. Aber was mir an Ihrer Logik nicht gefällt – jetzt sage ich mal meine Meinung –, das ist, dass Sie der Auffassung sind, nur weil es eine gewisse Grauzone gibt, die man auch geeigneterweise aus Ihrer Sicht als Hehlerei bezeichnen könnte, dürfe sich der Rechtsstaat zurückziehen und Steuersünder nicht mehr verfolgen. Er entzieht sich damit im Prinzip seiner Verpflichtung zur Steuergerechtigkeit.

Das ist eben genau das Merkmal einer Grauzone, dass beide Meinungen wahrscheinlich ihr Pro und ihr Kontra haben und auch hier eine politische Abwägung nötig ist. Das wird jetzt hier angeregt, indem Sie ermutigt werden, auch wenn für Sachsen, in Zahlen gerechnet, nicht sehr viel dabei herumkommt, sich trotzdem weiter an den

Ankäufen dieser CDs zu beteiligen. Das ist das, was hier vonseiten der SPD angeregt wird. Ich halte das für richtig. Die Steuerehrlichkeit kann auch niedrigere Steuern bedeuten.

Wenn Sie solche Angst vor Steuerplänen anderer Parteien haben, die auf ihren Parteitagen auch etwas beschließen, dann schlage ich Ihnen vor, dass Sie bei der Steuerhinterziehung mit dafür Sorge tragen, dass das im Prinzip nicht mehr vorkommt. Es ist in der Tat kein Kavaliersdelikt, aber es ist auf der anderen Seite auch für die Gesellschaft ein sehr hohes Gut, wenn Steuerehrlichkeit da ist. Das wissen Sie auch. Wenn Sie hier der Meinung sind, dass Moral in der Politik nichts zu suchen hat, dann reden Sie denen das Wort, die aus der Steuerhinterziehung ein Kavaliersdelikt machen wollen. Das finde ich falsch.

Dass Deutschland dafür eine gute Steuerverwaltung braucht, wissen wir. Dass es da einige Probleme bei den Arbeitsprozessen, der EDV-Ausstattung und auch beim Personalschlüssel gibt, das wissen Sie auch, Herr Prof. Unland. Vielleicht gibt es dazu nachher noch ein paar Ausführungen. Ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass in der sächsischen Steuerverwaltung in einigen Aufgabenbereichen weniger Personal eingesetzt wird, als die bundesweit abgestimmten Grundsätze für die Personalbedarfsrechnung für die Steuerverwaltung zumindest nahelegen.

Die Frage mit den Steueroasen ist eine Frage, die inzwischen die ganze EU beschäftigt. Da müssen wir jetzt in Sachsen keine eigenen Wege gehen.

Ich finde es auch richtig, dass im Bundesrat das vorgeschlagene Steuerabkommen mit der Schweiz verhindert worden ist. Das war richtig. Wenn man die Anonymität derjenigen wahren will, die ihr Geld am Fiskus vorbei in die Schweiz gebracht haben, und ihnen dann erlauben möchte, dass sie ihre bisher unversteuerten Einnahmen aus der Schweiz zurückholen können, und zwar ohne Geldbuße und ohne Verzugszinsen, dann ist das, finde ich, ein Rettungspaket von Schwarz-Gelb für die Steuerbetrüger. Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall des Abg. Mario Pecher, SPD)

Diese Anonymität kann übrigens auch dazu genutzt werden, dass Schwarzgeld von kriminellen Geschäften gewaschen wird. Auch das würden wir auf gar keinen Fall unterstützen.

Es ist vielleicht ein wenig schwierig für Sie, wenn Sie rechtsstaatlich argumentieren und versuchen, eine bestimmte Menschengruppe in diesem Staat besonders zu schützen. Es ist vielleicht aus Ihrer Sicht als Jurist auch ehrenwert. Das will ich nicht infrage stellen. Aber ich finde, dass es der Fall Hoeneß eben genau deutlich gemacht hat. Er hat notgedrungen eine Selbstanzeige vorgenommen, weil er wahrscheinlich auf das Steuerabkommen mit der Schweiz spekuliert hatte, um sein Geld anonym zurückzuholen. Dieses Verhalten zeigt, dass unsere ablehnende Haltung zum Thema Steuerabkommen mit der Schweiz richtig gewesen ist. Jetzt hat auch die