Protocol of the Session on April 18, 2013

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Nun folgt die Reaktion auf den Redebeitrag; Herr Kollege Hauschild, bitte.

Herr Gerstenberg, wenn Sie ernst genommen werden möchten, sollten Sie als GRÜNE endlich akzeptieren, dass nicht nur Ihre Meinung die alleinig richtige ist.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Sie unterstellen mir, dass ich keine Ahnung von dem Markt in Dresden hätte. Mit welcher Frechheit unterstellen Sie mir das überhaupt? Woher wollen Sie wissen, welche Informationen mir vorliegen? Die Mietpreise auf dem Wohnungsmarkt waren in den letzten Jahren durch den Leerstand und den Zuzug so tief gesunken, dass bestimmte Wohnungskategorien wie beispielsweise

Dreiraum- und Vierraumwohnungen so billig angeboten wurden. Das macht eine Anpassung an ein normales Maß notwendig.

Sie klammern sich an Prozenten fest. Ich sagte es in meinem Redebeitrag. Wir reden von Euros und nicht von Prozenten. Wir reden von einem normalen Maß, wohin sich die Mieten entwickeln. Ja, es gibt immer wieder zu wenige Wohnungen in der einen oder anderen Kategorie. Das ist ganz normal. Was Sie sagen, macht es nicht besser.

(Beifall bei der FDP)

Wir fahren in der Rednerreihe fort. Für die NPD-Fraktion ergreift das Wort Frau Schüßler.

Danke. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die schwierige Mietsituation in den sächsischen Ballungszentren wird von der Staatsregierung immer noch nicht ernst genommen. Herr Minister Ulbig sieht hier sogar einen entspannten Wohnungsmarkt und findet eine über elfprozentige Steigerung in den letzten vier Jahren nicht besorgniserregend, weil sie unter der Kappungsgrenze liegt.

Natürlich ist klar, dass die GRÜNEN eine massive Klientelwirtschaft betreiben. Die Mietentwicklung betrifft überwiegend ihre urbanen Wählerschichten.

Fakt ist aber auch, dass immer mehr Menschen ihre Wohnungen aufgeben müssen, weil sie unbezahlbar geworden sind. Das bedeutet, dass zumeist Rentner, Geringverdiener und Alleinerziehende aus den Innenstädten an die Stadtränder vertrieben werden. Eine Staatsregierung mit sozialem Verantwortungsgefühl würde hier gegensteuern und über die Möglichkeiten des sozialen Wohnungsbaus dafür sorgen, dass keine weiteren Armutssiedlungen, also soziale Brennpunkte, entstehen.

Laut einer aktuellen Studie des Pestel-Instituts fehlen derzeit allein in Sachsen 342 000 Sozialwohnungen. Das verwundert umso mehr, da die Staatsregierung erst vor Kurzem eingestehen musste, dass die Anzahl der mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen seit dem Jahr 2002 konsequent abnimmt und derzeit sachsenweit bei 83 303 Wohnungen liegt. Ich wiederhole die Zahl noch einmal: 83 303 bestehende Sozialwohnungen bei einem bekannten Bedarf von 425 000 Wohnungen.

Viele Sozialwohnungen wurden in den letzten Jahren gezielt an Investoren verkauft, die nur investieren wollten, wenn Miet- und Belegungsbindungen wegfallen und die Mieten heftig angezogen werden. Hierbei ist die Staatsregierung ebenso untätig gewesen und hat der Entwicklung tatenlos zugesehen. Noch bleiben größere Demonstrationen von Mietern gegen die politisch Verantwortlichen aus. Was wir heute nur aus Hamburg und Berlin kennen, kann morgen auch in Dresden oder Leipzig passieren. Nicht umsonst hat die Bundesebene reagiert und den Ländern die hier beantragte Möglichkeit zur Beschränkung von Mieterhöhungen für konkrete Gebiete zur Verfügung gestellt. Die Staatsregierung müsste das Problem endlich einmal erkennen und handeln. Das notwendige Bundesgesetz liegt vor und tritt am 1. Mai 2013 in Kraft.

Es ist schon unverständlich genug, dass viele sächsische Mieter alle 15 Monate eine Mieterhöhung ertragen müssen, ohne sich dagegen wehren zu können. Pünktlich wie ein Uhrwerk treffen Mieterhöhungen ein und reizen damit gesetzliche Erhöhungsgrenzen voll aus. Der vorliegende Antrag der GRÜNEN möchte dafür sorgen, dass es zukünftig wenigstens eine Begrenzung der ständigen Mieterhöhungen gibt. Für die Regierungskoalition dürfte es keinen Grund geben, nicht zuzustimmen. In der Stel

lungnahme wird argumentiert, dass die Mietsteigerungen in Sachsen unter der hier geforderten Grenze liegen. Es dürfte somit kein Problem für Sie sein, diesem Antrag zuzustimmen. Wir tun es auch.

(Beifall bei der NPD)

Für die NPD-Fraktion sprach Frau Schüßler. Gibt es aus den Fraktionen heraus Redebedarf für eine zweite Rednerrunde? – Das kann ich nicht feststellen. Möchte die einbringende Fraktion das Wort ergreifen?

(Gisela Kallenbach, GRÜNE: Einbringend bin ich!)

Gibt es bei Ihnen noch Redebedarf?

(Gisela Kallenbach, GRÜNE: Ja!)

Dann beginnen wir mit einer zweiten Rednerrunde. Die einbringende Fraktion GRÜNE hat erneut das Wort.

(Gisela Kallenbach, GRÜNE: Wenn sich keiner meldet, wollte ich ein abschließendes Wort sagen! – Zuruf: Schlusswort!)

Das kommt noch. Müssen wir eine zweite Runde eröffnen? – Herr Stange für die Fraktion DIE LINKE, möchten Sie in einer zweiten Runde das Wort ergreifen? Deshalb habe ich gefragt. – Bitte, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich komme noch einmal zur Systematisierung des Problems. Erstens geht es bei diesem Antrag um Bestandsmieten. Es geht nicht um die Mieten für Neuvermietungen. Zweitens geht es nicht darum, in Sachsen massenhaft sozialen Wohnungsbau zu betreiben. Mit der Zahl von 340 000 Sozialwohnungen hatten wir uns schon auseinandergesetzt. Die Pestel-Studie ist in diesem Punkt methodischer Blödsinn. Das muss man einmal so offen und deutlich sagen. Es ist methodischer Unsinn. Das haben wir in diesem Haus schon einmal erörtert. Die Sozialwohnungen, bei denen die Bindefrist ausgelaufen ist, verschwinden nicht schlagartig vom Markt. Die Mieter werden auch nicht aus ihrer Wohnung geschmissen oder ziehen aus. Sie wohnen nach wie vor in ihren Wohnungen. Man muss vorsichtig mit den jungen Pferden sein.

Hier geht es tatsächlich darum, in einer Stadt wie beispielsweise Dresden, in der mehrere Probleme wie der Zuzug, die Geburtenrate und vor allem die Steuerungsunfähigkeit durch den Totalverkauf der WOBA zusammenkommen, steuernd einzugreifen.

Man kann ebenso nicht sagen, dass 11,2 % unter 15 % liegen. Ich habe vorhin versucht, dies darzustellen. 11,2 % im Durchschnitt heißt Folgendes: Es gibt einen Anteil, der darunter liegt, und es gibt einen Anteil, der darüber liegt. Wenn ein Anteil darüber liegt, kann er durchaus die Marke von 20 % erreichen.

(Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE: Genau!)

Das machen Vermieter durchaus. Das hat nicht unbedingt etwas mit einer Modernisierung zu tun. Kollege Gerstenberg hatte dies bereits ausgeführt. Es hat natürlich etwas mit der „normalen“ Mieterhöhung zu tun. Diese ist für manche eben normal.

Wenn das Verhältnis von Kaltmiethöhe und Einkommen aus den Fugen gerät, versuchen Mieter auszuweichen. Das funktioniert in einigen Stadtteilen in Dresden nicht mehr, weil kein Wohnraum mehr vorhanden ist. Das ist das Problem in Kurzfassung. Ich habe mich wirklich kurzgefasst. Deshalb ist dieser Antrag wichtig. Deshalb ist es auch wichtig, die Staatsregierung aufzufordern, eine solche Rechtsverordnung zu erlassen – vor allem gemeinsam mit der kommunalen Ebene. Ich bin nun schon bei unserem Änderungsantrag angekommen. Sie muss mit der kommunalen Ebene bestimmen, um welche Gemeinden und Gemeindeteile, Stadtteile oder Stadtquartiere es sich handelt, um die Rechtsverordnung zielgerichtet erlassen zu können.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war Herr Stange von der Fraktion DIE LINKE. Gibt es noch andere Fraktionen in dieser zweiten Rednerrunde, die das Wort ergreifen möchten? – Ich meine nicht das Schlusswort oder einen anderen Beitrag. Das kann ich nicht erkennen. Damit hat die Staatsregierung das Wort. Das Wort ergreift Herr Innenminister Ulbig.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Erstens möchte ich sagen, dass die Staatsregierung die Möglichkeit begrüßt, mit dem neuen Mietrecht eine Kappungsgrenze für Mietpreiserhöhungen per Verordnung auch im Freistaat Sachsen festlegen zu können. Es ist grundsätzlich wichtig, um im Falle einer Wohnungsknappheit – darüber ist diskutiert worden – unverhältnismäßig hohe Mieten zu verhindern. In welchen Fällen dieses Instrument angewendet werden darf, ist im Gesetz genau geregelt und wurde gerade von mindestens einem Vorredner detailliert vorgetragen. Deshalb werde ich jetzt darauf verzichten. Es ist auch redlich, über dieses Thema zu diskutieren. Insofern ist der Antrag zumindest hier im Landtag richtig.

Anders, Frau Köpping, sehe ich Ihre Einlassung. Sie haben das Mietrechtsänderungsgesetz grundsätzlich

infrage gestellt, was mich wiederum insofern wundert, als das Mietrechtsänderungsgesetz gerade zum 1. Februar dieses Jahres in Kraft getreten ist und eine ganze Menge Kollegen Länderbauminister auch Ihrer Partei angehören. Wenn man der Meinung gewesen wäre, dass dieses Gesetz untauglich ist, um auf einzelne Probleme zu reagieren, hätte man durchaus, wie das sonst üblich ist, den Vermittlungsausschuss anrufen können, um dafür Sorge zu tragen, dass eine solche Regelung, die man für

untauglich hält, nicht erst Gesetzeskraft gewinnt. Aber jetzt, nachdem wir es erst seit wenigen Tagen als Gesetz haben, sollten wir bundesweit schauen, ob dieses Instrument tatsächlich geeignet ist oder nicht. Das vielleicht zu dieser Einlassung.

Der Sinn der Regelung insgesamt besteht darin, einem akuten Mangel an bezahlbarem Wohnraum entgegenzuwirken. Einige sehen diesen Mangel jetzt schon. Wir haben es gerade gehört, Sie leiten dies aus den sinkenden Leerstandsquoten in den sächsischen Ballungszentren ab. Das greift aber nach unserer Ansicht durchaus zu kurz; denn es werden Aspekte für das Absenken der Kappungsgrenze ignoriert. Das sind durchaus wesentliche Zahlen.

Die Mietpreisentwicklung wurde angesprochen. Von 2006 bis 2010, also innerhalb von fünf Jahren, gab es einen Anstieg um 11,2 %. Er lag damit deutlich unter der festgelegten Obergrenze von 15 % in drei Jahren. Sachsenweit ist die Situation so, dass die Mieter durchschnittlich 4,63 Euro je Quadratmeter zahlen. Das liegt auch unter dem Bundesdurchschnitt von 5,43 Euro.

Die Steigerung von mehr als 15 % in den nächsten drei Jahren ist darüber hinaus nach den Erkenntnissen, die wir derzeit haben, nicht zu erwarten. Eine akute Gefährdung liegt also schlichtweg nicht vor. Eine Absenkung ohne eine besondere Gefährdung wäre aber nicht im Sinne des Gesetzes, gegebenenfalls sogar rechtswidrig und würde einer gerichtlichen Prüfung nicht standhalten.

(Enrico Stange, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Es ist durchaus gut, dass wir in unseren Städten, in einigen Städten auch von der Bevölkerung her, eine positive Entwicklung haben. Es ist klar, dass sich daraus logischerweise stadtteilspezifische Unterschiede ergeben.

(Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Aber eines möchte ich noch einmal klarstellen: Der Zweck des Gesetzes besteht nicht darin, Mieten in besonders beliebten Wohngegenden künstlich niedrig zu halten, sondern es geht darum sicherzustellen, dass ausreichend bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Selbstverständlich.

Es sind sogar zwei. Wir beginnen mit Herrn Kollegen Stange.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Vielleicht habe ich das etwas falsch gelesen. Ich habe es zumindest nicht entdecken können: In welcher Vorschrift des § 558 BGB ist festgelegt, dass die durchschnittliche Mieterhöhung in den drei Jahren 15 % erreichen oder überschreiten muss, damit die Kappungsgrenze abgesenkt werden kann?

Die Voraussetzungen, um diese Regelung anzuwenden, haben Sie vorhin angesprochen. Sie ist nur dort zulässig, wo die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder in einem Gemeindeteil besonders gefährdet ist. Dann kann sozusagen auf diese 15 % innerhalb von drei Jahren – –

Deshalb muss man diese Voraussetzungen dafür prüfen. Wenn wir jetzt einen Zeitraum hatten – zugegebenermaßen, wir reden über den Zeitraum von 2006 bis 2010 –, wo wir nur 11,2 % Anstieg hatten, ist an dieser Stelle die Voraussetzung nicht gegeben. Aber vielleicht lassen Sie mich den Satz noch sagen, um eventuell ein Stück das Problem deutlich zu machen; denn wir nehmen das Thema der Mietengerechtigkeit sehr ernst. Deshalb wollen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten auch eine genauere Prognose haben, Herr Gerstenberg, und vielleicht kommen wir an dieser Stelle ein Stück weit dem Problem näher.