Protocol of the Session on April 17, 2013

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich würde meinen Gedanken gern noch zu Ende führen, danach gern. – Wenn wir genau hinschauen: Viele der jetzt entstandenen Schäden sind auch ein Beweis dafür, dass man über Jahre hinweg auch beim Unterhalt zum Teil auf Zeit gespielt hat. Es sind nicht nur akute Winterschäden, sondern die Ursachen liegen bereits länger zurück.

Bitte, die Zwischenfrage, Frau Dr. Pinka.

Herr Herbst, Sie waren mit mir gemeinsam beim Empfang der IHK. Dort haben Sie sicherlich die Informationen zur Infrastruktur zur Kenntnis genommen. Könnten Sie wiederholen, was die Forderung der IHK an den Landtag in Bezug auf den Ausbau der Infrastruktur gewesen ist? Ich sage nur: flicken, flicken, flicken – das bringt uns nicht weiter.

Ja, gut, der IHK-Präsident kommt aus der Baubranche und hat ein entsprechendes Unternehmen. Wenn ich es richtig verstanden habe – Sie können mich gern korrigieren –, hat er die Staatsregierung für das Winterschadensprogramm ausführlich gelobt, und zwar auch über den Ansatz, dass wir nicht nur Flickschusterei, sondern eine nachhaltige Sanierung wollen. Ich finde, mehr Lob kann eine Regierung nicht bekommen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Klar ist natürlich auch, dass die Kommunen gefordert sind, einen eigenen Beitrag zu leisten. Die kommunalen Spitzenverbände haben die Bereitschaft signalisiert. Ich habe aber auch Verständnis dafür, dass ein Minister nicht Dinge nach außen trägt, bevor nicht die kommunalen Gremien die Chance haben, darüber zu entscheiden. Ich glaube, das ist ein faires Vorgehen. Es ist auch gängig und es ist nicht zum ersten Mal so. Insofern, Herr Stange, läuft Ihre Kritik an der angeblich finanziellen Luftblase völlig ins Leere.

Ich will hinzufügen, dass ich nicht den Eindruck habe, dass sich jede Kommune der Bedeutung eines funktionierenden Straßennetzes bewusst ist. Ich brauche nur in

meine Heimatstadt Dresden zu schauen. Was gibt denn meine Heimatstadt Dresden für Straßen aus? Sie hat 2013 im Haushalt Eigenmittel von 4,1 Millionen Euro eingestellt. Das ist für eine Stadt dieser Größe einfach zu wenig, meine Damen und Herren. Davon kann man die Substanz auf Dauer nicht erhalten. Da hilft es auch nichts, mit dem Finger auf den Freistaat zu zeigen. Wenn man Millionen für kulturelle Projekte, Prestigeprojekte hat und die Straßen vergammeln lässt, dann stimmt einfach das Verhältnis nicht.

(Beifall bei der FDP)

Wir sind uns vermutlich auch einig, dass die Sanierung der Straßen nicht nur eine Frage des Komforts ist; es geht auch um Verkehrssicherheit. Jetzt beginnt die Motorradsaison, und wir erleben gerade, dass es für Motorradfahrer wichtig ist, dass wir keine löchrigen und zerschlissenen Straßen haben. Für sie ist es eine Frage der Verkehrssicherheit und im Zweifelsfall des Überlebens, dass sie nicht auf kaputten Straßen verunglücken. Deshalb muss jetzt zügig gehandelt werden.

Einige meiner Vorredner haben hier dargestellt, wir würden nur jetzt etwas tun mit einem Sofortprogramm und generell gäbe es keine Mittel für Straßenbau in Sachsen. Das ist nachweislich falsch. Die GRÜNEN haben versucht, uns bei den Haushaltsverhandlungen die Straßenbaumittel zusammenzustreichen, beispielsweise die Mittel für die Staatsstraßen auf null zu setzen. Okay, das ist eine politische Philosophie, die wir nicht geteilt haben. Deshalb haben wir ihre Anträge abgelehnt.

Ich will nur einige Punkte streifen: 26 Millionen Euro mehr für kommunalen Straßen- und Brückenbau im Haushalt festgeschrieben; 132 Millionen Euro im Haushalt des Verkehrsministeriums für kommunalen Straßenbau; weitere 100 Millionen Euro für kommunalen Straßenbau über den kommunalen Finanzausgleich. Der Straßenlastenausgleich für Kreisstraßen wurde pro Kilometer von 3 675 Euro auf 5 400 Euro erhöht – in Summe rund 10 Millionen Euro mehr. In den vergangenen beiden Wintern gab es auch ein Sonderprogramm zur Beseitigung von Winterschäden – insgesamt 65 Millionen Euro für 2011 und 2012.

Meine Damen und Herren, dieses breite finanzielle Engagement kann sich in der Summe sehen lassen, gerade im Vergleich zu anderen Bundesländern.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dass wir überhaupt so viel Geld investieren können, hat aber auch einen Grund, und da bin ich ein Stück weit auf der Seite des Finanzministers; denn ohne sparsame Haushaltspolitik wäre kein Geld da, um zu investieren. Im Übrigen wäre auch kein Geld da, um im Zweifelsfall mit Sonderprogrammen nach besonders harten Wintern zu helfen.

(Beifall des Abg. Norbert Bläsner, FDP, und vereinzelt bei der CDU)

Während andere ihr Geld für den Konsum ausgeben – und Sie haben in jedem Plenum eine Menge Vorschläge, wie man noch mehr Millionen für die staatliche Verwaltung ausgeben kann –, können wir überhaupt noch in Infrastruktur investieren. Für dieses Herangehen, meine Damen und Herren, steht die bürgerliche Koalition in diesem Land.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP und der CDU)

Für uns ist entscheidend, dass wir nicht nur eine notdürftige Behebung von Winterschäden anstoßen, sondern in der Tat daran denken, wie nachhaltig saniert werden kann; denn ansonsten stehen wir bei einem nächsten harten Winter wieder vor genau derselben Situation wie jetzt, dass wir Löcherpisten haben und der Ruf nach Hilfen kommt. Wir hoffen, dass die Kommunen daraus lernen, dass sie nachhaltiger, bewusster ihre Sanierungsvorhaben planen.

Meine Damen und Herren, wir brauchen den Antrag der LINKEN nicht. Die Staatsregierung handelt längst in enger Absprache mit den Kommunen; der Antrag der LINKEN ist überflüssig.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP und der CDU)

Auf Herrn Kollegen Herbst, FDP-Fraktion, folgt jetzt Frau Kollegin Jähnigen für die Fraktion GRÜNE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was brauchen wir in Sachsen alles nicht? Erstens brauchen wir keinen steigenden Instandhaltungs- und Reparaturbedarf beim Straßennetz. Der harte Winter in diesem Jahr ist ein Schicksal, das weder die Regierung noch die Opposition beeinflussen konnte; dass wir regelmäßig ein Zuschussprogramm zur Winterschadensbeseitigung brauchen – auch bei normalen Wintern –, zeigt allerdings, dass die Instandhaltung, die Reparatur von Straßen schlichtweg nicht gedeckt sind. Es ist ja auch bekannt, dass gerade unser Nebenstraßennetz in Sachsen zusehends verfällt, natürlich auch betroffen von solchen Dingen wie übermäßigem Streusalzeinsatz, die das Straßennetz schädigen. Das brauchen wir nicht, das nenne ich falsche Investitionspolitik.

Damit komme ich gleich zum Zweiten, was wir in Sachsen nicht brauchen: steigende Pro-Kopf-Kosten für die Straßeninfrastruktur. Wir haben – ich will es gerade Ihnen, Herr Kollege Herbst, gern noch einmal sagen – bundesweit in Sachsen zurzeit 30 % über dem Durchschnitt an Netzdichte überörtlicher Straßen.

(Torsten Herbst, FDP: Bei den Schienen sind wir auch über dem Bundesdurchschnitt!)

Die Bevölkerung sinkt, und das heißt, die Pro-KopfKosten werden steigen. Und immer noch – das ist der Unterschied zur Schiene, Herr Kollege – haben wir ein Neubauprogramm mit exorbitanten Kosten, und zwar im ländlichen Raum, dort, wo die Bevölkerung sinkt. Die

Pro-Kopf-Kosten werden weiter steigen und aus dem Ruder geraten. Nein, das brauchen wir nicht.

Was wir, drittens, noch nicht brauchen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind schöne Worte anstelle klarer Finanzierung.

(Torsten Herbst, FDP, steht am Mikrofon.)

Herr Kollege Herbst, ich habe ja gestaunt, –

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

– wie Ihr eigener Minister – ich führe den Gedanken noch aus, und dann können Sie gern fragen – seine eigene Pressemitteilung korrigieren musste und für die Kofinanzierung des Ministeriums auf die Ergebnisse der Mai-Steuerschätzung Verhandlungen mit den kommunalen Gremien verweisen musste,

(Staatsminister Sven Morlok: Stimmt doch gar nicht!)

um dann zu sagen, irgendwann 2013 werden die Mittel ausgereicht sein, aber 2014 sollen sie schon abgerechnet werden. Da weiß man schon wieder, was für ein Holterdiepolter mit den Vergaben losgehen wird. – Jetzt, bitte, Ihre Frage.

Jetzt kommt die Frage, bitte.

Ihrem Redebeitrag entnehme ich, dass Sie für einen Stopp des Straßenaus- und -neubaus in Sachsen plädieren. Können Sie mir sagen, wie Sie den Bürgern, die in etwas entlegeneren Regionen Sachsens wohnen, erklären wollen, dass sie im Zweifelsfall nicht schnell zu ihrem Arbeitsplatz im Ballungsraum kommen? Mit dem Fahrrad, oder wie stellen Sie sich das vor?

Ich glaube, wir brauchen zuallererst eine Sanierung der Straßen. Deshalb haben wir auch vorgeschlagen, einen Antrag der Entflechtungsmittel zur grundhaften Straßensanierung erstmals zu verwenden. Ansonsten erkläre ich den Bürgern, dass wir einen ausgewogenen Mix der Verkehrsträger brauchen, und diskutiere darüber, wie groß Straßen ausgebaut werden müssen.

Zum Beispiel hat uns als GRÜNE gestört, dass das SMWA der Stadt Dresden 3,5 Millionen Euro allein dafür anbietet, die Albertbrücke, die durch die Waldschlößchenbrücke entlastet werden sollte – entgegen der Auffassung des Stadtrates, aber der Auffassung der FDPStadtratsfraktion folgend –, mit einer zusätzlichen Autospur zu versehen. 3,5 Millionen Euro für die Landeshauptstadt, die nur die FDP-Fraktion in der Landeshauptstadt will

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

und die der Freistaat dringend bräuchte. Das ist die Finanzierungspraxis.

Jetzt komme ich zurück zu meinem Redebeitrag. Da, glaube ich, gilt der Grundsatz: Folgekosten beachten, Folgekosten berechnen, Instandhaltungsbedarf berechnen. Baue nur die Straßen, die du reparieren kannst!

Denn: Wir brauchen noch etwas Viertes nicht: Wir brauchen nicht Ihren Kampf Kultur gegen Straße. Ich habe schon gesagt, welche Investitionspolitik diese Regierung in Dresden verfolgt; ich könnte Ihnen noch etliche Beispiele überdimensionierten Straßenbaus und solcher Fördermittelkriege nennen. Aber ich habe gerade aus Ihrer Reaktion hören müssen, dass Sie meinen, Dresden sollte seine Kultureinrichtungen nicht sanieren. Ja, sagen Sie das einmal den Bürgern. Sagen Sie ihnen einmal, was Sie mit dem Kulturpalast machen wollen, der vor der Schließung steht, mit der Staatsoperette, die vor der Schließung steht, und mit dem Theater der Jungen Generation, das erhebliche bauliche Mängel hat.

(Zurufe von der CDU und des Abg. Carsten Biesok, FDP)

Sagen Sie es ihnen einmal, denn diese Einrichtungen warten seit 20 Jahren auf ihre Sanierung, wo ja immer mithilfe der Landesregierung – nicht immer mit FDPMinistern, das gebe ich zu – kräftig Straßen gebaut wurden. Das ist doch das Problem. Diesen Kampf Kultur gegen Straße brauchen wir auch nicht.

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Aber gern.

Bitte, Herr Kollege.

Vielen Dank. Sie sind ja meiner Frage geschickt ausgewichen, ob Sie für einen Stopp von Straßenneubauten sind. Ich glaube, Brücken in Dresden stehen schon eine gewisse Zeit, also handelt es sich nicht um Neubauprojekte; aber noch einmal meine Frage: Sind die GRÜNEN der Auffassung, dass Straßenneubauten in Sachsen unterbleiben sollten?

Wir sind immer noch der Auffassung, dass unter den überdimensionierten Mitteln Neubauprojekte sind, wo erheblich umverteilt werden kann, und dass das Ministerium zuallererst seine Haushaltsreste abarbeiten soll, die es im Bereich von über 140 Millionen Euro seit Jahr und Tag im Straßenneubau vor sich her schiebt. Natürlich muss man da Geld umschichten und diese Neubauplanung überdenken. Sie wissen das, Herr Kollege.