Protocol of the Session on April 17, 2013

Erklärung zu Protokoll

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute mit den Auswirkungen des Artikels 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages – geschlossen im Jahr 1990 –, also vor knapp 23 Jahren. Dieser sieht eine hälftige Aufteilung des vom Bund treuhänderisch verwalteten Finanzvermögens zwischen dem Bund auf der einen Seite und den neuen Ländern auf der anderen Seite vor. Der heute zur Abstimmung stehende Finanzvermögen

Staatsvertrag soll diese Obliegenheit des 23 Jahre alten Einigungsvertrags nun endlich zu einem Abschluss bringen.

Nun gibt die Präambel des Finanzvermögen-Staatsvertrages einen interessanten Einblick in die ihm vorausgegangenen Verhandlungen. Wir erfahren, dass sich die Verhandlungen zwischen dem Bund und den neuen Bundesländern über zehn Jahre erstreckt haben. Wir bekommen mitgeteilt, dass in dieser Zeit eine Annäherung der divergierenden Standpunkte über die einzelnen Vermögensmassen nicht erreicht werden konnte.

Wir lernen, dass die Rechtsauffassungen weit auseinandergehen: Die Länder sehen einen Überschuss von 3,5 Milliarden Euro. Der Bund sieht einen Fehlbetrag von rund 4 Milliarden Euro. Wir erfahren, dass der Versuch, Gerichte über die Aufteilung des Finanzvermögens entscheiden zu lassen, als nicht Erfolg versprechend angesehen wird.

Angesichts dieser Sachlage stellt sich die Frage: Wie soll der Sächsische Landtag die nun vorliegende Einigung über die Aufteilung der Vermögenswerte und der – teils ungewissen – Finanzierungslasten bewerten? Die Antwort unserer Fraktion ist: Es ist uns anhand der verfügbaren Informationen nicht möglich, qualifiziert zu beurteilen, ob die Vermögens- und Lastenaufteilung fair ist. Wir können auch nicht abschätzen, ob sie für Sachsen von Vorteil oder von Nachteil ist. Deshalb wird sich meine Fraktion bei der Abstimmung der Stimme enthalten.

Wir treten ein in

Tagesordnungspunkt 8

Mit dem Weiterbildungsscheck Sachsen die Aufstiegs-

und Verdienstchancen von Arbeitnehmern stärken

Drucksache 5/11637, Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, FDP, DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht.

Das Wort für die einbringende Fraktion ergreift Herr Kollege Krauß. Bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Weiterbildung ist der Schlüssel zum beruflichen Erfolg. Jeder zweite Arbeitnehmer bildet sich weiter. Insbesondere in Sachsen bildet man sich überdurchschnittlich häufig weiter. Das ist eine positive Nachricht; denn Weiterbildung ist gut, sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber. Beide profitieren von Weiterbildung.

Dem Arbeitnehmer eröffnet Weiterbildung die Möglichkeit, seinen Job zu halten, und die Möglichkeit zum beruflichen Aufstieg, das heißt, man kann neue berufliche Herausforderungen angehen. Nicht zuletzt ist Weiterqualifikation Voraussetzung dafür, dass man eine höhere Vergütung erhält. In dem Fall, dass man von Arbeitslosigkeit bedroht ist, trägt Weiterbildung dazu bei, sich auf neue Herausforderungen vorzubereiten.

Aber auch der Arbeitgeber profitiert von Weiterbildung, denn er bekommt bestens geschultes Personal und kann seine Produktivität steigern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in Sachsen dankenswerterweise den Weiterbildungsscheck eingeführt; es gibt ihn seit November 2010. Dieser Scheck bietet die Möglichkeit, berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahmen im Freistaat Sachsen wahrzunehmen. Das ist – wir spüren es; die Arbeitnehmer nehmen das Angebot an – für die Arbeitnehmer, die in Lohn und Brot stehen, ein geldwerter Vorteil. Menschen, die ein unterdurchschnittliches Einkommen beziehen – bis zu 2 500 Euro monatlich brutto –, können bis zu 80 % der Kosten der Weiterbildung gefördert bekommen, unabhängig von der Höhe der Weiterbildungskosten. Das ist eine tolle Möglichkeit, sich weiterzubilden. Das haben die Arbeitnehmer erkannt; sie nehmen sie in Anspruch. Darüber sind wir froh.

Das Verfahren – auch darauf will ich kurz eingehen – ist einfach. Punkt 1: Man sucht sich die passende Weiterbildung heraus. Zweitens schaut man, dass man drei Angebote hat, sodass man vergleichen kann. Dann stellt man bei der Sächsischen Aufbaubank einen Antrag und bekommt die Förderung genehmigt. Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass man auch bürokratiearm, mit wenig

Aufwand etwas machen kann. Man braucht nicht extra Berater, die einem in stundenlangen Seminaren erklären, wie man einen Antrag ausfüllt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Weiterbildungsscheck ist eine Erfolgsgeschichte für Sachsen. Weiterbildung wird umso wichtiger, je stärker der Fachkräftemangel wird. Wir können über Weiterbildung eine Fachkräftelücke schließen. Deswegen ist es gut, dass der Freistaat Sachsen sich dieser Aufgabe stellt. Wir bitten Sie, uns auch dort zu unterstützen und Rückenwind zu geben für die Weiterbildungsinitiative des Freistaates. Wir möchten auch eine Ausweitung prüfen lassen, dass zum Beispiel befristet Beschäftigte im öffentlichen Dienst von dieser Förderung profitieren können. Derzeit ist der öffentliche Dienst ausgenommen. Das wäre eine gute Sache, weil sich dann auch befristet Beschäftigte, die sich vielleicht auf eine andere Herausforderung in der freien Wirtschaft vorbereiten, über die Weiterbildung qualifizieren können.

Insofern vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, und ich bitte Sie auch um Zustimmung zu unserem Antrag, sodass wir weiterhin auf Weiterbildung setzen können, die sowohl den Arbeitnehmern als auch den Arbeitgebern sehr nützt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das war der Kollege Krauß. – Für die miteinbringende Fraktion der FDP spricht jetzt Herr Kollege Herbst.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Nutzen des Weiterbildungsschecks kann man ziemlich einfach auf den Punkt bringen: Er verbessert die beruflichen Chancen, er trägt zum beruflichen Aufstieg bei und er kann für höheres Einkommen sorgen. Das ist vielleicht auch der Unterschied zwischen der bürgerlichen Koalition und dem, was die SPD propagiert. Wir wollen höhere Einkommen durch bessere Qualifikation und eben nicht durch politisch beschlossene Löhne, die am Ende Arbeitsplätze gefährden. Das ist bürgerliche Politik. Das unterscheidet uns von Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Der Weiterbildungsscheck führt zu einer Win-winSituation für alle Beteiligten. Zum einen verbessert der Arbeitnehmer durch eine höhere Qualifikation seine Position am Arbeitsmarkt, ganz egal, ob er mit seinem Arbeitgeber verhandelt oder auf der Suche nach einer

neuen Beschäftigung ist. Die Unternehmen verfügen über qualifiziertere Fachkräfte und wir als Staat profitieren am Ende auch, denn höhere Löhne bedeuten auch höhere Steuereinnahmen.

Ich glaube, wir sind uns hier einig, dass Weiterbildung und lebenslanges Lernen wichtige Voraussetzungen für wirtschaftlichen Erfolg sind. Das betrifft sowohl den Einzelnen als auch den Freistaat Sachsen.

Mit dem Weiterbildungsscheck unterstützt der Freistaat Arbeitnehmer, die sich beruflich weiterentwickeln wollen. Er unterstützt auch Arbeitnehmer, die sich eine zweite Chance erarbeiten wollen.

Wir haben erlebt, dass es Zeiten gab, in denen es sehr schwierig war, hier in Sachsen einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Da hat man oft aus der Not heraus etwas gelernt, was heute vielleicht nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt ist. Umso wichtiger ist es, dass wir auch diesen Menschen eine Chance geben, dass sie eine neue oder ergänzende Qualifikation erwerben, mit der sie einfach bessere Chancen haben a) einen Job zu finden und b) ein höheres Einkommen zu erzielen.

Der Weiterbildungsscheck ist klassischerweise ein Angebot nach der Strategie Hilfe zur Selbsthilfe, denn jeder Einzelne entscheidet am Ende selbst, welches Weiterbildungsangebot für ihn am sinnvollsten ist. Das stärkt zum einen die Eigenverantwortung, zum anderen sorgt es auch dafür, dass die Qualifizierung maximalen Nutzen erbringt.

In der gesamten Weiterbildungsstrategie haben wir eine Veränderung vorgenommen. Es wird eben nicht mehr zuerst der Bildungsanbieter finanziert, der sich dann seine eigene Nachfrage sucht, sondern wir finanzieren denjenigen, der eine Weiterbildungsleistung nachfragt. Das ist der bessere und marktgerechtere Ansatz, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Durch diese Form der Finanzierung reduzieren wir auch Mitnahmeeffekte, denn wenn ein Arbeitnehmer einen eigenen finanziellen Anteil leistet und eigene Zeit einsetzt, dann wird er sich für eine Qualifizierung entscheiden, die ihm persönlich etwas bringt.

Kollege Krauß hat es angesprochen: Soweit es überhaupt machbar ist, im Rahmen der EU-Förderung, haben wir ein relativ unbürokratisches Förderverfahren. Das ist gut für die Arbeitnehmer.

Meine Damen und Herren, der Erfolg des Programms spricht für sich.

Gefördert wurden bisher um die 7 000 weiterbildungswillige Sachsen. Rund 17 Millionen Euro wurden dafür aufgewandt. Wenn man sich die Weiterbildungsaktivitäten genau anschaut, dann sieht man, dass ein sehr großer Anteil höherwertige Qualifizierungen sind, die tatsächlich zu einer besseren Berufsqualifizierung führen.

Was übrigens auch sehr interessant ist: Wer nimmt denn die Weiterbildung in Anspruch? Rund zwei Drittel der

Weiterbildungswilligen sind Frauen, die damit ihren eigenen Anteil leisten, ihre Karrierechancen zu verbessern. Auch diesen Ansatz halten wir für klüger als vorgegebene Zwangsquoten für Unternehmen, meine Damen und Herren.

Weil dieser Weiterbildungsscheck ein Erfolgsmodell ist, wollen wir ihn gern in der kommenden EU-Förderperiode fortsetzen, und wir wollen prüfen, ob der Weiterbildungsscheck auch auf andere Berufsgruppen ausgeweitet werden kann, beispielsweise auf befristet Beschäftigte des öffentlichen Dienstes. Diese haben derzeit keine Möglichkeit, diese Förderung in Anspruch zu nehmen. Wir wollen prüfen, ob das geht. Es ist auch sinnvoll, denn wenn man befristet beschäftigt ist, muss man sich Gedanken machen: Was passiert nach dem Auslaufen der Befristung? Muss ich mir gegebenenfalls bei einem anderen Arbeitgeber einen Arbeitsplatz suchen? Wir halten es für sinnvoll, demjenigen durch eine höhere Qualifizierung Rüstzeug an die Hand zu geben.

Meine Damen und Herren! Der Weiterbildungsscheck verbindet Eigenverantwortung und lebenslanges Lernen. Das ist für uns eine marktwirtschaftliche bürgerliche Arbeitsmarktpolitik. Diese Politik schafft neue Chancen und ermöglicht den sozialen Aufstieg. Der Weiterbildungsscheck steht auch für mehr Chancengerechtigkeit. Deshalb unterstützen wir als Koalitionsfraktionen genau dieses Projekt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Auf den Redner der FDP-Fraktion, Herrn Kollegen Herbst, folgt jetzt für die Fraktion DIE LINKE Herr Kollege Kind.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt wieder das gewohnt leere Plenum vor uns. Da macht das Debattieren wieder Spaß. Da ist man schön unter sich. Da hören nicht allzu viele zu. Da kann man erzählen, was man will. Man kann eine lustige Debatte führen, meinetwegen auch zum Weiterbildungsscheck.

Zu dem Bericht, der in Punkt 1 gefordert ist, muss sich die Koalition fragen lassen: Lesen Sie eigentlich Ihre eigenen Dokumente?

Der Staatsminister hat in seinem Haus das zweite Mal in Folge im Strukturfondsbericht aktuell über die Erfolge und Nichterfolge des Weiterbildungsschecks berichtet, wie Sie das in Punkt 1 fordern.

Zum ersten Geburtstag gab es einen Bericht, im Januar gab es zum zweiten Geburtstag den nächsten Bericht. Darin ist zu lesen, 16,3 Millionen Euro sind dafür verausgabt worden, er wurde 7 000 Mal in Anspruch genommen; die Berufsstrukturen: 21 % für Verwaltung, 30,3 % für Gesundheitsbereiche usw. Wenn Sie Ihre eigenen Dokumente lesen würden, wäre der Punkt 1 als erledigt zu erklären.

Dem Punkt 2 kann sich meine Fraktion sogar anschließen: dass man den Weiterbildungsscheck auch in der neuen Förderperiode von 2014 bis 2020 einsetzt. Das ist ein Element in der Weiterbildung – und da unterscheiden wir uns nicht nur in der Weiterbildung, sondern in einem Gesamtkonzept eines Arbeitsmarktprogramms, das in Sachsen nach wie vor fehlt. Dort kann es ein Baustein, aber nicht der Baustein sein.

Natürlich kann man Mittel in der EU-Förderperiode einsetzen und soll das auch tun, weil das Instrument angenommen wurde. Das ist richtig. Es wurde nachgefragt. Es hat vielen Arbeitnehmern an dieser Stelle geholfen, entsprechende Weiterbildung umzusetzen.