Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns in diesem Parlament beim Thema Verbraucherschutz oft das Bild des mündigen Verbrauchers vor Augen geführt, jenes Mitbürgers, der selbstständig, eigenverantwortlich und
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen uns fragen, inwieweit der mündige Verbraucher tatsächlich jenes Bild abbildet, das wir heute vor Augen haben müssen, wenn wir darüber sprechen, dass kriminelle Energien immer wieder dazu führen, dass wir über Lebensmittelskandale reden müssen.
Ich bin bei einem Punkt, an dem ich glaube, dass wir als Gesetzgeber und als Staat die hohe Verantwortung haben, den Menschen in diesem Land zur Seite zu springen und ihnen zu helfen, damit sie in einer immer komplizierteren Welt mit allen Chancen klarkommen, indem wir sie vor kriminellen Handlungen schützen, soweit es möglich ist. Das kann man nicht in jedem Fall tun. Es ist aber unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit. Dazu gibt es unter anderem Gesetze.
In meinem ersten Redebeitrag habe ich bereits auf das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch hingewiesen. Es gibt momentan erhebliche Rechtsunsicherheiten. Ich will das Ganze fortsetzen und darauf hinweisen, dass wir seit einigen Jahren ein Verbraucherinformationsgesetz in der Bundesrepublik Deutschland haben, das für mich trotz aller Novellierungen in den letzten Jahren mehr oder weniger ein zahnloser Tiger ist. Ich frage nämlich, ob dieses Gesetz tatsächlich handhabbar ist, ob es angewendet werden kann oder ob es nicht zu viele bürokratische Hürden gibt, um die Informationen einzufordern, die man wirklich braucht.
Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, nützt es uns derzeit überhaupt nichts, wenn eine Bundesverbraucherministerin Aigner einen Zehn-Punkte-Plan
Was wir brauchen, sind nicht zehn knackige Punkte, sondern zwei ordentlich gemachte Gesetze. Damit schützen wir die Verbraucherinnen und Verbraucher besser als mit großer Polemik.
Ich komme zu dem spannenden Thema, wie wir eigentlich mit den schwarzen Schafen umgehen. – Entschuldigung, ich habe nichts gegen Schafe gesagt.
Es geht mir dabei um die Frage der Bußgelder. Ich weiß, Frau Ministerin Clauß, dabei kann man sich auch treffen. Es kann nicht sein, dass die Bußgeldobergrenze bei 50 000 Euro bleibt, obwohl gerade gestern das Bundeskabinett eine Erhöhung des Bußgeldes, was unerlaubte Telefonwerbung auch durch Wählcomputer betrifft, bis zu einer Obergrenze von 300 000 Euro beschlossen hat. Das
Das Ganze geht weiter. Warum orientiert man Bußgelder nicht am Kartellrecht und nimmt eine Gewinnabschöpfung vor? Auch dadurch würden die Unternehmen viel stärker betroffen als momentan.
Ich sage ganz deutlich: Wer die Verbraucherinnen und Verbraucher in diesem Land täuscht, wer Nahrungsmittel falsch deklariert und wer am Ende zur Vergiftung der heimischen Bevölkerung beitragen will, der gehört hinter Schloss und Riegel, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich erwarte, dass wir an dieser Stelle keine Nachsicht üben.
Ich sage das vor einem wichtigen Hintergrund: Ich war in diesem Land auch einmal Wirtschaftsminister. Ich weiß, dass man wirtschaftliche Interessen berücksichtigen soll. Deshalb ist es wichtig, in der Debatte deutlich zu machen, dass man zwischen denen differenzieren muss, die ordentlich wirtschaften, und denen, die ihre Gewinne mit kriminellen Machenschaften maximieren wollen. Mein Punkt ist aber, dass wir diejenigen, die ordentlich wirtschaften, dadurch schützen müssen, dass wir denjenigen an den Kragen gehen, die Unrechtes tun.
Von daher ist es mir wichtig, dass wir aufpassen – das ist eine gesellschaftliche Frage – und dass man überlegt, ob die Lebensmittelkontrolleure nicht auf eine unabhängigere Basis als bisher gestellt werden sollten. Für mich stellt sich die Frage, ob sie nicht eher bei Mittelbehörden oder darüber sehr unabhängig tätig werden sollten, weil auf kommunaler Ebene durchaus eine Gefahr besteht. Man kennt sich gegenseitig, will sich nicht gegenseitig schaden, und am Ende sagt vielleicht der Bürgermeister oder Landrat, ob man so genau hinschauen muss. Das sind doch unsere Arbeitsplätze. Darin steckt viel Wahrheit. Das müssen wir im Auge behalten, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher in diesem Land erwarten von uns, dass es eine unabhängige Institution gibt, die ihre Interessen wahrt.
Wir könnten in der zweiten Rednerrunde weitergehen. Die FDP-Fraktion hat noch eine Redezeit von zwei Minuten. – Sie hat keinen Redebedarf. Die anderen Fraktionen haben keine Redezeit mehr, bis auf die CDU-Fraktion.
Wir könnten eine dritte Rednerrunde eröffnen. Für die CDU-Fraktion ergreift Herr von Breitenbuch das Wort.
Herr Präsident! Ich möchte einige Punkte ansprechen, die hier gesagt wurden. Dass der Strukturwandel und die Globalisierung dazu führen, dass die Welt krimineller wird, das kann im Einzelfall sein, so generell würde ich das aber nicht sagen. Es gibt immer ein kriminelles Potenzial und es muss immer das Bedürfnis des Staates sein, seine Bürger durch Kontrollen, durch ein funktionierendes Kontrollsystem zu schützen. Wir haben ein funktionierendes Kontrollsystem. Von daher ziehe ich nicht die Schlussfolgerung, dass es dafür einen noch höheren Bedarf gibt.
Ein großer Unterschied zwischen der industriellen Landwirtschaft, Herr Weichert, und der bäuerlichen Landwirtschaft besteht darin, dass man bei der bäuerlichen Landwirtschaft selbst haftet. Das sind Familienunternehmen, die für das geradestehen, was sie tun. Sie sind keine GmbHs, die sich wegdrücken, sondern stehen mit ihrem Konto für das gerade, was sie tun. Selbstverständlich hat es dann etwas mit Verhältnismäßigkeit zu tun, was die Strafen angeht. Natürlich muss gestraft werden, man muss aber aufpassen. Ich will das hier ansprechen, um bei der Ausgewogenheit zu bleiben.
Ruckzuck ist der gesamte Hof futsch, wenn ein Fehler passiert ist, und es passieren auch heute, in unserer modernen Gesellschaft, immer wieder Fehler. Das habe ich in meinem ersten Redebeitrag gesagt. Wenn wir keine Fehler zulassen, dann sind wir ein gnadenloser Staat, eine gnadenlose Gesellschaft. Ich denke nicht, dass wir das wollen, trotz aller Sicherheit, die wir selbstverständlich brauchen.
Noch ein Punkt: Wir wirtschaften bäuerlich. Die sächsische Landwirtschaft wirtschaftet bäuerlich, familiär, nachhaltig und langfristig denkend, gerade was die Böden angeht, und dann gibt es noch den wichtigen Punkt der Haftung. Sie steht für das gerade, was sie tut.
Regionales: Wenn Sie mit den Spediteuren sprechen, dann wissen Sie, dass die Transportkosten steigen. Das erzeugt einen Druck, regionaler zu vermarkten. Sie kennen aber auch die Thünenschen Kreise. Manchmal werden diese auch durchbrochen. Man muss genau hinschauen, bevor man sagt, regional sei immer das Beste.
Hinzu kommt selbstverständlich, dass Mais, der früher vielleicht in den Kuhmagen gegangen ist, heute in die Biogasanlage geht, dass die Warenströme, die im Land hin- und hergeschoben werden, auch viel mit den erneuerbaren Energien zu tun haben. Darauf muss man achten.
Gefahren auf der kommunalen Ebene sehen wir bislang nicht. Was unseren Landkreis angeht, so habe ich über
haupt noch nicht gehört, dass ein Verdacht im Raume stünde, die kommunale Ebene wäre diesen Dingen nicht gerecht geworden. Darüber kann man aber selbstverständlich sprechen. Man muss selbstverständlich darauf achten, dass die Sicherheit der Bürger immer gewahrt bleibt.
Das war Herr Kollege von Breitenbuch für die CDU-Fraktion. – Ich sehe keinen Redebedarf mehr aus den Fraktionen. – Die Staatsregierung kann jetzt das Wort ergreifen. Frau Staatsministerin Clauß, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Als Verbraucherschutzministerin bin ich richtig wütend; denn täglich erreichen uns Nachrichten: falsch deklariertes Rindfleisch mit Pferdefleisch, mit Aflatoxin belasteter Mais aus Serbien, ein überhöhter Tierbesatz bei ökologisch oder im Freiland gehaltenen Legehennen, Milch – illegale Anwendung von Arzneimitteln in der Tierhaltung. Das sind im wahrsten Sinne des Wortes richtige Schweinereien. Es sind aber kriminelle Handlungen, gegen die die Staatsanwaltschaft vorgehen muss und auch vorgeht.
Der richtig große Schaden – das betone ich auch nochmals und da sind wir uns auch sehr wohl einig – ist dennoch der starke Vertrauensverlust in die Qualität unserer Lebensmittel. Denn ganz gleich, ob von weit weg oder regional, ob nah oder fern, ob billig oder teuer: Unsere Nahrungsmittel müssen sicher sein. Da gibt es kein Pardon, und wir sind uns auch – Landwirtschaftsministerium und Verbraucherschutzministerium – darüber einig und gemeinsam aktiv. Was den Zehn-Punkte-Plan, Herr Kollege Jurk, der Ministerin Aigner anbelangt, so kann ich nur betonen, dass alle Verbraucherschutzminister aus allen Ländern gemeinsam an diesem Aktionsplan mitgearbeitet und ihn dann auch in dieser Sondersitzung verabschiedet haben.
Ich bin bei Ihnen, was den buß- und geldstrafrechtlichen Rahmen anbelangt. Das muss man prüfen, das sollte zum einen ausgeschöpft werden, aber das kann sehr wohl auch noch erweitert werden. Wer nur 50 000 Euro Strafe bezahlt und letzten Endes einen Gewinn von 500 000 Euro macht, bei dem frage ich mich sehr wohl, ob das Zufall ist. Und ich sehe auch die Assoziation analog zum Kartellrecht, wenn das möglich ist.
Wie gesagt, wir sind gemeinsam aktiv. Einige Beispiele möchte ich ganz konkret nennen. Gerade Ende Februar wurden die Regelungen im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch im Sinne des gesundheitlichen Verbraucherschutzes angepasst. So soll künftig unter anderem die
Öffentlichkeit durch die Behörden informiert werden, wenn der hinreichende Verdacht besteht, dass gegen Vorschriften zum Täuschungsschutz in nicht nur unerheblichem Ausmaß verstoßen wurde.
Auch hier noch einmal: Der § 40a wurde nicht ausgesetzt. Verwaltungsgerichte in Deutschland haben im Eilverfahren die Regelungen so infrage gestellt, dass die Kreise die Empfehlung erhalten haben, strenge Anforderungen bei der Veröffentlichung anzulegen. Wenn das nachgewiesen ist, werden selbstverständlich Ross und Reiter genannt. Zurzeit gibt es zwei aktuelle Meldungen auf unserer Homepage gesundes-sachsen.de. Die können Sie gern nachlesen. Wenn es sein muss, werden weitere folgen. Außerdem sollen im Fall von Erkrankungen, zum Beispiel Norovirusinfektionen, die Lebensmittelüberwachungsbehörden verpflichtet werden, den Gesundheitsbehörden zusätzliche Informationen bereitzustellen.