Protocol of the Session on March 14, 2013

Ich schöpfe keinen Vorteil aus meiner Mandatstätigkeit hier im Landtag für die berufliche Tätigkeit. Das ist nach unserem Gesetz auch ausdrücklich ausgeschlossen. Ein Anwalt darf noch nicht einmal in seinen Briefbogen hineinschreiben, dass er Mitglied des Sächsischen Landtages ist, weil er noch nicht einmal den Anschein erwecken darf, dass seine gesetzgebende Tätigkeit mit seiner rechtsberatenden Tätigkeit in einem Zusammenhang steht.

Liebe Kollegen von der SPD, Transparenz ist wichtig. Aber Transparenz darf nicht dazu führen, dass die Abgeordneten bloßgestellt werden. Sie fordern, dass das jetzt auf Cent genau alles aufgerechnet werden muss. Das hört sich toll an. In der Bevölkerung sagen alle, dass das super ist.

Herr Homann, Sie haben wahrscheinlich dabei keine Erfahrungswerte. Aber ich frage Sie Folgendes: Wenn Sie als Angestellter in einem Unternehmen arbeiten, dann ist es normalerweise so, dass Ihre Kollegen nicht wissen, was Sie verdienen. Das ist ein eherner Grundsatz in einem Unternehmen. Wenn jetzt ein Abgeordneter mit einer Teilzeittätigkeit dort weiter beschäftigt ist und im Abge

ordnetenhandbuch centgenau darlegen muss, wie viel er verdient, dann ist der das Gesprächsthema in dem ganzen Laden. Wollen Sie das? Wollen Sie ihm die Unabhängigkeit nehmen, dass er wieder in seinen Beruf zurückgehen kann? Wollen Sie, dass jeder, wenn er in der Kantine in der Schlange steht, weiß, wie viel er bei soundso viel Arbeitsstunden bekommt? Ist das die Transparenz, die Sie haben wollen? Meine ist es nicht, ich sage Ihnen das ganz deutlich.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dann kommt Herr Tischendorf und sagt: Man muss die Branche mit angeben.

Erstens. Die Branche muss schon angegeben werden. Sie müssen ja sagen, wo Sie arbeiten. Selbst als Anwalt müssen Sie das grob umschreiben.

Zweitens. Sie wollen die Tätigkeit angeben. Okay. Schauen Sie sich doch mal einen Rechtsanwalt an. Was soll der denn angeben, wenn er Strafverteidiger ist? Mörder, Drogendealer, Rechtsradikale? Das sollen wir jetzt noch veröffentlichen? Herzlichen Dank!

Wir haben bei allen Veröffentlichungsregelungen, die wir in den Ländern und im Bund haben, auch immer Ungerechtigkeiten mit der Höhe. Wir verlangen zum Beispiel von Angestellten, dass sie ihr Bruttogehalt angeben. Ein Freiberufler wird dabei schon schlechter gestellt. Er muss nämlich seine gesamten Einkünfte abgeben, unabhängig davon, wie viele Kosten er hat. Wenn er beispielsweise eine relativ niedrig bezahlte Tätigkeit ausübt, die relativ hohe Kosten hat, die ihm vom Abnehmer seiner Leistung erstattet werden, sieht es im Abgeordnetenhandbuch so aus, als ob da riesige Beträge fließen würden. Sein eigentlicher Nettogewinn, den er hat und von dem er auch noch seine Sozialversicherung in Teilen mittragen muss, steht dabei in keinem Verhältnis zu dem, was bei einem Angestellten aufgeführt ist. Das ist eine Scheintransparenz und eine Scheingerechtigkeit, die mir so nicht gefällt.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wenn von Transparenz gesprochen wird, dann dürfen wir das meines Erachtens nicht nur auf die Abgeordnetengehälter und Nebentätigkeiten ausdehnen, sondern dann müssen wir auch noch ganz andere Sachverhalte offenlegen.

Ich möchte noch auf einige Aspekte aus dem Bundestag eingehen. Wenn wir wissen, dass 30 % der Mitglieder des Bundestages einer Arbeitnehmerorganisation angehören – das sind 77 % in der SPD-Fraktion und 53 % in der Linksfraktion –, dann ist das für mich ein ganz gewaltiger Interessenkonflikt, wenn es um die Diskussion geht: Brauchen wir einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn? Diese Interessenkonflikte müssen wir offenlegen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Auch hier haben wir im Parlament Interessenvertreter, die zuvor bei einem Verband gearbeitet haben und das hier ganz deutlich mit einbringen. Dort besteht keine Offenle

gungspflicht, und das finde ich nicht gerecht. Wir müssen darlegen, wo es Interessenkonflikte gibt. Wir müssen sehen: Wo gibt es Machtmissbrauch, und wo muss man ihn ausschließen? Daher ist es wichtig, dass wir die Transparenzregeln, wie wir sie jetzt haben, auch im Gesetz haben. Wir haben die Anzeigeverpflichtung und wir haben unterschiedliche Gehaltsstufen. Diese Stufen sind meines Erachtens sehr grobschlächtig, aber bei jeder Stufe, die wir einführen, werden wir Ungerechtigkeiten haben. Ich kenne es aus eigener Erfahrung, dass man von einer Stufe wegen weniger Cent in die andere Stufe hineinrutscht und sich dann einem öffentlichen Rechtfertigungszwang ausgesetzt sieht, was man denn verdient. Das muss man aushalten. Aber ich verwahre mich dagegen, komplett transparent zu machen, was wir verdienen.

Insbesondere für Freiberufler funktioniert das nicht. Wer einen Handwerksbetrieb hat, kann nicht offenlegen, was er als Einzelrechnung an den jeweiligen Auftraggeber gibt. Wenn Sie diese Transparenz haben wollen, so wie Sie sie beschrieben haben, müssten Sie jeden einzelnen Auftrag entsprechend offenlegen, weil sich dadurch theoretisch ein Interessenkonflikt ergeben könnte. Bei Anwälten gibt es rechtsanwaltliche Vergütungsvereinbarungen. Es gibt das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Wie wollen Sie das alles transparent machen, wenn Sie trotzdem gleichzeitig das anwaltliche Berufsgeheimnis wahren wollen? Wie wollen Sie mit Steuerberatern umgehen, die nach der Steuerberatervergütungsverordnung entlohnt werden? Dort sind doch die Mandatsverhältnisse ganz offensichtlich und es ist klar, was dort getan wird.

Nein, meine Damen und Herren, so weit darf Transparenz nicht gehen, und so weit ist die Transparenz auch nicht erforderlich, um eine Unabhängigkeit des Parlaments zu gewährleisten.

Lassen Sie mich noch einige Worte zu Herrn Tischendorf und den Parteispenden sagen. Herr Tischendorf, ich bin ja nun Landesschatzmeister, und wie man mit Spenden nach dem Parteiengesetz umgeht, ist mir geläufig, Ihnen offensichtlich nicht.

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Mit Sponsoring!)

Auch mit Sponsoring, denn Sponsoring sind keine Spenden.

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Das gehört dazu!)

Wenn Sie als Abgeordneter eine Spende bekommen, die für Ihre Partei bzw. für parteiliche Zwecke gedacht ist, dann haben Sie diese unverzüglich an Ihre Partei abzuführen. Dort gibt es Veröffentlichungs- und Anzeigepflichten. Es ist eine Scheindebatte, die Sie hier aufgeführt haben, denn diese Regelungen finden Sie schon im Parteiengesetz. Sie werden kontrolliert und der Präsident des Bundestages hält das entsprechend nach.

Wenn Sie meinen, wir sollten das hier diskutieren, dann haben Sie auch einige Prinzipien des Föderalismus noch

nicht verstanden. Das Parteiengesetz wird auf Bundesebene beschlossen. Wir können uns hier lediglich über die Abgeordneten und ihre Nebentätigkeiten unterhalten, und das sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe, die nichts miteinander zu tun haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich hätte persönlich kein Problem, die Regelungen des Bundestages zu übernehmen, wenn wir damit einige Stufen mehr nach oben haben. Es betrifft nämlich ohnehin überhaupt keinen Sachverhalt. Wer kommt denn in diese Regionen, in denen Herr Steinbrück das gemacht hat?

(Zuruf des Abg. Henning Homann, SPD)

Aber ich verwahre mich dagegen, jetzt komplett das Fass noch einmal aufzumachen, wo wir in einer langen Diskussion in vorherigen Legislaturperioden eine ausgewogene – wenn auch nicht in allen Teilen perfekte – Regelung zu Nebentätigkeiten von Abgeordneten gefunden haben. Dafür brauchen wir keine Arbeitsgruppe, sondern das können wir auch so machen, wenn wir das wollen. Notwendig ist es auf jeden Fall nicht.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Dr. Gerstenberg für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Piwarz, das war schon einigermaßen enttäuschend. Sie können das doch eigentlich besser.

(Zurufe von der CDU)

Hier eine Wahlkampfrede gegen Steinbrück zu halten und dann an der entscheidenden Stelle abzubrechen ist eigentlich mies. Das Blatt hat sich ja gewendet. Als dann die „Bestenliste“ der Nebenverdiener vom Deutschen Bundestag veröffentlicht wurde, war diese gut gefüllt mit CDU- und FDP-Abgeordneten, und der Deutsche Bundestag hat seine Schlussfolgerungen gezogen.

(Christian Piwarz, CDU: Warum führen wir die Debatte? – Weiterer Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Er hat nämlich die Reform der Veröffentlichungspflicht durchgeführt. Dort ist es gelaufen, und hier, im Sächsischen Landtag, verweigert sich die Koalition wieder einmal total, wie die Debatte gezeigt hat. Das ist für mich absolut enttäuschend. Es entspricht nicht meinem Verständnis als Abgeordneter.

(Christian Piwarz, CDU: Weil Sie nicht Äpfel mit Birnen vergleichen sollen!)

Ich fühle mich dabei auch in sehr guter Gesellschaft, nämlich in der des Bundesverfassungsgerichts.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, und des Abg. Klaus Tischendorf, DIE LINKE)

Worum geht es denn bei der Offenlegung? Es geht doch ganz und gar nicht um eine Neiddebatte über die Höhe der Nebeneinkünfte von Abgeordneten.

(Marko Schiemann, CDU: Es geht um Steinbrück!)

Eine solche Interpretation lehne ich absolut ab. Es geht ebenso nicht um irgendwelche Verbote der Nebentätigkeiten, wie es hier in den Raum gestellt wurde. Es steht weder in diesem Antrag noch ist es Teil dieser ganzen Diskussion um Nebeneinkünfte.

(Marko Schiemann, CDU:..., sondern um Steinbrück!)

Nein, es geht darum, dass die Wählerinnen und Wähler in die Lage versetzt werden, sich ein Bild von unser aller Mandatsausübung zu machen. Es geht um unser aller Rechenschaftspflicht gegenüber den Wählerinnen und Wählern, also dem Souverän. Es geht darum, ob und inwieweit wirtschaftliche Interessen Einfluss auf die parlamentarischen Entscheidungen haben, und ein solcher Einfluss wird durch die Veröffentlichungspflicht ja nicht unterstellt, sondern den Wählerinnen und Wählern werden die notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt.

(Marko Schiemann, CDU: Wie bei Steinbrück!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie fordern mehr Transparenz bei Nebeneinkünften von den Mitgliedern des Sächsischen Landtages. Damit laufen Sie bei uns offene Türen ein, Sie wissen das. Nicht von ungefähr haben wir in der letzten Legislaturperiode einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, und nicht von ungefähr haben wir darin die Offenlegung von Nebeneinkünften unter dem politischen Titel „Schutz der Freiheit der Mandatsausübung“ gefordert.

(Zuruf von der CDU: Wie bei Steinbrück!)

Auf der Bundesebene haben wir GRÜNEN im vergangenen Herbst eine umfassende Transparenzinitiative gestartet, die weit über die Nebeneinkünfte hinausgeht. Dazu gehören unter anderem die Einführung eines Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung, die Beschränkung von Parteiensponsoring, die Einführung eines verbindlichen Lobbyregisters und die Genehmigungspflicht für die Berufstätigkeit ausgeschiedener Regierungsmitglieder.

Im Deutschen Bundestag ist bereits das parlamentarische Verfahren gelaufen, um die Verhaltensregeln in der Geschäftsordnung zu ändern, und wir GRÜNEN haben dort gemeinsam mit der SPD-Fraktion einen Antrag auf verstärkte Offenlegung auf Euro und Cent eingebracht. Das entspricht unbestreitbar dem vom Kollegen Tischendorf zitierten Idealbild eines offenen, in jeder Hinsicht durchschaubaren Prozesses politischer Willensbildung.

(Svend-Gunnar Kirmes, CDU: Wie bei Steinbrück!)

Aber wir müssen nicht so weit gehen. Ich sage Ihnen: Ein Schritt in die richtige Richtung ist es doch schon, ein detailgenaues Stufenmodell bei der Veröffentlichungs

pflicht zu etablieren, damit höhere Nebeneinkünfte überhaupt sichtbar werden. Das wäre doch ein Schritt, der auch den Interessen der Berufsgeheimnisträger entgegenkommt. Auch darüber können wir sprechen.