Nun liegt ein Gutachten im Auftrag der LMBV zu den hydrochemischen und ökologischen Auswirkungen der Exfiltration von eisenhaltigem, saurem Grundwasser in die Kleine Spree und nachfolgend in die Spree zum ersten Mal öffentlich vor. In dieser Studie wird die ganze Tragweite der Probleme dargestellt, die von sächsischem Gebiet aus auf Brandenburg wirken, und ich möchte gleich zu Beginn sagen: Die Stellungnahme der Staatsregierung und ihr Handeln befriedigen mich nicht. Hier wird den Abgeordneten vorgegaukelt, dass das Umweltministerium immer schon Teil des Strategieprozesses zur Bewältigung der sich in diesem Zusammenhang stellenden Lösungen gewesen sei. Die Vertreter des Freistaates Sachsen hätten sich im Steuerungs- und Budgetausschuss der LMBV ja schon immer dafür eingesetzt, dass sich diese ihrer Verantwortung und Verpflichtung für die Konsequenzen aus den stofflichen Veränderungen von Grund- und Oberflächenwasser stellt.
Dabei frage ich mich aber: Wo war der Einsatz von Herrn Staatsminister Kupfer oder Herrn Ministerpräsidenten
Tillich? Sie bewegen sich offensichtlich nur, wenn der Druck zu groß wird, und das hat – jedenfalls meines Erachtens – weniger mit verantwortungsvoller Politik als vielmehr mit der Reaktion auf öffentlichen Druck zu tun; denn mir liegt ein Strategiepapier aus dem Dezember 2009 vor: „Zur Beherrschung bergbaubedingter Stoffbelastungen in den Fließgewässern Spree, Schwarze Elster und Lausitzer Neiße“. Dieses Strategiepapier ist von den beteiligten Ministerien Brandenburgs, der Senatsverwaltung Berlins, von Vattenfall und der LMBV unterschrieben. Sachsens Unterschrift fehlt – aber nicht etwa, weil das Umweltministerium nicht an der Diskussion beteiligt oder außen vor war, sondern es fehlte eben der politische Wille dazu, Derartiges zu schaffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Probleme mit der Verockerung und dem Sulfataustrag machen aber nicht an der Landesgrenze halt, und sie entstehen auch nicht plötzlich beim Übertritt über die Grenzen dieses Freistaates. Deshalb interessiert mich: Was hat die Staatsregierung konkret unternommen, als die Erkenntnisse aus den zahlreichen von Ihnen beauftragten Studien aus den Jahren 2003, 2007 oder 2008 bekannt wurden, als Sie also Kenntnis davon haben mussten, dass sich von Sachsen aus eine braune Brühe nach Brandenburg bewegt? Seitdem ist der Grundwasser-Wiederanstieg in der Region vorangeschritten, und seitdem haben sich die Stoffeinträge von Eisen und durch die Verwitterung mitgeführten Sulfate erheblich erhöht.
Auch wenn Sie diese Probleme immer wieder kleinreden und wegdiskutieren wollen – Sie können es nicht abstreiten. All dies wissen Sie seit mindestens fünf Jahren, und diese Strategie des „Kopf-in-den-Sand-Steckens“ funktioniert eben nicht mehr. Der Ministerpräsident des brandenburgischen Freistaates –
Bundeslandes – Platzeck hat sich vor Kurzem mit dem Geschäftsführer der LMBV, Herrn Kuyumcu, zu Gesprächen getroffen, inwieweit kurzfristig umzusetzende Lösungen oder Maßnahmen in 2013 oder 2014 noch getroffen werden können. Solche Diskussionen oder Treffen gibt es offensichtlich leider bei uns in Sachsen nicht. Aber gerade jetzt gibt es die Chance, in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit Brandenburg zu handeln. Die gebeutelte Lausitz hat nun mal einen sächsischen und einen brandenburgischen Teil. Bergbaubedingte Probleme stellen sich doch hier wie dort. Ich persönlich
halte den sächsischen Teil der Lausitz nicht für weniger schützenswert als den des Spreewaldes, und ich weiß nicht, wie Sie es damit halten.
Zurück zum Antrag. Wir wollen, dass Sie mit dem Arbeitsprogramm, das sich gerade in der Arbeitsgemeinschaft „Flussbewirtschaftung“ in Erstellung befindet, stärker den von sächsischen Quellen herrührenden Kontaminationen nachgehen. Wir wollen, dass Sie auch kurzfristige, machbare Lösungen unterstützen, und wir wollen, dass Sie endlich zur Kenntnis nehmen, dass auch Erweiterungen von Braunkohlengebieten auf sächsischer Seite selbstverständlich zu erhöhter Sulfatfracht in der Spree führen. Diesen zusätzlichen Belastungen gebührt auch in den Genehmigungsbescheiden für zukünftige Braunkohlentagebaue ein angemessenes Gewicht zugunsten der im Zuge der Energiewerte immer weniger sinnvollen Braunkohlenverstromung. Von der Planlosigkeit und Inkompatibilität mit den Vorgaben des Bundes spreche ich noch gar nicht.
Mich würde einmal interessieren, wie hoch die Sulfatbelastung bzw. der Eisenanteil in dem Wasser ist, von dem Sie immer sprechen? Sie sprechen von einer „Brühe“ etc. Welche Messergebnisse liegen hierzu vor?
Ich kann Ihnen sagen: Auf der Fließstrecke zwischen Kleiner Spree und Spree liegen die Eisengehalte so zwischen 10 und 20 Milligramm pro Liter, beim Sulfat betragen sie bis etwa 700 Milligramm pro Liter.
Ich will Sie jetzt nicht erschrecken, Frau Kollegin Pinka. Es gibt Mineralwasser, zum Beispiel in Bad Brambach, das einen Anteil von 1 000 Milligramm hat, also das Hundertfache von dem, was Sie jetzt als "Brühe" bezeichnen. Haben Sie angesichts dieser schlimmen Nachricht jetzt Angst, wenn Sie das nächste Mineralwasser trinken?
Nein, das habe ich nicht. Ich bin nur der Meinung, man sollte gesetzliche Verordnungen bzw. Gesetze einhalten. Die Trinkwasserverordnung schreibt nun einmal einen Sulfatgehalt von höchstens 240 Milligramm pro Liter vor. Diesen Wert sollten auch noch die Trinkwasserwerke in Frankfurt oder in Berlin einhalten können.
Ich komme zurück zu meinem Beitrag. Ich war gerade bei der Braunkohleverstromung und bin der Meinung, dass zugunsten der im Zuge der Energiewende immer weniger sinnvollen Braunkohleverstromung ein ganzer Landstrich geopfert werden soll oder eben auch die im Trinkwassereinzugsgebiet der Spree befindlichen Trinkwasserfassungen.
Ich finde an dieser Stelle die Antwort des Ministeriums auf unseren Antrag zur Sulfatproblematik spannend. Sie verweisen darauf, dass 75 % der Stofffrachten aus dem aktiven Bergbau stammen. Sie schreiben hierzu – ich zitiere –: „Künftig wird die Sulfatbelastung aus dem aktiven Braunkohlebergbau durch den Bau von unterirdischen Dichtwänden zur Reduzierung des unterirdischen Wasserzuflusses entscheidend vermindert.“
„Aha“ könnte da die wohlmeinende Leserin meinen, also alles nicht so schlimm, alles im Griff. Aber weit gefehlt! Der aktive Bergbau wird selbstverständlich das Grundwasser absenken müssen, Schwimmbagger zum Braunkohleabbau gibt es nämlich noch nicht. Die Folge davon ist, dass der Untergrund belüftet und der nicht nutzbare Abraum aufgehaldet wird, sodass die Verwitterungsprodukte von dort aus doch wieder migrieren werden. Genau so findet das bei den Althalden der LMBV statt.
Ich darf daher aus der „Strategischen Umweltprüfung zur Erweiterung des Tagebaus Nochten“ zitieren: „In allen Modellszenarien existiert sowohl am Bilanzprofil Spremberg/Wilhelmsthal als auch am Profil Große Tränke ein Konzentrationsmaximum in den Jahren von 2012 bis etwa 2018. Dieses Maximum kommt durch eine zeitliche Überlagerung mehrerer Belastungsfaktoren zustande. Es resultiert zum einen aus steigenden Sulfatfrachten des aktiven Bergbaus bis etwa zum Jahre 2015 sowie dem beginnenden diffusen Sulfataustrag aus den Kippen des Sanierungsbergbaus und der ersten Phase der Ausleitungen aus gefluteten Restseen, insbesondere der Speicher Burghammer und Lohsa II.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schauen wir uns einmal die Datenlage der Oberflächenwassermessstellen an. Da liegen zwischen der einen Messstelle an der Kleinen Spree in Lippitsch und der nächsten Gütewassermessstelle in Spreewitz mehrere Flusskilometer. Das Ministerium behauptet aber, dass der Altbergbau nur einen geringen Einfluss – zum Beispiel durch Sulfateinträge – habe.
Ganz schön gewagt Ihre Schlussfolgerung! Denn es gibt einen erheblichen Beitrag über das ansteigende Grundwasser, das der Kleinen Spree diffus zutritt, so zum Beispiel über den Austrag aus der Außenkippe Burghammer. Es gibt einen erheblichen Beitrag aus der Überleitung von Wasser aus den Restseen der Speicher Burghammer und Lohsa II. Nur mit den amtlichen Oberflächenwassermessstellen erfassen Sie diese Einträge nicht, weil Sie dort nicht messen.
Aber kommen wir zurück zur Problematik der Verockerung. Im Brandenburger Landtag hat hierzu am 24. Januar 2013 eine Aktuelle Debatte stattgefunden. Ein Entschließungsantrag mit dem Titel „Verockerung der Spree –
Gefahren für die Fließgewässer und den Spreewald eindämmen“ wurde von allen Fraktionen des Landtages mitgetragen. Wunderbar! So etwas wünsche ich mir in der Zustimmung zu unserem Antrag ebenso.
In Brandenburg stellte der Landtag einstimmig fest – ich zitiere –: „Die Ursache für den bergbaubedingten Stoffeintrag in die Spree liegt vornehmlich in den ehemaligen Tagebaukippen im Freistaat Sachsen. Über die Spree werden sowohl Eisen als auch Sulfat als Fracht in Richtung Brandenburg transportiert, wobei die Talsperre Spremberg als Auffangbecken für den Großteil des Eisenrückhalts eine wichtige Funktion übernimmt.“
Dazu ist jetzt einfach auch mal Herr Minister Kupfer gefragt. Leider ist er heute nicht anwesend. Ich hätte mich schon gern mit ihm selbst auseinandergesetzt. Deshalb frage ich Minister Morlok als seinen Vertreter: Wie halten Sie es mit dem Ziel, die Lausitzer Region zur touristischen Seenlandschaft nachhaltig zu entwickeln?
Den zehn Badeseen in der Lausitz – davon acht in Sachsen –, in denen das Baden sicherlich möglich ist, stehen aktuell 29 Seen allein in Sachsen gegenüber, also dreimal so viele, die vollständig gesperrt oder nur eingeschränkt nutzbar sind. Hierbei geht es erst einmal nur um die Standsicherheit, von der Wasserqualität ist noch keine Rede.
Wie wollen Sie den weiteren Konflikt zwischen der nun augenscheinlich veränderten Wasserqualität in der Kleinen Spree infolge des Altbergbaus und dem Schutz des Spreewaldes gemeinsam mit den Brandenburgern begleiten?
In Ihrer Stellungnahme zum Antrag lese ich lediglich, was alles nicht geht. Aber das wollten wir nicht wissen!
Im Übrigen loben Sie sich damit, dass sich das Umweltministerium auch zukünftig für eine sinnvolle Harmonisierung und übersichtliche Regelung der stofflichen Vorgaben für Grundwasser und Oberflächengewässer einsetzt. Dazu fehlen mir aber auch seit ein paar Monaten erkennbare Fortschritte. Vom Eisen ist in beiden Verordnungen keine Rede, aber zumindest von Sulfat in der Grundwasserverordnung.
Auch diese Probleme haben wir bereits in einer Anhörung mit Sachverständigen diskutiert. Dabei ging es nämlich um die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie in Sachsen. Damals habe ich bereits auf die zunehmende Verockerungs- und Sulfatproblematik hingewiesen und auch gesagt, dass die bundesdeutsche Gesetzgebung hierzu inkonsistent ist.
Die Sachverständigen haben uns darauf aufmerksam gemacht, dass in den Bund-Länder-Fachgremien Sachsen aktiv werden muss, wenn es für bestimmte Schadstoffe deutschlandweite Bedarfsregelung erkennt. Ich habe von dahin gehenden Aktivitäten nichts vernommen. Zudem glaube ich, im Gegensatz zu Ihnen, dass für die Grubenwasser- und damit späteren Oberflächenwässerqualitäten durchaus andere Elemente eine Rolle spielen, wie Nickel oder Zink.
Aus der Antwort auf meine Kleine Anfrage, Drucksache 5/11217, geben Sie Indizien dafür, dass mit der Überleitung von Wasser aus ehemaligen Tagebaurestseen, zum Beispiel in den Schwarzen Schöps oder die Kleine Spree mehrere Hundert Kilogramm dieser Stoffe pro Jahr ausgetragen werden. Sie sehen keinen relevanten Zusammenhang zwischen dem Braunkohlebergbau und der Kontamination – ich sehe ihn schon.
Daher mein Appell an alle Abgeordneten in diesem Hohen Haus: Nehmen Sie die Folgen des Braunkohlebergbaus nicht auf die leichte Schulter. Das, was wir gerade mit der Verockerung und der Versauerung der Kleinen Spree beobachten und was uns als Problem auf Jahrzehnte begleiten wird, wird sicherlich auch nach Beendigung des aktiven Braunkohlebergbaus auf uns zukommen.
Gehen Sie vor Ort und machen Sie sich ein Bild über den ökologischen Zustand der Fließgewässer. Fordern Sie mit uns gemeinsam ein verbindlicheres Zusammenwirken der Bundesländer Brandenburg und Sachsen, damit die Bedrohung des UNESCO-Biosphärenreservates Spreewald abgewendet werden kann, aber auch, damit die Lausitz als Tourismusregion wenigstens eine kleine Chance bekommt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich sagen, dass wir Lausitzer nicht gebeutelt sind. Ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, Frau Dr. Pinka. Es geht uns gut und wir haben auch eine gute Perspektive. Das werden Ihnen meine Kollegen, die aus der Oberlausitz kommen, bestätigen.
Bevor ich zu meiner eigentlichen Rede komme, Folgendes: Ich finde es schon sehr grotesk, dass gerade Sie von den LINKEN, als Nachfolger der SED,
sich bei dem Thema aufspielen, als wären Sie die großen Umweltschützer. Sie haben es selbst gesagt, Frau Dr. Pinka, dass das Thema, um das es jetzt geht, in erster Linie durch den Altbergbau verursacht worden ist – und da wissen wir ja, wer dafür die Verantwortung trägt.
Herr Dr. Meyer, haben Sie vorhin zur Kenntnis genommen, dass Ihre Fraktion mit Daten des Unrechtsstaates DDR sehr wohl Handel betreiben wird?