Protocol of the Session on March 13, 2013

Die Informationsbroschüre ist von Frau Herrmann angesprochen worden. Diese hat der Landespräventionsrat mit seinen Mitteln mitfinanziert. Ich finde das überhaupt nicht problematisch, sondern eher vernünftig, dass es bei dieser Aufgabe unterschiedliche Akteure gibt und dass auch zivilgesellschaftliche Organisationen hier mit aktiv werden.

Deswegen sind wir innerhalb der Staatsregierung überzeugt, ganz besonders aber die Kolleginnen Clauß und Kurth, dass das, was bisher gelaufen ist, auf einem guten Stand ist, aber dass wir das Thema Prävention noch weiter intensivieren müssen, denn vor uns steht eine bemerkenswerte Aufgabe.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Ulbig?

Ja, bitte.

Bitte, Frau Herrmann.

Danke, Herr Präsident! Herr Minister, haben Sie mich falsch verstanden? Ich habe nicht kritisiert, dass der Landespräventionsrat sich an den Druckkosten für diese Broschüre beteiligt hat. Ich hatte ausgeführt, dass das Schreiben dieser Broschüre von der Suchtberatung Chemnitz in ihrer regulären Arbeitszeit übernommen wurde und sie deshalb keine Zeit für den Klienten hatte. Ich bin darauf eingegangen, weil ich der Meinung bin, dass die Suchtkrankenhilfe verstärkt werden muss, um diese Präventionsangebote in Zukunft zu nutzen. Haben Sie mich da falsch verstanden?

Frau Herrmann, ich habe Sie nicht falsch verstanden. Ich wollte es nur in meinem Redebeitrag aufgreifen und damit deutlich

machen, dass ich dankbar bin, dass wir innerhalb des Freistaates Sachsen ein so breit aufgestelltes Netzwerk haben und dass sich neben den staatlichen Akteuren auch zivilgesellschaftliche Akteure einbringen. An diesem Beispiel war es eher ein Lob und ein Dank dafür, dass sich hier auch andere engagieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Schluss möchte ich neben dem Thema Prävention noch auf eine Sache aufmerksam machen, die mich beschäftigt, seitdem ich mich mit dem Thema intensiver befasse. Wir haben darüber gesprochen, dass die Herstellung vergleichsweise leicht ist und die Rohstoffe in Medikamenten enthalten sind. Das bedeutet, dass wir hier auch an Grenzen kommen. Wir können natürlich nationalstaatliche Regelungen vorantreiben, zum Beispiel die Apothekenpflicht für betreffende Medikamente, die bereits eingeführt wurde. Aber das ist meiner Meinung nach nicht ausreichend. Hier ist die europäische Ebene gefordert, denn auch die Herstellung macht an den Grenzen nicht halt.

Die EU regelt eine ganze Menge und hat das mit den Verordnungen zu Drogenausgangsstoffen und dem Handel mit diesen Dingen in den Jahren 2004 und 2005 als Vorarbeit bereits ganz gut gemacht. Aber medizinische Produkte sind derzeit ausgenommen. Hier sollte zusätzlich angesetzt werden. Es gibt zurzeit einen Vorschlag der Kommission. Dieser betrifft aber nur die Verordnung zum Handel aus Drittstaaten. Deshalb muss nach meiner Überzeugung die EU dringend die Verordnung zum Handel innerhalb der Mitgliedsstaaten reformieren. Daher, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehen Sie, dass wir einen ganz ordentlichen Stand erreicht haben, der uns aber noch lange nicht zufriedenstellt. Wir müssen weiterhin enorme Anstrengungen einerseits innerhalb des Landes, andererseits grenzüberschreitend unternehmen. Aber bei diesem Thema ist auch die Europäische Union gefordert.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren! Damit ist die 1. Aktuelle Debatte abgeschlossen. Wir kommen nun zu

2. Aktuelle Debatte

Gesetzlicher Mindestlohn jetzt – Bundesratsinitiative aktiv unterstützen

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion DIE LINKE das Wort. Die weitere Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile Herrn Dr. Hahn als Vertreter der einreichenden Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 1. März stimmte der Bundesrat für die Einführung eines gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohnes. Die neue rot-rot-grüne Mehrheit im Bundesrat hat erstmals von ihren Möglichkeiten Gebrauch

gemacht und einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der einen Stundenlohn von mindestens 8,50 Euro vorsieht. Ein derartiger Schritt, meine Damen und Herren, war ebenso überfällig wie notwendig. Ich finde, es ist eine Schande, dass sich die Sächsische Staatsregierung dieser Initiative verweigert hat.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Das Saarland dagegen hat zugestimmt. Die CDUMinisterpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer hat offensichtlich deutlich mehr soziales Verantwortungsbewusstsein als ihr hiesiger Parteifreund Stanislaw Tillich. Dieser erklärte zwar beim jüngsten „SZ“-Interview, dass jeder für seine Leistung anständig entlohnt werden muss. Aber, Herr Tillich, wenn es darum geht, dies endlich auch real umzusetzen, dann kneifen Sie und überlassen Zastrow und Morlok die Richtlinienpolitik im Land Sachsen.

Herr Ministerpräsident! Mit Ihrer Ablehnung eines gesetzlichen Mindestlohnes stoßen Sie viele hart arbeitende Menschen vor den Kopf. Ich bin mir sicher, dass Sie dafür die Quittung bekommen werden, denn gerade bei uns besteht dringender Handlungsbedarf. Sachsen ist Deutschlands Niedriglohnland Nummer 1. Mehr als 100 000 Beschäftigte verdienen hierzulande so wenig, dass sie nach ihrer Arbeit auch noch gezwungen sind, zum Amt zu gehen. Das ist unwürdig, das muss schnellstens geändert werden.

(Beifall bei den LINKEN)

Genau diesem Zweck dienen die Bundesratsinitiative und im Übrigen auch der von SPD und LINKEN eingebrachte Gesetzentwurf hier im Landtag für ein neues Vergabegesetz. Beide Initiativen sehen einen Lohn von mindestens 8,50 Euro vor. Ich füge allerdings hinzu: Das kann nur der Anfang sein; denn ein Mindestlohn muss sowohl Erwerbsarmut als auch Altersarmut verhindern, das heißt, er muss jetzt so hoch sein, dass er ein ordentliches Leben ermöglicht, und er muss zugleich auch im Alter eine würdige Rente garantieren.

Die Bundesregierung hat kürzlich einräumen müssen, dass es einen Mindestlohn von 10 Euro braucht, um überhaupt in der Rente über der Grundsicherung zu liegen, wenn man im Alter Rente bezieht. Deshalb sind genau die 10,00 Euro Mindestlohn die Forderung der LINKEN. Ich bin zuversichtlich, dass sich dem auch bald andere anschließen werden. Wir haben damit ja schon Erfahrung.

Ich darf daran erinnern, es ist jetzt zwölf Jahre her, als die damalige PDS im Deutschen Bundestag erstmals einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn gefordert hat. Damals standen wir mit unserer Forderung ziemlich allein. SPD und GRÜNE waren dagegen, der DGB war dagegen, viele Einzelgewerkschaften waren dagegen, CDU und FDP sowieso. Doch wir sind hartnäckig geblieben und haben dieses Thema immer wieder auf die Tagesordnung gesetzt, und ich bin sehr froh und auch ein

bisschen stolz darauf, dass unser Einsatz Wirkung gezeigt hat.

(Beifall bei den LINKEN)

Heute kämpfen DGB und Einzelgewerkschaften für einen gesetzlichen Mindestlohn, auch SPD und GRÜNE sind dafür und korrigieren damit zumindest teilweise die Fehler der Agenda 2010. Jetzt fordert sogar die CDU Untergrenzen für den Lohn, setzt sie zum Teil sogar branchenspezifisch um, und selbst in der FDP hat ein Umdenken stattgefunden, wenn ich mir die Rede von Herrn Rösler am Wochenende angehört habe.

(Zuruf des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Herr Zastrow, egal, ob Sie nun ein Dickkopf oder ein Charakterkopf sind, auch Sie werden den Gang der Dinge nicht aufhalten können.

(Beifall bei den LINKEN)

Wir kennen doch alle die Zahlen. Wir haben vier Millionen Beschäftigte in Deutschland, die weniger als 7 Euro verdienen, und 1,4 Millionen Menschen sogar weniger als 5 Euro in der Stunde. Auch die Menschen in Sachsen wollen endlich für gute Arbeit auch gute Löhne, und zwar jetzt und nicht irgendwann.

Herr Dr. Hahn, ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

Herr Präsident, 20 von 27 EU-Ländern haben inzwischen einen gesetzlichen Mindestlohn. Wir meinen, den brauchen wir auch in Deutschland und damit auch in Sachsen. Mit sittenwidrigen Niedriglöhnen muss endlich Schluss sein.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die CDU-Fraktion als nächster Redner Herr Krauß.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal vorlesen, wie die Beschlusslage bei der CDU ist, und dann darauf eingehen, wo die Unterschiede zu den LINKEN sind.

Was ist das Konzept der CDU zum Thema Lohnuntergrenzen? Eine Lohnuntergrenze ist nichts anderes als Mindestlohn.

(Beifall des Abg. Thomas Kind, DIE LINKE)

Ich lese einmal vor aus dem Beschluss unseres Parteitages in Leipzig 2011: „Die CDU hält es für notwendig, eine allgemeine, verbindliche Lohnuntergrenze in den Bereichen einzuführen, in denen ein tarifvertraglich festgelegter Lohn nicht existiert. Die Lohnuntergrenze wird durch eine Kommission der Tarifpartner festgelegt und soll sich an den für allgemeinverbindlich erklärten, tariflich vereinbarten Lohnuntergrenzen orientieren. Die Festlegung von Einzelheiten und weiteren Differenzierungen obliegt

der Kommission. Wir wollen eine durch Tarifpartner bestimmte und damit marktwirtschaftlich organisierte Lohnuntergrenze und keinen politischen Mindestlohn.“

Gehen wir es im Einzelnen durch: „eine allgemeine verbindliche Lohnuntergrenze“ – man kann auch sagen, ein gesetzlicher Mindestlohn; denn wenn man es verbindlich machen will, muss man es gesetzlich machen. Herr Hahn, Sie haben gesagt, ein bisschen was hat die CDU schon gemacht.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Ja, aber es ist zu wenig!)

Wir haben seit 1996 branchenspezifische Mindestlöhne in Deutschland eingeführt, zuerst im Baugewerbe – unter Rot-Grün ist da nichts passiert – und dann wieder unter der Regierung von Angela Merkel in ganz verschiedenen Bereichen der Abfallwirtschaft, in der Zeitarbeit, bei den Pflegehilfskräften usw., weil wir wissen, gerade bei uns im Osten ist nur die Hälfte der Beschäftigten von Tarifverträgen erfasst, und deswegen erfordert das ein gesetzgebendes Handeln.

Jetzt haben wir gesagt, die Lohnuntergrenze wird durch eine Kommission der Tarifpartner festgelegt.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Das steht auch im Antrag!)

Das steht formal vielleicht in Ihrem Antrag; aber Sie haben sich eben das Hintertürchen offengehalten, und das ist der Grundfehler. Sie sagen zwar auch, es soll eine Kommission geben, die nicht paritätisch besetzt ist, und sagen dann aber, der Bundesarbeitsminister kann trotzdem von dem Ergebnis abweichen. Das ist natürlich sinnlos. Warum soll ich eine Kommission hinsetzen, die sich die Arbeit macht, wenn ich anschließend sage, Sie können es trotzdem anders machen.

Wir sagen – so wie das bei Tarifverträgen ist –, die Tarifpartner verstehen das meiste davon. Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich zusammensetzen, wie sie es auch bei Tarifverträgen und bei der Zeitarbeit gemacht haben, und miteinander verhandeln, dann kommt ein Mindestlohn heraus, der einerseits dazu führt, dass sich Arbeit lohnt, und auf der anderen Seite verhindert, dass Arbeitsplätze wegfallen. Das muss unser Ziel sein. Bei Ihrem Konzept würden Tausende Arbeitsplätze wegfallen; das muss man wissen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)