Ihnen entgangen, dass der Änderungsantrag nichts anderes ist als der Wortlaut des Bundesversammlungsgesetzes,
den wir eingebracht haben, um ihn an die Stelle Ihres Gesetzentwurfes zu setzen? Können Sie mir dann erklären, wo das Ansinnen liegt, irgendetwas in der Erinnerungskultur zu verhindern?
Das erkläre ich Ihnen. Es geht darum: Wenn wir hier diskutieren – auch über die Opferstätten und die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft – und Sie dieses einbringen, dann geben Sie damit klar zu erkennen, dass Ihnen dieses Gedenken und der Schutz der Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft gerade kein Anliegen ist.
Herr Bartl, das ergibt sich nicht nur aus Ihrem Antrag, sondern das ergibt sich auch aus dem Kontext, in dem dieser Antrag in dieser Weise mit dieser Begründung gestellt wird.
Meine Damen und Herren! Das mit den Auseinandersetzungen – – Erinnerungspolitik können wir auch gerne machen, wenn wir das hier wollen.
Herr Kollege Lichdi, dieses Gesetz steht mitnichten für einen Geist der Unfreiheit, sondern das Gesetz steht für die Entschlossenheit der Regierungskoalition, Gewalt zu verhindern und ein würdiges Gedenken an die Opfer des Krieges in Dresden oder an anderen Orten des Freistaates zu ermöglichen.
Meine Damen und Herren! Erinnerungspolitik gehört nicht in die Diskussion des Versammlungsgesetzes, jedenfalls nicht primär. Das haben Sie verkannt. Herr Bartl, auch Ihre Argumentation, warum dieses Gesetz verfassungswidrig sein soll, ist alles andere als überzeugend.
Nur weil der Gesetzgeber eine Empfehlung des Bundesinnenministeriums aus dem Jahre 2006 nicht beachtet hätte, soll der sächsische Gesetzgeber vor der Verfassung scheitern. Das versteht nun wirklich niemand, meine Damen und Herren.
Mit der von Ihnen angenommenen Umkehr der Beweislast, wonach der Veranstalter beweisen müsste, dass er nicht gewalttätig wird, geben Sie zu erkennen, dass Sie den Regelungsinhalt des § 15 Abs. 1 nicht richtig verstanden haben.
Lassen Sie mich etwas zu § 130 Abs. 4 StGB und den Konsequenzen dieses Beschlusses für unser Gesetzgebungsvorhaben sagen. Natürlich wird dort gesagt, dass die Verbrechen des Nationalsozialismus singulär sind; aber bei dieser Diskussion geht es um die Frage des Opferschutzes und nicht um die Frage der historischen Bewertung verschiedener Diktaturen. Opferschutz ist eine subjektive Frage.
Lieber Herr Kollege Bartl, lassen Sie sich eines erklären: Der Opferschutz für ein Opfer ist gleich und gleichgewichtig, egal ob dieses Opfer im November 1944 oder im November 1946 in Buchenwald verhungert ist. Wenn Sie das nicht erkennen, kommen Sie nicht zu den Problemen, die mit diesem Versammlungsrecht im Einzelnen verbunden sind.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Wort an die Linksfraktion richten: Es entbehrt nicht einer gewissen Perversität, wenn Redner der Linken hier ankündigen, gegen dieses Gesetz zum Verfassungsgericht zu ziehen und damit nichts anderes ankündigen, als dass die Linken den Nazis die Straße freikämpfen, um sie hinterher mit Steinen zu bewerfen.
(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung – Proteste bei der Linksfraktion, der SPD und den GRÜNEN – Klaus Bartl, Linksfraktion: Das ist erbärmlich für einen Justizminister! – Stefan Brangs, SPD: Das ist erbärmlich als Justizminister! Das ist unglaublich!)
Ja, auch das gehört zum Geschäft. – Meine Damen und Herren! Um es an dieser Stelle noch einmal zu sagen: Die Staatsregierung bittet noch einmal darum, – –
Herr Staatsminister, Sie gestatten mir den Hinweis, dass die Mäßigung natürlich auch für den Minister selbst gilt und nicht nur für die Diskutanten.
Um es noch einmal klarzumachen, sehr geehrter Herr Präsident, bei aller Sachlichkeit: Die Staatsregierung bittet um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
Herr Präsident! Ich möchte mit meiner Kurzintervention nicht die letzte Passage der Rede des Staatsministers aufgreifen, sondern einen Punkt weiter vorn, an dem der Staatsminister gesagt hat, dass die Fraktionen, die sich heute der Zustimmung zu diesem Gesetz verweigern, nur mit Gesundbeterei und Krawall gegen Rechtsextremismus vorgehen wollten. Das weise ich an dieser Stelle ganz energisch zurück.
Demokratie wird in einem Land nicht in erster Linie mit Gesetzen hergestellt, sondern durch die Auseinandersetzung mit denjenigen, die die Demokratie verletzen wollen. Wir haben uns in der Vergangenheit immer wieder dafür eingesetzt, dass zum Beispiel die Programme gegen Rechtsextremismus durch das Land Sachsen finanziert werden. Wenn Sie das als Gesundbeterei und Krawall bezeichnen, dann finde ich das sehr bedauerlich.
(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der Linksfraktion – Klaus Bartl, Linksfraktion, steht am Mikrofon.)
Vielen Dank, Frau Herrmann. – Herr Kollege Bartl, ich erhalte gerade den Hinweis auf die Geschäftsordnung, dass pro Fraktion nur zwei Interventionen gegeben werden dürfen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Schlussabstimmung beantragt meine Fraktion entsprechend § 105 Satz 1 der Geschäftsordnung die namentliche Abstimmung.
Vielen Dank. – Meine Damen und Herren! Aufgerufen ist das Gesetz über die landesrechtliche Geltung des Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge. Es handelt sich um den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP, Drucksache 5/286. Wir stimmen auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses ab. Hierzu liegt Ihnen die Drucksache 5/933 vor.
Ich frage zunächst Sie, Herr Bartl, ob Sie als Berichterstatter des Ausschusses nach § 46 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung noch das Wort wünschen.
Reihenfolge ihres Eingangs vor: Drucksachen 5/1086 bis 1088, Änderungsanträge der Fraktion die GRÜNEN, und ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 5/1107. Erhebt sich Widerspruch, wenn wir über die Änderungsanträge in der Reihenfolge des Eingangs abstimmen? – Herr Bartl, bitte.
Wir sind uns unsicher. Unser Änderungsantrag ersetzt im Grunde genommen den gesamten Gesetzestext; er ist vom Inhalt her der weitreichendere. Insofern bin ich mir unsicher, ob es nicht zweckmäßiger wäre, bei allem Respekt vor dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zunächst den Änderungsantrag zu behandeln, der den gesamten Gesetzestext ersetzen würde.
Nach § 46 Abs. 4 Satz 2 der Geschäftsordnung kann das Plenum über die Reihenfolge bestimmen. Ich frage deshalb: Wer dem Vorschlag des Abg. Bartl folgen möchte, dass über diesen Antrag zuerst abgestimmt wird, den bitte ich um die Dafür-Stimmen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei sehr vielen Enthaltungen und wenigen Gegenstimmen ist dem Antrag mehrheitlich zugestimmt worden.
Damit beraten wir zunächst über den Änderungsantrag in der Drucksache 5/1107, Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE. Herr Abg. Bartl, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der hier vorliegende Gesetzentwurf ist auch insofern ein Unikat, das so in den bisherigen 19 Jahren der Existenz dieses Sächsischen Landtages noch nicht dagewesen ist, als gewissermaßen die Abgeordneten dieses Hohen Hauses nur einen Bruchteil des Wortlautes des Gesetzes zur Kenntnis bekommen, das dann als das „Sächsische Versammlungsgesetz“ im Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht sein wird.