Protocol of the Session on October 17, 2012

Aber wahrscheinlich kommt ohnehin alles ganz anders – und diese Schlussbemerkung sei mir erlaubt –: Sollten nämlich die unermesslichen Zahlungen für den ESM und sonstige Rettungsschirme fällig werden, wird der Normalbürger irgendwann zu Fuß gehen müssen, denn Geld für den ÖPNV wird dann nicht mehr vorhanden sein.

(Beifall bei der NPD)

Für die NPD-Fraktion war das der Abg. Delle.

Wir sind am Ende der ersten Runde angekommen. Aber wie ich registriere, gibt es Redebedarf auch in einer zweiten Runde. Es beginnt wieder die einbringende Fraktion. Herr Kollege Pecher, Sie haben für die Fraktion der SPD das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man könnte jetzt die große Keule herausholen – das wäre überhaupt kein Problem –, aber es lohnt nicht, auf den kleinen Nagel Herbst einzuschlagen; der wäre so schnell weg.

(Volker Bandmann, CDU: Keine Gewalt!)

Herr Herbst, die 36 Millionen Euro Defizit kommen doch nicht von der SPD. Die Zweckverbände, die Aufgabenträger rechnen Ihnen das vor! Alle Landräte – übrigens alle CDU – würden sich hier aufstellen und sagen: Leute, ihr könnt uns doch bei der Finanzierung des ÖPNV nicht absaufen lassen! Das würden die alle unterschreiben.

(Torsten Herbst, FDP: Wer würde denn nicht mehr Geld haben wollen?)

Schauen Sie sich doch an, was die Zweckverbände selbst zu der neuen FinVo sagen. Das sind nun wirklich keine Sozis. Das sind auch privatrechtliche Unternehmen, dort wirken gestandene Geschäftsführer mit. Vom ÖPNVZweckverband Vogtland ist zu hören: Das hauptsächliche Ziel der Planungssicherheit wird für die Zweckverbände mit dem Entwurf völlig verfehlt.

Das sind mit Sicherheit keine Sozis.

Verkehrsverbund Oberelbe: Der Freistaat entzieht sich seiner finanziellen Mitverantwortung zur Daseinsvorsorge des ÖPNV in Sachsen.

Alle, die das sagen, sind wohl unanständig, Frau Springer? Die wollen wohl alle nur Böses von der CDU?

Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig: Die vom SMWA gewählte Vorgehensweise, die Verteilung der Finanzmittel vor Bekanntwerden des dem Freistaat insgesamt zur Verfügung stehenden Anteils an den Regionalisierungsmitteln festzulegen, ist sachlich falsch, rechtlich problematisch und haushaltspolitisch fragwürdig.

Herr Herbst, wer macht denn hier Murks? Wir oder Sie? Wer erstellt denn diese Entwürfe? Wer legt die vor? Wer ist hier der Traumtänzer, der solchen Mist vorlegt? Das formulieren doch nicht wir, das formulieren gestandene Verkehrsexperten.

Um es klar festzuhalten: Das Thema Busförderung ist doch durch alle Verkehrsträger gegeistert. Schauen Sie sich doch einmal an, wie viel Förderung da abgeflossen ist. Der gesamte Verkehr ist unterfinanziert. Das stellen alle Zweckverbände unisono fest. Das können Sie doch nicht einfach ignorieren. Sie können doch nicht uns den schwarzen Peter zuschieben nach dem Motto: Haltet den Dieb! Er hat mein Messer im Rücken! So können Sie das doch nicht hinstellen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Heute hat irgendjemand das Beispiel mit dem Bäcker gebracht: Es ist mir scheißegal, wie viel Brot ihr backt – ihr bekommt nur drei Kilo Mehl!

Genau das wird mit der Finanzierungsverordnung doch gemacht: Ihr kriegt weniger. Seht mal zu, wie ihr damit auskommt. Welche Strecken ihr stilllegt, ist mir eigentlich egal. Ihr kriegt nicht mehr Kohle.

So läuft es doch, so machen Sie es doch! Sie können rausgehen und sich das anschauen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Sie übertragen die Stilllegung quasi auf die Kommunen, nach dem Motto: Entweder ihr holt euch das Geld, oder ihr müsst zumachen. Wir saßen doch bei den Städtischen Verkehrsbetrieben Zwickau. Wenn das Semesterticket wegfällt, fehlen der Stadt 400 000 Euro zur Finanzierung des Verkehrs. Selbst wenn Sie annehmen, dass die Hälfte auf eine Wochen- oder eine Monatskarte umsteigt, so müssen Sie doch berücksichtigen, dass nur 10 % wieder an die Stadt Zwickau fließen. Dann fehlt der Kommune das Geld in der Kasse. Solchen Murks machen Sie!

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Fakt ist auch: Wenn Sie weniger Verkehrsleistungen anbieten, dann haben Sie in den Verhandlungen über die Regionalisierungsmittel schlechte Karten.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege?

Ja, selbstverständlich.

Bitte, Herr Kollege Biesok.

Herr Kollege Pecher, Sie haben gerade ausgeführt, dass durch den möglicherweise stattfindenden Wegfall des Semestertickets die Einnahmen der Kommunen geschmälert werden. Halten Sie es für richtig, dass Studenten, die sich entscheiden, keine öffentlichen

Verkehrsmittel zu nutzen, dafür bezahlen, sodass der ÖPNV der Kommune dadurch subventioniert wird?

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Ja!)

Ich kann Ihnen klipp und klar die Antwort der beiden Geschäftsführer der Städtischen Verkehrsbetriebe Zwickau, Herr Rößler und Frau Glöckner, mitteilen: Ja, die halten das für richtig.

(Stefan Brangs, SPD: Wir auch!)

Sie sagen nämlich: Das Semesterticket ist eine Solidarleistung.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Damit kommen wir auf den Betrag von 40 Euro. Durch diese Solidarleistung ist in den Hochburgen der Studenten in den Städten Zwickau und Chemnitz ein entsprechendes ÖPNV-Angebot möglich. Noch einmal: Sie sagen, dass sie das für richtig halten. Ich halte das auch für richtig.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage, Herr Kollege?

Ja, gern.

Bitte, Kollege Herbst.

Sie sprachen gerade von einer Solidarleistung. Sind Sie grundsätzlich der Auffassung, dass Solidarität dann am besten ist, wenn man die Menschen dazu zwingt?

(Unruhe bei der SPD und den GRÜNEN)

Wollen Sie etwa auch das Rentensystem zur Altersvorsorge infrage stellen? Das ist eine klassische generationenübergreifende Solidarleistung.

(Torsten Herbst, FDP: Dort sind Ansprüche durch Einzahlungen entstanden!)

Wird der Arbeitnehmer etwa nicht gezwungen, die Rentenversicherungsbeiträge abzuführen? Stellen Sie das infrage? Dann allerdings stellen Sie Solidarleistungen insgesamt infrage.

(Stefan Brangs, SPD: Das überrascht uns jetzt aber! – Torsten Herbst, FDP: Darf ich eine Nachfrage stellen? Ich darf Ihre Frage nicht beantworten!)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Verstehen Sie, dass es einen Unterschied zwischen dem Semesterticket und dem Rentensystem gibt?

Es gibt keine dummen Fragen; das muss man fairerweise zugestehen.

Wenn man das Solidarprinzip generell infrage stellt, dann versucht man natürlich, dort auszudifferenzieren. Ich sage Ihnen: Solidarität ist nicht teilbar. Entweder es gibt sie oder es gibt sie nicht, ob beim Semesterticket oder bei der staatlichen Rente.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)