Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: GRÜNE, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, NPD und die Staatsregierung wenn gewünscht.
Ich erteile der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als Einreicherin das Wort. Frau Abg. Giegengack, bitte.
chen 5L 342/10: „Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragsteller ab dem Schuljahr 2010/2011 vorläufig in Spanisch als zweiter Fremdsprache zu unterrichten.“
chen 5L 385/11: „Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragsteller ab dem Schuljahr 2011/2012 vorläufig in Französisch als zweiter Fremdsprache zu unterrichten.“
chen 2L 205/12: „In der Verwaltungsstreitsache wegen Aufnahme des Kindes in eine Lateinklasse zum Schuljahr 2013 am Gymnasium in Chemnitz – der Antrag wird abgelehnt.“
chen 4L 332/12: „Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, ab dem Schuljahr 2012/2013 den Sohn der Antragsteller am Gymnasium in Leipzig vorläufig in Latein als zweiter Fremdsprache zu unterrichten.“
Das sind nur vier Beispiele, in denen Gerichte in unserem Land bemüht wurden zu entscheiden, welche zweite Fremdsprache Schülerinnen und Schüler an sächsischen Gymnasien lernen dürfen. Das ist für mich unvorstellbar. Zwanzig Jahre nach der Wende müssen in unserem Land Eltern vor Gericht ziehen, damit ihr Kind nicht zwangsweise eine bestimmte Sprache, zum Beispiel Russisch, lernen muss.
Jenseits jedes pädagogischen Anspruchs hält das Kultusministerium auch in der novellierten und am 1. August 2012 in Kraft getretenen Schulordnung Gymnasium an der Regelung fest, dass es keinen Rechtsanspruch auf das Erlernen einer im Schulprofil angebotenen zweiten Fremdsprache gibt und gegebenenfalls ein Losverfahren entscheidet, wer die begehrten Plätze bekommt.
Hintergrund für diese Entscheidung, die das SMK ohne Beteiligung des Landtages fällen kann, sind rein fiskalische Gründe. So heißt es in der Stellungnahme des SMK zu unserem Antrag – ich zitiere –:
„Die Anpassung der Schulordnung Gymnasium hinsichtlich eines Rechtsanspruches auf die gewünschte Fremdsprache und des gewünschten Profils hätte entgegen der Klassen- und Gruppenbildung einen Anstieg des Unterrichtsbedarfs und somit eine beachtliche Ressourcenerhöhung zur Folge.“
Nun soll die neue sächsische Oberschule im kommenden Schuljahr flächendeckend starten. 4,3 Millionen Euro kostet nach Aussage von Holger Zastrow in der „Freien Presse“ das umstrittene Prestigeprojekt der FDP. Weiter heißt es – ich zitiere –: „Zu internen Prozessen in der CDU-Fraktion kann ich nichts sagen. Ich bin mir aber sicher, dass die CDU Wort halten wird.“
Das heißt, 4,3 Millionen Euro für 55 neue Lehrerstellen sind machbar. Diesbezüglich frage ich mich – und fragen sich vor allen Dingen die Eltern derjenigen Kinder, die auch in diesem Jahr über das Losverfahren wieder Russisch statt Französisch oder Latein lernen müssen –, wieso das SMK nicht den Fremdsprachenunterricht absichert, der offiziell angeboten wird?
Jedes Jahr laden die Gymnasien in Sachsen zum Tag der offenen Tür ein. Die Direktoren werben in den Grundschulen mit ihren Profilen und ihren Fremdsprachenangeboten. Die wesentliche Entscheidungsgrundlage von Eltern und Schülern für die Wahl eines bestimmten Gymnasiums ist das angebotene Profil und sind die angebotenen Fremdsprachen.
Meine Damen und Herren! Es kann nicht sein, dass im Bereich der Schule anderes Recht gelten soll als irgendwo sonst in unserem Land. Wenn Sie einen Urlaub am Meer
und in einem Hotel mit Seeblick buchen und sich dann im Bergischen Land wiederfinden, haben Sie einen Anspruch auf Regress. Wenn Sie sich einen grünen BMW bestellen und dann ein roter Mazda vor Ihrer Tür steht, dann haben Sie das Recht, auf dem grünen BMW zu bestehen.
Wenn die Eltern und Schüler nun ein Gymnasium wählen, das ein bestimmtes mit der Bildungsagentur abgestimmtes und genehmigtes Angebot an Sprachen und Profilen vorhält, und ein Jahr später die Information bekommen, sie müssten ein Los ziehen, um dieses Angebot auch wirklich in Anspruch nehmen zu können, dann ist das nicht rechtens.
Sie von der Staatsregierung können gebetsmühlenartig wiederholen: Losverfahren sind rechtlich zulässig. Das Verwaltungsgericht Leipzig stellt in dem oben angeführten Urteil unter anderem fest – ich zitiere –:
„Dieser im Verlauf und aufgrund des gerichtlichen Verfahrens ermittelte freie Unterrichtsplatz ist an den Sohn der Antragstellerin zu vergeben. Dem steht nicht entgegen, dass neben diesen elf weitere Schüler mit ihren Anmeldungen für eine Unterrichtung in Latein als zweiter Fremdsprache im Schuljahr 2013/2014 nicht durchgedrungen sind. Insoweit gelten die für gerichtliche Verfahren zur Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazitäten entwickelten Grundsätze entsprechend, wonach nur die Antragsteller bzw. Kläger der gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen sind.“
Meine Damen und Herren von der Koalition! Wenn, wie von Herrn Zastrow behauptet, es kein Problem darstellt, 4,3 Millionen Euro für die Einführung des umstrittenen Projekts – die Einführung der Oberschule – bereitzustellen, dann dürfte es auch kein Problem sein, den jetzt schon angebotenen Unterricht entsprechend abzusichern. Es kann nicht sein, dass Eltern in unserem Land Gerichte bemühen müssen, um das Recht auf Unterricht für ihre Kinder zu erstreiten.
Ja, es ist schon spät. – Frau Giegengack, wenn Sie einen grünen BMW kaufen, dann haben Sie den grünen BMW gekauft. Wenn Sie einen Urlaub buchen, dann haben Sie den Urlaub gebucht. Wenn Sie aber in Klasse 5 eingeschult werden, haben Sie – –
Herr Hahn, ich wollte eigentlich nichts sagen, aber Sie verleiten immer dazu: Sie haben wahrscheinlich Pech gehabt, als Sie in der 5. Klasse eingeschult wurden.
Ich mache jetzt einfach weiter, bevor die hintere Reihe der GRÜNEN sich jetzt auch noch bemüßigt fühlt, irgendetwas zu sagen.
Herr Lichdi, auf Sie war ich noch nie neidisch; Entschuldigung. – Frau Giegengack, wenn Sie einen grünen BMW kaufen, dann haben Sie ihn gekauft. Wenn die Schüler in Klasse 5 eingeschult werden,
dann haben sie höchstens die zweite Fremdsprache reserviert, und das ist das eigentliche Problem, vor dem wir stehen.
Nein, sie haben den Anspruch nicht, Frau Falken. Ich lese Ihnen einfach mal vor, was die Eltern unterschreiben müssen, wenn sie ihr Kind in Klasse 5 – –
Hören Sie doch erst einmal zu, dann können Sie sich dazu äußern! Sie haben dann auch noch Redezeit. – Ich lese Ihnen jetzt vor, was die Eltern unterschreiben müssen, wenn sie ihr Kind in Klasse 5 einschulen.
Dann können Sie es ja per Gericht entsprechend ändern lassen. – Es gibt ein Formular für die Wahl der zweiten Fremdsprache in der Klassenstufe 5 für die Klassenstufe 6: „Die Wahl einer zweiten Fremdsprache am Gymnasium erfolgt im Rahmen des mit der Sächsischen Bildungsagentur abgestimmten Sprachangebotes der Schule. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung von Unterricht in einer bestimmten Fremdsprache besteht nicht.“