Protocol of the Session on September 26, 2012

Selbstverständlich muss die Ausgabe von Förderungen von Bedingungen abhängig gemacht werden, um eine effektive Nutzung der Fördermittel zu gewährleisten. Dies muss auch nach Umsetzung der Investition überprüfbar sein.

Andererseits muss auch eine entsprechende Planungssicherheit für die Durchführung der Förderprojekte bestehen. Es kann nicht sein, dass unter Umständen während eines laufenden Projektes die EU-Finanzierung eingestellt oder verändert wird. Das sind die derzeitigen Planungen, und ich gehe davon aus, dass das aus fachlicher Sicht von uns nur abgelehnt werden kann. Es ist nicht akzeptabel,

dass während des laufenden Projekts durch wiederholte Berichtspflichten und sich daran anschließende Überprüfungen neue bürokratische Hürden geschaffen werden. Dies hemmt die potenzielle Bereitschaft zur Durchführung von Projekten und sorgt für Unsicherheit während der jeweils laufenden Projektphase. Die von der Kommission behauptete Verwaltungsvereinfachung kann man hier jedenfalls auf keinen Fall erkennen. Aus unserer Sicht muss hier deutlich nachgebessert werden.

Weiter plant die Kommission, eine makroökonomische Konditionalität einzuführen. Hierdurch soll eine engere Verbindung zwischen der Kohäsionspolitik auf der einen und der europäischen Wirtschaftspolitik auf der anderen Seite erreicht werden. Die Wirkung von Strukturfondsmitteln solle nicht durch unsolide Haushaltspolitik geschmälert werden – so die Überlegung. In derartigen Fällen soll auch hier unter Umständen die Finanzierung der Projekte während der Projektphase ausgesetzt werden. Allerdings wäre die Konsequenz dieser Regelung, dass der regionale Einsatz von EU-Strukturfonds durch sachferne Bedingungen, auf die regional keiner Einfluss nehmen kann, beeinflusst würde. Deshalb lehnen wir auch diese makroökonomischen Auflagen ab.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Dies sieht der Ausschuss für regionale Entwicklung des Europäischen Parlaments offensichtlich genauso. Jedenfalls ist im Juli 2012 ein entsprechender Beschluss gefasst worden. Hieran haben die sächsischen Abgeordneten im Europäischen Parlament maßgeblich mitgewirkt. Deshalb an dieser Stelle auch mein Dank an alle EU-Abgeordneten aus dem Freistaat Sachsen, die sich dafür eingesetzt haben.

(Beifall bei der CDU, der SPD und vereinzelt bei den LINKEN)

Sächsische Interessen, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind auch massiv von den Planungen der EUKommission für eine starre Vorgabe für die Verwendung der Strukturfonds berührt. So sollen Mittel in festgelegten Quoten für vorgegebene Investitionsbereiche und festgelegte Prioritäten eingesetzt werden. Für Sachsen würde diese Regelung bedeuten, dass ein großer Umfang der Strukturfonds gebunden wäre und damit auch ein Großteil der jetzigen Flexibilität der sächsischen Förderung verloren ginge. Wir lehnen diesen Antrag ab. Gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen, das Handwerk und Selbstständige brauchen Flexibilität in der Planung ihrer Investitionen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Sicherlich ist die grundsätzliche Konzentration auf Schwerpunkte wie KMU, Wettbewerbsfähigkeit, Forschung und Entwicklung sowie Bildung sinnvoll. Ziel kann aber nicht sein, dass jetzt durch die Hintertür eine zentrale Lenkung der Fonds aus Brüssel eingeführt werden soll.

Wir sollten auch gerade in der Kohäsionspolitik darauf achten, dass das Subsidiaritätsprinzip weiter konsequent umgesetzt wird. Die Entscheidung darüber, welche Prioritäten im Detail hierbei gesetzt werden, muss vor Ort getroffen werden. Die Planungen der Kommission würden im Ergebnis bedeuten, dass der bisherige erfolgreiche dezentrale Ansatz der Mittelverwendung faktisch weitestgehend abgeschafft würde. Die regionalen Partner können ihrer Verantwortung aber viel besser gerecht werden, wenn sie Gestaltungsspielraum und Eigenverantwortung beim Einsatz der Förderung haben.

Beispielhaft möchte ich in diesem Zusammenhang auf die Vorschläge zur Förderung im KMU-Bereich eingehen, die zeigt, wohin eine zentrale Steuerung führen würde. Nach den jetzigen Vorstellungen der Kommission wird die Förderung von Großunternehmen nahezu ausgeschlossen. Die KMU, die kleinen und mittelständischen Unternehmen, sind die Stütze der sächsischen Wirtschaft, die gestärkt und weiter ausgebaut werden soll. Einschränkungen aber auch für die großen Unternehmen in der Förderung können wir nicht hinnehmen. Gleichzeitig darf dies auf der anderen Seite nicht dazu führen, dass die Förderung von Großunternehmen praktisch nicht mehr oder nur noch zu erschwerten Bedingungen stattfinden kann. Das ist nicht von sächsischem Interesse.

Gerade hier im Freistaat Sachsen gibt es überzeugende Beispiele dafür, welche wirtschaftlichen Erfolge durch die Ansiedlung von Großunternehmen erzielt worden sind. Ich nenne stellvertretend Dresden mit der Chipindustrie oder Leipzig und Zwickau mit der Automobilbranche. Neben der direkten Schaffung einer erheblichen Anzahl von Arbeitsplätzen hat sich eine Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen im Umfeld oder als Vertragspartner, die direkte oder indirekte Verbindung mit diesen Industriekernen haben, gebildet. Nicht zu vergessen auch die Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen in diesem Umfeld. Deshalb muss diese erfolgreiche Politik, unterstützt durch entsprechende Maßnahmen, auch weiterhin möglich sein und darf nicht durch zentrale Vorgaben behindert werden.

Auf einen anderen Aspekt möchte ich kurz eingehen. Die demografische Entwicklung im Land wird uns in den nächsten Jahren noch stärker beschäftigen. Sie wissen alle, dass sich in einigen Regionen des Freistaates zukünftig erhebliche, durch die ungünstige Bevölkerungsentwicklung bedingte Probleme ergeben werden. Deshalb müssen wir mit neuen Ideen und besseren Maßnahmen gegensteuern. Dafür brauchen wir auch die Unterstützung durch den stärkeren Einsatz von EU-Strukturfonds und anderen EU-Mitteln. Hierdurch können Probleme wie der Erhalt oder die Anpassung der Siedlungs- und Infrastruktur – was eine Herausforderung der nächsten dreißig Jahre werden wird – oder auch der wichtige Teil der Weiterbildung der Fachkräfte besser bewältigt werden. Die hierzu vorliegenden Vorschläge der Kommission reichen aber bisher nicht aus.

Lassen Sie mich abschließend noch auf die internationale Zusammenarbeit mit unseren tschechischen und polnischen Nachbarn eingehen. Sachsen spielt hierbei aufgrund seiner Grenzlage nach wie vor eine wichtige Rolle. Wir sind in der Verantwortung, die Zusammenarbeit mit der Tschechischen Republik und der Republik Polen weiter auszubauen. Wir sind aufeinander angewiesen. Staatsgrenzen dürfen für die Bewältigung gemeinsamer Probleme keine Hindernisse mehr sein. Gegen Autodiebe müssen Staatsgrenzen selbstverständlich mehr Hindernisse darstellen.

Für die Zusammenarbeit mit unseren Nachbarländern ist die Erkenntnis wichtig – das hat auch die Vergangenheit gezeigt –, dass sich viele Probleme nur grenzüberschreitend lösen lassen. Deshalb muss auch zukünftig sichergestellt werden, dass die Mittel für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf einem hohen Niveau zur Verfügung stehen. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist gelebtes Europa vor Ort, und das muss ausgebaut werden. Bei der Erarbeitung der Regeln für die kommende EU-Förderperiode 2014 bis 2020 müssen sächsische Interessen sowohl gegenüber der EU als auch gegenüber dem Bund weiter intensiv geltend gemacht werden.

Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag, um ein klares und deutliches Signal an die EU-Kommission zu senden und der Staatsregierung gleichzeitig die nötige Unterstützung des Sächsischen Landtags für die bevorstehenden schwierigen und aufopferungsvollen Verhandlungen auf europäischer Ebene und auf Bundesebene zu geben.

Ich bedanke mich sehr herzlich, meine Damen und Herren, für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Nächster Redner in der allgemeinen Aussprache: Herr Herbst für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es um Geld geht, rufen selbstverständlich alle: „Wir wollen etwas davon!“ Genauso ist es auf europäischer Ebene. Die Mittel werden neu verteilt – nicht nur zwischen den Ländern, sondern auch zwischen den Regionen – und da kämpft jeder für seine Interessen – wir als Sachsen selbstverständlich für unsere Interessen, das ist völlig klar. Wir sollten aber bei der gesamten Diskussion auch nicht vergessen, dass wir ein ganzes Stück vorangekommen sind, auch dank der Unterstützung der EU.

Wenn wir auf den Weg Sachsens seit 1989 schauen, dann können wir feststellen, dass Wohlstand und Lebensqualität erheblich zugenommen haben. Uns ist es gelungen, eine ganze Reihe von Unternehmen neu anzusiedeln und andere – einheimische – bei ihrem Wachstum zu unterstützen. Uns ist es gelungen, Hochschulen zu sanieren,

Schulen zu sanieren, Straßen zu bauen, und uns ist es gelungen, Menschen in Arbeit zu bringen, die vorher keine Chance hatten, ein sicheres Einkommen zu erzielen. All das auch dank der Unterstützung der Europäischen Union. Für diese Unterstützungsleistungen, für diese Mittel sind wir dankbar.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Wenn man das in Zahlen ausdrückt, dann sind das rund 11 Milliarden Euro. Wer unseren Landeshaushalt kennt, der weiß, dass das kein Pappenstiel ist.

Ich will aber auch hinzufügen – das unterscheidet uns als Freistaat vielleicht von manch anderer Region –: Für uns ist die Förderung keine Daueralimentierung; Förderung ist für uns Hilfe zur Selbsthilfe. Als solche begreifen wir die Unterstützung der EU.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Deshalb werden die EU-Mittel nicht verkonsumiert, sondern klug investiert. Das ist unser Ansatz. Das trägt zu unserem Ziel bei, dass wir im Jahr 2020 auf eigenen Füßen stehen wollen. Wir wissen, dass wir danach vermutlich kaum noch EU-Fördermittel bekommen werden. Aber von Förderung unabhängig zu sein ist kein Drama, meine Damen und Herren, das ist unser Ziel.

Es bleibt noch einiges zu tun. Wir müssen ohne Frage stärker werden, unsere Wirtschaft muss noch leistungsfähiger werden, wir müssen uns insgesamt internationaler aufstellen – von der Ausbildung über Forschung bis hin zum Export. Es bleibt also noch eine ganze Menge zu tun. Es geht um Wirtschaftswachstum, es geht um Forschungsintensivierung, es geht um benachteiligte Gruppen, die immer noch Schwierigkeiten haben, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, und es geht um die Modernisierung der Infrastruktur. Der Schlüssel zum Erfolg für Sachsen sind Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft. Genau dafür brauchen wir auch in der neuen Förderperiode noch die Unterstützung der EU.

Mein Vorredner hat einige Probleme angesprochen, weil die Unterstützung auf der einen Seite gut ist, aber wir sehen auch Schwierigkeiten. Wenn uns beispielsweise die EU vorschreibt, dass wir 40 % der Mittel für den Bereich ESF einsetzen müssen, ist es aus unserer Sicht falsch, Regionen an die starren Vorgaben zu binden. Der Weg, in unterschiedlichen Regionen Leistungsfähigkeit und

Wettbewerbsfähigkeit zu gewinnen, kann völlig unterschiedlich sein. Am Ende müssen wir uns am Ziel und dessen Erreichung messen lassen. Deshalb kann das eben auch bedeuten, dass wir sinnvollerweise mehr im EFRE investieren und weniger im ESF, weil wir nicht mehr die Arbeitsmarktprobleme der Vergangenheit haben, aber noch einen enormen Investitionsbedarf. Ich finde es schade, dass die EU hier alle über einen Leisten schert. Ich glaube, das entspricht nicht dem Anspruch, Vielfalt in Europa zu fördern.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

In der Tat, Europa ist auch eine Wertegemeinschaft, Kollege Lichdi. Wir sind uns, glaube ich, ziemlich einig, dass ein Teil der Probleme, die wir heute haben, auch daraus resultiert, dass zu oft zentralistisch vorgegangen wird und man nicht schaut, was wir tun können, um eine bestimmte Region zu stärken, um sie wettbewerbsfähig zu machen.

Die Probleme in Spanien mit einer Jugendarbeitslosigkeit von 50 % sind nun einmal anders als in Sachsen. Das liegt doch auf der Hand.

(Enrico Stange, DIE LINKE: Die haben noch viele Jugendliche!)

Meine Damen und Herren! Wir müssen sicher auch überlegen, wie man die Verfahren vereinfachen kann. Der Aufwand, den wir bei der Abwicklung der EU-Förderprogramme betreiben, ist nicht nur für diejenigen, die Anträge stellen, sondern auch für die Verwaltung immens. Nun verstehe ich auch, dass die EU skeptisch ist. Wir haben unsere Erfahrungen mit gewissen Ländern gesammelt, wo es unter Umständen Veruntreuung von EUFördermitteln gibt. Aber man muss, glaube ich, eine gesunde Mitte finden, dass man den Ländern, die das Verfahren im Griff haben, die in der Lage sind, die Fördermittel ordentlich auszugeben, vielleicht nicht dieselben Bandagen anlegt wie denjenigen, die immer wieder verdächtig sind, die Mittel falsch auszugeben.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Ich glaube, wir müssen uns Gedanken zum Thema Beihilferecht machen, und zwar insbesondere für den Bereich, bei dem wir innereuropäisch nicht im Wettbewerb stehen, wenn wir an die Chipindustrie denken. Dort konkurriert nicht Dresden, Sachsen, Deutschland mit Regionen in Spanien oder England. In dieser Branche gibt es nur noch einige wenige Kerne in Europa, die am Weltmarkt mitspielen. Wir konkurrieren mit subventionierten Standorten in Asien und den USA. Hier muss man sich als Europäische Union strategisch überlegen: Wollen wir gewisse Industrien hier halten oder nicht? Da muss man auch die Beihilfestrategien überlegen, obwohl ich sonst – das sage ich auch ganz klar – ein Verfechter des Wettbewerbsrechtes bin; denn ich glaube, der europäische Rahmen im Wettbewerbsrecht hat dazu geführt, dass wir tatsächlich einen europäischen Binnenmarkt haben, auf dem nach denselben Regeln gespielt wird.

Die größte Herausforderung für Sachsen ist neben der allgemeinen Finanzausschreibung die schon angesprochene Region Leipzig. In Leipzig kämpfen wir darum, dass wir das Sicherheitsnetz, das ungefähr zwei Drittel der bisherigen Mittel sichert, auch für Leipzig erreichen. Hier sind wir ein ganzes Stück vorangekommen. Aber wir wissen auch, dass das Ziel noch längst nicht sicher und noch nicht erreicht ist.

Ich möchte aber ausdrücklich all denjenigen Dankeschön sagen, die auf den verschiedenen Ebenen in Gesprächen und Verhandlungen dazu beigetragen haben, dass der sächsischen Position, die nicht einfach ist, weil es leider nicht viele Regionen in Europa gibt, die in derselben Situation wie Leipzig sind, Gehör verschafft wurde. Dank zunächst an die Staatsregierung und unseren Europaminister. Ich möchte allen sächsischen Europaabgeordneten danken, die alle auf ihren Ebenen gekämpft und offensiv auf den europäischen Ebenen, auch auf der Bundesebene für unsere Position geworben haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Die Zwischenergebnisse, meine Damen und Herren, können sich durchaus sehen lassen. Ich höre es auch von unseren europäischen Partnern, dass die Bundesregierung die sächsischen Interessen in den Verhandlungen mit den anderen europäischen Staaten offensiv vertritt.

(Dr. Monika Runge, DIE LINKE: Das ist nicht wahr!)

Doch, das ist so!

(Dr. Monika Runge, DIE LINKE: Nein!)

Die zypriotische EU-Ratspräsidentschaft wurde durch unseren Europaminister über das sächsische Problem informiert. Ich glaube, auch dort hatte man Verständnis für unsere Situation. Der entsprechende EU

Parlamentsausschuss hat sich in einem Beschluss zu unserer Position bekannt. Das sind alles wichtige Zwischenziele. Ich bin sehr optimistisch, dass wir mit dieser Unterstützung auch das Endziel bei der Verteilung der Mittel erreichen.

Meine Damen und Herren! Uns geht es nicht darum, für alle Ewigkeit Subventionen zu bekommen. Wir wollen europäische Fördermittel, um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Wir wollen europäische Fördermittel, um hier Wachstum zu generieren, damit wir am Ende auf eigenen Beinen stehen. Wir wollen eine der europäischen Regionen sein, die zeigt, dass man den Strukturwandel positiv gestalten kann, dass man den Übergang von einer sozialistischen Planwirtschaft in eine wettbewerbsfähige und attraktive Marktwirtschaft schafft. Dafür kämpfen wir. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Die nächste Rednerin für die Fraktion DIE LINKE ist Frau Meiwald. Sie haben das Wort.