Dieser Ausschuss wandte sich, das können Sie in dem Protokoll nachlesen, zunächst gegen diese sehr weitgehende Formulierung. Der Grundgedanke war nämlich ein ganz anderer, das wird heute verheimlicht: dass nur Deutsche das Recht auf Asyl genießen sollten. Insbesondere sollte dies für Flüchtlinge aus der damaligen sowjetisch besetzten Zone gelten. Am Beginn der Diskussion, so schreibt es auch „Die Zeit“ in einem Artikel aus dem Jahre 1989, stand daher der Vorschlag: Jeder Deutsche, der wegen seines Eintretens für Freiheit, Demokratie, soziale Gerechtigkeit oder Weltfrieden verfolgt wird, genießt im Bundesgebiet Asylrecht.
Man wollte auch anderen Verfolgten aus dem Ostblock, wohlgemerkt vor dem Hintergrund des heraufziehenden Ost-West-Konfliktes, dieses politische Asyl gewähren. Wie sehr ist dieses an und für sich edelmütige Ansinnen pervertiert worden? Im Jahr 1993 hätte man diese Entwicklung korrigieren können. Doch die Tür des Asylrechts für Wirtschaftsflüchtlinge aus aller Welt, sperrangelweit offen stehend, wurde nicht geschlossen, sondern nur angelehnt. Wir erleben gerade eben, wie die Schleusen wieder geöffnet werden. Helfen Sie mit, sie zu schließen, solange es noch nicht zu spät dazu ist!
Ich kann keine weiteren Wortmeldungen in der zweiten Runde erkennen. Die Staatsregierung hat keinen Redebedarf. – Wir kommen zum Schlusswort. Möchten Sie dies noch halten, Herr Storr, dann haben Sie dazu jetzt Gelegenheit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was ich hier und heute gehört habe, war von einer fachlichen und faktenorientierten Argumentation weit entfernt.
Politik ist eben keine Politik der Wünsche und Träume, sondern der harten Fakten und Realitäten. Dabei war die Erkenntnis, wonach das deutsche Asylrecht weltweit einmalig dasteht und welche Konsequenzen dies für Deutschland im Hinblick auf den weiteren Einwanderungsdruck hat, noch vor wenigen Jahren wenigstens den bürgerlichen Parteien durchaus präsent. Ich hatte dies in einer der letzten Sitzungen einmal angedeutet.
Die CDU hat jahrzehntelang richtigerweise auch gesagt, dass Deutschland kein Einwanderungsland ist. Zu diesem Bekenntnis kann sich die CDU heute bedauerlicherweise nicht mehr durchringen, wie wir es auch immer wieder hier im Sächsischen Landtag erfahren.
Deutlich wird dies auch anhand einer Expertise der CDU/CSU-Gruppe – der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament – aus dem Jahr 2000, in der es wie folgt heißt – ich zitiere: „Niemand in Europa wird die Deutschen daran hindern, in dieser Isolierung auf hohem Niveau zu verharren. Das gilt insbesondere für das deutsche Asylgrundrecht, das jedem Asylbewerber ein subjektiv einklagbares Recht auf Asyl bei Gericht einräumt. Diese Verfahrensgestaltung ist in Europa einmalig. Auf diesem Wege wird kein anderer Mitgliedstaat den Deutschen folgen, was mit einiger Gewissheit die Attraktivität des Asylstandortes Deutschland auch in Zukunft weiter steigern wird, vorausgesetzt, die Deutschen bleiben bei ihrer Grundrechtslösung. Es werden also die Deutschen selbst zu entscheiden haben, ob sie auf dem Grundrecht beharren oder das subjektiv einklagbare Recht auf Asyl in eine institutionel
le Garantie umwandeln. Nur diese institutionelle Garantie bietet die Möglichkeit, über Asylanträge innerhalb angemessener Frist rechtskräftig zu entscheiden, ohne dass damit das materielle Recht auf Asyl eingeschränkt wird“.
Meine Damen und Herren, da Sie als Politiker der etablierten Parteien sich überall dafür einsetzen, sogenannte deutsche Sonderwege zu unterbinden, hätten Sie gerade hier ein weites Betätigungsfeld. Seit mehr als einem Jahrzehnt ist auch den etablierten Parteien in Deutschland klar, dass mit dem Asylkompromiss keine Lösung, sondern allenfalls eine vorübergehende Entschärfung des Problems verbunden sein würde. Das geschah, nachdem es bereits mehrere Jahrzehnte gedauert hat, bis nach dem gewaltigen Anschwellen der Asylbewerberzahlen in den Achtziger- und Neunzigerjahren die geringsten Anerkennungsquoten von weniger als 1 % endlich der besagte Asylkompromiss geschlossen wurde. Dieser faule Kompromiss – zu etwas anderem ist diese Republik im Augenblick auch nicht fähig – fällt uns nun auf die Füße. Wollen Sie wirklich mit ansehen, wie die im Westen der BRD praktizierte Überfremdungspolitik nun nicht nur weitergeführt, sondern in verschärfter Form auf dem Rücken der Sachsen wiederholt wird? Mit Unwissenheit können Sie sich nicht mehr herausreden.
Stimmen Sie für diesen Antrag oder nehmen Sie die Konsequenzen in Kauf, wenn das Volk sich eines Tages gegen Sie wendet.
Meine Damen und Herren! Ich stelle Ihnen nun die Drucksache 5/9594 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und einer Zustimmung ist die Drucksache 5/9594 nicht beschlossen. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.
Die Dringlichkeit wurde zu Beginn der Sitzung festgestellt. Zu diesem Antrag können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde ist wie folgt: DIE LINKE, CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie dies wünscht. Herr Innenminister, Sie haben natürlich jederzeit die Möglichkeit,
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Am 28. Juni hat der Deutsche Bundestag die Novellierung des Meldegesetzes beschlossen. Das
Gesetz sollte noch in diesem Jahr in Kraft treten. Seit einigen Tagen ist das Gesetz jedoch stark in die Kritik geraten und ich meine, durchaus zu Recht. Das sage ich vorweg.
Wir halten die Norm des § 44 Bundesmeldegesetz in ihrer jetzigen Form für inhaltlich und rechtspolitisch verfehlt.
Den Entwurf der Bundesregierung hat Sachsen im Jahr 2011 im Bundesrat mitgetragen, weil er den Datenschutz der Bürger gestärkt hat. Leider wurden in diesem Zusammenhang weitergehende Anträge des Freistaates zur Verbesserung des Datenschutzes, so zum Beispiel die Streichung der Möglichkeit der Melderegisterauskunft an Adressbuchverlage oder für Parteien für die Wahlwerbung, von der Mehrheit des Bundesrates damals nicht unterstützt. Der Bundestag hat den Entwurf jedoch über Gebühr zugunsten der datenverarbeitenden Wirtschaft verändert.
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung muss in dem Gesetz wieder stärker als aktuell zur Wirkung kommen. Unser Ziel muss es deshalb sein, zum Entwurf der Bundesregierung zurückzufinden. In diesem Ziel weiß ich mich einig mit der überwiegenden Anzahl der Länder, bei denen ich in Vorbereitung auf diese Sitzung durch mein Haus schnell noch eine Blitzumfrage habe durchführen lassen. Selbstverständlich vorbehaltlich noch erforderlicher Abstimmungen sprechen sich diese fachlich für die Einwilligungslösung nach Maßgabe des ursprünglichen Gesetzentwurfes der Bundesregierung aus.
Alternativ wird auch eine wirksame Widerspruchslösung durch Streichung des § 44 Abs. 4 Satz 2 BMG-Entwurf erwogen. Es gilt, einen Kompromiss zwischen den Bürgerbelangen einerseits und den berechtigten Interessen an einer Auskunft andererseits zu finden, jedoch ist der Schutz der persönlichen Daten der Bürger ein hohes Gut. Der Staat trägt hier eine besondere Verantwortung. Dieser Verantwortung ist sich die Staatsregierung bewusst, und wir werden ihr gerecht.
Weder bringt der vorliegende Antrag insoweit neue tiefgreifende Erkenntnisse, noch ist er angesichts des Dargestellten erforderlich, um das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen im Bundesrat zu lenken. Aus diesem Grunde empfiehlt die Staatsregierung, den Antrag abzulehnen.
(Antje Hermenau, GRÜNE: Dann wird es länger dauern! – Christian Piwarz, CDU: Denken Sie daran, wir haben auch noch Untersuchungsausschuss!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal ist bemerkenswert, Herr Staatsminister Ulbig, ich nehme das mit großer Genugtuung entgegen, dass unser Dringlicher Antrag immerhin ausgelöst hat, dass sich die Staatsregierung auf diesem Punkt bewegt.
Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie Sie ansonsten mit dem Mitgliedsbuch der CDU oder FDP bei dem Abstimmungsverhalten im Bundestag so votieren könnten.
Wie wir wissen, ist das Gesetz in 57 Sekunden angenommen worden, und zwar mit den Stimmen von FDP, CDU und CSU, von insgesamt zweieinhalb Dutzend Abgeordneten, die wegen des begonnenen Halbfinalspiels
ohne Rede und ohne darüber zu debattieren, bei einem Meldegesetz, das zum Kernbereich der informationellen Selbstbestimmung gehört, bei dem sie die Reden zu Protokoll gegeben haben, dieses Gesetz eingeführt haben.
Was bemerkenswert war, will ich noch einmal hervorheben. Ich habe es so verstanden, dass die Staatsregierung darüber nachdenkt, auch aufgrund dieser Umfrage, im Bundesrat für diese vorherige ausdrückliche Einwilligungslösung zu stimmen. Das ist genau das Anliegen unseres Antrages.
Wenn Sie mir, Herr Flath, zustimmen oder zunicken, dass Sie das unterstützen, dass Sie das so beschließen, dass das so wird, dann kann ich aufhören zu reden.