Der nächste Redner ist Herr Mann, SPD-Fraktion. – Er ist nicht anwesend. Dann spricht Herr Biesok für die FDPFraktion.
Meine Damen und Herren! Das war wieder starker Tobak, was wir hier gehört haben. Das hat wieder sehr deutlich gezeigt, welch ausländerfeindliche Partei die NPD in diesem Landtag ist.
Herr Storr, Sie wollen das Grundrecht auf Asyl abschaffen. Dann sollten Sie das aber auch klar und deutlich so benennen und jetzt nicht noch hineinschreiben, dass Sie eine sogenannte institutionelle Garantie haben wollen. Sie wollen ein Grundrecht beseitigen und haben sich das auch hier im parlamentarischen Verfahren auf die Fahnen geschrieben. Sie versuchen mit einer Argumentation, die in sich nicht aufgeht, einen Antrag hinbekommen. Sie nennen als eine Kondition, dass es zum Beispiel abgelehnte Asylbewerber gibt, die meist aus humanitären Gründen nicht abgeschoben werden können. Das Schicksal dieser Menschen nehmen Sie zum Anlass, die Forderung zu erheben, dass keine neuen Asylbewerber aufgenommen werden können.
Glauben Sie ernsthaft, dass wir nicht merken, was das für eine Argumentation ist, die Sie hier aufbauen? – Sie führen das individuelle Grundrecht auf Asyl ad absurdum, verquicken es in absolut unzulässiger Weise mit anderen Asylverfahren und rechnen diese einfach gegenseitig auf. Dabei negieren Sie eines: Gleich, wo ein Mensch lebt und woher er auch kommen möge, es ist und bleibt ein
Wer Menschen lediglich zu Rechengrößen macht, sie dazu degradiert, macht sie zu Objekten staatlichen Handelns. Dies verstößt gegen unser Grundgesetz. Dieses Grundgesetz haben wir hier zu achten. Ich habe das heute Morgen auch ausgeführt.
Die von Ihnen gewählte Wortwahl der Asylindustrie verdeutlicht noch einmal, wie wenig Sie von der Menschenwürde halten, die auch Asylbewerber genießen. Das Grundrecht auf Asyl ist ein wesentlicher Bestandteil des Grundrechtskatalogs. Wir wollen darauf nicht verzichten. Es ist für uns gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte eine Errungenschaft unseres Rechtsstaats, das wir als Politik, das wir als Staat, das wir als Gesellschaft allen politisch Verfolgten gewähren. Dies ist für uns nicht verhandelbar.
Sie fordern die Staatsregierung auf, sie solle die zentrale Ausländerbehörde doch einfach anweisen, die Verteilung von zugewiesenen Asylbewerbern auf die Kreise und in die kreisfreien Städte einzustellen. Dabei wissen Sie ganz genau, dass der Freistaat Sachsen gesetzlich dazu verpflichtet ist, nach dem Asylverfahrensgesetz Kontingente von Asylbewerbern nach dem Königsteiner Schlüssel aufzunehmen. Was bezwecken Sie damit?
Stellen Sie sich vor, was passiert, wenn die Verteilung auf die Landkreise eingestellt wird. Soll es dann eine zentrale Unterbringung hier in Sachsen geben? Wollen Sie das wirklich?
Wahrscheinlich wollen Sie das, damit Sie in der Umgebung von dem dann zentralen Unterbringungsheim genügend Anhänger fischen können, die Sie mit Ihren Parolen entsprechend beglücken. Das werden wir nicht tun.
Sie fordern gleichzeitig, obwohl Sie diese Verteilung ablehnen, der Landtag möge die Errichtung weiterer Gemeinschaftsunterkünfte auf dem Gebiet des Freistaates Sachsen ablehnen. Wie geht das zusammen?
Ich will nicht verhehlen, dass es in Teilen Probleme mit Gemeinschaftsunterkünften gibt. Die aktuelle Problematik bei den Asylbewerberheimen, die in Leipzig und Gröditz geplant waren, muss man ernst nehmen. Man muss auch die Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen. Ich erwarte, dass, wenn eine solche Planung vorliegt, die Bürger mittels frühzeitiger Information und Diskussion mitgenommen und entsprechend einbezogen werden.
Es darf nicht sein, dass die Bevölkerung vor Ort einfach vor vollendete Tatsachen gestellt wird, dann die Emotionen hochkommen und Sie dort Ihre billige Politik verkaufen können. Dort, wo ein Dialog stattfindet, gibt es auch gute Lösungen, sowohl für die Asylbewerber als auch für
die Gemeinden. Als ein gelungenes Beispiel möchte ich hier die Gemeinde Striegistal aus dem Landkreis Mittelsachsen mit ihrer Einrichtung in Mobendorf nennen. Dort hat man es geschafft, in einem Dialog zwischen der Einrichtung und der Gemeinde dieses Asylbewerberheim in die Gemeinde zu integrieren, und hat dadurch gute Lösungen erzielt.
Für mich ist eines klar: Die Gewährleistung des Grundrechtes auf Asyl und damit auch die Frage der Unterbringung von Asylsuchenden ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an der sich alle Teile des Freistaates beteiligen müssen. Dieser Aufgabe stellen wir uns. Deshalb bitte ich um die Ablehnung Ihres Antrages.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich bei Herrn Gillo ausdrücklich für seinen Redebeitrag. Wir haben gestern und jetzt wieder vom Letzten dieser rechten Truppe Reden gehört, die allein die Diffamierung von Menschen zum Ziel hatten. Lassen wir uns nicht von einer weißen Pfote hier auf dem Pult täuschen!
Wenn die NPD Demokratie sagt und fordert, will sie in Wirklichkeit das Ende der Demokratie. Wenn sie sich als demokratische Partei darstellt, geht es ihr nur um das Ausnutzen der Freiräume, die unsere Demokratie für Parteien bietet. Hinter dem Rücken verachtet sie den Rechtsstaat, diffamiert rechtsstaatliches Vorgehen in der Öffentlichkeit und spielt wissentlich Verbrechern in die Hände.
Wenn sie im Land unterwegs ist und sich scheinbar der Interessen und Ängste der Menschen annimmt, dann hat sie Kreide gefressen und es geht ihr allein um das Schüren von Ängsten und Hass. Damit will sie das demokratische Miteinander der Menschen in den Gemeinden zerstören und demokratische Prozesse und Verfahren nicht nur unterlaufen, sondern als überflüssig erscheinen lassen. Mit welchem Ziel? – Ganz klar: Führung und Führer durch die NPD.
Die NPD benutzt Menschen für ihre eigenen Zwecke einer menschenverachtenden Ideologie. Aber Menschenrechte sind nicht teilbar. Genau das will die NPD erreichen: Menschenrechte mit zweierlei Maß. Dazu frisst sie Kreide und steckt ihre Pfoten in Mehltöpfe. Nur sind die Menschen und die Demokraten im Land nicht so leicht zu täuschen wie die kleinen Geißlein. In Leipzig und Gröditz wehren sich die Menschen gegen die Stimmungsmache der NPD. Demokratie wirkt.
Auch der heutige Antrag der NPD entbehrt jeglicher demokratischer Grundlage. Das Grundrecht auf Asyl ist ein nicht zur Disposition stehendes Menschenrecht. Seine Wurzeln liegen unter anderem in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Genfer Flüchtlingskonvention und der Asylrechtserklärung der Vereinten Nationen. Die Verfasser von Artikel 16 zogen mit der Einführung des Rechts auf Asyl außerdem die Konsequenz aus der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft. Pro Asyl beschreibt den rechtsgeschichtlichen Zusammenhang wie folgt:
Deutschland, aber auch eine Selbstverpflichtung dazu, keinesfalls – wie in Tausenden anderen Fällen in der Nazizeit auch geschehen – Flüchtlinge an den Grenzen abzuweisen. Indirekt, aber nicht minder deutlich war dieser Artikel 16 auch eine eindeutige und als endgültig verstandene Absage an Diktatur, Diskriminierung, Folter, Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung von Menschen in Deutschland, schließlich ein nachhaltiger Protest gegen jedwede Gewaltherrschaft, wo in der Welt sie künftig auch ausgeübt werden sollte.“
Vor diesem Hintergrund, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind die Forderungen der Antragsteller schlichtweg als menschenverachtend zu bewerten und daher abzulehnen. Aber ich möchte Sie mit einem Zitat entlassen, einem Zitat von Murat Topal, das ist ein Kabarettist, manche von Ihnen werden ihn kennen, Sohn einer deutschen Mutter und eines türkischen Vaters. Er sagte: „Aktive Integration bedeutet aus meiner Sicht, als Erstes den Respekt vor und das Interesse füreinander wiederherzustellen.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Gröditz und in Leipzig gibt es Menschen, die sich genau das zur Aufgabe gemacht haben.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich frage: Wünscht ein Abgeordneter in der zweiten Runde noch das Wort? – Herr Storr für die NPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte durchaus an meine drei Vorredner anknüpfen. Ich werte Ihre Aussagen ganz anders, als Sie es selbst tun. Ich werte Ihre Aussagen so, dass Sie nur immer versuchen, gegen die Wirklichkeit anzureden.
Natürlich kann man so tun, als wenn die Zuwanderung in die Bundesrepublik Deutschland davon geprägt ist, dass es nur ausländische Fachkräfte gibt, die nach Deutschland einwandern, und die alle Ingenieure, Ärzte und Kulturschaffende sind. Das kann man natürlich behaupten. Man kann auch über die Ideale der Humanität reden. Man kann auch gleich den Holocaust bemühen, um zu sagen: Wer
Aber Entschuldigung, das hat nichts mit einer vernünftigen Argumentation zu tun. Das hat auch nichts mit den Fakten zu tun. Ich will in meiner zweiten Rede hier durchaus auch noch einmal Fakten bemühen, Fakten, die eine Sprache sprechen und wo man sich auch einmal die Fragen stellen muss, ob man zum Beispiel jenseits von humanitären Wünschen auch die Kosten tragen kann.
Das Statistische Bundesamt zum Beispiel hat für das Jahr 2010 festgestellt, dass die Kosten für Asylbewerber deutlich gestiegen sind. Demnach erhielten in diesem Zeitraum 130 300 Asylanten Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Dies entspricht einer Steigerung von 19 000 Personen oder 7,5 %. Damit belaufen sich nur die direkten Kosten für Asylbewerber im Jahr 2010 auf mehr als 815 Millionen Euro. Zum Vergleich: 2009 waren es noch 789 Millionen Euro.
Wenn jetzt ernsthaft überlegt wird, ob der Asylantenzugang die gesetzliche Grundsicherung nach SGB II erhalten und damit in Deutschland lebenden Hartz-IVBeziehern gleichgestellt werden soll, so muss von einer weiteren deutlichen Kostensteigerung ausgegangen
Zudem werden durch solche Maßnahmen selbstredend weitere Zuwanderungsanreize geschaffen. Dies ist auch schon durch die vielfach praktizierte Auszahlung von Bargeld, die komfortable Unterbringung in Wohnungen sowie die schrittweise Abkehr von der Residenzpflicht und vom Sachleistungsprinzip der Fall.
Dabei führte das Sächsische Staatsministerium des Innern noch in seiner Antwort vom 20. April 2006 auf eine Kleine Anfrage mit der Drucksachennummer 4/4742 Folgendes aus – ich zitiere: „Durch Art, Umfang und Form der Leistungsgewährung sollten keine Anreize geschaffen werden, aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland zu kommen. Schlepperbanden soll der Nährboden entzogen werden. Daher sollen möglichst keine Barmittel in die Hände der Leistungsberechtigten gelangen.“ Dieser Aussage kann die NPD-Fraktion nur zustimmen. Wahrscheinlich kann das die CDU-Fraktion heute nicht mehr. Das wäre aber ein Thema für sich.
Die Krux der deutschen Asylpraxis liegt also nicht nur in der Schaffung einer verfassungsrechtlichen Anspruchsgrundlage für jeden dahergelaufenen Asylbetrüger, sondern auch in den Begleitgesetzen, die in den letzten Jahren systematisch aufgeweicht wurden.
Daher fordert die NPD in ihrem Antrag zunächst eine Rückkehr zu der durchaus noch restriktiveren Verfahrensweise unmittelbar nach dem sogenannten Asylkompromiss im Jahr 1993. Erinnern wir uns: Ende des Jahres 1992 waren fast 440 000 Asylanträge in Deutschland gestellt worden. Unter dem Druck steigender Wahlergebnisse für nationale Parteien hatte man 1993 zwar nicht das Grundrecht auf Asyl abgeschafft, aber doch eine verfassungsrechtliche Ermächtigung für wesentliche Verfah
Leider hat man es bislang nicht fertiggebracht, die Verwaltungsgerichte personell und finanziell so auszustatten, dass sie wenigstens im Rahmen der jetzt geltenden Rechtslage möglichst zügig über die Anträge entscheiden können. Dies wird von der NPD schon seit Langem gefordert. Denkbar wäre die Schaffung einer eigenständigen Asylgerichtsbarkeit. Prompt wäre auch dem Gejammer über die angeblich inhumane und in die Länge gezogene Verfahrensdauer der Boden entzogen. Aber daran besteht seitens der vereinigten Asyl- und Ausländerlobby gar kein wirkliches Interesse. Sie alle – vor allem aber die politische Linke und Gutmenschenvereinigungen wie Pro Asyl sowie auch die Asylindustrie selbst, bestehend aus Versorgungs- und Betreibereinrichtungen – leben doch letztendlich von diesem lukrativen Wirtschaftszweig – jeder auf seine Weise, die einen politisch und die anderen finanziell.
Kommen wir zum Abschluss ruhig noch einmal auf die Historie des deutschen Asylrechts zu sprechen. Gehen wir ganz an den Anfang, in das Jahr 1949 zurück. Der Parlamentarische Rat, der nach den Vorgaben der Alliierten das deutsche Grundgesetz als provisorische Verfassung ausarbeiten sollte, tagte. Als Carlo Schmid die Formulierung „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ vorgeschlagen hatte, also die Formulierung, die sich auch heute noch in Artikel 16a Abs. 1 Grundgesetz wiederfindet, wurde dies zunächst vom sogenannten Allgemeinen Redaktionsausschuss des Parlamentarischen Rates zurückgewiesen.