Protocol of the Session on June 11, 2012

Gelder zur Verfügung, und sie entscheiden letztlich, wie vor Ort Tourismusförderung betrieben wird. Das ist auch, lieber Kollege Michael Weichert, ein neues Regionalbudget. – So viel zu der Innovationskraft und der Dynamik innerhalb der Staatsregierung.

(Mario Pecher, SPD: Sieben Cent pro Einwohner!)

Wenn wir aber heute über das Thema Regionalbudgets sprechen, sollten wir uns den Antrag der SPD-Fraktion, vor allem die Überschrift, sehr genau anschauen. Die Antragsteller begehren Regionalbudgets nicht für alle möglichen Bereiche des Freistaates Sachsen, sondern für die Unterstützung des heimischen Mittelstandes. Beantragt werden letztlich Regionalbudgets für die Mittelstandsförderung. Deswegen müssen wir uns mit der Frage auseinandersetzen, ob in diesem besonderen Fall, nämlich in der Mittelstandsförderung, Regionalbudgets sinnvoll sind. Das ist doch die Frage, die sich letztlich stellt.

Klar ist auch: Die für die Mittelstandsförderung zur Verfügung stehenden Mittel werden durch Regionalbudgets nicht mehr. Das Einzige, was sich ändert, ist die Ebene, die über die Verwendung der Mittel entscheidet. Liebe Kollegen von der SPD, Sie sprechen in Ihrem Antrag ausdrücklich die EU-Mittel der neuen Strukturfondsperiode an. Ferner erwähnen Sie die Fördermittel im Rahmen der GRW. Wir alle kennen die Fördermittel. Sie kommen von der EU oder vom Bund und stehen hinsichtlich ihres Umfangs fest. Bisher werden sie durch den Freistaat Sachsen vergeben und verwaltet. Wenn wir jetzt über Regionalbudgets debattieren, heißt das auch, einen Teil dieses Geldes nicht mehr als Ausgaben des Freistaates Sachsen zu verwenden, sondern es den Kommunen oder den Planungsverbänden zur Bewirtschaftung zu übergeben.

Wenn Sie die Diskussion ernsthaft führen wollen, dann müssen Sie konkret sagen, dass Sie aus dem Haushaltstitel GRW soundso viele Millionen Euro Unternehmensfördergeld herausnehmen und auf die entsprechenden Regionalen Planungsverbände verteilen möchten; diese betreiben dann im Rahmen von R.GA Wirtschaftsförderung. Das kann auch keine andere sein, weil die R.GA letztlich eine Bundesrichtlinie ist und auch für die entsprechenden Regionen gilt. Wenn Sie dort Schwerpunkte setzen wollten, könnten Sie also nicht mehr tun als das, was bei der R.GA ohnehin vorgesehen ist. Sie könnten höchstens durch Branchenausschlüsse Schwerpunkte setzen. Das hielte ich nicht für sinnvoll. Eine andere Schwerpunktsetzung ist nicht möglich, weil Sie über den bundesgesetzlichen Förderrahmen nicht hinausgehen können. Deswegen sagen wir: In diesem Punkt macht das relativ wenig Sinn.

Zudem würde dieselbe Art von Förderung von verschiedenen Ebenen im Freistaat Sachsen gewährt werden. Das Unternehmen könnte also beim Regionalen Planungsverband oder beim Freistaat Sachsen eine Zuschussförderung beantragen. Wenn das Unternehmen den Antrag erst in der Region stellen würde, dort aber kein Geld bekäme, ginge es zum Freistaat Sachsen. Ich weiß nicht, ob das eine sinnvolle Herangehensweise wäre und die Förderverfah

ren dadurch tatsächlich vereinfacht würden. Bei der GRW würde das bedeuten: Wir zweigen Gelder aus dem Landestopf ab und übertragen sie den Kommunen zur Bewirtschaftung.

Wenn wir bei den EU-Mitteln so vorgingen, wäre es genau dasselbe. Es ist vollkommen richtig: Die Richtlinien der EU erlauben die Regionalbudgets, die wir bei ELER bereits haben, auch für den EFRE und den ESF. Sie wissen aber, dass gerade im Bereich des EFRE – die Mittelstandsförderung erfolgt aus EFRE-, nicht aus ESFMitteln – die Mittel in der nächsten Strukturfondsperiode deutlich absinken werden.

Wenn wir jetzt über Regionalbudgets im EFRE redeten, hieße das, von diesen deutlich geringeren Mitteln Mittel auf die Regionen zu verteilen. Die Folgen wären: weniger einzelbetriebliche Investitionsförderung durch den Freistaat, weniger Technologieförderung durch den Freistaat und weniger Forschungsförderung durch den Freistaat. Wir können zwar über Ihren Antrag diskutieren, Frau Kollegin Köpping, aber Sie müssen dann sagen: Soundso viele Millionen Euro gehen aus der Forschungsförderung heraus. Dieses Geld geben wir für die Entwicklung des regionalen Mittelstandes in die Hände der Kommunen.

Sie müssen jedoch bedenken, dass die EU Regeln aufgestellt hat, wie diese Gelder zu verwenden sind, zum Beispiel im Bereich Energieeffizienz. Auch diese Regeln müssten von den entsprechenden Regionalen Planungsverbänden eingehalten werden. Sie könnten keine andere Förderung betreiben als die, die wir ohnehin als Freistaat Sachsen leisten. Die Zuständigkeit würde allerdings auf zwei Ebenen verlagert. Ob dieses zweistufige Verfahren sinnvoll ist, das wage ich tatsächlich zu bezweifeln.

Wir sollten Regionalbudgets überall dort, wo sie sinnvoll sind, tatsächlich einführen. Ich bitte aber ausdrücklich darum, im Bereich der Mittelstandsförderung davon abzusehen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es den Interessen unserer Unternehmen und damit den Interessen des Freistaates Sachsen dienlich wäre, wenn wir die Gelder, die wir im Rahmen der Mittelstandsrichtlinie verwalten – etwa für die Beratungsförderung des Mittelstandes oder zur Unterstützung von Messeauftritten im Ausland –, kürzen und das eingesparte Geld den Planungsverbänden zur Verfügung stellen würden, damit diese wiederum Mittelstandsförderung, das heißt Zuschussförderung, betreiben könnten.

Aus den genannten Gründen bitte ich Sie, im Bereich der Mittelstandsförderung von Regionalbudgets und Regionalfonds abzusehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Schlusswort. Für die Einreicherin spricht Frau Köpping.

Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Sehr verehrter Herr

Minister, Sie haben gesagt, unser Antrag sei weder im Interesse des Mittelstandes noch im Interesse Sachsens. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich beim Mittelstand bedanken, der mit uns den heute vorliegenden Antrag erarbeitet hat.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Wir haben sowohl mit allen sechs Kammern als auch mit den Landräten und den regionalen Vertretern gesprochen. Alle waren sich einig, dass die Regionalbudgets eine gute, wichtige Sache für Sachsen und für den sächsischen Mittelstand sind.

(Staatsminister Sven Morlok: Für die Kammern, für ihr Personal!)

Ich finde es sehr schade, dass Sie, Herr Petzold und Herr Herbst, so vehement gegen das Regionalbudget gesprochen haben, da es doch in Ihrem Koalitionsvertrag steht. Wenn Sie jetzt sagen, dass aus Ihrer Sicht der Vertrag erfüllt sei, da Regionalbudgets bereits mit LEADER- oder Tourismusprogrammen abgedeckt seien, dann kann ich nur sagen: Sie haben es nicht verstanden.

Vielleicht reden Sie mal mit dem Mittelstand darüber, wie es tatsächlich in Sachsen aussieht, wenn es um Förderanträge geht. Herr Herbst, in einem Punkt, den Sie immer wieder ansprechen, gebe ich Ihnen völlig recht: Kein Mittelständler soll sein Unternehmen auf Fördermittel aufbauen. Aber wenn er die Möglichkeit hat und wenn es dem Anschub bestimmter Vorhaben dient, dann ist er sehr wohl in der Lage und dann ist es für ihn auch notwendig, diese Förderprogramme zu nutzen. Sonst könnten wir sie in Sachsen ganz abschaffen.

Wenn aber der Mittelständler gar nicht weiß, welche Programme es gibt – ich habe mehrere solcher Beratun

gen miterlebt bzw. mitgehört –, dann kann man ihm zwar sagen, er könne sich ja erkundigen. Aber er weiß doch gar nicht, wo. Wäre es dann nicht sinnvoll – Sie plädieren doch immer für Entbürokratisierung, für die Vereinfachung von Verfahren –, wenn er zu seiner Region gehen und sich dort die Programme abholen könnte? Das ist das, was wir mit den Regionalbudgets erreichen wollen.

Ich habe mir eigentlich vorgenommen, noch einmal die Punkte vorzutragen, was es im Einzelnen ist, aber ich konnte anhand Ihrer Diskussion feststellen, dass es nicht um die Inhalte geht, sondern einfach nur darum, dass das, was die Opposition vorschlägt, nicht sein darf.

Vielen Dank.

(Frank Heidan, CDU, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Frau Köpping, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Sie gestatten sie nicht. – Meine Damen und Herren, damit kommen wir zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 5/9260 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafür-Stimmen ist die Drucksache 5/9260 mehrheitlich nicht beschlossen worden. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

Sächsische Einnahmesituation nicht durch Steuersenkungen belasten

Drucksache 5/9579, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Reihenfolge in der ersten Runde: GRÜNE, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der Einreicherin das Wort. Frau Hermenau, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Wir haben aktuell seit einigen Monaten eine Debatte laufen, in der es darum geht, in der Sächsischen Verfassung eine Schuldenbremse, ein strukturelles Neuverschuldungsverbot zu verankern. Dabei muss man natürlich nicht immer nur auf die Ausgabenseite bzw. die Verschuldungsseite schauen, sondern auch auf die Einnahmenseite. Alle drei Seiten gehören zusammen.

Wenn wir in Zukunft – was ich für absolut richtig halte – auf eine strukturelle Verschuldung verzichten wollen und Begehrlichkeiten – jede Partei hat immer gute Gründe, warum sie irgendetwas Neues will – nicht mehr über Verschuldung abfeiern, dann haben wir noch zwei Möglichkeiten, mit unseren Finanzen umzugehen: Wir können die Ausgaben einschränken und andere Ausgaben dafür nehmen oder sie mit dem Geld umschichten, das wir haben, und wir können dafür sorgen, dass nicht noch mehr Einnahmen wegbrechen, indem Steuersenkungen vorgenommen werden.

In dieser "Umbausituation", in der wir uns alle befinden, ist es angeraten, auf Steuersenkungen zu verzichten, damit die Einnahmenbasis nicht weiter zerrüttet wird. Es geht auch darum, dass man immer noch eine gewisse

Investitionskraft erhält, genauso wie es darum geht, die Schuldenbremse auch finanziell abzusichern. Ich rede hier nicht unbedingt Steuererhöhungen das Wort, aber ich bin der Auffassung, weitere Steuersenkungen sind nicht gut.

Wir haben heute Morgen vom Ministerpräsidenten die Bitte gehört, wir mögen uns dafür erwärmen, die ProKopf-Tilgung beim Schuldenstand stabil zu halten. Er wirbt dafür, dass man sich auf der Oppositionsseite wieder beteiligt. Wir haben das immer für positiv erklärt, aber es hat auch etwas damit zu tun, dass man die Einnahmenbasis stabil hält.

Aktuell haben wir mehr Steuermehreinnahmen, als wir durch den vereinbarten Abbau des Solidarpakts II verlieren. – Okay, eine komfortable Situation. Sie wissen ganz genau, Herr Finanzminister: Steuereinnahmen gehen hoch und runter. Dabei kann man sich auf nichts richtig verlassen. Es hängen sehr viele Komponenten dran. Also sollte man diese Schwankungen nicht noch zusätzlich vertiefen und verstärken, indem man noch weitere Steuersenkungen vornimmt.

Ich bin der Auffassung, dass wir uns zunehmend dem Haushalt im Echtbetrieb nähern. Ich habe das heute Morgen versucht auszuführen. Die Abhängigkeit von Steuereinnahmen nimmt natürlich in jedem Jahr im selben Maße weiter zu, in dem die Zuwendungen von Berlin und Brüssel zurückgehen. Deshalb wird unser Haushalt in Zukunft weniger stabil und anfälliger für Steuerschwankungen sein. Wir haben parallel zu diesem Degressionspfad beim Solidarpakt II und beim ESF auch noch die Schuldenbremse, die hier in Sachsen schon seit Jahren Praxis ist. Das macht es etwas leichter, andere Länder haben mehr Probleme. Aber im Kern ist es trotzdem dieselbe Situation. Man sollte es nicht noch weiter forcieren.

Ich habe noch einmal auf das Jahr 2010 zurückgeblickt. Da gab es das Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Wer sich erinnert: Darin enthalten war auch die berühmte Mövenpick-Steuer, also die Frage des Mehrwertsteuersatzes beim Hotelgewerbe. Damals ist es dazu gekommen, dass Sachsen jetzt in jedem Jahr 120 Millionen Euro weniger hat, als es insgesamt hätte, wenn man das nicht gemacht hätte. Wenn man die Kommunen noch dazuzählt, hätten wir sogar 200 Millionen Euro pro Jahr mehr, wenn man auf diese Steuersenkungen im Wachstumsbeschleunigungsgesetz verzichtet hätte. Die Mövenpick-Steuer allein macht 23 Millionen Euro aus. Das ist fast derselbe Betrag, der im Jugend- und Sozialbereich 2010 mit einer Bewirtschaftungsmaßnahme gekürzt worden ist, die viele Turbulenzen verursacht hat.

Was ist sinnvolle Bewirtschaftung eines Haushaltes? Keine neuen Schulden? Ja, okay, aber auch keine unsinnigen Steuersenkungen, das kann man einfach nur so sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Aktuell haben wir, wie gesagt, diese starren Steuereinnahmen. Wir haben ein aktuell gut laufendes konjunktu

relles Jahr, keine Frage; und wenn sich die wirtschaftliche Situation verschlechtert – wofür in der nächsten Zeit einiges spricht –, gibt es immer noch eine Bremsspur, sodass es ein halbes bis ein Dreivierteljahr dauert, bis die Steuereinnahmen wegbrechen. Das ist konzipiert, aber wir sprechen über einen Doppelhaushalt, nicht über einen Einzelhaushalt. Deshalb glaube ich, Sie haben bestimmt einen kleinen Stresstest gemacht, ob das Ihre Balancierung im Doppelhaushaltsentwurf ungefähr aushält. Aber lassen Sie doch einfach mal den Import in den Krisenländern Griechenland, Portugal, Irland, Spanien und Italien um 20 % zurückgehen, dann werden wir bei einer Schrumpfung von -0,6 % sein – ich habe auch einmal einen Stresstest gemacht –, und dann sind wir 2013 nicht mehr bei einem Wachstum von 1,4 %.

Wenn man sich das auf der Zunge zergehen lässt, weiß man, dass das auch Steuermindereinnahmen bedeutet. Deswegen denke ich, wenn man zunehmend davon abhängig wird, eine Einnahmequelle zu haben, die so schwankt, dann sollte man sie nicht noch schwankender machen. Das ist der Hintergrund unseres Antrages. Man kann sogar – jetzt gehe ich einmal an das Unwort Steuererhöhung heran – überlegen, ob es gerecht ist, dass Geberländer wie Hessen und Baden-Württemberg, die in den Finanzausgleich einzahlen, aus dem Sachsen Geld bekommt, eine Grunderwerbsteuer haben, die bei 5 % liegt, während sich Sachsen und Bayern den Luxus leisten, eine Grunderwerbsteuer von 3,5 % zu haben. Das sind kleine Einnahmen. Wir sprechen über 63 Millionen Euro, aber: haben oder nicht haben. Wir haben bei den Jugend- und Sozialkürzungen vor zwei Jahren gemerkt, dass selbst 25 Millionen Euro in diesem Land sehr wichtig sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Wenn man das weiß und auch weiß, Herr Bandmann, dass die unterproportionale Finanzkraft des Ostens bis 2020 und darüber hinaus bleiben wird – Sie wissen das offensichtlich nicht –, werden wir in den sächsischen Kommunen und im Landeshaushalt weiter eine unterproportionale Finanzkraft haben. Wir werden zu wenige eigene Einnahmen haben, Sie wissen das ganz genau. Deshalb sollte man diese Einnahmenbasis nicht zusätzlich erodieren.