So befinden sich beispielsweise in einem der ausgewählten Problemgebiete zwischen Hoyerswerda und Weißwasser eben nur überschaubar viele, denn der Großteil der Grundwassermessstellen ist im Besitz der LMBV. Wenn Sie mir nicht glauben, dann schauen Sie auf der Homepage des LfULG unter dem Schlagwort „Grundwasser“ nach und suchen Sie die interaktive Karte. Schauen Sie sich die Karte an, zum Beispiel nach bestimmten Kriterien, zum Beispiel dem Kriterium „Keine aktuellen oder Altdaten“. Dort darf der Messwert nicht älter als 31 Tage sein. Sie finden sehr viele graue Gebiete. Wenn Sie sich zudem die Legendeninformation ansehen, können Sie auswählen nach dem aktuellen Grundwasserstand, aber etwa nicht als Differenz zur Geländeoberkante, sondern als Differenz zum Vorwochenwert.
Kein Wunder, dass Herr Minister Kupfer in seiner Pressemitteilung vom 20. Februar mitteilt: „Mittlerweile fallen die Grundwasserstände im gesamten Freistaat Sachsen wieder.“ Ja, Herr Kupfer, wir wissen nur noch nicht, wohin. Bei Ihnen ist das mit den Daten alles relativ.
Alle unsere weiteren fachlichen Kritikpunkte können Sie im Antrag nachlesen. Darin ist alles ausführlich dargestellt.
Zweitens. Die Bürgerinnen und Bürger sind schuld. Sie hätten ihre Gebäude vor Jahrzehnten zum Teil nicht im Bereich hoher Grundwasseranstiege bauen sollen.
Drittens. Das Niederschlagsereignis – gottgewollt – ist schuld, aber das war ja im Sommer und Herbst 2010 einmalig.
Unsere Fraktion fordert daher die Regierung auf: Bessern Sie diesen Bericht nach, denn Ihre Schlussfolgerungen sind schlichtweg irreführend! Vergessen wurden beispielsweise bestimmte Geländesetzungen. Wo ist der natürliche Grundwasserstand, wenn sich das gesamte Gelände um Meter setzt? Wir haben es mit einem handfesten Problem zu tun, das zukünftig weder billiger noch einfacher zu handhaben sein wird. Dieses Problem braucht ehrliche Lösungen. Die gerade genannten Schlussfolgerungen sind auch gefährlich. Warum? Lassen Sie mich einige Beispiele der vergangenen Wochen nennen.
Die Meldung Nummer 1: Die Fertigstellung der Bundesautobahn A 72 bis Borna-Süd wird sich um ein weiteres halbes Jahr verzögern und die Kosten werden zudem auf 200 Millionen Euro ansteigen.
Zitat: „Wir haben es mit einem stark hochliegenden Grundwasser zu tun, teilweise 3 bis 4 Meter höher als erwartet.“ – So der Geschäftsführer der Projektgesellschaft DEGES. Zudem gebe es starke Sickerströme an Wasser aus den Böschungen. Beide Probleme seien durch die bereits 2006 erfolgten Planungen nicht vorhersehbar gewesen.
Das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr stimmte ein: Aufgrund in diesem Jahr aufgetretener Böschungsrutschungen auf über 7 Kilometern Länge war es jetzt erforderlich, die Terminplanung des Bauablaufes zu verändern.
Meldung Nummer 2: In Lohsa hat es bei Verdichtungsarbeiten am Bahndamm unmittelbar am Silbersee erneut Rutschungen gegeben. Auf meine Kleine Anfrage, Drucksache 5/8604, antwortete mir Minister Morlok, dass dies bereits die zweite große Rutschung in dem zu sanierenden Bahndammbereich sei und dass trotz dieser großen Rutschungen zwischen zwei großen Tagebaurestseen erwartet wird, dass der betroffene Bahndammabschnitt dauerhaft standsicher hergestellt werden kann.
Meldung Nummer 3: Am 05.04.2012 informierte der Geschäftsführer der LMBV, dass an einem ehemaligen Braunkohlentagebau in Sachsen und Brandenburg in der
Lausitz die Sperrbereiche in den vergangenen Monaten deutlich ausgeweitet worden sind. Auf eine weitere Kleine Anfrage, Drucksache 5/7791, vom Januar dieses Jahres wurde mir geantwortet, dass in Sachsen durch die LMBV auf der Basis des § 9 Sächsische Bergverordnung in der Lausitz 8 009 Hektar gesperrt waren. Das Sächsische Oberbergamt hat außerhalb der Bergaufsicht auf polizeirechtlicher Grundlage bis dato nochmals 5 887 Hektar gesperrt, davon 86 % im Lausitzer Braunkohlenrevier. Jetzt, also im April, sind nochmals 8 320 Hektar hinzugekommen. Das macht in Summe 22 216 Hektar. Ein Großteil der gesperrten Flächen soll über das Jahr 2017 hinaus für unbestimmte Zeit unzugänglich bleiben.
Alles bisher nur Sachschäden, im Straßenbau, im Bahnbereich, an Böschungen, Häusern, landwirtschaftlichen Nutzflächen – Gott sei Dank! Die großräumigen Sperrungen der LMBV in Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Oberbergamt zeigen jedoch, dass eine Gefahr für die Bevölkerung oder die Touristen nicht mehr ausgeschlossen werden kann.
Meine Damen und Herren, fällt Ihnen etwas auf? Mit Grabenberäumung und Kellerverfüllung ist es hier nicht getan. Was ist also zu tun? Manche Gemeinden wie Lohsa fordern mit der Stellungnahme zum Landesentwicklungsplan eindeutige Regelungen für die Behebung der mit dem Grundwasserwiederanstieg nach Beendigung des Bergbaus anstehenden Probleme.
Manche Gemeinden hatten und haben Glück. Sie waren nachweislich in ehemaligen Grundwasserabsenkungstrichtern des DDR-Braunkohlenbergbaus. In Hoyerswerda löste die LMBV das Problem mit sogenannten Horizontalfilterbrunnen. In Delitzsch wird in geraumer Zeit am Lober, einem kleinen Fluss am Stadtrand, gebaut. Es wird ausgebaggert, die Schlammschicht im Flussbett entfernt und durch Kies ersetzt. Rund 400 Gebäude könnten damit trockengelegt werden.
Aber was tun wir in den Gebieten, die nicht in die Zuständigkeit der LMBV fallen oder wo man nur über polizeirechtliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr mit dem Freistaat agieren kann? Anfang Februar wurde das fünfte Verwaltungsabkommen zur Braunkohlesanierung für die Jahre 2013 bis 2017 zwischen den Braunkohleländern und dem Bund auf Arbeitsebene verhandelt. Hier hätte mehr herausgeschlagen werden können, denn in den vergangenen vier Jahren hat der Freistaat Mittel in Höhe von 9 Millionen Euro jährlich in die Grundwassermaßnahmen gesteckt.
Offenbar reicht das nur, um die offensichtlichsten Probleme zu beheben. Noch fehlt die abschließende Unterschrift unter das Dokument vonseiten Sachsens. Sie könnten also noch handeln. Deshalb haben wir Ihnen vor Jahresfrist den Vorschlag unterbreitet, durch Bildung regionaler Arbeitsgruppen gemeinsam eine ganzheitliche Bestandsaufnahme und die Ableitung künftiger Handlungsschwerpunkte und -möglichkeiten auf den Weg zu bringen. Man hätte durchaus Wertungen nicht nur der Wasserstandsentwicklungs-, sondern auch der Wassergü
tedaten vornehmen können – darauf geht Ihr Bericht übrigens mit keiner Silbe ein – sowie über Standsicherheitsfragen und über Erfordernisse in den jeweiligen Regionen sprechen können.
Derzeit besteht zum Beispiel im gesamten mitteldeutschen Braunkohlerevier keine Bündelungsstruktur mehr, die in den Wasserbezirken den Sachverstand und die diesbezüglichen Zuständigkeiten effizient zusammenfassen kann. Früher bestehende Arbeitsgremien wie die Arbeitsgemeinschaft im mitteldeutschen Bergbau, der Koordinierungskreis Grundwasserwiederanstieg oder die Arbeitsgruppe §-3-Maßnahmen, also jene aus dem Verwaltungsabkommen, wurden unter der Annahme aufgelöst, dass die wasserspezifischen Problemfelder im Kontext zum Braunkohlebergbau weitgehend bewältigt seien. Das war ein Irrtum.
Es bleibt dabei: Die zur Verfügung stehenden Informationen über langfristig einzustellende Änderungen von Grundwasserflurabständen, insbesondere infolge anthropogener Eingriffe, sind regelmäßig nicht ausreichend, um in bestimmten Gebieten Bauentscheidungen auf einer soliden Grundlage fällen zu können. Der Rahmen des Möglichen und Zumutbaren bei individuellen Braugrunduntersuchungen – hier geht es um die Eigenvorsorge – wird regelmäßig überschritten, wenn es darum geht, die überirdische Veränderung von Grundwasserflurabständen in den kommenden Jahrzehnten abzuschätzen. Dies ist eine originär staatliche Aufgabe, die auch durch einzelne Gemeinden nicht gelöst werden kann.
Lassen Sie also diesen Bericht nachbessern und nehmen Sie als Koalitionsparteien endlich das Problem ernst. Dazu können Sie mit Zustimmung zu unserem Antrag beitragen.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das mit großem PR-Aufwand begleitete Debattenthema ist eine Mogelpackung gewesen.
Der Antragstitel suggeriert, dass die LINKEN mit der Behandlung des Antrages die Gefahren durch Grundwasseranstiege im Freistaat Sachsen abwenden können. Tatsächlich ist der Antrag aber nur eine Meckerliste gegenüber dem vom SMUL vorgelegten Bericht.
Beim Thema Grundwasseranstieg haben wir genau zu unterscheiden – auch das ist hier sehr vermischt worden – zwischen Grundwasseranstieg infolge oder nach dem Bergbau und allgemeinen niederschlagsbedingten oder jahreszeitzyklischen Grundwasserschwankungen, die zu
sehr unterschiedlichen Ständen auch über Jahre hinweg führen können. Das war schon immer so und das wird auch weiterhin so bleiben.
Sie trauen der Staatsregierung ja sehr viel zu, wenn Sie meinen, sie könnte auch noch das Wetter beeinflussen und damit die Niederschlagsmenge und alles, was damit im Zusammenhang steht.
Ich möchte erst einmal fortfahren. – Das Thema Grundwasseranstieg ist im Landtag in Form vieler Kleiner Anfragen sowie von Anträgen mehrfach aufgegriffen worden, zuletzt von der Fraktion DIE LINKE und auch von der CDU-Fraktion. Frau Pinka hat es selbst gesagt: Es ist ein sehr fachspezifisches Thema und eher für die Behandlung im zuständigen Fachausschuss geeignet. Dass dieses Thema jetzt noch einmal, nach dem wir es im Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft behandelt haben, ins Plenum kommt, wirft ein Schlaglicht auf die Intentionen der antragstellenden Fraktion: die Menschen zu verunsichern
Für die Mitglieder des Landtages, die nicht dem Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft angehören, sei folgende Information zur Vorgeschichte dieses Antrages gegeben.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Windisch, ich gehe davon aus, dass Sie den Bericht gelesen haben. Ist Ihnen aufgefallen, dass viele der Grundwassermessstellen, die im Land Sachsen existieren und nicht unbedingt ins Messnetz des Landes gehören, nicht ausgewertet wurden, unter anderem die Messstellen der LMBV, auf die auch das Land Zugriff gehabt hätte, und der Wismut? Ist Ihnen das aufgefallen?
Frau Pinka, genau darauf gehe ich dann in meinem Beitrag noch ein. Ich hätte doch lieber Nein sagen sollen, und Sie hätten gewartet, bis ich mit den Ausführungen so weit bin.
Also noch einmal: Nicht jeder begreift sozusagen die Zusammenhänge, um die es hier mit diesem Antrag geht – weniger fachlich, sondern formal.
DIE LINKE hatte ihren Antrag, Drucksache 5/5692, zum Thema „Umgang mit hohen Grundwasserständen: BürgerInnen und Unternehmen unterstützen“ – wie spricht man das große „I“ eigentlich aus? – in den Geschäftsgang des Landtages gegeben. Dazu fand im September eine Expertenanhörung statt. Auch die CDU- und die FDP-Fraktion haben das Thema mit einem Antrag, Drucksache 5/7636, aufgenommen unter dem Titel „Entwicklung, Ursachen und zukünftiger Umgang mit hohen Grundwasserständen in Sachsen“. Daraufhin hat DIE LINKE ihren Antrag gar nicht mehr zur Abstimmung gebracht, sondern unserem Antrag zugestimmt.