Die Mehrzahl der Bundesländer hat ein eigenes Heimgesetz. Wir in Sachsen wollen heute hier mit dem Gesetzentwurf der Koalition das Gesetz für den Freistaat Sachsen nun endlich auf den Weg bringen, und Sie waren es immer, die uns vorgeworfen haben: Wann kommt denn nun endlich Ihr Gesetz? Wann werden wir denn in Sachsen ein Gesetz haben? Ja, seit einem Jahr diskutieren wir darüber, und heute endlich wollen wir das Gesetz beschließen.
zur Regelung der Betreuungs- und Wohnqualität im Alter, bei Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Freistaat Sachsen, welches leider in der vergangenen Legislaturperiode auch an Ihrem Nicht-Wohlwollen gescheitert ist.
An mangelnder Qualität, wie Sie es ausdrücken. – Der damalige Gesetzentwurf hatte bereits gute Ansätze, um den Anforderungen der demografischen Entwicklung Rechnung zu tragen, um den sich ändernden Bedürfnissen der Pflegenden und deren Angehörigen gerecht zu werden. Dies wird mit dem heutigen Gesetz geschehen.
Im Vorfeld der Erstellung des Änderungsantrages gab es viele Diskussionen mit Verbänden, Einrichtungen und Heimbewohnern sowie mit dem Staatsministerium, und ich bin mit allen Beteiligten einig, dass wir dankbar sind, dass sie sich eingebracht haben. Ihre Anregungen wurden aufgenommen, ihre Fragen und Unsicherheiten wurden mit bedacht. So wurde beispielsweise die Zweckbestimmung des Gesetzes auf Anregung vieler Verbände erweitert und die Charta der Rechte der hilfe- und pflegebedürftigen Menschen deklaratorisch sowie die UNOBehindertenrechtskonvention als Grundlage in das Gesetz aufgenommen. Das war eine Forderung auch von Ihrer Seite. Weiterhin wird sich ausdrücklich für die gesellschaftliche Verantwortung für die Bewohner in den Einrichtungen und deren Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ausgesprochen.
Meine Damen und Herren! Ein weiteres wichtiges Merkmal des vorliegenden Gesetzentwurfes ist es, die Mitarbeiter von bürokratischen Aufgaben zu entlasten. Im Gesetzentwurf der Opposition ist dies gerade ein wichtiger Punkt, der viel Regelungsdichte aufweist. Ziel muss es jedoch für uns sein, dass die Mitarbeiter mehr Zeit haben, sich den Pflegenden zu widmen, und nicht den Tag damit verbringen müssen, Protokolle und Berichte auszufüllen.
Wir wollen mit unserem Gesetz neue Wege gehen und neue Pflege- und Betreuungsarrangements erlauben, wie sie für die zukünftig zu versorgende Klientel benötigt werden. Die meisten Personen, welche in zunehmendem Alter Unterstützung benötigen, wollen doch in der gewohnten Umgebung zu Hause bleiben. Das Betreute Wohnen ist hierfür ein weiteres wichtiges niedrigschwelliges Angebot, das wir in Sachsen vorhalten wollen.
Wenn ich in Sachsen unterwegs bin, wird mir wiederholt deutlich, dass dies die gelebte Realität ist. Hier müssen wir in Zukunft stärker auch mit der Wohnungswirtschaft dafür werben, dass solche Angebotsformen vor Ort verstärkt angeboten werden können, damit der Ansatz "ambulant vor stationär" noch stärker Beachtung findet.
Mit der Verabschiedung des Gesetzes wird heute die Grundlage dafür geschaffen. Ich bitte daher um Zustimmung.
Vielen Dank, Frau Dietzschold. – Ich frage die Fraktion DIE LINKE: Wird das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall. Für die SPD-Fraktion spricht Frau Abg. Kliese; Frau Neukirch hatte in ihrem Beitrag schon darauf hingewiesen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es nimmt wohl kaum wunder, dass wir unseren Gesetzentwurf, den wir heute aus Respekt vor der Haltung derer, die das hiesige Verfahren kritisieren, zurückziehen, dem Entwurf der Regierungsfraktionen vorziehen. Doch im Gegensatz zu dem hier im Haus üblichen Gebaren hat es keine politischen, sondern rein sachliche Gründe. Viele davon hat Dagmar Neukirch bereits ausgeführt.
Ich möchte Sie jetzt nicht mit Polemik oder Unmut meinerseits zu Ihrem unzulänglichen Gesetz konfrontieren,
sondern vielmehr diejenigen zu Wort kommen lassen, die in ihrer täglichen Arbeit mit den Ergebnissen Ihrer – teils unausgereiften – Überlegungen konfrontiert sein werden. Diese sehen den Entwurf so – ich zitiere –: "Der vorlie
gende Gesetzentwurf ist ein Rückschritt im Umgang mit neuen Wohn- und Betreuungsformen für Menschen mit Behinderung. Außerdem schränkt er die Wahlfreiheit derjenigen ein, die sich bewusst gegen eine stationäre Einrichtung entscheiden." Eine weitere Aussage: "Mit dem Entwurf zum BeWoG wird das Recht auf Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung eingeschränkt."
einerseits vom Paritätischen Wohlfahrtsverband des Freistaates und andererseits von der Lebenshilfe Sachsen, und ich denke, als politische Akteure sollten wir uns das einmal auf der Zunge zergehen lassen. Ich wiederhole also den Satz vor dem Hintergrund dessen, was bereits zu einer angeblichen Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung gesagt worden ist, die durch Ihren Entwurf erlangt wird.
Es kommt das Zitat der Lebenshilfe zum Tragen: "Mit dem Entwurf zum BeWoG wird das Recht auf Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung eingeschränkt."
An dieser Stelle, Herr Krauß, genügt es dann auch nicht, die UN-Konvention zu erwähnen. Sie müssen schon ausführen, wie Sie sie umsetzen wollen.
Das Tragische daran ist, dass Ihnen die einzelnen Kritikpunkte bekannt waren. Sie hatten Zeit und Gelegenheit, Änderungen vorzunehmen.
Bei Änderungen denke ich zum Beispiel an eine Klarstellung im § 2 Abs. 6, aus dem bisher nicht hervorgeht, ob bei der Rund-um-die-Uhr-Anwesenheit einer Fachkraft an eine Pflegefachkraft im Sinne des SGB IX oder vielleicht an eine Assistenz im Rahmen des persönlichen Budgets gedacht ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Kritik der Parität und der Lebenshilfe sind deutlich, und Sie sollten sie hören und aufnehmen, statt diejenigen Institutionen in unserem Land, die für den sozialen Zusammenhalt Expertise besitzen und einen Beitrag dazu leisten, gleichsam zu einsamen Rufern in der Wüste werden zu lassen. Mit Ihrem vorliegenden Gesetzentwurf haben Sie sich auf eine Zeitreise begeben, scheint mir, nämlich in die Zeit, zu der die UN-Konvention in unserem Land noch nicht geltendes Recht war.
Herr Krauß, Sie sagten vorhin, unser Entwurf – den wir heute überhaupt nicht besprechen – gehe an der Wirklichkeit vorbei. Aber ich würde sagen, Ihr Entwurf geht in dem Moment an der Wirklichkeit vorbei, in dem er eine Negierung der Realität ist, nämlich eine Negierung der Tatsache, dass die UN-Behindertenrechtskonvention
Zur Umsetzung der Konvention haben wir in diesem Hause schon viel gesprochen, und wir haben auch unzählige Male darauf hingewiesen, wie diese stattfinden sollte und wie rechtsverbindlich die Konvention für uns ist. Nun können Sie darauf spekulieren, dass wir das irgendwann lassen werden, um nicht redundant zu wirken. Aber ich verspreche Ihnen: Wenn es um die Umsetzung der Rechte für Menschen mit Behinderung geht, dann wiederhole ich mich hier so lange, bis ich verstanden werde.
Ich frage die FDPFraktion: Wird nochmals das Wort gewünscht? – Frau Schütz am Mikrofon 3 – eine Kurzintervention?
Ich möchte noch einmal kurz von der Redezeit Gebrauch machen, aber mich auch unmittelbar auf Frau Kliese beziehen; denn die Darstellungen, wie Sie sich hier ausgedrückt haben, sind in dieser Form einfach falsch, vor allem auch in der Frage, die Sie zum Schluss aufgeworfen haben, was den § 2 Abs. 6 mit der Anwesenheit einer Betreuungskraft während des gesamten Tages und der gesamten Nacht betrifft.
Diese Frage ist explizit im Sozialausschuss gestellt und beantwortet worden, auch in der Intention, wie Sie sie zum Ausdruck gebracht haben: dass es natürlich ein persönliches Budget der Bewohner gibt, dass es aber auch eine Auftraggebergemeinschaft gibt und man gemeinsam von der Möglichkeit Gebrauch machen kann – wie Sie es nennen –, eine Assistenzkraft während des Tages und der Nacht einzusetzen und man damit kein Heimrecht begründet.
Ich denke, wenn Sie sich austauschen, dann sollten Sie das umfassend tun oder auch die Möglichkeiten nutzen, die Protokolle der Anhörungen in Gänze zu lesen.
Frau Herrmann, wünschen Sie nochmals das Wort? – Meine Damen und Herren, gibt es aus den Fraktionen weitere Wortmeldungen? – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage die Staatsregierung. – Das Wort wird gewünscht. Frau Staatsministerin Clauß, Sie haben das Wort; bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Unser Gesetz zur Betreuungs- und Wohnqualität im Alter, bei Behinderung und Pflegebedürftigkeit wendet sich an diejenigen, die in stationären Einrichtungen leben und auf die Hilfe Dritter angewiesen sind. Die Sorge um diese Menschen steht im Mittelpunkt unseres Gesetzes.
Die Genese kennen Sie, wir haben sie auch schon gehört. Wir haben in Sachsen die Chance genutzt, ein modernes Gesetz zu formulieren, das der Vielfalt der Lebensformen im Alter und bei Behinderung gerecht wird. Wir alle kennen den Kreislauf unseres Lebens. Wir alle wissen, wo er beginnt und wo er schließt. Für viele Hochbetagte ist der Auszug aus den eigenen vier Wänden die Ultima Ratio. Vor allem demenzielle Erkrankungen sind vielfach die Ursache, warum ein Übertritt in eine stationäre Einrichtung unausweichlich wird. Aber gerade demenziell Erkrankte, die existenziell auf die Pflege durch Dritte angewiesen sind, brauchen unseren Schutz,