Es ist kaum zu fassen – das sage ich an der Stelle auch –: Ich habe heute früh auf der Herfahrt nach Dresden beim MDR Info die Position des hochverehrten Kollegen Herbst, Parlamentarischer Geschäftsführer der mitregierenden Fraktion der FDP, gehört, der auf die heute angekündigte Debatte sinngemäß erklärt hat, dass, wenn die amerikanische Fußballnationalmannschaft in Deutschland bzw. in Sachsen spielt, sich ebenso eine erhöhte Verkehrssicherheitslage ergebe, aber daraus doch nicht gleich resultiere, dass man auf dem Flughafen etwas zur Erhöhung der Sicherheit unternehme.
Wenn eine Nationalmannschaft kommt, erhöhen sich also auch die Sicherheitsrisiken. Demzufolge muss man das hier nicht anders handeln.
Die Vereinfachung des Problems oder das Wegreden der Brisanz des Problems, Herr Staatsminister, und wie ich meine wiederum nur die partielle Information des Parlaments über die tatsächliche Erkenntnislage im SMI halten wir für ausgesprochen schwierig. Wenn wir nicht mehr in der Lage sind, in Anhörungen im Ausschuss, in Debatten im Ausschuss letzten Endes wegen der Dimension der
notwendig gesehenen Befassung des Parlaments mit dieser Frage – Parlament ist auch dazu da, die Öffentlichkeit über politische Entscheidungsfragen dieser Art zu informieren – ehrliche und korrekte Antworten zu bekommen, wenn Widersprüche in Serie offen bleiben, zum Beispiel das Problem, dass der Innenminister dieses Freistaates nicht wissen soll, dass die Bundespolizei im Jahr 2011 auf dem mit Mehrheitsanteilen vom Freistaat Sachsen gehaltenen Flughafen ein gepanzertes Fahrzeug aufstellen will, –
onslage und Nichtwahrnehmung der Verantwortung oder ein tatsächliches Verschweigen der Wahrheit gegenüber diesem Parlament.
Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zur Abstimmung. Wer der Drucksache seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden. Der Tagesordnungspunkt ist damit beendet.
Auch hierzu können die Fraktionen wieder Stellung nehmen. Es beginnt die Fraktion der SPD. Danach folgen GRÜNE, CDU, DIE LINKE, FDP und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht. Ich erteile nun Frau Dr. Stange von der SPD-Fraktion das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle, die mit mir gerade draußen waren und die großen Sprünge gesehen haben, die von den Kindern gemacht worden sind, und die lauten Rufe der Erzieherinnen und Erzieher, um darauf aufmerksam zu machen, wie die Situation in den Kindertagesstätten aktuell aussieht, gehört haben, werden sicherlich ein beeindruckendes Bild zurückbehalten haben. Ich kann nur hoffen und wünschen, dass sich diese Bilder dieses Mal so weit eingeprägt haben, dass sie bis in die Haushaltsverhandlungen hinein tragen und wir tatsächlich etwas bewegen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Kindertagesstätten sind keine Parkhäuser, keine Parkhäuser für Kinder, die man dort abstellen kann, nicht zehn und auch nicht 20 in einer Gruppe, sondern sie sind die wichtigste Bildungseinrichtung im Leben eines Menschen. Der Schulausschuss hatte gerade die Gelegenheit, einen Ausflug nach Südtirol zu machen und sich dort anzusehen, wie seit einigen Jahren Grundschullehrerinnen und Erzieherinnen gemeinsam ausgebildet werden, jetzt auch in einem fünfjährigen Masterstudiengang, also auf einem hohen Niveau. Sie werden damit auch fit gemacht für die Kindertagesstätten, für die Kleinsten. Das ist eine Wertschätzung für die
Der Sächsische Bildungsplan, wie er hier vor einigen Jahren auf den Weg gebracht wurde – und das haben wir bereits in den vergangenen Jahren mehrfach betont –, ist eine gute Grundlage für unsere Kindertagesstätten, um inhaltlich qualitativ gute Bildungsarbeit zu leisten. Er hat nur ein kleines Manko, das wir schon mehrfach kritisiert haben: Er sollte endlich auch für die Kinder gelten, die in heilpädagogischen Gruppen oder in heilpädagogischen Einrichtungen sind. Ich hoffe, dass dieses Manko bei der Weiterentwicklung des Bildungsplanes endlich ausgeräumt wird, nachdem wir, glaube ich, alle darin klar sehen, dass die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bei den Kleinsten beginnen muss und deshalb dort gerade bei der Umsetzung des Bildungsplanes keine Spaltung vorgenommen werden sollte.
Prof. Carle vorgenommen und jüngst auch veröffentlicht wurde, hat gezeigt, dass der Bildungsplan zwar gut ist, es aber erhebliche Nachbesserungen gibt, um die Umsetzung auch tatsächlich in der Qualität vornehmen zu können, wie es im Bildungsplan verankert ist.
Unser Antrag bezieht sich deshalb nicht nur auf die Frage Änderung des Betreuungsschlüssels, sondern er greift ganz gezielt die Empfehlungen auf, die aus der Evaluierung des Bildungsplanes hervorgegangen sind und die der
Landesregierung, die uns letztlich mit auf den Weg gegeben worden sind, um diesen Ansatz umzusetzen.
Ich will deswegen ganz konkret zu einigen Punkten aus dem Antrag noch einmal etwas sagen, weil vielleicht darin auch ein paar Hinweise an die Koalition stecken, sich nicht nur daran festzubeißen, ob wir zukünftig in den Kindertagesstätten einen Schlüssel von 1 : 4, 1 : 10 und 1 : 16 haben, sondern dass es noch viele andere Baustellen gibt, die man schnell und zügig angehen könnte.
Natürlich geht es nicht ohne Geld und ohne zusätzliches Personal, die aber qualitativ von enormer Bedeutung sind. Ich will zuallererst die Senkung des Betreuungsschlüssels nennen, vor allen Dingen mit dem Ziel, Vor- und Nachbereitungszeiten, Fehlzeiten durch Krankheiten, Fortbildung, Urlaub endlich auszugleichen. Das heißt, den im Gesetz verankerten Betreuungsschlüssel von 1 : 13 auch in die Tat umzusetzen und nicht im tagtäglichen Umgang dann einen faktischen Schlüssel von 1 : 18 oder mehr im Bereich der Kindergärten zu haben. Das ist das Allererste: dass aus der Soll-Bestimmung eine Muss-Bestimmung wird, die einzuhalten ist, und dass dafür natürlich zusätzlich Personal notwendig ist, um Vor- und Nachbereitungszeiten auch umsetzen zu können.
Ein zweiter Punkt ist für uns – das kam in der Evaluierung sehr deutlich heraus –: Wir brauchen Zeit für das, was in den Weiterbildungen an Kompetenzen angeeignet wurde. Jeder, der schon einmal bei einer Weiterbildung war, weiß, dass man die nicht am nächsten Tag gleich in die Tat umsetzen kann und schon gar nicht, wenn es um Beziehungsarbeit in den Kindertagesstätten geht, dass dazu Zeit für die Implementierung und Umsetzung dieser Kompetenzen notwendig ist. Das heißt vor allen Dingen, Planungs- und Vorbereitungszeit, so, wie wir sie für die Schule nach wie vor für selbstverständlich ansehen, die sich in den Kindertagesstätten ausschließlich als Zeit am Kind – um es einmal so drastisch auszudrücken – dokumentiert. Wir brauchen mindestens fünf Stunden pro Woche, damit die Vorbereitungs-, Planungs- und Auswertungszeit in der Bildungsumsetzung auch tatsächlich ihre Früchte tragen kann.
Ein dritter Punkt, der uns sehr wichtig ist: Die Leitungen, die mittlerweile auch in den sächsischen Kindertagesstätten zunehmend eine akademische Ausbildung erhalten, also qualitativ auf die Umsetzung des Bildungsplanes vorbereitet werden, müssen auch tatsächlich die Zeit haben, um ihre Leitungsfunktion umzusetzen, um die Kindertagesstätten qualitativ nach vorn zu bringen, um Anleitung zu geben und dass auch kleine Kindertagesstätten in Abhängigkeit von der Größe überhaupt einen Leitungsanteil bekommen. Heute ist es in vielen Kindertagesstätten so, dass die Leitung zu 100 % bei den Kindern in der Gruppe tätig ist. Damit kann sie ihrer Verantwortung nicht gerecht werden.
Ein vierter Punkt, der relativ schnell umzusetzen ist – natürlich, er kostet Geld –, sind die Fachberaterkosten. Heute sind nicht ausreichend Fachberater im System tätig. Die Träger wollen das gern, müssen das aber auch in der
Kita-Pauschale angerechnet bekommen. Wir haben hierfür – auch den Empfehlungen folgend – 30 Euro in der Kita-Pauschale angesetzt. Das ist kein Beitrag, der den Freistaat in den Bankrott führen würde.
Lassen Sie mich einen fünften Punkt nennen. Das ist die Weiterentwicklung der Weiterbildungsangebote. Im noch gültigen Haushaltsplan hat es die Koalition leider fertiggebracht, die Weiterbildungsgelder für die Kindertagesstätten zu kürzen, weil man der Meinung war, jetzt wäre der Bildungsplan so weit in den Köpfen. Weit gefehlt! Das haben die Empfehlungen aus der Evaluierung noch einmal gezeigt. Wir brauchen hier eine kontinuierliche fachdidaktische, fachliche, entwicklungspsychologische und pädagogische Weiterbildung für die Erzieherinnen, und die muss finanziert werden. Sie fällt nicht vom Himmel und kann auch nicht von den schmalen Geldern der Erzieherinnen allein finanziert werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben im zweiten Punkt – und das bewusst davon getrennt, um es Ihnen ein bisschen leichter zu machen – gesagt, dass mit dem Haushaltsplan 2013/2014 die ersten Punkte umzusetzen sind und dann bis Ende 2013, also für den nächsten Haushaltsplan, ein Konzept vorzulegen ist, wie man den Betreuungsschlüssel endlich senken will.
Wir haben Ihnen diesen Vorschlag schon einmal unterbreitet. Sie brauchen das nur abzuschreiben und zu übernehmen. Hier ist also nicht viel Arbeit notwendig. Natürlich muss man sich Gedanken machen, dass das auch finanziert wird. Deswegen sprechen wir auch immer von einem Stufenplan. Aber er ist dringend notwendig. Wir können bei den Ein- bis Dreijährigen nicht mit acht oder zehn Kindern in den Krippen arbeiten. Das ist nicht machbar. Da können Sie keine Sprachförderung machen, da können Sie keine emotionalen Bindungen entwickeln usw. usf.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend möchte ich darauf verweisen – das können Sie auch im Antrag nachlesen –, dass wir den Bildungsplan fortschreiben müssen. Einen Punkt habe ich vorhin schon genannt. Wir müssen auch bei der Evaluierung zwei Bereiche einbeziehen, die bisher noch keine Rolle spielten. Auf einen habe ich das letzte Mal schon hingewiesen. Das ist der Bereich der Kindertagespflege, über den wir im letzten Plenum gesprochen haben. Er hat in der Evaluierung keine ausreichende Rolle gespielt. Und das ist der Bereich des Hortes, also der Ganztagsbetreuung, der bis jetzt nicht einbezogen ist, aber durch den Bildungsplan erfasst wird. Beide Bereiche müssen in der Evaluierung ergänzt werden. Auch das ist kein Teufelswerk.
Ich hoffe, dass unser Antrag so präsentiert wird, dass Sie die Möglichkeit haben, ihm zuzustimmen, weil er Ihnen einen Stufenplan vorgibt, der den Freistaat finanziell nicht überfordert, aber für die Forderungen, die wir gerade draußen noch einmal dokumentiert bekommen haben, einen wichtigen Schritt nach vorn bedeuten würde.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch in unserem Land wird schon lange eine Debatte über die zukünftige Ausgestaltung der Kindertagesstätten, der Kinderbetreuung und über die Professionalisierung der frühkindlichen Bildung geführt. Der Vorsatz lautet völlig richtig: Bildung und Erziehung in der frühen Kindheit sollen besser werden.
Doch das Frustrierende ist dabei – und ich denke, das ist heute bei der Demo auch zum Ausdruck gekommen –, dass sich die Praktiker gleichbleibenden Rahmenbedingungen bei höheren Anforderungen ausgesetzt sehen. Die steigende Zahl von Projekten und Programmen, die auf die Kitas einstürmen, sind dabei wenig hilfreich für die Verbesserung der pädagogischen Qualität, da bei den meisten Initiativen nur kurzfristig einzelne Aspekte des Kita-Alltags im Fokus stehen. Ich glaube, viel sinnvoller wäre es, zusätzliche Ressourcen für die systematische Weiterentwicklung der Kita-Betreuung im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes bereitzustellen.
Ich bin überzeugt, dass es weniger eines Methodenkoffers für naturwissenschaftliche Experimente bedarf als vielmehr Zeit für eine didaktische Weiterbildung, die auf alle Bildungsbereiche in der Kita übertragbar ist. Besonders relevant ist dies, wie ich finde, für den essenziellen Bereich der Sprachförderung. Nur wenn Erzieherinnen selbst über hervorragende Sprachkompetenzen verfügen und Expertinnen in der Sprachentwicklung sind und im Kita-Alltag auch Zeit und Raum für Gespräche mit Kindern haben, wird die Kita zu einem tatsächlichen Ort der Sprachförderung. Punktuelle Fördermaßnahmen
Auch in unserem Land wurde erkannt, dass es für eine qualifizierte frühpädagogische Arbeit an den Kitas eines verlässlichen und vollständigen konkreten Bildungsplans bedarf, der auch die Entwicklung bis zum Ende der Grundschulzeit einbezieht. Dieser Plan sollte nicht nur die Grundlagen der elementarpädagogischen Didaktik vermitteln, sondern auch Informationen darüber liefern, in welchen Grundkompetenzen ein Kind in welchem Alter gefördert werden sollte, wie diese Förderung erfolgen und welche Kompetenzstufen ein Kind in welchem Entwicklungsstadium erlangen kann, und vor allen Dingen auch, ab welcher Entwicklungsverzögerung ein Kind an weitere professionelle Helfer weitervermittelt werden muss.
Wir schließen uns daher dem Landesjugendhilfeausschuss in seiner Forderung an, dass die im Abschlussbericht der Evaluation enthaltenen Empfehlungen zur Weiterentwicklung unseres Sächsischen Bildungsplanes mit einem Expertengremium noch einmal beraten und dann umgesetzt werden.
Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, nimmt man den ganzheitlichen Ansatz ernst, dass auch die Umsetzung des Bildungsplanes in den Bereichen Kindertagespflege und Hort in vergleichbarer Art und Weise einer Evaluation unterzogen wird.
Es ist davon auszugehen, dass nicht zuletzt auch aufgrund des demografischen Wandels der Leistungsdruck auf Kinder in der frühen Kindheit ansteigen wird. Damit stehen die Kitas vor einer schwierigen Herausforderung. Sie sollen einerseits qualitativ hochwertige Bildungsorte sein und andererseits jedem einzelnen Kind in seinem eigenen Entwicklungstempo gerecht werden. Hinzu kommt – das belegen insbesondere die Untersuchungen in den Kitas und auch die Vorschuluntersuchungen –, dass die Arbeit in der Kita nicht mehr nur Bildung und Erziehung der Kinder beinhaltet, sondern immer mehr auch berücksichtigen muss, dass Kinder mit besonderen Bedürfnissen betreut werden, Kinder mit Migrationshintergrund oder Kinder mit sozialemotionalen Störungen oder gesundheitlichen Problemen. Das wird in Zukunft sicherlich einen größeren Raum einnehmen.
Dafür braucht es angemessene Rahmenbedingungen, das heißt ganz klar einen besseren Personalschlüssel. Meine Damen und Herren, die Rahmenbedingungen und die Anforderungen an eine individuelle Bildungsarbeit in den Kitas passen nicht zusammen. Diese Diskrepanz kann nur aufgelöst werden, wenn die für die Arbeit in den Kitas bereitgestellten Mittel erhöht werden, so schwierig sich das für uns auch darstellt, gerade auch im Zusammenhang mit dem Lehrermangel, wo wir auch viel Geld bewegen müssen.
Alle Projekte zur Qualitätsverbesserung in der frühkindlichen Bildung, aber auch der beste Bildungsplan bleiben Makulatur, wenn wir nicht mehr Geld in die Hand nehmen und den Betreuungsschlüssel verbessern. Die Qualität in der Bildung und Erziehung von Kindern in den Tageseinrichtungen bis 2020 hängt unmittelbar von den Ressourcen ab, die den pädagogischen Fachkräften in den Kindertageseinrichtungen der Zukunft zur Verfügung stehen. Den Widerspruch zwischen den steigenden Anforderungen und den mangelnden Umsetzungsmöglichkeiten müssen wir unbedingt auflösen. Das ist in unserer Verantwortung, und nur wir können sozusagen Anspruch und Wirklichkeit in den Kitas wieder zusammenbringen.