Protocol of the Session on May 10, 2012

Heute ist mir das klar. Ich meine, es ist nicht ganz ungeschickt gemacht. Sie haben heute sehr viele Demonstranten hier, die Sie erwarten, und haben für jeden etwas zusammengepackt, damit Sie möglichst viele ansprechen. Zumindest das haben Sie ganz gut gemacht.

(Eva Jähnigen, GRÜNE: Weil es um Bildung geht!)

Ja, gut, aber wissen Sie: Eigentlich sind diese Themen alle so wichtig, dass es sich gelohnt hätte, für jedes einen einzelnen Antrag zu stellen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Schauen wir uns diese Punkte einmal genauer an. Wir brauchen uns nicht darüber zu streiten: Bildung war, ist und bleibt in Sachsen ein überragendes Thema. Wir sind bei PISA ganz oben und wollen dort auch bleiben. Mir persönlich liegt sehr viel daran, und ich denke, die Koalitionsfraktionen und die Regierung – Frau Kurth, unser Finanzminister sowie Frau Prof. von Schorlemer – sind sich einig, dass wir unseren Bildungsstandort Sachsen für die Zukunft fit machen werden.

Sie fordern in Punkt 1 die Staatsregierung auf, die Studienanfängerzahlen nach der neuen Prognose zu korrigieren bzw. anzupassen. Diese Prognose der Kultusministerkonferenz gibt es seit dem 24. Januar 2012, und sie hat die neuen Erwartungen für Sachsen um 3 000 Studienanfänger nach oben korrigiert. Wir hatten in der Prognose für 2009 14 900 Studienanfänger, und in der Fortschreibung stehen 17 900, die wir 2020 zu erwarten haben, also 3 000 mehr. Aber unser Wissenschaftsministerium hat eigene Zahlen, die es zugrunde legt. Dort rechnet man mit 19 500 Studienanfängern im Jahr 2020. Das sind 1 600 mehr als in der Prognose, die Sie berücksichtigt haben wollen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte sehr, Herr Mann.

Sehr geehrte Frau Firmenich, ist Ihnen bekannt, dass in den ersten Vorstellungen und Konzepten des Staatsministeriums für Sachsen eine Studierendenzahl von 95 000 als Zielgröße zum Sächsischen Hochschulentwicklungsplan angegeben war, und ist Ihnen auch bewusst, dass die Zahlen, die bei der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz des Bundes in Frühjahr vorgelegt wurden, schon viel früher über Einschreibezahlen feststellbar waren und dass dies zum dritten Mal in Folge Rekordzahlen bei den Einschreibezahlen in Sachsen waren?

Wir freuen uns über alle, die zu uns kommen und in Sachsen studieren wollen. Das ist im Übrigen auch ein Ausweis für die Qualität unserer Hochschulen, und ich denke, dass sowohl das Wissenschaftsministerium als auch das Finanzministerium einen Blick darauf haben und merken, wenn Anpassungen notwendig sind, und diese auch vornehmen.

Ich würde mich freuen, wenn das der gemeinsame Blick auf diese Zahlen wäre.

Wir haben die Schulzeitverkürzung in einzelnen Bundesländern, die Wehrpflicht ist weggefallen, und wir haben – auch aufgrund dieser Tatsachen – überdurchschnittlich viele Studierende in Sachsen. Es gibt auch Veränderungen des Studierverhaltens. Es entscheiden sich mehr Abiturienten, nach dem

Abitur an die Hochschule zu gehen. Das halte ich für sehr gut. Unsere Hochschulen stehen dementsprechend vor großen Herausforderungen. Das muss abgesichert werden, vor allem mit Personal. Für diesen Mehrbedarf gibt es Mittel aus dem Hochschulpakt, und ich denke, dass wir damit viel helfen können, soweit diese uneingeschränkt an die Hochschulen durchgereicht werden.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Zusätzlich wird es ab dem kommenden Wintersemester 2013/2014 ein mehrjähriges Maßnahmenpaket geben, mit dem insbesondere befristete Stellen für den akademischen Mittelbau geschaffen werden sollen. Diese werden aus dem Bundesprogramm "Qualitätspakt Lehre" finanziert. Die Befristung war ebenfalls etwas, was Ihnen eigentlich nicht recht war, aber sie ist notwendig, da Prognosen wenig belastbar sind, damit die Hochschulen Flexibilität besitzen, und jemand, der eine Stelle im Mittelbau hat, nutzt diese auch für seine Karriere, auf diesem Weg weiterzugehen. Ich denke, das ist eine gute Lösung.

(Beifall der Abg. Geert Mackenroth und Aline Fiedler, CDU)

Notfalls gilt, die Hochschulen müssen auch schauen, wo sie noch eigene Ressourcen haben und wo man vielleicht noch effizienter arbeiten sowie kooperieren kann. Gegebenenfalls – ich will es nicht hoffen – muss man über Zulassungsbeschränkungen in überlasteten Studiengängen nachdenken, nicht, um die jungen Leute dort auszugrenzen, sondern um die Qualität der Lehre zu sichern.

Für die Lehrerausbildung gilt – das möchte ich betonen –, dass in allen Bereichen, die für die Lehrerausbildung wichtig sind, kein Stellenabbau vorgenommen werden wird. Darin sind wir uns mit dem Staatsministerium einig. Wie das konkret für jede einzelne Hochschule aussehen wird, darüber verhandeln die Hochschulen zurzeit mit dem SMWK. Es geht dabei um die Ausgestaltung der Zielvereinbarungen. Diese sollen bis zum Jahresende fertig sein, und ich denke, eines sollte Sie ebenfalls noch beruhigen: Wir haben uns darauf verständigt und das Kabinett hat es beschlossen, dass im Jahr 2015 eine Evaluierung vorgenommen wird und dann die Studierendenzahlen an die bis dahin herrschenden Bedingungen angepasst werden. Frau von Schorlemer, ich weiß, dass Sie sich mit Vehemenz dafür einsetzen, dass der Hochschulpakt über das Jahr 2015 hinaus verlängert wird und das Kooperationsverbot zwischen Wissenschaft und Lehre gelockert wird und wir dort helfen können, dass unsere jungen Leute eine sehr gute Ausbildung in Sachsen bekommen.

Nun möchte ich einen Blick auf den zweiten Punkt werfen, den Sie in Ihrem Antrag formuliert haben. Dieser widmet sich dem Lehramtsstudium. Sie wollen wissen, welche konkreten Kapazitäten an den Unis in Dresden und Leipzig geschaffen werden müssen, um das Ziel, 1 700 Studienanfänger im Lehramt zu erreichen, qualitativ abzusichern.

Die Problematik der Studierendenzahlen im Lehramtsstudium zeigt bei denen, die im System sind, erhebliche Verwerfungen. Frau Dr. Stange, ich kann es Ihnen nicht ersparen, aber die Ursache liegt auch ein wenig darin, dass in der Vergangenheit durch die polyvalente BachelorAusbildung keine Steuerung vorgenommen worden ist.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Das ist vollkommener Blödsinn!)

Doch, doch! Alle mussten durch diesen polyvalenten Bachelor durch, und Menschen entscheiden sich dann so, wie es ihnen nützt und gefällt, und die meisten haben auf

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Das ist drei Jahre her!)

gymnasiales Lehramt studiert und nicht auf Grund-, Mittel- oder Förderschullehramt. Es hat niemand gesteuert, auch nicht nach Fächern, und diese Schieflage müssen wir im Moment ein Stück weit wieder ausgleichen.

(Christian Piwarz, CDU: Frau Stange ist nie schuld gewesen!)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Frau Dr. Stange, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Firmenich, ist Ihnen bekannt, dass die meisten jungen Leute, wenn sie mit dem Studium beginnen, schon sehr genau wissen, welche Schulart sie studieren wollen, und dass die Umstellung auf den polyvalenten Bachelor genau dafür sorgen sollte, dass sie ihre Entscheidung möglichst arbeitsmarktnah treffen?

Ist Ihnen klar, dass es klug gewesen wäre, gerade im Bereich Gymnasium und Mittelschule die polyvalente Bachelor-Ausbildung aufrechtzuerhalten, während wir jetzt Gymnasiallehrer an den Mittelschulen einsetzen?

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Ich denke, ein Gymnasiallehrer kann auch an der Mittelschule unterrichten. Das Problem, das ich sehe, schlägt sich in den Grundschulen nieder, weil das Niveau dieses polyvalenten Bachelors so angesetzt war, dass es für das Gymnasialschulamt ausreichend ist. Das haben viele nicht geschafft bzw. sie sind abgeschreckt worden. Schauen Sie sich doch die Zahlen an. Sie haben eine ganze Reihe Kleiner Anfragen gestellt. Sie wissen doch alle, wie das aussieht. Sie wissen, dass uns dort die Studenten in den Bereichen Grundschullehramt, Förderschullehramt und auch Mittelschule fehlen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

Es hat auch niemand dafür geworben. Wir werden das jetzt besser machen. Es ist nämlich nicht einfach, 1 700 junge Menschen für den Lehrerberuf zu begeistern. Wie gesagt, wir müssen sie in die Schularten lenken, in denen wir sie brauchen. Noch wichtiger ist, dass wir auch die benötigten Fächerkombinationen bekommen.

Wenn wir auf die Menge schauen, so stellen wir fest, dass wir jedes Jahr etwa 425 Studienanfänger für die Schularten Grundschule, Mittelschule und Gymnasium, 221 für die Förderschule und 204 für die Berufsschulen brauchen. Darüber, an welchen Universitäten in welchen Fächern wie viele ausgebildet werden und welche Ressourcen wir dafür benötigen, laufen ebenfalls zurzeit Gespräche zwischen dem SMWK und den beiden Lehrer ausbildenden Universitäten. Im Ergebnis dieser Gespräche wird es Sonderzielvereinbarungen speziell zur Lehrerausbildung geben.

Zur Ausbildung von Grundschullehrern wird an der TU Chemnitz zum Wintersemester 2014 ein Ausbildungsgang starten. Ich denke, das ist ein sehr anspruchsvolles Ziel, aber ich halte diese Entscheidung für wichtig und für richtig; denn aus vielen Gesprächen mit jungen Frauen weiß ich, dass für sie die Heimatnähe der Ausbildungseinrichtung manchmal der entscheidende Faktor ist, und zwar nicht nur beim Studium, sondern auch für das Referendariat nach Abschluss des Ersten Staatsexamens.

Es wird nicht einfach werden. Wir befinden uns ja auch im Wettbewerb mit allen anderen Branchen, die um junge Fachkräfte werben. Deshalb müssen wir aktiv für den Lehrerberuf werben. Wir brauchen also eine spezielle Werbekampagne. Die Kampagne „Pack dein Studium!“ war ja sehr erfolgreich. Ich meine, das braucht man nicht neu zu erfinden. Da kann man sicherlich auch für das Lehramtsstudium etwas daraus machen.

Ich schaue aber auch in andere Richtungen. Wir haben zum Beispiel junge Leute, die Sozialpädagogik oder Psychologie studieren wollen, aber keinen Studienplatz bekommen, weil dort viel zu viele Bewerber vorhanden sind. Das sind artverwandte Berufe. Es lohnt sich wirklich, mit diesen jungen Leuten zu sprechen und zu versuchen, sie in ein Lehramtsstudium umzulenken, damit wir dort wirklich die 1 700 Studienanfänger erreichen.

Darüber hinaus brauchen wir Seiteneinsteigerprogramme. Es werden keine großen Massen sein, die wir auf diesem Wege qualifizieren können. Aber es gibt eine ganze Reihe von artverwandten Studien bzw. artverwandten Berufen, wo man mit einem Zusatzstudium Lehrer qualifizieren kann. Ich kann mir das gut vorstellen für Studierende oder Absolventen in den Bereichen Sozialpädagogik und Psychologie oder auch beim Sport, bei den Sprachen, bei den Naturwissenschaften, bei der Informatik oder für Praktiker in den einschlägigen fachspezifischen Berufen, sofern es sich um Lehrer für Berufsschulen handelt. Ich weiß auch, dass die Universitäten an solchen Seiteneinsteigerprogrammen arbeiten.

Ich denke, bei der Lehrerausbildung sind die Weichen in die richtige Richtung gestellt. Maßgeblich für den Erfolg

unserer gesamten Bemühungen ist, was am Ende herauskommt, wie viele also ihr Studium erfolgreich abschließen. Derzeit liegt die Quote bei 67 %. Wir müssen erreichen, dass 85 % der Studierenden ihren Abschluss schaffen, dass sie hinterher auch ins Referendariat gehen können, dass sie einen Referendariatsplatz bekommen und dass wir dann möglichst viele in unseren Schulen in Sachsen einsetzen können.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Hochschulpaket sieht dazu die notwendigen Mittel sowohl für Personal als auch für notwendige Investitionen vor. Darüber hinaus wird sich Sachsen an der BundLänder-Initiative für Exzellenz in der Lehrerausbildung beteiligen. Ich bin sicher, dass es in unseren Universitäten damit einen Zuwachs an Qualität geben wird.

Nun möchte ich noch einen Blick auf den dritten Punkt Ihres Antrages werfen, in dem es darum geht, dass die Staatsregierung Vorschläge für die Mittelbereitstellung machen soll. Ich sage Ihnen nichts Neues und wiederhole es noch einmal: Wir haben einen gültigen Haushaltsplan. Zusätzlich dazu hat das Kabinett im Dezember das Bildungspaket mit dem Umfang von 250 Millionen Euro beschlossen. Sie kennen es. Darin sind die Mehrbedarfe für die Lehramtsausbildung eingepreist. Zur Absicherung des Schuljahresbeginns wird es zusätzlich 23,5 Millionen Euro geben, um neue Lehrer einzustellen.

Was das Jahr 2013 und die Folgejahre angeht, so wissen Sie, ich und wir alle sehr genau, dass es für die Haushaltsaufstellung ein geordnetes Verfahren gibt. Gegenwärtig werden Gespräche zwischen den Fachministern und dem Finanzminister geführt. Ich gehe davon aus, dass die im Bildungspaket verankerten Ziele finanziell untersetzt werden.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Bitte, Frau Dr. Stange.

Frau Firmenich, Sie haben gerade die 250 Millionen Euro aus dem Bildungspaket genannt. Sie sind bisher noch nicht untersetzt worden. Ich frage deshalb nur konkret nach den 23,5 Millionen Euro, die bei der Nachbesserung des Bildungspakets gekommen sind: Aus welchem Haushaltstitel und aus welchem Haushalt kommen diese 23,5 Millionen Euro?