Mir ist klar: So etwas entsteht nicht von heute auf morgen. Eine sogenannte Mitmachkultur muss sich entwickeln, aber wir sind hier auf einem sehr guten Weg. Dabei wird das Internet immer wichtiger. Auch darauf müssen sich die Verantwortlichen in den Städten und Gemeinden einrichten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme abschließend zu unserer Förderstrategie. In den letzten Jahren war die Förderpolitik von Land, Bund und EU ein entscheidender Impulsgeber für die Entwicklung unserer Städte und Gemeinden. Daran wird sich auch künftig nichts ändern. Wir werden nur dann bewahren, erneuern und gestalten können, wenn auch der finanzielle Rahmen stimmt. Perspektivisch werden die dafür zur Verfügung stehenden Mittel wegen der allgemeinen finanziellen Entwicklung weniger. Der demografische Wandel hat Auswirkungen auf den Landeshaushalt. Wenn es in Sachsen immer weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter gibt, hat das durchaus Folgen. Bis obenhin gefüllte Fördertöpfe wird es deswegen nicht mehr geben. Daraus
folgt: Wenn es weniger zu verteilen gibt, muss das, was verteilt werden kann, noch effizienter eingesetzt werden.
Für den Freistaat bedeutet das: Unsere Förderpolitik orientiert sich noch enger an den genannten Schwerpunkten; denn dort, wo Mittel fließen, müssen sie den größtmöglichen städtebaulichen Effekt erzielen.
In der Städtebauförderung werden künftig vorrangig die Städte gefördert, deren Stadtentwicklungskonzepte die Aspekte Demografie, Klimaschutz und Energieeffizienz berücksichtigen. Ebenso wichtig ist ein integrierter Ansatz. Außerdem werden die Städte und Gemeinden besonders berücksichtigt, die stark vom demografischen Wandel betroffen sind.
Neben der Städtebauförderung bleibt auch die Wohnraumförderung wichtig. Die Schwerpunkte sind dieselben. Im Freistaat gibt es im Bereich Wohnraumförderung drei Förderrichtlinien, die wir stetig weiterentwickeln. Mit der Richtlinie Mehrgenerationenwohnen fördern wir Wohnraum, der sowohl älteren Menschen als auch Familien zugutekommt. Barrierefreiheit ist nicht nur für ältere Menschen wichtig, sondern sie nützt auch Eltern. Sie wissen: Dort, wo ein Rollator durchpasst, passt eben auch ein Kinderwagen durch.
Derzeit justieren wir die Richtlinie zugunsten der Innenstadtentwicklung neu. Wir tragen damit den höheren Sanierungskosten in den Innenstädten Rechnung. Künftig ist die Zuwendungshöhe abhängig vom Alter des Objekts. Darüber hinaus sollen auch Neubauten gefördert werden, wenn sie städtebaulich sinnvoll sind, wie zum Beispiel beim Lückenschluss. Diese Änderungen sollen spätestens zu Beginn des kommenden Jahres in Kraft treten.
Mit der Richtlinie Wohneigentum fördern wir Privatleute, die ein solches Wohneigentum in den Innenstädten oder zukunftsfähigen Stadtteilen erwerben oder neu errichten wollen. Dabei geht Wohnraumförderung mit den Zielen der Städtebauförderung Hand in Hand.
Mit der Richtlinie Energetische Sanierung fördern wir Klimaschutz und Energieeffizienz. In den vergangenen Jahren wurden insgesamt 100 Millionen Euro für die energetische Sanierung von Wohngebäuden bewilligt.
Die Nachfrage ist in diesem Jahr so groß wie nie zuvor. Das Volumen der bisher eingereichten Anträge liegt bereits über den verfügbaren 60 Millionen Euro. Darauf haben wir reagiert und entsprechend der Nachfrage umgeschichtet. Damit stehen für das Programm Energetische Sanierung in diesem Jahr 28,7 Millionen Euro zur Verfügung, für das Programm Wohneigentum 23,7 Millionen Euro. Ursprünglich waren das für beide Programme jeweils 20 Millionen Euro. Das ist eine sehr vernünftige
Lösung. Anstatt in einem Teilbereich, dem Programm Mehrgenerationenwohnen, das Geld ungenutzt zu lassen, wird es sinnvoll für die beiden anderen Programme eingesetzt.
Trotz dieser Umverteilung kann der Bedarf aber leider bei Weitem nicht gedeckt werden. Für die Anträge, die erst jetzt gestellt werden, stehen in diesem Jahr voraussichtlich keine Mittel mehr zur Verfügung.
Für die Programme der Wohnraumförderung gibt es seit 2009 einen Fonds. Wir haben damit eine weit über das Jahr 2019 hinaus tragfähige Finanzierungsgrundlage
geschaffen. Bedingung ist allerdings: Wir müssen den Fonds in den nächsten Jahren weiter aus den Zuflüssen der Kompensationsmittel speisen. Außerdem müssen die daraus finanzierten Darlehen mit Zins und Tilgung zurückfließen. Wir sind dabei sehr weit. Andere Länder machen uns das derzeit nach.
Meine Damen und Herren! Die Städtebau- und Wohnraumförderung durch den Freistaat ist das eine, aber ohne die finanzielle Unterstützung von Bund und EU ist eine erfolgreiche Stadtentwicklung in Sachsen nicht möglich. Deshalb setze ich mich bei den Verhandlungen gegenüber dem Bundesbauminister Dr. Ramsauer beständig dafür ein, dass die Fördermittel des Bundes nicht gesenkt werden,
zumal wir gerade in den letzten Jahren schmerzhafte Einschnitte hinnehmen mussten. Die Strategie, dass erst die Summe deutlich gekürzt wird und dann eine leichte Anhebung als Erfolg gefeiert wird, kann für die Zukunft nicht als tragfähig gelten, und das werden wir auch nicht mitmachen.
Wir erwarten darüber hinaus, dass der Bund seine verschiedenen Programme qualitativ weiterentwickelt.
Außerdem brauchen wir verlässliche Aussagen zur Laufzeit einzelner Programme, darauf sind unsere Städte und Gemeinden angewiesen. Bei der Wohnraumförderung ist es unbedingt erforderlich, dass diese Kompensationsmittel auch für die Jahre 2014 bis 2019 weiterhin zur Verfügung stehen. Die Mittel bilden, wie ich gerade ausgeführt habe, die wichtigste Fördergrundlage.
Ein weiteres zentrales Anliegen ist die Anschlussregelung an die bisherige Altschuldenhilfe für die Wohnungswirtschaft. Sie läuft bekanntermaßen im Jahr 2013 aus. Seit Sommer des vergangenen Jahres arbeiten die ostdeutschen Länder in enger Abstimmung mit den wohnungswirtschaftlichen Verbänden an dieser Frage. Die Wohnungsunternehmen wollen sich auch künftig aktiv am Stadtumbau beteiligen und benötigen hierfür politische, aber logischerweise auch wirtschaftliche Unterstützung. Ich bin mir daher mit meinen ostdeutschen Kollegen sowie den Verbänden der Wohnungswirtschaft einig: Wir
Der Freistaat hat dabei eine Handlungsoption. Beispielsweise könnte allen Eigentümern in den Programmen der Wohnraumförderung ein Vorrang eingeräumt werden, wenn sie in zukunftsfähige Quartiere investieren und sich am Bau beteiligen. Ich bin dankbar, dass sich die MPK Ost auf Initiative unseres Ministerpräsidenten im April darauf verständigt hat, dass es eine Nachfolgeregelung geben muss. Wir erwarten, dass die Bundesregierung die Mittel für die Städtebauförderung in den kommenden Jahren nachhaltig erhöht, gerade auch mit dem Blick auf die auslaufende Altschuldenhilferegelung. Ich gebe mich allerdings keinen Illusionen hin, Herr Ministerpräsident. Es wird noch einige Kraft kosten, bis wir bei den Verhandlungen mit dem Bund zu einem befriedigenden Ergebnis kommen.
Auch die Strukturfondsförderung der Europäischen Union ist ein wichtiges Instrument in der sächsischen Stadtentwicklung. Seit 1994 sind insgesamt 383 Millionen Euro aus diesem Fonds in unsere sächsischen Städte und Gemeinden geflossen. Im Vordergrund stand stets die integrierte und sektorenübergreifende Betrachtung. Für die nächste Wahlperiode ab 2014 beabsichtigt die Europäische Kommission, das sächsische Budget um ein Drittel zu kürzen. Die sächsischen Städte brauchen aber weiterhin eine angemessene Unterstützung der EU, deshalb ist es derzeit ein Anliegen aller Mitglieder der Staatsregierung, an diesem Themenfeld zu arbeiten, um dort noch entsprechende Verbesserungen zu erreichen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Stadtentwicklung bleibt im Freistaat Sachsen auch für die nächsten zehn Jahre eine zentrale Aufgabe. Ich habe Ihnen dargestellt, was wir in über 20 Jahren Stadtentwicklung schon erreicht haben und welchen Anspruch wir für die nächsten zehn Jahre haben. Unsere Städte und Gemeinden sollen lebens- und liebenswert bleiben. Das ist eine Daueraufgabe. Der Freistaat will den Rahmen dafür setzen, dass sich die Städte und Gemeinden eigenverantwortlich entwickeln können. Dafür haben wir eine Strategie und eine Vision. Diese Strategie muss mit Leben erfüllt werden, sie muss umgesetzt werden. Stadtentwicklung in Sachsen ist bisher eine gemeinsame Erfolgsgeschichte, und ich bin überzeugt davon, dass wir diese Erfolgsgeschichte weiterschreiben werden.
(Heiterkeit bei der SPD und den GRÜNEN – Jürgen Gansel, NPD:... und denken an die blühenden Landschaften!)
Vergleichen Sie die den Zustand der Städte unmittelbar nach der Wende mit dem heutigen, und nun stellen Sie
sich bitte vor, wie sie aussehen werden, wenn wir weiter so zusammenarbeiten wie in den letzten 20 Jahren.
Ein Appell von mir zum Schluss: Stadtentwicklung, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Die Staatsregierung kann – und sie muss – Leitlinien formulieren. Es ist aber die Aufgabe der Verantwortlichen in den Städten und Gemeinden, der Akteure der Wohnungswirtschaft, der Eigentümer und Investoren und nicht zuletzt der Bürgerinnen und Bürger, die Entwicklung ihrer Heimat selbst zu gestalten. Deshalb möchte ich sagen: Packen wir es gemeinsam an!
Ich danke dem Herrn Staatsminister. – Wir kommen nun zur Aussprache über diese Fachregierungserklärung. Zunächst die Redezeiten: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 24 Minuten, SPD 14 Minuten, FDP 14 Minuten, GRÜNE 12 Minuten und NPD 12 Minuten. Die Reihenfolge in der ersten Runde: DIE LINKE, CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Zunächst ergreift die Fraktion DIE LINKE das Wort und es spricht Herr Kollege Stange.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche, etwas kurzweiliger zu sein, damit die Augen wieder aufgehen und wir uns gemeinsam diesem Thema widmen können.
Die Entwicklung unserer Städte und Gemeinden, die Gestaltung der Wohnquartiere und der Wohnqualität ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung in einer Region, die insgesamt, wenn auch mit Differenzierungen, schrumpft und in der sich eine zunehmende Einkommensdifferenzierung der Mietbevölkerung vollzieht, die die Leistungsfähigkeit der Mieterinnen und Mieter auf Dauer beeinträchtigt. Für diesen Prozess gibt es kein Vorbild, und der Stadtumbau Ost – ja, Herr Staatsminister, ich gebe Ihnen recht – ist tatsächlich eine Erfolgsgeschichte.
Allerdings habe ich in der soeben gehaltenen Fachregierungserklärung eine Reihe von Mängeln festgestellt, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.
Mangel Nummer eins: Sehr geehrter Herr Staatsminister, bei 31 Seiten Fachregierungserklärung kommen Sie auf gut 25 Seiten Zustandsbeschreibung und sage und schreibe gerade einmal fünf Seiten Aufgabenerfassung. Zudem ist ein Großteil der Aufgaben nicht neu, sondern Sie beschreiben einen sich dauerhaft gestaltenden Prozess bzw. auch unerledigte Aufgaben. In der Gewichtung diese Regierungserklärung stimmt insgesamt etwas nicht – von
der Untergewichtung der Aufgabenbeschreibung über die unzulängliche Betrachtung der sozialen Dimension der Aufgabenstellungen bis hin zur schier mangelhaften Betrachtung des eigenen Wissensbeitrages bei dieser Aufgabenstellung.
Auch wenn dabei viel vom Freistaat und seiner Leistung die Rede war, bleibt regelrecht im Dunkeln, wie viel Sie, sehr geehrter Herr Staatsmister Ulbig, als Freistaat denn selbst leisten wollen. Zwischen den Beteiligten bei Investitionsvorhaben im Stadtumbau und bei der Gestaltung von Wohnquartieren zu vermitteln, halte ich für eine Staatsregierung für herzlich wenig. Aber der Reihe nach.
Ihre Feststellung, Herr Ulbig, dass nur eine Stadt im Wandel auch eine lebendige Stadt ist, ist richtig. Dass Sie diesen Gedanken dem Titel des am 6. Juni 2012 in Berlin auf Einladung des Bundesbauministeriums stattfindenden Stadtumbaukongresses entlehnt haben, ist kaum der Rede wert. Allerdings geht es dabei schon um eine weitere Perspektive: "Zehn Jahre Stadtumbau – Stadtentwicklung im Wandel", so heißt der Titel korrekterweise.
Ich werde jedenfalls an diesem Kongress teilnehmen und hoffe, Sie werden ebenfalls teilnehmen und sich nochmals Impulse für Ihre Arbeit holen. Anzuraten wäre Ihnen allerdings, diese Rede dort nicht zu halten. Mag sie für die sie tragenden Kolleginnen und Kollegen – meist schlichten Gemüts in diesem Hohen Hause – noch zu Beifallsstürmen bei Allgemeinplätzen und Jubelverständigung gereichen, wäre sie dort, wo Profis des Stadtumbaus und der konkreten Gestaltung der Stadtumbauprozesse vor Ort zugegen sein werden, eher eine peinliche Nummer.