Protocol of the Session on April 4, 2012

Gern.

Herr Heidan, bitte.

Vielen Dank. – Frau Dr. Pinka, meine Frage: Woran ist das Wirtschaftssystem der ehemaligen DDR gescheitert?

(Zurufe von den LINKEN: Nein! – Johannes Lichdi, GRÜNE: Nein!)

Wenn Sie weiterhin eine Subventionierung der Solarwirtschaft fordern, dann spricht das Bände.

(Unruhe – Zuruf von den LINKEN: Da hat doch die Sonne nie geschienen! Es war doch immer dunkel, Herr Heidan!)

Lassen Sie mich bitte ausreden! Das gehört zum guten Ton, wenn ich hier eine Frage stelle, denke ich.

Darf ich antworten?

Gut. – Ich sehe das etwas anders als Sie. Ich würde das Wort „Subventionen“ für die Solarwirtschaft nicht in den Mund nehmen. Ebenso wenig möchte ich die Unterstützung der Agrarindustrie mit Mitteln der Europäischen Union als „Subvention“ bezeichnen. – Danke.

Unser Antrag zielt nicht nur auf energiepolitische Aspekte. Er fordert die beiden Vertreter im Bundesrat vielmehr dazu auf, gegen die Kürzung der Einspeisevergütung generell Einspruch zu erheben. Reduzierungen wurden immer auch von den Vertretern der erneuerbaren Energien mitgetragen, wenn auch in den zugesagten Fristen und im Vertrauen auf Verlässlichkeit und Planungssicherheit.

Wir setzen auch auf Verbesserungen im Gesetz, um dem Absatz einheimischer Produkte eine reale Chance zu geben. Gelingt dies nicht, besteht auch für die sächsischen Fotovoltaikproduzenten eine hohe Insolvenzgefahr. Im letzten Jahr sind bereits große Unternehmen wie Solon oder Solar Millenium Pleite gegangen und gestern eben Q-Cells. Sunways rettete sich Anfang des Jahres in die Arme des chinesischen Herstellers LDK Solar.

Die bisherigen Einspeiseregelungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz – meines Erachtens eines der besten Instrumente zur Markteinführung erneuerbarer Energien – haben zur Etablierung einer Wertschöpfungskette in der Solarindustrie geführt und die Schaffung von Tausenden von Arbeitsplätzen ermöglicht. In Sachsen waren im Bereich der Solarwirtschaft im Jahr 2010 6 500 Beschäftigte und im Jahr 2011 6 800 Beschäftigte angestellt. Der Umsatz in der Solarwirtschaft in Sachsen stieg von 2,7 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf 2,85 Milliarden Euro im Jahr 2011. In Freiberg arbeiten allein 1 800 Beschäftigte beim Unternehmen Deutsche Solar.

Die Kürzungspläne blockieren nicht nur den Umbau des Energiesystems hin zu dezentralen Strukturen auf Basis erneuerbarer Energien einschließlich der Solarenergie, sondern gefährden auch sinnlos und ohne Not diese Arbeitsplätze in Sachsen.

Was schlagen wir Ihnen für die Diskussion im Bundesrat vor? – Erstens. Bringen Sie schnellstmöglich die Umsetzung einer Local-Content-Regelung auf den Weg und verteidigen Sie diese sinnvolle Regelung! Dem Wettbewerb mit asiatischen Billigherstellern kann nur begegnet werden, indem wie in Italien und aktuell in Frankreich eine 10-%-Bonusregelung für Anlagen eingeführt wird,

bei denen ein Mindestanteil der Wertschöpfung in Europa stattfindet. Dies kann man politisch damit begründen, dass die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz von allen deutschen Stromverbrauchern gezahlt wird.

Die Auswertung der Warenstatistik im Außenhandel des ersten Halbjahres 2011 zeigte, dass die asiatischen Wettbewerber ihre Vorrangstellung in Deutschland erneut ausbauen konnten. Allein chinesische Hersteller kommen im Zellen- und Modulgeschäft in Deutschland auf einen Marktanteil von mindestens 60 %. Der Anteil von Produkten aus deutscher Fertigung liegt bei weniger als 15 % und sinkt immer weiter.

Nach dem Vorbild von Regelungen in anderen EUMitgliedsstaaten könnte eine Regelung eine gegenüber der Grundvergütung um 10 % höhere Vergütung für Anlagen vorsehen, die aus der Europäischen Union stammen. Wir können Ihnen gern einen juristisch festen Gesetzestext mit auf den Weg nach Berlin geben.

Der Inhalt des jetzigen Gesetzentwurfes wird den Verbraucher dazu veranlassen, noch stärker asiatische Produkte zu kaufen. Unsere Unternehmen können bei dem anhaltenden Preisdumping einfach nicht mehr mithalten. Eines der wichtigsten Marktsegmente deutscher Hersteller sind die Fotovoltaikanlagen in einer Größenklasse von 10 bis 100 Kilowatt. Diese machen immerhin einen Anteil an der installierten Leistung von circa 30 % aus. Sie sind auch eine wichtige Anlagenklasse im Hinblick auf die Zielsetzungen der Energiewende und im Hinblick auf eine dezentrale Stromeigenproduktion zum Beispiel für Bürgerkraftwerke, Schulen oder öffentliche Gebäude. Gerade für diese Anlagen ist seit dem 1. April 2012 nach der neuen Gesetzgebung eine Absenkung der Vergütung in Höhe von 20 bis 30 % vorgesehen. Genau in diesen Bereichen sind die Kürzungen am einschneidendsten.

Was wird wohl der Investor einer Anlage tun? – Er wird die Preise vergleichen, damit sich seine Anlage noch halbwegs lohnt; denn ausschlaggebend ist der spezifische Anlagenpreis, berechnet nach der elektrischen Leistung der Solarzellen – eine Rechnung, nach der Niedrigpreisangebote aus Fernost bei vielen Erwerbern hohe Chancen haben dürften. Sie wissen so gut wie ich, wer heute aufgrund staatlicher Subventionen durch unbegrenzten Zugang zu billigen Krediten und durch die in Rede stehende Förderpolitik den Preiskampf gewinnen wird. Das wollen wir mit der Local-Content-Regelung verhindern.

Zum zweiten Punkt unseres Antrages, der Reduzierung des Solarausbau-Korridors. Im neuen Gesetzentwurf wird der Zielkorridor der Ausbauleistungen von Fotovoltaikanlagen pro Jahr erheblich gesenkt. Das hat mit nachhaltigem Ausbau nichts zu tun. Damit wird auch der im Aktionsplan der Bundesrepublik Deutschland von 2010 enthaltene Ausbau der Fotovoltaikleistung auf 52 Gigawatt im Jahr 2020 nicht mehr erreicht werden können.

Eine solche Änderung des Zielszenarios ist aus ökonomischer Sicht insofern überraschend, als die Politik damit letztendlich als Aktion auf eine unerwartet starke Kosten

senkung bei der Fotovoltaik plant, diese Technologie in Zukunft weniger einzusetzen. Damit die Gesamtziele für den Ausbau erneuerbarer Energien erreicht werden können, müsste eine Verminderung von Solarstrom zum Beispiel durch eine höhere Erzeugung von Strom aus Windkraftanlagen ausgeglichen werden. Da habe ich für Sachsen arge Bedenken, ob wir diesen Beitrag für dieses Ziel werden leisten können. Ich denke nur an das anspruchslose Energie- und Klimaprogramm von Minister Morlok. Hierzu hat sich die FDP am Wochenende ja auf ihrem Landesparteitag in Mittweida wieder klar geäußert. Ich zitiere: „Wir wollen nicht Wiesen und Wälder mit Windkraft- und Fotovoltaikanlagen zustellen, sondern mit klarem Sachverstand herangehen“. – O-Ton von André Kaiser, Kreischef der FDP in Mittelsachsen nach dem Parteitag.

(Beifall bei der FDP)

Auch mit dem derzeit vorliegenden Entwurf des Landesentwicklungsplanes, vorgelegt von Minister Ulbig, ist zu erwarten, dass die mulmig-dynamischen Ausbauziele bis 2023 nicht erreicht werden. Der zeitliche Planungsverzug zwischen regionaler und Landesebene ist einfach schon zu groß. So schreibt der Planungsverband Oberes Elbtal/Osterzgebirge jetzt im Jahr 2012 erst mit erheblichem Gegenwind seine aus der Zeit von vor 2003 stammende Planung zur Windenergie fort.

Ich will Ihnen gern noch einen anderen Aspekt auf den Weg nach Berlin mitgeben, Herr Morlok, Herr Tillich. Ich habe mich letzte Woche in meiner Heimatstadt Freiberg durch das neue Fraunhofer Technologiezentrum für Halbleitermaterialien führen lassen. Wie Sie wissen, sind genau diese Forschungseinrichtungen auf Projekte in der Industrie angewiesen. Genau dort, wo dieses Institut angesiedelt ist, befindet sich unser Freiberger Solarvalley. Dort atmet Technologieentwicklung pur.

Das alles steht auf dem Spiel. Da kann sich der Sächsische Landtag zwar mit einer Enquete-Kommission für eine zukunftsorientierte Technologie- und Innovationspolitik im Freistaat Sachsen schmücken, aber wenn gerade dort vonseiten der Politik unverhältnismäßig in eine aufstrebende Branche eingegriffen wird, bleibt manches eben nur noch eine Farce.

(Beifall bei den LINKEN)

Bedenken Sie dies, Herr Morlok, Herr Tillich! Kämpfen Sie um die Solarwirtschaft in Sachsen, kämpfen Sie um die Technologieentwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien in Sachsen! Kämpfen Sie um die Energiewende.

Frau Dr. Pinka, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage.

Ja, gern.

Herr Lichdi, bitte.

Vielen Dank, Frau Kollegin. Ich wundere mich die ganze Zeit, warum Sie an den Herrn Ministerpräsidenten appellieren, denn erstens ist er nicht anwesend, wie Sie schon bemerkt haben, und zweitens hat er sich doch ganz klar positioniert. Er unterstützt das Erneuerbare-Energien-Gesetz der schwarzgelben Bundesregierung. Das hat das Abstimmungsverhalten Sachsens im Bundesrat gezeigt. Wie kommen Sie zu der Auffassung, dass Sie noch mit Aussicht auf Erfolg an den Ministerpräsidenten appellieren können?

Vielen Dank für die Frage, Herr Lichdi. Zunächst denke ich einmal, dass sich Herr Tillich noch irgendwo im Haus befindet und über die Mikrofonanlagen im Haus meinen Ausführungen folgt. Zweitens bin ich noch immer guter Hoffnung, zumindest hatte ich den Eindruck nach unserer letzten Debatte im Landtag. Nach Ihrem Antrag gab es ja eine Pressemitteilung von Herrn Tillich. Diese war gar nicht so weit weg von den Auffassungen, die wir als LINKE vertreten, und ich hatte immer noch die Hoffnung, er würde sich im Bundesrat für die Interessen der sächsischen Firmen einsetzen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, und die Hoffnung stirbt für mich am 11. Mai.

Mein letzter Appell an Kollegen Tillich; ich möchte gern meine Rede beenden: Ich hoffe, dass er in Zukunft nicht mehr auf eine 2-%-Partei setzt, deren Überlebensinteressen elementaren eigenen sächsischen Interessen widersprechen. An der Standfestigkeit von Herrn Tillich – davon bin ich überzeugt – wird diese sächsische Koalition weiß Gott nicht zerbrechen.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Wir fahren fort. Für die CDU-Fraktion spricht Herr von Breitenbuch. Herr von Breitenbuch, Sie haben das Wort

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn möchte ich Martin Luther zitieren: „Die Lüge ist wie ein Schneeball: Je länger man ihn wälzt, desto größer wird er.“ Ich möchte es abwandeln: Die Wahrheit ist wie ein Schneeball: Je länger man sie wälzt, desto größer wird sie.

Schon beim letzten Plenum hatten wir das Thema ausführlich diskutiert, damals auf Anregung der GRÜNEN. Nun buhlen auch die LINKEN darum, die Solarförderung zu retten. Auch wenn Sie keine wirklich neuen Punkte bringen oder neu bringen, möchte ich doch kurz auf die Punkte Ihres Antrages eingehen.

Sie wollen die Kürzung der Solarförderung ablehnen und fordern folgende Dinge:

Erstens Local Content – eine höhere Grundvergütung für Anlagen, die in der EU produziert worden sind.

Zweitens. Volle Kraft voraus mit dem Ausbau, keine Einschränkung oder Abbremsung.

Drittens. Verzicht auf eine Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung, immer Einbeziehung von Bundestag und Ländern bei Veränderungen.

Dazu möchte ich Folgendes sagen:

Erstens Local Content. In einer Welt der Globalisierung und des Handels wird das nicht funktionieren. Q-Cells hat in Malaysia produziert, und vielleicht erwerben oder bauen chinesische Investoren Fabriken in Deutschland. Ihr Ansatz ist industriepolitisch falsch.

Zweitens. Keine Einschränkung des Ausbaus. Ihre Forderung ist mir ein Rätsel, wenn 2011 circa 7 Gigawatt zugebaut wurden, 2012 trotz Solarkürzung wieder mit ähnlichen Größenordnungen gerechnet wird. Bei von der Bundesregierung verfolgten Zielen im Zielkorridor zwischen 2 und 3 Gigawatt Zubau – wie soll das funktionieren?

Herr von Breitenbuch, es gibt den Begehr einer Zwischenfrage. Gestatten Sie diese?

Bitte sehr, Herr Jurk.

Sehr geehrter Herr von Breitenbuch, ist Ihnen bekannt, dass Herr Ministerpräsident Stanislaw Tillich am 12. März in einer Pressemitteilung deutlich gemacht hat, dass er sich für einen Local Content auf Bundesebene einsetzen will?

Das ist mir bekannt.

Herr von Breitenbuch, es gibt schon wieder den Begehr einer Zwischenfrage. Lassen Sie sie zu?