Protocol of the Session on April 3, 2012

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Für die SPD-Fraktion sprach der Kollege Dulig. – Für die FDP spricht jetzt Herr Kollege Herbst.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Martin Dulig war ja wieder Realsatire pur. Ist es möglich, dass Sie einfach nur neidisch sind – neidisch auf eine Arbeitsmarktentwicklung,

(Lachen bei der SPD)

die in der CDU und FDP so positiv ist, wie sie nie war, als Herr Jurk in diesem Land Verantwortung getragen hat? Ich glaube, die Menschen sehen den Unterschied: Der Arbeitsmarkt steht besser da als 2009. Das ist auch ein Erfolg dieser Regierung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Steffen Flath, CDU – Zurufe von der SPD)

Sie können ja viel an der Fachregierungserklärung kritisieren, aber ein kleiner Unterschied ist: Es gibt wenigstens eine. Als Herr Jurk hier Verantwortung getragen hat, hat der Arbeitsmarkt vier Jahre lang keine Rolle gespielt; keine einzige Fachregierungserklärung gab es dazu. Das zeigt doch, wie Ihnen der Arbeitsmarkt wirklich am Herzen liegt, liebe SPD.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Steffen Flath, CDU – Widerspruch bei der SPD)

Der sächsische Arbeitsmarkt ist massiv in Bewegung, und er bewegt sich in die richtige Richtung. Die Zahlen entwickeln sich beeindruckend, und wenn wir die Zahlen, die wir heute gehört haben, 2009 zum Regierungsantritt als Zielmarken definiert hätten, hätte die gesamte Linke gelacht und gesagt, das erreichen Sie nie.

Wir haben in Sachsen den stärksten Rückgang der Arbeitslosigkeit bundesweit. Allein im März sind 10 000 neue offene Stellen hinzugekommen. Wir haben eine Entwicklung, die vom Lehrstellenmangel zum Lehrstellenüberschuss führt, und wir haben eine Entwicklung, die von der Abwanderung zur Zuwanderung führt. Das sind alles ganz konkrete Erfolge, nicht nur abstrakte Zahlen. Dies hilft den Menschen: Es hilft den Auszubildenden, die früher keine Stelle gefunden haben und diese jetzt finden; es hilft den Rückkehrern, die wieder nach Sachsen kommen und hier Beschäftigung finden; es hilft Langzeitarbeitslosen, die wieder einen Job haben; und es hilft Älteren, die in Beschäftigung kommen. Das macht den Unterschied zwischen linker Sozial-Symbolpolitik und echter bürgerlicher Arbeitsmarktpolitik aus, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von den LINKEN und der SPD)

Richtig, der Kurswechsel in der Arbeitsmarktpolitik war zum Start der Regierung umstritten. Ich erinnere mich an die heißen Diskussionen zum Kommunal-Kombi. Sie wollten staatliche Beschäftigungsprogramme und haben darin Ihr Heil gesehen. Wir haben gesagt, wir wollen Chancen im ersten Arbeitsmarkt suchen und schaffen, und ich denke, die Zahlen geben uns hierin völlig recht.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD)

Bürgerliche Arbeitsmarktpolitik, meine Damen und Herren, heißt Chancen eröffnen und beruflichen Einstieg und Aufstieg ermöglichen, und zwar auf dem ersten Arbeitsmarkt. Wir haben dabei ein klares Wertegerüst, denn wir bekennen uns zu Wirtschaftswachstum statt

Umverteilung. Das unterscheidet uns von der linken Hälfte hier in diesem Plenum.

(Beifall bei der FDP, der CDU und des Staatsministers Sven Morlok)

Ich sage Ihnen eines, meine Damen und Herren: Es ist nicht verwerflich, wenn Unternehmen Geld verdienen wollen. Geld verdienen durch Unternehmen ist die Voraussetzung dafür, dass sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze entstehen.

(Beifall bei der FDP, des Abg. Steffen Flath, CDU, und des Staatsministers Sven Morlok)

Deshalb setzen wir auf ein wirtschaftsfreundliches Umfeld und auf Unternehmergeist. Wir setzen auf Leistungsbereitschaft – bei Arbeitnehmern wie bei Arbeitgebern.

Keine Frage, wir haben Prioritäten neu geordnet: erster Arbeitsmarkt statt Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen,

unternehmerische Freiheit und Tarifautonomie statt Quoten und Mindestlohn, echte Sozialpartnerschaft in den Betrieben statt Klassenkampfparolen der Funktionäre. Ich glaube, das tut den Menschen in diesem Land gut.

(Beifall bei der FDP, des Abg. Jürgen Petzold, CDU, und des Staatsministers Sven Morlok)

Neue Chancen eröffnen – das ist unser Anspruch. Das gilt insbesondere für Personengruppen, die es bisher sehr schwer auf dem Arbeitsmarkt hatten: Langzeitarbeitslose, ältere Arbeitslose, Schüler mit schlechten Leistungen, teilweise auch Alleinerziehende. Der Wandel auf dem Arbeitsmarkt, den wir derzeit erleben, eröffnet ihnen erstmals die Möglichkeit, Tritt zu fassen. Das unterstützen wir aktiv mit einer Vielzahl von Maßnahmen. Die Zwischenbilanz kann sich sehen lassen.

Um nur zwei Zahlen zu nennen: Die Anzahl der Beschäftigten im Alter zwischen 60 und 65 Jahren – wir erinnern uns an die Diskussion über die Anhebung des Rentenalters – hat sich seit 2009 in Sachsen um 50 % erhöht. Das zeigt: Die Richtung stimmt. Wir lassen auch hier nicht nach.

(Beifall bei der FDP und des Staatsministers Sven Morlok)

Für jeden Lehrstellenbewerber gibt es heute eine Stelle. Wir haben hier im Landtag vor zwei, drei Jahren noch ganz andere Diskussionen geführt. Noch gilt nicht: „jedem seine Stelle“, sondern: „jedem eine Stelle“. Aber in Zukunft wird es so sein, dass nicht mehr die Unternehmen ihre Auszubildenden aussuchen, sondern gute Auszubildende werden sich ihr Unternehmen aussuchen. Das ist der Paradigmenwechsel am Arbeitsmarkt.

(Beifall bei der FDP)

Wir lehnen uns nicht zurück, sondern nehmen die neuen Herausforderungen ernst. Die Frage, wie wir denjenigen, die heute noch schlechte Chancen haben, in Beschäftigung zu kommen, helfen können, beschäftigt uns in der Tat. Wir müssen uns über Bildung und Weiterbildung

Gedanken machen. Dabei ist zu berücksichtigen, was die neue Arbeitswelt erfordert bzw. wie wir Weiterbildung besser am Markt ausrichten können. Es geht ferner um qualifizierte Zuwanderung; diese Frage stellt sich auch für Sachsen.

Ja, es ist die Mischung aus guter Konjunktur und – natürlich – Demografie, die dazu führt, dass Fachkräfte knapper werden. Das Ergebnis ist ganz klar: Der Wettbewerb um gute Mitarbeiter nimmt zu. Das wird Auswirkungen auf die Lohnentwicklung und die Arbeitsbedingungen haben. Unternehmen werden sich mehr anstrengen müssen.

Eben weil dem so ist, sind wir der Auffassung: Der Staat soll sich aus der Lohnfindung heraushalten. Das ist Sache der Tarifparteien, Sache von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Es hat überhaupt keinen Sinn, dass wir mit Mindestlöhnen und Quoten Vorschriften machen, die nicht helfen, sondern schaden.

(Beifall bei der FDP, des Abg. Jürgen Petzold, CDU, und des Staatsministers Sven Morlok)

Im Übrigen hat sich auch in der Krise gezeigt, dass die Sozialpartnerschaft in den Betrieben in Sachsen funktioniert. Es sind oftmals kleine Unternehmen, in denen der Chef alle Beschäftigten kennt. Da tut es wirklich weh, jemanden entlassen zu müssen. Deshalb halten die Beschäftigten und die Unternehmer in unserem Land zusammen.

Es ist ohne Frage eine große Herausforderung, die bisher Benachteiligten noch gezielter zu fördern. Die Probleme entstehen, weil sie es aus eigener Kraft nicht schaffen oder weil sie einen falschen Beruf erlernt haben. Zum Teil fehlt aber auch die Motivation. Hier müssen wir in der Tat mehr Zeit aufwenden, mehr Ideen und Geld investieren. Wir wollen niemanden aufgeben und niemanden auf Dauer im Sozialsystem belassen. Unser Anspruch ist, möglichst jedem eine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt zu bauen.

(Beifall bei der FDP, des Abg. Jürgen Petzold, CDU, und des Staatsministers Sven Morlok – Andreas Storr, NPD: Nennen Sie doch mal Ihre tollen Ideen, die Sie angeblich haben!)

Es gibt in unserem Land gute Beispiele dafür, dass das funktioniert. Der Wirtschaftsminister hat das Beispiel „Joblinge“ bei BMW angesprochen. Es geht aber auch viel kleiner: Bei mir um die Ecke befindet sich eine Mittelschule. In der Hauptschulgruppe gab es jemanden, der abschlussgefährdet war. Er hatte einfach keinen Bock mehr zu lernen, er hatte keine Lust, er hatte keinen Sinn darin gesehen.

Der Schulleiter hat ihm ein Praktikum in einem Handwerksunternehmen vermittelt. Er gehört jetzt zur Spitzengruppe in seiner Klasse. Er ist motiviert und weiß, wofür er lernt. Manchmal sind es die kleinen Stellschrauben, die den Unterschied zwischen Versagen und Chance ausma

chen. Genau an diesen Stellschrauben müssen wir drehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, der Abg. Alexander Krauß und Jürgen Petzold, CDU, sowie des Staatsministers Sven Morlok)

Die individuelle Einstiegsbegleitung der Langzeitarbeitslosen ist ein Projekt, das sehr zielgerichtet hilft, Defizite auszugleichen. Das kann man nicht erreichen, indem man ein großes Weiterbildungsinstitut gründet und dort jeden quasi als Nummer durchlaufen lässt, wie es sich manchmal die SPD unter „aktiver Arbeitsmarktpolitik“ vorstellt.

(Thomas Kind, DIE LINKE: Sie wissen nicht, wovon Sie reden, Herr Herbst! So ein Unfug!)

Nein, man muss sich jeden Einzelnen anschauen. Man muss mit ihm gemeinsam besprechen, wie die Einstiegschancen erhöht werden können.

Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gehört zu unserem Anspruch. Flexible Kinderöffnungszeiten sind ein wichtiger Baustein. Hier müssen wir noch etwas zulegen.

All das zusammen zeigt: Wir fahren einen klaren Kurs. An erster Stelle steht für uns die Schaffung echter Arbeit, nicht die Schaffung künstlicher Beschäftigungsmaßnahmen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Die Arbeitswelt insgesamt ist im Wandel begriffen. Das spüren wir an vielen Stellen. Die Anforderungen an die Fachkräfte nehmen zu. Auch gibt es häufiger Wechsel in dem, was Fachkräfte wissen müssen. Deshalb unterstützen wir ausdrücklich die Maßnahmen des Wirtschaftsministeriums im Bereich Weiterbildung; das gilt sowohl für die einzelbetriebliche Förderung der Unternehmen als auch für die Weiterbildungsschecks für Arbeitnehmer. Ich glaube, das ist eine sächsische Erfolgsgeschichte. Die gibt es woanders nicht, nicht einmal dort, wo SPD-Wirtschaftsminister regieren. Darauf können wir stolz sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Wir fördern Innovationen von Produkten und Prozessen in Unternehmen. Bei knapper werdenden Arbeitskräften müssen wir uns auch Gedanken darüber machen, wie Produktion so gestaltet werden kann, dass nicht mehr so viele Leute am Fließband stehen, aber wir die Arbeitskräfte haben, um die Prozesse kontrollieren zu können. Wir müssen uns angesichts einer zunehmenden Zahl älterer Arbeitskräfte Gedanken machen, was die Arbeitsplatzanforderungen betrifft. Es gilt, solche Bedingungen zu schaffen, dass auch ältere Arbeitskräfte ihren wertvollen Beitrag in Unternehmen leisten können.

Nicht zuletzt – es wurde schon angesprochen – geht es um Zuwanderung. Das ist zwar nur ein ergänzendes Element; aber ohne die sächsische Initiative im Bundesrat gäbe es heute nicht die "Blue Card" auf Bundesebene. Das ist erstaunlich: Ein ostdeutsches Bundesland, FDP und CDU

gemeinsam, haben diese Initiative vorangetrieben. Ich bin der Staatsregierung dafür sehr dankbar.