Protocol of the Session on April 3, 2012

dungsplätze und durch eine marktorientierte Arbeitsmarktpolitik lösen. Zusätzliche Arbeits- und Ausbildungsplätze bringen mehr Einkommen in eine Region, sie erhöhen Wohlstand und Steuereinnahmen. Sie schaffen damit die Voraussetzungen, dass Sachsen bis 2020 finanziell und wirtschaftlich auf eigenen Beinen steht.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Die Staatsregierung verfolgt einen innovationsorientierten Wachstumskurs. Wir investieren in Forschung und Bildung. Wir haben die höchste Investitionsquote aller Bundesländer. So können wir mehr für Hochschulen und Schulen ausgeben und unsere Infrastruktur weiter modernisieren.

Um die Ergebnisse von Forschung und Entwicklung langfristig in Innovationen und Markterfolge umzusetzen, ist eine ständige Aktualisierung unseres Wissens erforderlich. Das vielbeschworene lebenslange Lernen ist angesichts des enormen technologischen Fortschritts ein ganz wesentliches Instrument einer Wachstumsstrategie.

(Zuruf von der SPD: Dafür brauchen wir doch Lehrer!)

Wir wissen nicht besser als Unternehmer, welche Qualifikationen zukünftig gebraucht werden. Wir wissen aber, dass Arbeit immer wissensintensiver wird. Mein Ministerium hat daher die Voraussetzung dafür geschaffen, dass Unternehmen und Arbeitnehmer selbst entscheiden können, in welche Weiterbildung sie investieren wollen. Das einzelbetriebliche Förderverfahren für Unternehmen und der Weiterbildungsscheck für Arbeitnehmer suchen in Deutschland ihresgleichen.

(Beifall bei der FDP)

Beide Instrumente sind sächsische Eigengewächse, sehr erfolgreiche sächsische Eigengewächse.

Den Weiterbildungsscheck haben wir im November 2010 eingeführt. Vom Ausmaß des Erfolgs war ich selbst überrascht. Bereits nach wenigen Monaten konnte ich in Görlitz den tausendsten Weiterbildungsscheck überreichen. Empfänger war ein 41-jähriger Techniker, der sich berufsbegleitend in einem Kooperationsprojekt der Fachhochschule Görlitz/Zittau zum Bachelor of Engineering weiterbildet. Wir haben dieses Engagement für ein lebenslanges Lernen mit über 7 000 Euro gefördert.

(Beifall bei der FDP)

Inzwischen haben wir Fördermittel von über 10 Millionen Euro zur Unterstützung individueller Weiterbildung bewilligt. Davon profitieren überwiegend Arbeitnehmer mit einem unterdurchschnittlichen Einkommen. 95 % der Geförderten haben ein Bruttoeinkommen von unter 2 500 Euro im Monat. Das ist erfolgreiche Mitarbeiterqualifizierung made in Saxony. Mehr als 60 % der Geförderten sind Frauen. So sieht Gleichstellungspolitik aus.

(Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD)

Auch wenn Sie darüber lachen, diese Aus- und Weiterbildung hilft den betroffenen Frauen viel mehr als jede Quote.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Interessant ist, dass die Arbeitnehmer in die Qualifikationen investieren, die momentan am meisten gebraucht werden: Betriebswirtschaft, Gesundheitsberufe und

Technik. Fast 200 Arbeitnehmer haben ein Studium im Bereich Wirtschaft und Management aufgenommen. Über 100 Sachsen haben sich für eine Aufstiegsfortbildung nach dem Berufsbildungsgesetz entschieden. Einen von ihnen, Hendrik Grundmann aus Chemnitz, haben wir in unserer Informationsbroschüre vorgestellt. Der 23-jährige Produktionshelfer erwirbt eine Qualifikation zum CNCDreher. Facharbeiter mit dieser Qualifikation werden nach seiner eigenen Aussage händeringend gesucht. 150 Personen bilden sich als Physiotherapeuten weiter und 40 Arbeitnehmer besuchen Schweißerlehrgänge. Ich kann Ihnen aus meiner eigenen beruflichen Praxis sagen, dass gerade Letzteres eine gute Entscheidung ist. Gute Schweißer müssen sich keine Gedanken um einen Arbeitsplatz machen.

(Beifall bei der FDP)

Ich bin mir sicher: Der Weiterbildungsscheck ist die richtige Antwort auf sich ändernde Anforderungen des Arbeitsmarktes. Wir werden daher den Weiterbildungsscheck entsprechend dem Bedarf mit weiteren Mitteln ausstatten und ihn kurzfristig für weitere Personengruppen öffnen. Wir wollen den Weiterbildungsscheck in der kommenden Strukturfondsperiode zur Leitmarke des lebenslangen Lernens in Sachsen ausbauen.

Ich weiß, sehr geehrte Damen und Herren, dass hohe Investitionen in das sächsische Bildungssystem und geförderte Weiterbildung wichtige Bausteine für die Fachkräftesicherung sind. Ich weiß aber auch, dass wir eine Vielzahl von Instrumenten einsetzen müssen, damit aus dem Fachkräftebedarf kein Fachkräftemangel wird. Wir haben uns gemeinsam mit Kammern, Gewerkschaften, Wirtschafts- und Sozialverbänden sowie in einer ressortübergreifenden Abstimmung entschieden, eine Fachkräftestrategie für Sachsen zu erarbeiten, die in den kommenden Wochen vom Kabinett verabschiedet werden wird. Dabei werden wir uns von folgenden Punkten leiten lassen.

Ich beginne mit der frühkindlichen schulischen Erziehung und Bildung. Chancengleichheit muss so früh wie möglich umgesetzt werden.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Dann fangt mal an!)

Wir haben in Sachsen die bundesweit höchste Erwerbsquote, auch bei Frauen. Dennoch müssen wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessern. Unser Modellversuch für flexible Kita-Öffnungszeiten ist ein Beitrag dazu.

(Zuruf von den LINKEN: Eine halbe Stunde!)

Nicht akademische Ausbildung und akademische Ausbildung sind gleichwertig. Ein guter Facharbeiter ist genauso wichtig wie ein guter Akademiker. Auf beiden Säulen, Facharbeiter und Akademiker, gründet sich das Fundament einer wissensbasierten, wettbewerbsfähigen Wirtschaft.

Lebenslanges Lernen ist von zentraler Bedeutung.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Na, dann fangt mal an!)

Ich habe die Erwartung, dass der Weiterbildungsscheck nicht nur den Beschäftigten bei ihrer Qualifikation hilft. Ebenso wird sich damit ein angebotsorientierter Weiterbildungsmarkt in Sachsen entwickeln.

Ein Herzensthema für mich ist die gesteuerte Zuwanderung und die Ansiedlung von Fachkräften. Sachsen soll ein Land der Chancen werden, das Menschen aus aller Welt anlockt.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Der letzte Punkt beinhaltet beispielsweise, dass wir uns zukünftig um Fachkräfte bemühen, die in Sachsen eine neue Heimat finden sollen oder die in ihre alte Heimat zurückkehren. Es ist doch niemandem zu vermitteln, dass an Sachsens Hochschulen Ingenieure ausgebildet werden, die nach ihrem Abschluss nicht hier arbeiten dürfen, weil sie keine EU-Bürger sind.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Das, sehr geehrte Damen und Herren, kann sich eine Hightech-Region wie Sachsen nicht leisten. Das wollen wir ändern.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Mein Kollege Markus Ulbig und ich haben uns deshalb im vergangenen Jahr zu einer Bundesratsinitiative zur Erleichterung von Zuwanderung entschlossen. Der im Herbst im Bund vereinbarte Kompromiss und die jetzige Umsetzung greifen wesentliche Instrumente unserer gemeinsamen Initiative auf. Allerdings – ich glaube, lieber Markus Ulbig, das kann man mit Fug und Recht sagen – hätten wir aus Sachsen uns auch den einen oder anderen weiteren mutigen Schritt in Berlin gewünscht.

(Jürgen Gansel, NPD: Das können wir uns vorstellen!)

Ein weiterer Beitrag zu dieser Frage wird unser „Forum Fachkräfte“ am 16. Mai im Congresscenter hier in Dresden leisten, das sich ausschließlich dem Thema Zuwanderung widmen wird. Markus Ulbig und ich werden dort unter anderem mit Armin Laschet, dem Vorsitzenden der Konsensgruppe Fachkräftebedarf und Zuwanderung, diskutieren.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, sehr geehrte Damen und Herren, Sie recht herzlich zu diesem „Forum Fachkräfte“ einzuladen. Mit dem „Forum Fachkräfte“ haben wir eine Plattform entwickelt, auf der wir alle wesentlichen Themen der Fachkräftestrategie mit allen Interessierten diskutieren werden. Ich erwarte, dass wir damit wichtige Impulse an Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft geben können. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit meinen Ressortkollegen, denn Fachkräftestrategie betrifft nahezu alle Ressorts.

Ich teile zwar die Meinung, sehr geehrte Damen und Herren, dass Personalentwicklung und Fachkräftesicherung zuallererst Aufgaben jedes einzelnen Unternehmens sind – aus dieser Pflicht werde ich auch kein Unternehmen entlassen –; ich weiß aber auch, dass die Unternehmen nicht nur die Pflicht haben, sich um Fachkräfte zu kümmern, sondern auch das Recht, dass wir die erforderlichen Rahmenbedingungen setzen.

Ein wesentlicher Teil der Rahmenbedingungen ist die Stärkung der dualen Berufsausbildung. Die vollzeitschulische Ersatzausbildung, so richtig sie in Zeiten geburtenstarker Jahrgänge war, hat sich überlebt. Darin bin ich mir mit IHK und HWK einig. Es macht keinen Sinn, einen staatlich geprüften Wirtschaftsassistenten auszubilden, wenn die Ausbildungsplätze für Industriekaufleute unbesetzt bleiben.

Wir werden deshalb in den kommenden Monaten die Rahmenbedingungen anpassen und die duale Ausbildung stärken.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Die Erfolge auf dem sächsischen Arbeits- und Ausbildungsmarkt machen sich nicht nur in Zahlen und Statistiken der Arbeitsverwaltung bemerkbar. Arbeit ist mehr als reiner Erwerbszweck. Arbeit schafft Selbstwert. Arbeit bringt sozialen Kontakt. Arbeit integriert in die Gesellschaft. Arbeit ist aber auch Einkommen.

Ich bin der Überzeugung, dass der Fachkräftebedarf in Sachsen in den kommenden Jahren zu steigenden Einkommen führen wird. Unternehmen, die ihr Geschäftsmodell nur auf den niedrigen Löhnen in Ostdeutschland aufbauen, werden keine Zukunft haben.

(Beifall bei der FDP, der CDU, vereinzelt bei den LINKEN und der Staatsregierung)

Bereits jetzt beginnen in einigen Branchen die Einkommen deutlich zu steigen. In der sächsischen Industrie lagen die Bruttomonatsverdienste 2011 durchschnittlich um 4 % höher als ein Jahr davor, bei Ungelernten ebenso wie bei Führungskräften. Diese positive Lohnentwicklung wird sich angesichts des anhaltenden Fachkräftebedarfs fortsetzen. Die sächsischen Arbeitnehmer erhalten ihren gerechten Anteil an der Aufbauleistung der vergangenen 20 Jahre. Die weitere Steigerung der Produktivität in der hiesigen Wirtschaft wird zu steigenden Einkommen führen.

Arbeitgeber und Gewerkschaften möchte ich zu einer Tarifpolitik mit Augenmaß ermuntern. Mit attraktiven und vernünftigen Tarifabschlüssen können beide Seiten die Akzeptanz erhöhen und langfristig ihre Organisationen stärken. Ich bin überzeugt, dass dies für Sachsen nicht von Nachteil wäre.

Die Staatsregierung hat mit ihrer Fokussierung auf den ersten Arbeitsmarkt die richtigen Weichen gestellt. Wir wollen echte, nachhaltige Chancen für alle Sachsen. Indem wir unsere Instrumente bündeln und neu ausrichten, haben wir freie Mittel, um benachteiligten Gruppen mit intensiver Hilfe zu neuen Chancen zu verhelfen.

Für uns, sehr geehrte Damen und Herren, steht der Mensch im Mittelpunkt,

(Jürgen Gansel, NPD: Das merkt man ja! – Zuruf von der SPD: Welcher?)

auch und erst recht in der Arbeitsmarktpolitik. Der Erfolg, sehr geehrte Damen und Herren, gibt uns recht.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)