Protocol of the Session on March 8, 2011

Noch etwas: Wir haben uns sehr deutlich gegen Eurobonds ausgesprochen, weil: Eurobonds vergemeinschaften Schulden, die schon da sind, und geben keine Anreizwirkung mehr dafür, seinen eigenen Haushalt in Ordnung zu bringen. Ich habe Ihnen gerade zwei Beispiele genannt, wie europäische Staaten durch eigene Anstrengung und eine solidarischen Hilfe, die sie wieder zurückführen, ihre Haushalte saniert haben. Dafür ist der ESM in Kombination mit dem Fiskalpakt genau das richtige Instrumentarium.

Meine Damen und Herren, mir liegen für die erste Runde der allgemeinen Aussprache keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich frage trotzdem noch einmal die Fraktionen. – Es besteht kein Redebedarf. Dann würde ich eine zweite Runde eröffnen. Gibt es Bedarf? – Herr Schimmer für die NPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Also eines muss man Merkel und Schäuble lassen: Sie sind wirklich Illusionskünstler der gehobenen Kategorie. Während die beiden frisch, fromm, fröhlich, frei und putzmunter dem Land und dem Volk, dem sie per Amtseid verpflichtet sind, einen materiellen, vermutlich bis zum Staatsbankrott reichenden Totalschaden der allerhöchsten Kategorie zufügen und die Milliarden des deutschen Steuerzahlers sowie seiner Kinder und Enkel staatsmännisch grinsend verschleudern, schaffen sie es tatsächlich, einen Großteil des deutschen Volkes ahnungslos zu halten. Diese kleinen rhetorischen Scheingefechte und taktischen Positionsspielchen des perfiden Gespanns scheinen absolut ins Schwarze zu treffen und vom Wesentlichen abzulenken. Denn so haben es Merkel und Schäuble bislang noch verhindern können, dass den Deutschen bewusst geworden ist, dass der sogenannte permanente Eurorettungsschirm ESM nichts anderes darstellt als den Schlussstrich unter eine mehr als 150jährige Geschichte der parlamentarischen Demokratie in Deutschland.

Bislang haben es Merkel und Schäuble auch verhindern können, dass den Deutschen die Tragweite der Target-IIProblematik bewusst geworden ist, also jener finanziellen Atombombe, die in den Bilanzen der Bundesbank schlummert. Die Schulden der Europäischen Zentralbank gegenüber der Deutschen Bundesbank belaufen sich mittlerweile auf mehr als 500 Milliarden Euro und sind allein im Februar 2012 nochmals um 50 Milliarden Euro gestiegen. Das sind mehr als 2 Milliarden Euro pro Bankarbeitstag und mehr als das gesamte deutsche Steueraufkommen in dieser Zeit.

(Staatsminister Dr. Jürgen Martens, FDP: Oh!)

Ich merke schon, Herr Dr. Martens, Sie haben von der Problematik überhaupt keine Ahnung und stöhnen deshalb wahrscheinlich.

Fazit: Die Deutschen können gar nicht so viel arbeiten, wie sie bestohlen werden. Aber wir von der NPD wissen: Auf die Dauer werden es auch die deutschen Illusionskünstler Schäuble und Merkel nicht verhindern können, dass den Bürgern bald bewusst wird, dass derzeit gerade die Zukunft der jungen und der noch ungeborenen Generationen für ein ideologisches Wahnprojekt namens „Euro“ verspielt wird, das allen beteiligten Ländern unermesslichen Schaden zufügt: den südeuropäischen Ländern, weil der Euro für sie zu stark ist, um jemals wieder mit ihren Gütern und ihrer Produktionsstruktur wettbewerbsfähig zu werden, und den nordeuropäischen Ländern, weil sie in eine Transferunion gezwungen werden, die ihre eigene wirtschaftliche Leistungskraft bei Weitem übersteigt.

Um für die Schuldenmacherei anderer Staaten aufkommen zu können, werden in Deutschland schon bald die Renten und der Hartz-IV-Regelsatz gekürzt und Lehrerstellen gestrichen, Professoren nicht berufen, Kindertagesstätten nicht gebaut, die Mehrwertsteuer und die Mineralölsteuer erhöht und die Förderung von innovativen Industrien wie der Solarstromerzeugung wieder beendet werden müssen.

Wie die deutsche Zukunft aussieht, wenn weiterhin die Einbahnstraße Richtung Transferunion und ESM

Finanzdiktatur beschritten wird, hat erst unlängst der Wirtschaftsjournalist Wolfgang Münchau in einer Kolumne mit dem Titel „Gesellschaft mit unbeschränkter Haftung“ für „Spiegel Online“ beschrieben – ich zitiere:

„Wir erleben jetzt schon die Grenzen der zwischenstaatlichen Solidarität. Zwei Drittel aller Deutschen glauben nicht mehr an den Erfolg des Griechenland-Programms. Wie stark wird die Opposition, wenn erst einmal echtes Geld fließt und nicht nur Garantien ausgesprochen werden? Wie stark wird die Opposition, wenn nicht nur kleine Länder wie Griechenland, sondern große Länder wie Spanien den Fonds anzapfen?

Momentan liegt die nominale deutsche Haftungsobergrenze für den jetzigen Rettungsfonds EFSF bei 211 Milliarden Euro. Wenn man EFSF und den neuen Rettungsschirm ESM parallel laufen lässt, wie einige jetzt

vorschlagen, liegt die nominale Haftung bei rund 400 Milliarden Euro. Dazu kämen noch der deutsche Anteil im Internationalen Währungsfonds sowie verschiedene Haftungspositionen, die sich direkt oder indirekt durch die Notenbanken ergeben.

Wer aber glaubt wirklich, dass Deutschland im Ernstfall mal so eben 20 oder 30 % seines jährlichen Bruttoinlandsprodukts über die Grenze schieben kann? Bei guter Konjunktur käme es zu einem Aufstand, bei schlechter zu einem Bürgerkrieg.“

Das ist ein Zitat von Wolfgang Münchau, der früher auch für die von Ihnen eben erwähnte „Financial Times Deutschland“ geschrieben hat.

(Zuruf von der NPD: Wahrscheinlich auch ein Nazi!)

Wahrscheinlich auch ein Nazi nach Ihrer Terminologie.

Es ist deshalb eine zynische und makabre Lüge, wenn die Vertreter der etablierten Parteien gebetsmühlenartig erklären, der Euro würde den Frieden sichern. Jetzt muss ich einmal an die etablierten Fraktionen die Frage richten: Welchen Frieden meinen Sie denn eigentlich? Vielleicht den Frieden auf dem Syntagma-Platz in Athen, wo schon Barrikaden brannten, wo sich regelmäßig Zehntausende von teilweise gewaltbereiten Demonstranten sammeln und in dessen Nähe schon Tote zu beklagen waren, die den bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen zum Opfer fielen? Wollen wir es denn wirklich, dass uns demnächst ähnliche Bilder aus Lissabon, Rom und Madrid und irgendwann auch aus dem Berliner Regierungsviertel erreichen? Wir Nationaldemokraten wollen genau das jedenfalls nicht.

(Lachen des Abg. Thomas Jurk, SPD)

Wenn aber der Gewalt ein Ende bereitet werden soll, dann muss endlich mit dem Ausstieg aus dem Zwangssystem Euro und damit aus einer Währung, die keiner Nation wirklich angemessen ist, begonnen werden. Den ersten Schritt dazu sollte die Staatsregierung bei der Bundesratsabstimmung über den ESM-Vertrag gehen und mit einem Nein Sachsens zu diesem Ermächtigungsgesetz ein unübersehbares Signal gegen den Marsch in die Finanzdiktatur setzen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wünscht ein Abgeordneter das Wort in der zweiten Runde? – Das kann ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsregierung. Wünscht die Staatsregierung das Wort? – Das ist auch nicht der Fall. Wird eine dritte Runde gewünscht durch die NPDFraktion? – Herr Schimmer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich würde jetzt gern noch einmal auf die

Argumentation von Herrn Biesok eingehen, weil er wirklich teilweise ziemlich absurd argumentiert hat.

Also erst einmal: Ausländerfeindliche Geschichten – ich glaube, was wir Nationaldemokraten hier vorschlagen, das sind sowohl ausländerfreundliche als auch inländerfreundliche Geschichten, weil wir ganz genau wissen – was Sie eigentlich auch schon zugegeben haben –, nämlich, dass Griechenland, dass Portugal, dass Italien, dass Spanien, dass Zypern nur dann wieder wettbewerbsfähig werden können, wenn sie endlich wieder nationale Währungen haben, die ihrer wirtschaftlichen Leistungskraft angemessen sind, und auch endlich wieder die Möglichkeit haben abzuwerten, wenn sie in einer wirtschaftlichen Krise stecken.

Insofern ist das, was jetzt die NPD und viele Eurokritiker fordern, im Grunde genommen ein Friedensprojekt. Der Frieden in Europa kann nur erhalten werden, wenn wir aus einem gescheiterten Zwangssystem aussteigen und endlich wieder das natürliche Regulativ der nationalen Währungen einführen, sodass man sich an Boom- oder Krisenphasen endlich wieder mit dem Instrument der Währungsaufwertung und -abwertung anpassen kann. Deshalb ist das keineswegs ausländerfeindlich, was wir hier fordern. Wir sind auch im engen Kontakt mit unseren griechischen Freunden in Athen, die der gleichen Auffassung sind: dass Griechenland aus dem Euro

Zwangssystem heraus muss.

Dann zu Ihrem Beispiel Irland. Tatsächlich hat es in Irland Reformfortschritte gegeben. Das hat zuletzt auch Hans-Werner Sinn in einem langen Interview für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ klargestellt. Aber gleichzeitig hat er gesagt, dass es bislang von allen Krisenstaaten nur in Irland gelungen ist, die Preise so stark abzusenken, dass Irland mittlerweile wieder wettbewerbsfähig ist. Aber in Griechenland, in Portugal, in Italien und Spanien, also in den wirklichen Problemfällen der Europäischen Währungsunion, ist genau dies nicht passiert. Darauf hat Hans-Werner Sinn auch hingewiesen. Es ist doch einfach verlogen und heuchlerisch, sich jetzt gerade diese eine Rosine Irland herauszupicken, wo tatsächlich Reformen gezogen haben, und dann so zu tun, als gebe es die riesigen Problemfälle Italien und Spanien nicht, die auf jeden Fall die Finanzierungs- und Haftungsfähigkeit Deutschlands übersteigen werden.

Dann noch zum Fiskalpakt. Sie haben gesagt, Sie wären auch gegen den ESM, wenn es nicht diesen Fiskalpakt geben würde. Aber dieser Fiskalpakt ist eine reine Mogelpackung, denn die Strafen bei einer Verletzung des Fiskalpaktes sind einfach absurd niedrig. Sie liegen, Herr Biesok, bei 0,1 % des Haushaltsvolumens, wenn ein Staat diesen Fiskalpakt verletzt. Das heißt, jeder Staat wird mit einem höhnischen Grinsen diesen Fiskalpakt verletzen, wenn er weiß, dass er dafür neue Kredite bekommen kann, weil die Strafen so absurd niedrig sind, dass dieser Fiskalpakt natürlich genauso scheitern wird wie der Währungs- und Stabilitätspakt, der im Jahr 1997, also vor dem Eintritt in die Europäische Währungsunion,

noch unter Theodor Waigel beschlossen wurde. Das ist wieder ein weiteres Ablenkungsmanöver, um zu verhindern, dass es den Leuten bewusst wird, dass jetzt gesetzesbrecherisch, rechtsbrecherisch, verfassungswidrig, gegen die europäischen Verträge gerichtet der Weg in die Transferunion eingeschlagen wird.

Ich wundere mich immer, dass Sie sich hier immer alle groß in der Pose derjenigen gefallen, die hier 70 Jahre später den Widerstand gegen längst vergangene Diktaturen leisten. Wo bleibt Ihr Widerstand jetzt, wenn das Budgetrecht des Deutschen Bundestages an eine Luxemburger Zweckgesellschaft abgetreten wird? Wo bleibt Ihr Widerstand gegen ein – das sage ich ganz bewusst – aktuelles Ermächtigungsgesetz? Eines kann ich Ihnen nicht ersparen: Wenn ich Ihre Feigheit und Ihren Opportunismus hier sehe, möchte ich nicht wissen, wie Sie abgestimmt hätten, wenn Sie am 24. März 1933 im Reichstag gesessen hätten und über das damalige Ermächtigungsgesetz hätten abstimmen müssen.

(Beifall bei der NPD – Proteste von mehreren Fraktionen – Zuruf des Abg. Andreas Storr, NPD)

Ihre Feigheit lässt Sie doch alles abnicken!

Gegen die gegenwärtige Zerstörung der deutschen Demokratie haben Sie doch gar nichts einzuwenden. Das sollte Sie wirklich beschämen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Frau Runge, Sie möchten gern vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen. Dazu haben Sie natürlich die Möglichkeit. Frau Dr. Runge, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Im Unterschied zur rechtsextremen NPDFraktion sehen die demokratischen Fraktionen die Lösung der gegenwärtigen Probleme in der Eurozone nicht in der Rückkehr zu den nationalen Währungen. Selbst wenn die Griechen zur Drachme zurückkehren würden, müssten die bestehenden Schulden in Euro zurückgezahlt werden. Damit wären sie noch mehr überfordert als jetzt. Ohne die Hilfestellung und die natürlich notwendigen Strukturreformen, die in einigen Ländern Südeuropas dringend geboten sind, wären sie überhaupt nicht fähig, wieder auf die Beine zu kommen.

Für Deutschland würde die Rückkehr zur nationalen Währung dazu führen, dass wir es mit einer dramatischen Aufwertung der Währung zu tun hätten und damit Hunderttausende Arbeitsplätze in der Exportindustrie vernichtet würden.

Kurz und gut, was Griechenland außer Strukturreformen und Finanzhilfen noch braucht, ist ein Investitionsprogramm im Sinne eines Marshallplanes, welches Wachstum und neue Arbeitsplätze in Griechenland schafft.

Vielen Dank, Frau Dr. Runge.

Bevor Herr Schimmer die Gelegenheit hat, auf die Kurzintervention zu antworten, möchte ich Herrn Schimmer noch mitteilen, dass wir anhand des Protokolls prüfen werden, wie Ihre Aussagen zum Thema Ermächtigungsgesetz im Zusammenhang mit den Abgeordneten des Sächsischen Landtages gewesen sind. Ich behalte mir als amtierender Präsident vor, sollte sich dabei eine Verletzung unserer Geschäftsordnung herausstellen, Ihnen nachträglich einen Ordnungsruf zu erteilen.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP und den GRÜNEN – Holger Apfel, NPD: Sie kündigen es immer nur an und machen es nicht!)

Herr Schimmer, Sie haben natürlich jetzt das Recht, auf die Kurzintervention von Frau Dr. Runge zu antworten.

Besten Dank, Herr Präsident! Im Grunde genommen sind wir uns in manchen Punkten einig. Aber wir glauben eben, dass es viel besser wäre, wenn man das Geld, das jetzt im Rahmen der geschaffenen Transferunion in Richtung Griechenland fließt, teilweise als Starthilfe für ein Griechenland mit einer nationalen Währung verwenden würde. Die Griechen brauchen in der jetzigen Situation vielleicht tatsächlich Hilfe in Form eines Marshallplanes. Wenn wir den Frieden in Europa erhalten wollen, sollten wir aber unbedingt aus dieser Zwangseinheitswährung aussteigen, weil diese die Spannungen noch ins Unerträgliche vergrößern wird.

Wir alle wissen: Die Produktionsstruktur, die Ausstattung mit verschiedenen Kapitalfaktoren, das technologische Niveau, das Produktivitätsniveau von Ländern wie Italien, Spanien, Griechenland kann selbst im Rahmen einer Generation nicht auf das deutsche Niveau angehoben werden. Deshalb funktioniert das mit der Einheitswährung einfach nicht. Wer sich dieser völlig logischen Argumentation verschließt, soll eben weiterhin seiner politischen Religion anhängen, aber er macht sich wirklich an neuen Kriegen in Europa mitschuldig.

Nun noch zum Argument der Aufwertung. Natürlich würde eine Wiedereinführung der D-Mark eine Währungsaufwertung nach sich ziehen. Da gebe ich Ihnen durchaus recht. Aber Sie müssen auch bedenken, dass mittlerweile in der von Hans-Werner Sinn so benannten Basarökonomie Deutschland zu 50 % seine Exportgüter mit importierten Gütern herstellt. Diese ganzen importierten Güter werden im Falle einer Währungsaufwertung natürlich entsprechend billiger, das heißt, die beiden Effekte sind gegenläufig. Der frühere SPD

Wirtschaftsminister Karl Schiller hat sogar von einer Aufwertungsdividende gerade für einkommensschwache Bürger gesprochen, –

Ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

– die im Falle einer Aufwertung der Währung eben gerade den einkommensschwachen Bürgern zugutekommt, die dann weniger für ihre Ölrechnung und für ihren Griechenlandurlaub bezahlen müssen.