Protocol of the Session on March 7, 2012

Zu Ihrer zweiten Frage: Es ist richtig, dass der Straßenverkehr eine wesentliche Quelle für die Belastung ist. Auf der anderen Seite muss man sich fragen, ob man Bereiche mit einer Umweltzone belegen sollte, wo Straßenverkehr in dieser Dimension gar nicht stattfindet. Für den Handel und alle Menschen, die mit ihren Fahrzeugen in die Stadt fahren müssen, ergibt sich sehr wohl eine Belastung.

(Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Nennen Sie doch mal einen Stadtteil!)

Herr Meyer, Sie gestatten noch eine Zwischenfrage?

Frau Jähnigen, bitte.

Vielen Dank! – Herr Meyer, folgende Frage an Sie: In Leipzig sind durch die ÖPNVKürzung bei den Betriebsmitteln und den Investitionsmitteln wesentliche Maßnahmen, die eigentlich zur Entlastung geplant waren, nicht möglich geworden.

(Staatsminister Sven Morlok: Das ist doch gar nicht wahr!)

Zweitens sind ÖPNV-Angebote gekürzt worden.

Ihre Frage, bitte.

Die Frage folgt daraus sogleich. – Drittens wissen wir, dass durch den Bau des Tunnels eine Vollsperrung erforderlich ist und Schienenersatzverkehr gefahren werden muss.

Welche Vorstellungen haben Sie mit Ihrer Fraktion, um das Umweltproblem in Leipzig in den nächsten Jahren in den Griff zu bekommen?

Das ist eine sehr breit gefächerte Frage, die sich jetzt nicht kurz beantworten lässt. – Natürlich hat man nicht nur Leipzig im Fokus. Auch in Dresden wird umfangreich gebaut, was Belastungen zur Folge hat. Gleiches gilt für Görlitz. Wenn Sie die Diskussion auf Leipzig fokussieren und argumentieren, das sei alles notwendig, weil gebaut werde und irgendwo Mittel

gekürzt würden, dann kann ich das nicht ganz nachvollziehen.

(Kerstin Köditz, DIE LINKE: Wer hat denn in Leipzig damit angefangen?)

Ich würde gern meinen Redebeitrag fortsetzen.

Bitte.

Entscheidend ist die Feststellung, dass nicht nur der Verkehr eine Quelle der Feinstaubbelastung ist, sondern insoweit auch das Wetter eine wesentliche Rolle spielt. Wir wissen: Je trockener es ist, desto höher fällt die Feinstaubkonzentration aus. Das ist nun einmal so.

Die Umweltzone ist dann eine sinnvolle Maßnahme, wenn der PM-10-Tagesgrenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten wird. Man muss auch konstatieren, dass das nur bei geringfügigen Tagen sinnvoll ist. Wir müssen das ganze Jahr betrachten. Wenn es sich aber nur um eine teilweise Belastung handelt, stellt sich wirklich die Frage, ob eine Umweltzone dort eine sinnvolle Maßnahme ist.

Andere Maßnahmen, die in Summe viel mehr Wirkung als Umweltzonen entfalten können, sind schon angesprochen worden. Ich nenne beispielhaft Maßnahmen zur Verkehrsverstetigung, die „Grüne Welle“, Tempo-30Zonen. Es darf nicht zu viel Stillstand geben; denn gerade in der Anfahrphase werden viele Emissionen freigesetzt. Ein weiteres Thema ist die „grüne Logistik“; Ziel ist die Bündelung von Verkehren. Das Jobticket ist auch eine sinnvolle Maßnahme, über die man sprechen kann. Es wäre falsch, wenn man sich zu sehr auf eine Umweltzone konzentrieren würde, bei deren Zuschnitt man sich wirklich fragen muss, ob sie zielführend ist.

Wir müssen über die gesamte Thematik reden. Im Zweifelsfall müssen wir auch über Umweltzonen sprechen. Notwendig ist jedoch – ich sagte es eingangs – eine genaue Verursacheranalyse. Wenn diese nach Abwägung aller anderen Maßnahmen zu dem Ergebnis kommt, dass die Einrichtung einer Umweltzone notwendig ist, dann muss man auch darüber reden. Aber die brutale, flächendeckende Proklamation von Umweltzonen ist aus meiner Sicht nicht der richtige Ansatz. Ich denke, dass gerade die Landeshauptstadt Dresden mit ihrem Ansatz, ohne Umweltzone auszukommen, auf dem richtigen Weg ist. Wir werden sehen, wie sich das entwickelt.

Für uns ist eines entscheidend – Kollege Hauschild hat es gesagt –: Wir wollen den Lebensraum der Menschen in der Stadt attraktiv gestalten. Es sind viele andere Maßnahmen zu treffen. Umweltzonen sind an dieser Stelle – Leipzig zeigt es – nicht zielführend.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Staatsministers Sven Morlok – Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Frau Dr. Pinka, Ihr Wunsch?

Eine Kurzintervention.

Bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr Meyer, Sie führten gerade aus, dass es verschiedene Verursacher von Feinstaub gibt.

Es entspricht nicht der Wahrheit, dass das Wetter dafür verantwortlich gemacht werden kann, dass Feinstaub entsteht, sondern in diesem Vortrag, den ich Ihnen vorhin ans Herz legen wollte, wurden die Hauptemittenten für Feinstaub in Sachsen 2008 ausgemacht. Der Straßenverkehr war für Feinstaub mit Partikelgröße < 2,5 Mikrometer zu 45 %, Haushalte zu 26 % und Großfeuerungsanlagen zu 16 % verantwortlich. Von daher möchte ich Ihnen ans Herz legen, sehen Sie sich die Hintergrundwerte für Leipzig an, die durch Großfeuerungsanlagen bestimmt sind.

Denken Sie darüber noch einmal nach, bevor Sie auf Energiegipfeln zusammensitzen, ob Sie tatsächlich eine neue Großfeuerungsanlage in der Nähe von Leipzig befürworten können, die zusätzlichen Feinstaub in Richtung der Großstadt bringen würde.

(Beifall bei den LINKEN – Stephan Meyer, CDU, steht am Mikrofon.)

Herr Meyer, möchten Sie erwidern?

Ja, Herr Präsident. Wer zuhören kann, ist klar im Vorteil, Frau Dr. Pinka. Ich habe natürlich nicht gesagt, dass das Wetter für den Feinstaub verantwortlich ist.

(Kerstin Köditz, DIE LINKE: Doch!)

Ich habe gesagt, dass das Wetter für die Feinstaubkonzentration eine Rolle spielt. Je trockener es ist, desto höher ist die Konzentration. Es ist klar, dass die anderen Quellen, die ich eingangs nannte, auch eine Rolle spielen, aber ich habe nicht gesagt, dass das Wetter den Feinstaub hervorruft. Das ist völliger Unsinn.

Das war die Erwiderung. Jetzt frage ich die FDP-Fraktion, ob sie das Wort wünscht. – Herr Hauschild, bitte.

Sehr geehrte Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Sache kann ich nun gar nicht verstehen: dass hier von drei Fraktionen gesagt wurde, dass selbstständige Handwerksmeister zur bildungsfernen Schicht gehören würden. Selbst wenn alle Stühle im Hohen Hause besetzt wären, haben wir nur vier selbstständige Handwerker hier. Das ist wohl eher ein schlechtes Zeichen für dieses Haus, als dass es ein gutes Zeichen wäre. Wir haben unsere Erfahrungen nicht nur durch Bildung sondern auch durch Lebenserfahrung

gesammelt, nicht nur hinter dem Schreibtisch, sondern draußen auf der Straße. Wir wissen, was wirklich los ist. Das muss ich hier ganz klar sagen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Panter, wenn Sie sagen, dass in Leipzig kein einziges Unternehmen insolvent geworden ist, sage ich, es gab eine Ad-hoc-Umfrage unter den Leipziger Unternehmern dazu, wie sie mit der Umweltzone zurechtgekommen sind. 38 % der befragten Unternehmer haben gesagt, dass sie wegen der Auswirkungen der Umweltzone in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind. Zum Glück ist keiner in Insolvenz gerutscht. Zum Glück sind keine Arbeitsplätze verlorengegangen. Aber es kann doch nicht das Ziel sein, dass man leichtsinnig in Kauf nimmt, dass unsere Familienbetriebe, die mit Haus und Hof dafür geradestehen, in Schwierigkeiten geraten, weil wir uns als Feigenblatt eine Umweltzone nehmen.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU – Beifall des Staatsministers Sven Morlok)

Frau Pinka und Herr Meyer, Sie sagten, wir müssen den Verkehr reduzieren. Ein Großteil der Feinstaubbelastung, egal, in welcher Partikelgröße das nun sein mag, kommt von außerhalb. Sie selbst sprachen von der Inversionswetterlage. Aber wir können doch nicht polnischen Industriebetrieben, die zum Beispiel in der letzten Zeit dafür verantwortlich waren, dass die Feinstaubbelastung in Bautzen höher war, vorschreiben, dass sie bitte schön ihre Produktion drosseln oder bestimmte Maßnahmen ergreifen sollen.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Wir müssen mit unseren Maßnahmen zurechtkommen und nicht nur auf die Feinstaubgeschichte fokussieren, sondern die Lebensqualität insgesamt betrachten.

Herr Hauschild, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Frau Dr. Pinka, bitte.

Vielen Dank. – Herr Hauschild, können Sie sich vorstellen, dass Polen, wenn es in der Europäischen Union ist, europäische Rahmenrichtlinien und Forderungen umsetzen muss und dass es im Gegenteil sogar zielführend wäre, wenn unser Umweltminister auf unsere Nachbarn zugehen würde?

Frau Pinka, ich könnte mir das sehr gut vorstellen, muss aber mit einer Gegenfrage antworten: Können Sie sich vorstellen, dass ein anderes Land als Deutschland – vielleicht sogar Polen – mit so einer blöden grünen Plakette kommen würde, mit der kein Ausländer, kein Tourist etwas anfangen kann und nicht weiß, wo er sie herbekommt, was er damit machen soll

und wie das gemeint ist, nur um irgendwelche Auflagen zu erfüllen, die so nie gestellt wurden?

(Beifall bei der FDP)

Herr Hauschild, Frau Dr. Pinka kann hierauf nicht antworten. Ist Ihre Frage beantwortet?