Protocol of the Session on March 7, 2012

Territorium des Freistaates Sachsen aufhalten. Glauben Sie nicht, dass in einem solchen Fall das Landeskriminalamt in eigener Zuständigkeit dafür sorgen muss, dass diese Verbrecher in den Knast gebracht werden?

Sehr geehrter Kollege Lichdi! Ich war nicht dabei, als das passiert ist, und Sie waren nicht dabei. Wir kennen beide die Berichte, die wir hatten, und ich glaube nicht, dass wir es heute in einem Untersuchungsausschuss besser rekonstruieren können, als es bislang in der Chronologie, die „Der Spiegel“ veröffentlicht hat, im Wesentlichen schon geschehen ist. Ich denke nicht, dass wir einen Erkenntnisgewinn haben werden, wenn wir uns hier in einem Untersuchungsausschuss die Sache noch einmal ansehen oder wenn wir diese Vorgehensweisen, die über zehn Jahre zurückliegen, hier noch einmal parlamentarisch aufarbeiten.

(Beifall bei der FDP)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage von Herrn Lichdi?

Selbstverständlich.

Herr Lichdi.

Vielen Dank, Herr Kollege Biesok. – Dann möchte ich die Frage nicht auf diese konkreten Fälle in Zwickau und Chemnitz im Jahr 2000 beziehen, sondern sie abstrakt stellen: Halten Sie es nach dem Sächsischen Polizeigesetz für erforderlich, dass sächsische Polizeibehörden, wenn sie davon Kenntnis erhalten, dass gefährliche Straftäter, die im Besitz scharfer Bomben sind, in Sachsen festgesetzt werden, oder halten Sie es nicht für erforderlich?

Ich weiß nicht, ob das Sächsische Polizeigesetz die Ermächtigungsgrundlage ist. Ich glaube eher, dass es die Strafprozessordnung ist. Aber selbst zur Gefahrenabwehr, denke ich, ist das in Ordnung.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ich denke, es ist notwendig, wenn jemand Bomben hier im Freistaat Sachsen hat, dass diese dann auch aufgefunden werden müssen.

Vielen Dank.

Deshalb muss man sich fragen: Was ist tatsächlich dort gewesen, und wo kann man das am besten fragen? Darauf hat Herr Kollege Schneider schon einige Antworten gegeben. Wir haben Untersuchungskommissionen auf Bundesebene, wir haben auch Kontrollgremien auf Landesebene, und dort werden diese Fragen zu beantworten sein.

(Sabine Friedel, SPD: Warum ist das nicht passiert, das ist die Frage!)

Um zum Untersuchungsausschuss zurückzukommen: Wir müssen uns die Frage stellen: Hat der Verfassungsschutz versagt? Ich habe in diesem Parlament schon einiges dazu

gesagt, was ich darüber denke. Wie können wir das überprüfen? Wir haben eine Parlamentarische Kontrollkommission. Ich weiß, viele werden jetzt sagen, es sei nicht die richtige, und von einigen Oppositionsparteien wird geltend gemacht, sie sei nicht gut dabei. Aber wir haben uns in acht Sitzungen sehr intensiv damit beschäftigt. Gerade Frau Köditz hat sich dort hervorgetan, ohne das Beratungsgeheimnis zu brechen. Mit einer profunden Kenntnis hat sie nachgefragt, und die Staatsregierung hat die Fragen beantwortet. Dort wird Aufklärung betrieben. Ein Untersuchungsausschuss wird nicht mehr Kompetenzen haben als die Parlamentarische Kontrollkommission.

(Zurufe der Abg. Bartl, DIE LINKE, und Sabine Friedel, SPD)

Ich möchte die Diskussion über die geschwärzten Seiten einmal von zwei Seiten betrachten. Ich weiß es nicht, da ich beim letzten Mal nicht anwesend war, wie viele Seiten geschwärzt werden, wenn es sich um geheime Dokumente handelt. Ich habe den Eindruck: Entweder werden im Landesamt für Verfassungsschutz demnächst Tonerkartuschen mit schwarzem Papier produziert, um den erforderlichen Informantenschutz zu gewährleisten. Diese Akten werden an den Untersuchungsausschuss geliefert.

Herr Kollege Lichdi wird sofort aufschreien und sagen: Die Staatsregierung versucht zu vertuschen, indem sie alles schwärzt, und kein Mikro auslässt, um das in der Öffentlichkeit zu machen. Dann haben wir entsprechend die Vertraulichkeit mit dabei.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Oder wenn das nicht der Fall sein sollte, wie es soeben diskutiert wurde, indem die Akten offengelegt werden, dann ist es in der Tat eine herzliche Einladung an die NPD.

(Zuruf des Abg. Dr. Volker Külow, DIE LINKE)

Wer meint, der Untersuchungsausschuss könne tatsächlich das Landesamt für Verfassungsschutz überprüfen und die Akten müssten offengelegt werden, der gibt der NPD ein Einfallstor: Schaut euch an, wie ihr und eure Verbündeten im Kampf gegen die Demokratie – die freien Kräfte, die Kameradschaften, die Nachfolger von „Skinheads Sächsische Schweiz“ und von „Sturm 34“, die Nachfolger von „Hammerskin“ und „Blood & Honour“ – beobachtet werden! Analysiert in geheimen Sitzungen im Keller des Landtages genau, was ein Verfassungsschutz leisten kann und was nicht! Richtet euer verfassungsrechtliches Treiben darauf ein und kämpft weiter gegen eine offene, demokratische und freiheitliche Gesellschaft!

Genau diese Einladung, Herr Bartl, Frau Friedel und Herr Jennerjahn, sprechen Sie aus. Herr Kollege Apfel, Sie werden diese dankbar annehmen. Dessen bin ich mir ziemlich sicher.

Wenn vor Ihrem Abgeordnetenbüro nächstes Jahr zu Weihnachten eine Kiste mit deutschem Wein steht mit einer Karte eines anonymen Absenders, auf der steht „Danke“, dann wissen Sie, wer der Absender ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD – Zurufe von den LINKEN: Das ist fies!)

Ich gönne Ihnen den Wein. Aber ich gönne Ihnen eines nicht: dass Sie die Arbeit der Sicherheitsbehörden hier im Freistaat Sachsen schwächen. Das tun Sie.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Welcher V-Mann wird Vertrauen zum Landesamt für Verfassungsschutz haben, wenn er anschließend weiß, dass genau die Leute, die aus dem rechten Spektrum kommen, die Akten kontrollieren, in denen er dann selbst steht? Es wird keiner sein, und damit schwächen Sie die Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Herr Bartl, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Vielen Dank, Kollege Biesok, dass Sie die Frage zulassen. Kollege Biesok, geben Sie mir darin recht, dass das Untersuchungsausschussrecht des Parlaments sich vor allem deshalb entwickelt hat und ausgeprägt ist, weil es in den Fällen eingesetzt werden soll, wo es ein evidentes Interesse der Öffentlichkeit an Informationen gibt? Geben Sie mir recht, dass die PKK dieses mentale Interesse der Öffentlichkeit nicht befriedigen kann und dass deshalb ein Untersuchungsausschuss auch unter dem Aspekt der hier zu untersuchenden Fragen, ob es behördliche Missstände gibt – das kann uns weder Berlin, noch Jena oder Erfurt besorgen –, das einzige Instrument ist, welches der Bevölkerung die Möglichkeit gibt, an der Aufklärung der Fragen wie Behördenversagen, Staatsverschulden zu partizipieren?

Herr Kollege Bartl, ich denke, die Informationen, die wirklich zur Aufklärung beitragen, sind geheim. Sie erwecken damit bei der Bevölkerung eine Erwartungshaltung, die Sie nicht erfüllen können.

Das haben wir vorhin schon sehr deutlich diskutiert. Wenn wir uns über Fehler oder Missstände unterhalten oder darüber, was schiefgelaufen ist, dann ist meines Erachtens am wichtigsten zu schauen: Hat in der Zusammenarbeit unserer föderale Struktur mit 16 Landesämtern für Verfassungsschutz, 16 Landeskriminalämtern und unserer Bundesbehörden, hier das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt, etwas nicht funktioniert? Das zu klären ist Aufgabe des Bundes. Dafür gibt es den Bundesuntersuchungsausschuss und für diesen haben wir als FDP-Fraktion im Bundestag gestimmt.

(Beifall bei der FDP)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Bitte.

Kollege Biesok, geben Sie mir recht, dass von den insgesamt zwölf Banküberfällen unter Waffengewalt in Sachsen ein einziger vom Generalbundesanwalt an sich gezogen worden ist? Können Sie erklären, ob es irgendwo geheim zu haltende Gründe gibt zu untersuchen, weshalb die Sicherheits- und Ermittlungsbehörden des Freistaates Sachsen es nicht fertig gebracht haben, diese Banküberfälle aufzuklären, obwohl Profiler nach dem dritten Banküberfall darauf aufmerksam gemacht haben, dass vieles darauf hindeutet, dass die entsprechenden Handlungen aus dem rechtsterroristischen Zentrum kommen?

Herr Kollege Bartl, Sie wollen keine Banküberfälle aufklären, sondern Sie wollen den NSU aufklären.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Wenn Sie einen Untersuchungsausschuss beantragen, unaufgeklärte Banküberfälle in Sachsen aufzuklären, wäre ich sofort mit dabei.

(Hä? von den LINKEN – Weitere Zurufe – Miro Jennerjahn, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Herr Jennerjahn möchte auch eine Zwischenfrage stellen.

Bitte, Herr Jennerjahn.

Vielen Dank. Herr Kollege Biesok, ist Ihnen bekannt, dass mutmaßlich zehn Banküberfälle in Sachsen von Mitgliedern des NSU begangen und dort erbeutete Gelder mutmaßlich zur Finanzierung des Lebens im Untergrund verwendet wurden? Ist Ihnen das bekannt?

Diese Mutmaßungen sind mir bekannt. Ob es tatsächlich so gewesen ist, ist Aufgabe der Justiz. Sie muss das aufklären. Das wird in rechtsstaatlichen Verfahren entsprechend aufgeklärt.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Widerspruch von den LINKEN und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Sie schwächen mit Ihrem Untersuchungsausschuss noch einen weiteren Punkt: Wir haben mit sehr viel Mühe Aussteigerprogramme hier in Sachsen aufgelegt, um Personen zu ermutigen, aus der rechten Szene auszusteigen und ihr Wissen den Sicherheitsbehörden preiszugeben. Wie soll ein Aussteiger heute seine Sicherheit haben, dass, wenn er aussteigt, seine