Der Vorwurf, dass wir den Doppelhaushalt nur mit einer Entnahme aus der Rücklage aufstellen konnten, geht ins Leere.
Zum Vorwurf der sozialen Kälte möchte ich meinen Lieblingsspruch bringen: Sozial ist nur der, der dafür sorgt, dass es etwas zu verteilen gibt. Und das ist die CDU!
Jetzt spricht für die Staatsregierung Herr Staatsminister Prof. Unland. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach Auffassung der Staatsregierung besteht keine Verpflichtung, einen Nachtragshaushalt oder eine aktualisierte mittelfristige Finanzplanung vorzulegen.
(Heiterkeit bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Dann müsst ihr eine ziehen!)
Es gibt aber mehrere Gründe, warum wir diese Verpflichtung nicht sehen. Es ist vorhin schon angesprochen worden: Nach § 33 der Sächsischen Haushaltsordnung ist ein Nachtragshaushalt bis spätestens Ende des Haushaltsjahres einzubringen.
Den Nachtragshaushalt für 2011 entsprechend der Forderung der Antragsteller bis spätestens zum 1. Februar 2012 einzubringen, wäre damit unzulässig.
Zulässig wäre also nur ein Nachtragshaushalt für 2012. Aber auch dafür liegt keine hinreichende Begründung vor.
Dazu müssen wir uns an die Entstehungsgeschichte der haushaltsrechtlichen Regelung für den aktuellen Doppelhaushalt erinnern. In den Beratungen zum Doppelhaushalt
2011/2012 mussten wir vor allem die Investitionsausgaben und die Rücklagen kürzen, um auf sinkende finanzielle Spielräume zu reagieren. Darauf hat der Haushaltsgesetzgeber eine Antwort gefunden. Er hat entsprechende Regelungen im Haushaltsgesetz und im Haushaltsplan getroffen. Eventuelle Steuermehreinnahmen sind danach vorrangig für Investitionen und Rücklagen zu verwenden.
Dies ist wichtig für Sachsen. Wie Sie wissen, muss sich der Freistaat Sachsen auf eine kontinuierliche Absenkung des Einnahmenniveaus bis 2020 einstellen. Das ist vorhin schon debattiert worden. Dem sinkenden Einnahmenniveau stehen aber nach wie vor größtenteils konstante oder dynamisch wachsende Ausgabenbereiche gegenüber.
Aufgrund der sinkenden finanziellen Spielräume sowie des Bevölkerungsrückganges müssen wir strukturelle Maßnahmen einleiten und damit die Ausgaben langfristig an die zurückgehenden Einnahmen anpassen, aber auch Rücklagen bilden. Damit erhalten wir die Möglichkeit, auch in schwierigen Wirtschaftszeiten die nachhaltige Entwicklung des Landes voranzutreiben und sicherzustellen.
Die Schuldenkrisen in den Euro-Ländern, in Japan und den USA und, und, und sind noch lange nicht ausgestanden und bergen ein erhebliches Risiko für die Konjunktur und somit für die Einnahmenentwicklung des Freistaates Sachsen. Zu der vorausschauenden Politik, die Sachsen seit jeher auszeichnet, gehört aber auch, dass Vorsorge getroffen wird. Eine Erhöhung von langfristig wirkenden strukturellen Ausgaben lehne ich deshalb ab.
Die Steuereinnahmen wurden im Doppelhaushalt 2011/12 nicht pessimistisch veranschlagt, sondern korrekt den Haushaltsgrundsätzen der Haushaltswahrheit und -vollständigkeit entsprechend. Steuereinnahmen hängen von der nicht präzisen, voraussehbaren gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ab.
Die Veranschlagung ist deshalb naturgemäß schwierig, sie basiert, wenn wir ehrlich sind, auf einer Schätzung. Sie beruhte aber auf vernünftigen Erwägungen. Insoweit steht der Staatsregierung auch ein Einschätzungsspielraum zu.
Durch die Umsetzung des Haushaltsvermerks wird das parlamentarische Budgetrecht nicht untergraben. Den Rahmen für die Einbringung eines Nachtragshaushaltes hat das Bundesverfassungsgericht festgelegt. Hat der Gesetzgeber den Haushaltsplan durch das Haushaltsgesetz festgelegt, so darf die Staatsregierung bei der Ausgabe von Haushaltsmitteln die Haushaltsansätze nicht überschreiten. Erweisen sich die Haushaltsansätze als zu gering oder ergeben sich sachliche Bedürfnisse, die das Haushaltsgesetz überhaupt nicht berücksichtigt hat, dann besteht für die Staatsregierung die verfassungsrechtliche Pflicht, eine Änderungsvorlage zum Haushaltsplan einzubringen. Ein solches sachliches Bedürfnis für einen Nachtragshaushalt vermag ich nicht zu erkennen.
Der Nachtragshaushalt hat auch nicht das Ziel, den festgelegten Haushaltsplan bei zwischenzeitlich eingetre
tener veränderter Entwicklung jeweils auf den neuesten Stand zu bringen. Ausgehend von Artikel 93 der Sächsischen Verfassung bezieht sich das sachliche Bedürfnis auf die Höhe der veranschlagten Ausgabeansätze. Geänderte Rahmenbedingungen, wie sie in Nummer 2 der Begründung benannt werden, die keine unmittelbaren Auswirkungen auf Ansätze und Ausgaben haben, begründen von daher kein sachliches Bedürfnis; denn die Ansätze im Haushaltsplan sind auch vor dem Hintergrund der geänderten Rahmenbedingungen vollständig und wahrheitsgemäß abgebildet.
Dass im vorliegenden Haushaltsplan aus Sicht der Opposition drastische Fehlentscheidungen, wie es zum Beispiel in der Nummer 3 der Begründung dargestellt wird, zugrunde liegen, spiegelt die Wertung der Opposition bezüglich des Haushaltsplans und der mit ihm getroffenen politischen Grundentscheidung wider.
In Ihrem letzten Punkt, wonach sich die Staatsregierung im Bundesrat gegen die geplante Steuersenkung aussprechen möge, darf ich Sie an die Debatte hier im Hohen Hause im November erinnern. Die Haushaltskonsolidierung muss oberste Priorität haben, aber Änderungen im Steuertarif sind sinnvoll, um das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum der Besteuerten zu schützen und die Auswirkungen der kalten Progression zu mindern.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Meine Damen und Herren! Die Aussprache ist beendet. Das Schlusswort hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Frau Abg. Hermenau, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Herr Finanzminister Unland, im Jahr 2009 – es war Wahlkampf; man kam nicht drum herum – habe ich öffentlich problematisiert, dass Sie für 2010 eine Unterfinanzierung, eine Deckungslücke von circa 1 Milliarde Euro haben. Es gab eine Diskussion über Privatisierungserlöse. Ich erinnere mich daran sehr ausführlich und nehme an, Sie auch. Als Beispiel nenne ich das Gestüt Moritzburg; Sie wissen, wovon ich rede.
Der Ministerpräsident und auch Sie haben das im Jahr 2009 belächelt. Der Koalitionsanwärter hat eher dazu gegrinst. 2010 kamen Sie auf einmal mit der 1,7Milliarden-Euro-Sparkeule heraus, bei der das ganze Land erschrocken zusammenzuckte und dachte, das Abendland gehe unter. Nach den Verhandlungen kamen
wir dann bei circa 1 Milliarde – sogar darunter – an. – So viel zu dem Thema: Was ist vertrauensbildend?
Was ist vertrauensbildend? Wenn ich mich erinnere, wie in der Schlussveranstaltung der Haushaltsberatung den kommunalen Spitzenverbänden noch einmal „auf den Kopf getitscht“ worden ist, dann stelle ich fest, dass das auch nicht vertrauensbildend war. Vielleicht müssen Sie deswegen jetzt die 31 Millionen Euro nachschießen.
2011: Die SäHO setzt uns kurze Zeiten und Fristen. Im Antrag steht drin: bis zum Jahresende. Damit ist 2011 gemeint. Später wird gesagt als Sorgfaltspflicht für Beamte: Für 2012 hätte Februar noch gereicht. Aber, Sie hätten in 2011 zum Beispiel ihre APL/ÜPL hineintun können und Ihr Kommunalpaket. Das hätten wir alles besprechen können; das wäre möglich gewesen.
Ich denke, ein Antrag auf Nachtragshaushalt im nächsten Jahr kommt wahrscheinlich immer wieder. Mario Pecher hat vorhin eine Andeutung gemacht, die ich gut nachvollziehen kann. Das ist wieder ein Anlass. Ich denke, das kommt immer wieder und es gibt jeden Tag im Jahr 2012 einen gültigen Termin dafür. Das hat einfach damit zu tun, dass er in dem Jahr gestellt werden muss, in dem der Haushalt, der betroffen ist, stattfindet.
Auch wenn Sie, Herr Michel, argumentiert haben, es gebe eine Rechtsprechung, was 8 % Steuermehreinnahmen und sachliche Bedürfnisse beträfe, gehe ich davon aus, dass ostdeutsche Haushalte ein Sonderrecht haben, das darin besteht, weil sie so hohe Zuschusshaushalte von außen sind. Deshalb denke ich, dass wir hier ganz schnell zu anderen Einschätzungen kommen werden. Ich bin
richtig daran interessiert, das Ganze mal auszutesten. Dann haben wir alle miteinander Klarheit und sehen, wo wir Mitte des nächsten Jahres stehen. Wie gesagt, dann wird auch der Bund seinen Nachtragshaushalt machen, und zwar aus erkennbaren und guten Gründen.
Eines möchte ich nicht mehr hören, meine Damen und Herren von der CDU: Wenn ich durch das Land fahre und in den Wahlkreisen bin, bekomme ich ständig zu hören: Der oder die zuständige Wahlkreisabgeordnete von der CDU sagt immer, er oder sie könne nichts dafür, wenn so viel gespart werden müsse. Die Regierung hätte das entschieden.
Das stimmt so nicht. Sie entscheiden über das Budget und Sie hätten den Nachtragshaushalt machen können. Lassen Sie sich dabei ja nicht erwischen! Das werden wir im Internet veröffentlichen – das sage ich Ihnen!
(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD – Zurufe von den LINKEN – Christian Piwarz, CDU: Wir verstecken uns nicht!)