Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage die Staatsregierung. Der
Finanzminister ist zurzeit nicht anwesend. Frau Staatsministerin, Sie vertreten ihn jetzt und haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Seitdem sich die JVA Chemnitz-Kaßberg in der Verwaltung des Staatsbetriebes SIB befindet, wurden die Nachnutzungsmöglichkeiten durch den Freistaat Sachsen umfassend geprüft. Eine Nachnutzung durch den Freistaat selbst war jedoch nicht sinnvoll möglich. Der Staatsbetrieb SIB wurde daher mit der Vermarktung dieser Immobilie beauftragt.
Die Staatsregierung ist sich aber auch folgender Tatsachen bewusst: Erstens. Der historischen und politischen Bedeutung der ehemaligen JVA Chemnitz in ihrer wechselvollen Geschichte. Zweitens. Der unbestritten exponierten Lage mitten in Chemnitz. Daraus ergeben sich folgende Aufgaben: Eine große und stark sanierungsbedürftige Immobilie wie diese braucht ein finanzierbares und zukunftsorientiertes Nachnutzungskonzept. Eine künftige Gesamtentwicklung ist nur gemeinsam mit einem starken Investor möglich. Die bisherigen Gespräche im Rahmen der Vermarktungsbemühungen haben gezeigt, dass durchaus verschiedene Interessen und Ideen in ein Gesamtkonzept Eingang finden können. Die Überlegungen sind noch nicht abgeschlossen und werden ergebnisoffen geführt.
Die Staatsregierung hat auch die Überlegungen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Herrn Roland Jahn, aufgenommen. Sie wird sich diesen Überlegungen nicht verschließen. Konkrete und verbindliche Anfragen und Angebote der Bundesregierung liegen allerdings noch nicht vor.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die geschichtliche und politische Vergangenheit Sachsens soll dauerhaft in Erinnerung bleiben.
Dies ist jedoch nicht allein Aufgabe des Landes. Dazu sind alle aufgerufen. Ein Nachdenken über verschiedene Konzepte muss auch nicht bedeuten, dass die Vermarktung verschoben werden muss. Wir werden versuchen, eine gemeinsame Lösung mit den Investoren zu suchen.
Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Das Schlusswort hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Abg. Giegengack, bitte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte hier noch einmal ganz deutlich zum Ausdruck bringen und auch, dass das explizit im Protokoll so vermerkt wird: Es war nicht unsere Intention, diese Gedenkstätte auf die DDR-Zeit zu verengen, sondern wir möchten sie, genauso wie es auch in der Begründung für unseren ursprünglichen Antrag steht, in Bezug auf beide Diktaturen zum Gedenkort machen. Vor diesem Hintergrund bitte ich ganz herzlich um die Zustimmung des Landtags.
Meine Damen und Herren! Es liegt ein Änderungsantrag in der Drucksache 5/7548 vor. Ich gehe davon aus, dass dieser Änderungsantrag den ursprünglichen Antrag ersetzt, sodass wir über diesen abstimmen. Meine Damen und Herren! Wer diesem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen ist dem Antrag mit großer Mehrheit zugestimmt worden.
Die Fraktionen können wie folgt Stellung nehmen: NPD, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Wir beginnen mit der Aussprache. Für die NPD spricht Herr Abg. Dr. Müller.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Das Volk ist frei geboren, ist frei und liegt doch überall in Ketten.“ Dieses Wort Rousseaus aus seinem berühmten Buch vom Gesellschaftsvertrag ist nun mittlerweile 249 Jahre alt. An seiner
Aktualität hat sich aber rein gar nichts geändert, außer vielleicht der Umstand, dass die Ketten viel raffinierter und weniger sichtbar geworden sind. Die Ketten unserer Gegenwart bestehen in einer faktischen Allmacht der Parteien, Medien und Verbände und diese wiederum bewirken sehr wirkungsvoll die Entmündigung des Volkes.
Aus dem Absolutismus der Fürsten und Könige ist heute ein Absolutismus der politischen und medialen Klasse
geworden. Dies wurde vom Speyerer Spitzenpolitikwissenschaftler Hans-Herbert von Arnim in seinem 1993 erschienenen Buch „Staat ohne Diener“ auf folgende prägnante Formel gebracht: „Das Grundübel unserer Demokratie liegt darin, dass sie keine ist. Das Volk, der nominelle Herr und Souverän, hat in Wahrheit nichts zu sagen. Besonders krass ist es auf der Bundesebene entmündigt, obwohl gerade dort die wichtigsten politischen Entscheidungen fallen.“ Prof. von Arnim hat damit das größte staatsstrukturelle Defizit einer rein repräsentativen Demokratie auf eine eingängige Formel gebracht.
In einer repräsentativen Demokratie, wie dies die Bundesrepublik Deutschland ist, finden zwar alle vier bis fünf Jahre Wahlen statt. Aber insbesondere in Deutschland steht den Wählern regelmäßig eine Koalition aller etablierten Politiker und Parteien gegenüber, die sich in den grundlegenden Fragen einig sind. „Eine wichtige politische Frage erkennt man in Deutschland daran, dass sie aus dem Wahlkampf herausgehalten wird.“ Dieses Zitat ist in Deutschland zu Recht zu einem geflügelten Wort geworden. Egal, ob Zuwanderung oder Euroeinführung, ob Bioethik oder Abtreibung, ob Eurorettungsschirme oder Bankenrettungspakete, ob Türkeibeitritt zur EU oder Rechtschreibreform, egal, ob es die Abgabe des Budgetrechts des Deutschen Bundestages an eine Luxemburger Zweckgesellschaft und damit die Einrichtung einer Finanzdiktatur oder die Ratifizierung wichtiger EUVerträge wie die von Maastricht, Lissabon oder Nizza betrifft – alle zentralen Themen und Überlebensfragen von Gegenwart und Zukunft gehören angeblich nicht in den Wahlkampf, und abstimmen darf das Volk über sie ohnehin nicht.
So kommt es, dass in Deutschland der Kult des Unpolitischen als das vermeintlich Bessere gepflegt und ein produktiver Meinungsstreit über elementare politische Fragen praktisch komplett unterbunden wird. Keine politische Kultur eines europäischen Nachbarlandes ist so verkorkst und so von Denkverboten geprägt wie die deutsche. Wir Nationaldemokraten sind der Auffassung, dass der wohl wichtigste Ansatz, um den zunehmenden Kartellisierungstendenzen bei der Ausübung politischer Macht zu begegnen, die Einführung und Stärkung direktdemokratischer Elemente im politischen System ist.
Dabei funktioniert direkte Demokratie ganz hervorragend, wie ein Blick über die Grenzen in unsere Nachbarländer zeigt. Nicht nur in der Schweiz und in Liechtenstein als zwei europäischen Ländern, in denen Formen direkter Demokratie schon seit Langem bestehen, auch in Großbritannien, Österreich, Schweden, Spanien, Dänemark, Irland, Italien, den Niederlanden und Frankreich gab es in den vergangenen Jahrzehnten Referenden auf nationaler Ebene zu wichtigen politischen Fragen.
Alle Vorurteile, die in Deutschland gegen die Volksgesetzgebung geschürt werden, haben sich übrigens nicht bestätigt. Direkt-demokratische Elemente erhöhen die Akzeptanz politischer Entscheidungen und führen zu einem höheren politischen Bildungsniveau, da jeder
gezwungen ist, sich auch die Argumente der Gegenseite anzuhören. Auch das Vorurteil, dass das Volk nicht mit Geld umgehen könne, wird durch die Praxis widerlegt. Die Schweiz ist das einzige Land Europas mit einem ausgeglichenen Haushalt und vergleichsweise niedrigen Steuersätzen.
Der Schweizer Wirtschaftswissenschaftler Bruno S. Frey, Pionier auf dem Feld der Verhaltensökonomie und Ehrendoktor an fünf verschiedenen Universitäten, hatte mit seinem Züricher Universitätsinstitut bereits 1999 Studien vorgelegt, die von der Aargauer Zeitung unter dem Titel „Glückliche Schweizer“ folgendermaßen zitiert wurden: „Grund für die vergleichsweise hohe Zufriedenheit der Schweizer ist nicht etwa das Geld, sondern die direkte Demokratie. In der direkten Demokratie haben die Leute das Gefühl, am Entscheidungsprozess mitzuwirken. Das macht sie glücklich.“
Wir Nationaldemokraten wollen es nicht hinnehmen, dass wir innerhalb Europas mehr und mehr zu einem demokratie-politischen Entwicklungsland werden, in dem es weit weniger Mitbestimmungsrechte gibt, als in anderen europäischen Staaten. Das Argument, dass die Deutschen angeblich aufgrund ihrer Vergangenheit auf ewig ihr Recht auf Ausübung direkt-demokratischer Mitbestimmungsrechte verwirkt haben sollen, zeugt nicht nur vom abgrundtiefen Misstrauen der politischen Klasse gegenüber dem eigenen Volk, sondern dient der politischen Klasse mehr und mehr auch als zynischer Vorwand, um die eigene Macht zu sichern.
Demokratie bedeutet eben nicht, unbequeme Entscheidungen gegen das Volk durchzudrücken, sondern mit guten Argumenten so für eine vielleicht auch unpopuläre Maßnahme zu werben, dass man eine Mehrheit überzeugen kann.
Die Praxis der direkten Demokratie in vielen Ländern hat gezeigt, dass die Bürger gerade im Vergleich zu Berufspolitikern viel eher dazu bereit sind, sich gemeinnützig zu verhalten, weil für sie bei einer Wahlentscheidung in der Regel nicht so viel auf dem Spiel steht wie für einen Berufspolitiker, dessen wirtschaftliche Existenz von Wahlabstimmungen abhängt. Direkte Demokratie ist die beste Medizin gegen den Missbrauch der politischen Klasse und garantiert ein Mehr an Regierung durch das Volk und für das Volk.
Lassen Sie uns also einen entscheidenden Schritt hin zu einer Stärkung des Gemeinwohls und zu mehr Bürgerbeteiligung unternehmen und schaffen wir die Voraussetzungen für Volksabstimmungen auch auf nationaler Ebene.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da kommt wieder ein NPD-Antrag daher, wohlfeil klingend, aber ich gestatte mir schon den Hinweis: Wir brauchen keine Belehrungen von der NPD, was die Volksgesetzgebung angeht – wir als SPD genauso wenig, glaube ich, wie die neben mir sitzenden Fraktionen von GRÜNEN und LINKEN. Ich formuliere das für die Opposition mit, da für die Koalition die FDP sprechen wird, weil die CDU nicht das Wort ergriffen hat. Aber Fakt ist auch, dass das wieder ein rein populistischer Antrag ist.
Unter Populismus muss man nicht unbedingt etwas Schlechtes verstehen, aber gerade Ihre geistigen Ziehväter haben alles getan, dass die Volksgesetzgebung in Deutschland keine Chance mehr hatte mit der braunen Diktatur im letzten Jahrhundert in Deutschland.
Wir haben keine Belehrungen von der NPD nötig. Ich glaube auch, dass sich Prof. Dr. Hans Werner von Arnim, sicherlich ein kritischer Geist unserer Zeit, kaum darüber freuen würde, dass er hier in der Ansatzbegründung von der NPD-Fraktion erwähnt wird.
Meine verehrten Damen und Herren, der Euro ist ein gemeinsames großes europäisches Projekt. Wir haben damit auch in Deutschland, glaube ich, das Zeichen gesetzt, dass wir gemeinsam vorankommen wollen.
Wenn man sich die Geschichte des Euro und seiner Vorgängerwährungen anschaut, ist es interessant – Sie haben „D-Mark“ geschrieben, warum nicht „Deutsche Mark“? –, auch die Reichsmark zu erwähnen, bis hin zu der Frage, wie man einst im Mittelalter die Kleinstaaterei überwunden hat. Es wundert mich, dass man nicht auf die Idee gekommen ist, den Sachsengulden aus dem 15. Jahrhundert wieder einzufordern.
Aber das zeigt, dass sich die Währungen weiterentwickelt haben und dass jede Zusammenführung von Währungen dazu geführt hat, dass es den Menschen unter dem Strich besser gegangen ist, bei all den Schwierigkeiten, die mit Währungsumstellungen und auch Währungsverlusten verbunden waren. Aber die Geschichte hat gezeigt, dass bestimmte Wechselkursrisiken und Schwierigkeiten beim Waren- und Güterverkehr damit ausgeräumt werden konnten und dass am Ende die Menschen davon profitiert haben.
Wenn wir uns vom Euro trennen würden, wären wir in Deutschland die, die am meisten dafür zu zahlen hätten – ich sage das ganz deutlich –, nicht nur deshalb, weil wir in der Mitte Europas liegen und uns isolieren würden. Gemessen am Warenwert, sind die EU-Staaten die wichtigsten Absatzmärkte für Waren Made in Germany. In die Länder der Europäischen Union exportierte Deutschland