Protocol of the Session on November 23, 2011

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Wir haben heute Abend noch einmal die Gelegenheit, über die Demokratieerklärung zu diskutieren. Ich möchte aber auch darauf verweisen, dass jetzt ein gemeinsamer Entschließungsantrag im Raum steht, in dem auch steht, dass alle Hürden beseitigt werden müssen, die zivilgesellschaftliches Engagement verhindern. Deswegen an der Stelle noch einmal der ausdrückliche Appell an die Regierungskoalition: Denken Sie bitte bis heute Abend darüber nach, ob Sie die Hürde Gesinnungs-TÜV nicht heute mit uns gemeinsam abräumen möchten.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Ich bin gern bereit, auf eine lange Aussprache heute Abend zu verzichten, wenn ich die Zustimmung oder das Signal von Ihnen bekomme, dass Sie unserem Antrag zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Die NPD-Fraktion hat keine Redezeit mehr. Damit ist die zweite Runde beendet.

Mir liegen noch Wortmeldungen für eine dritte Runde vor, die ich hiermit eröffne. Herr Bartl spricht für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich schließe vor allem an Kollegen Jennerjahn an. Neben der Tatsache, dass sich die demokratischen Fraktionen mit dieser Entschließung, die dann eingebracht wird – wer sie einbringt, ist letztlich nicht entscheidend, dass sie zustande kommt, ist wichtig –, an die Opfer wenden, gibt es einen zweiten wesentlichen Punkt: Das Parlament muss sich heute auch zu seiner eigenen Verantwortung dafür bekennen, dass selbstverständlich Sicherheitsbehörden, Justizbehörden dieses Landes versagt haben, und zwar Behörden, die unserer parlamentarischen Kontrolle unterliegen.

Kollegin Hermenau hat auf die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“, die Ausgabe vom 20. November, schon einmal Bezug genommen. Dort heißt es wörtlich: „Es ist die größte Schande seit Bestehen der Republik – und täglich wird sie größer. Nicht nur hat unser Heer von Staatsanwälten, Polizisten und Geheimdienstlern die längste rechtsradikale Mordserie unserer Geschichte nicht stoppen können, sie haben sie nicht einmal als solche

erkannt. Auch die Aufklärung der Daten haben die Neonazis selbst besorgt.“

Das ist das Problem, Herr Prof. Schneider, Herr Kollege Biesok, Herr Kollege Flath. Wir werden uns heute nicht auf den Hinweis festlegen lassen: Jetzt ermittelt der Generalbundesanwalt, nun habt Vertrauen und nun wartet. Wir werden es uns nicht gefallen lassen, dass wir in den Ausschüssen auf entsprechende Anfragen und Anträge mit dem Hinweis der Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt und der von ihm herangezogenen Erklärung, er will verlautbaren, abgespeist werden. Es gibt nämlich Komplexe, die der Generalbundesanwalt überhaupt nicht anfassen wird; die er nicht ermitteln wird. Die werden wir hier untersuchen müssen, und zwar beginnend spätestens ab heute.

Da ist zum Beispiel dieses merkwürdige Problem des Umgangs sächsischer Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden mit den im Vorjahr beschlagnahmten greifbaren Exemplaren des vom Chemnitzer Musiklabel PC Records herausgegebenen Albums „Adolf Hitler lebt“, von einer Band stammend, die sich „GIGI und die braunen Stadtmusikanten“ nennt. Inhaber von PC Records ist übrigens jener in der Neonaziszene gut gelittene Yves Rahmel, der jetzt im Chemnitzer Ortsteil Markersdorf einen Gasthof gekauft hat, der nach allen Verlautbarungen künftig als NPD-Schulungszentrum dienen und der sogar ein Bürgerbüro des NPD-Vorsitzenden Holger Apfel beherbergen soll. Als diese CD 2010 in die Hände des LKA gefallen ist, hat selbiges zwar noch veranlasst, dass die Aufnahme oder Teile dieser Musik auf den Index B durch die Prüfstelle für jugendgefährdende Medien erfolgt. Es wurde auch ein Ermittlungsverfahren gegen Rahmel eingeleitet, ein weiteres läuft in Chemnitz und ein weiteres gegen den mutmaßlichen Produzenten in Zwickau.

Aber zu ermitteln, wie denn der auf dieser CD befindliche Titel „Döner-Killer“ zustande gekommen ist und welches Hintergrundwissen dort offenbart wird, das ist nicht geschehen.

(Zuruf von der SPD: Das wurde vergessen!)

In diesem Titel auf dieser CD sind direkte Bezugnahmen auf die Mordserie, die unter dem Begriff „Döner-Killer“ verübt worden ist, und die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ sagt dazu Folgendes in diesem Beitrag: „Ganz und gar unheimlich wird der Fall, wenn man das nun traurig-berühmte Lied ‚Döner-Killer’ von Gigi und den braunen Stadtmusikanten aus dem Jahr 2009 aufmerksam interpretiert. Es ist keine periphere, sondern eine unter Neonazis beliebte Band, keinem Verfassungsschützer dürfte sie unbekannt sein. Während Polizei und Öffentlichkeit noch rätselten, was die Mordfälle an den einzelnen Ausländern in diversen deutschen Städten außer der Tatwaffe noch verbinden mochte, wusste der Texter des Songs Bescheid. Er interpretiert die Morde nicht, wie so viele Zeitungsberichte, als Mafiamorde, um beispielsweise, auch das passt zum rechten Hass, gegen kriminelle

Ausländer zu wettern. Er beschreibt mit mehr als klammheimlicher Freude einen diskreten Killer, …“

Herr Bartl, ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

„… den nichts als der Hass auf Ausländer treibt. Genauso einen, wie ihn die Profiler der bayerischen Polizei beschrieben haben.“

Es gab nämlich nach den ersten Morden Profiler – –

Herr Bartl, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

– Einen letzten Satz, ich möchte ihn zu Ende bringen. – Es gab Profiler der bayerischen Polizei, die gesagt haben: Es ist das Werk von rechtsradikalen Bürgern.

Herr Bartl, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Ich bitte Sie, jetzt zum Schluss zu kommen.

Das ist der Ausgangspunkt, den wir untersuchen müssen.

(Beifall bei den LINKEN – Martin Dulig, SPD: Mein Gott!)

Meine Damen und Herren! Das war die dritte Runde der allgemeinen Aussprache. Es gibt noch zwei Fraktionen, die Redezeit haben. Das sind die CDU-Fraktion und die FDPFraktion. Ich frage: Wünscht ein Abgeordneter dieser genannten Fraktionen, in einer vierten Runde zu sprechen? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung. – Die Staatsregierung möchte nicht das Wort ergreifen.

Meine Damen und Herren, die Aussprache zur Erklärung des Staatsministers des Innern ist noch nicht beendet. Es gibt zu diesem Tagesordnungspunkt zwei Entschließungsanträge. Ich rufe die Entschließungsanträge auf: mit der Drucksachennummer 5/7531 der Entschließungsantrag der Fraktion der NPD, und der Entschließungsantrag mit der Drucksachennummer 5/7535, der Entschließungsantrag der Fraktionen CDU, DIE LINKE, SPD, FDP und GRÜNE. Ich frage die NPD-Fraktion: Ist der Entschließungsantrag schon eingebracht? – Sie möchten ihn gern noch einbringen. Dazu haben Sie natürlich die Gelegenheit.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der seit Tagen nun fast bis zur Hysterie gesteigerten Berichterstattung von Fernsehen, Rundfunk und Tagespresse über die mutmaßliche Mordserie an ausländischen Gewerbetreibenden,

(Zuruf von der SPD: Das ist überhaupt nicht mutmaßlich!)

der Ermordung einer jungen Polizistin, von Banküberfällen und Sprengstoffattentaten machen immer abstrusere Spekulationen die Runde. Gerüchte werden als Tatsachen präsentiert und anschließend wieder dementiert. Kaum einer kann derzeit dieses Dickicht aus Spekulationen, Dementis, Tatsachenbehauptungen überblicken, ge

schweige denn ordnen und sachlich bewerten.

(Zuruf von der SPD)

Lassen Sie mich zunächst einmal das Selbstverständliche sagen: Mord ist Mord. Für Mord gibt es keine Rechtfertigung. Jeder vorsätzliche Mord muss aufs Schärfste bestraft werden. Ob nun ein Mord aus Habgier oder aus politischen Gründen verübt wird, darf dabei keine Rolle spielen. Es gibt kein „bisschen mehr“ oder „weniger“ Mord. Die Mordfälle genauso wie die Banküberfälle und Sprengstoffattentate müssen aufgeklärt werden, unabhängig davon, aus welchem Motiv diese schwersten Straftaten verübt wurden.

Was die NPD-Fraktion aber entschieden ablehnt, ist die nunmehr einsetzende Rufmordkampagne der Medien und die politische Hexenjagd gegen die nationale Opposition.

(Lachen bei den GRÜNEN)

Es gibt keinen Zusammenhang

(Martin Dulig, SPD: Hör‘ doch auf!)

zwischen den Straftaten eines mutmaßlichen Zwickauer Terrortrios und der NPD. Dennoch wird nun reflexhaft und in völliger Unkenntnis der Sach- und Rechtslage wieder einmal – zum 30. oder zum 40. Mal – ein NPDVerbotsverfahren von den politisch weitgehend gleichgeschalteten Blockparteien und Massenmedien gefordert. Justizminister Jürgen Martens verstieg sich in einem gestrigen Interview in der „Sächsischen Zeitung“ ritualhaft zu der Behauptung, die NPD sei eine verfassungsfeindliche Partei

(Zuruf von den LINKEN – Zuruf von der SPD: Recht hat er!)

und bereite politischen Gewalttätern den Boden. Auf meine Nachfrage in der gestrigen Sondersitzung des Rechtsausschusses, auf welche Fakten er diese Aussage stützen könne,

(Zuruf von der SPD)

konnte er mir außer den üblichen Worthülsen keine Fakten nennen, die einen Zusammenhang zwischen meiner Partei, der NPD, und politischen Gewalttaten belegen.

(Lachen bei den LINKEN)

Eine der oft benutzten Worthülsen ist der Vorwurf, ein geistiger Brandstifter zu sein.

(Zuruf von der CDU)

Dahinter steckt die demagogische Behauptung, dass derjenige, der die Einwanderungspolitik von CDU bis zur

LINKEN ablehnt, die Begründung liefert, um Übergriffe auf Ausländer zu rechtfertigen. Man muss sich diese demagogische Behauptung einmal genau durch den Kopf gehen lassen, –

Herr Storr, ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

(Oh! bei den LINKEN)

– um die totalitäre antidemokratische Stoßrichtung dieser unglaublichen Behauptung zu erkennen. Letztendlich werden abweichende Meinungen damit zu einem Verbrechen erklärt, ohne einen direkten personellen Zusammenhang von Gedanken und Tat herstellen zu können.

Herr Storr, Ihre Redezeit ist vorbei.