Protocol of the Session on June 30, 2011

Es gibt einen weiteren und vielleicht den wichtigsten Punkt, mit dem die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks steht und fällt; meine Damen und Herren, das ist die Frage nach der Höhe der Rundfunkgebühr. Im Jahr 2000 betrug die Rundfunkgebühr noch 14,44 Euro. Heute beträgt sie bereits 17,98 Euro. Die Gebühr ist in dem besagten Zeitraum um 3,54 Euro angestiegen.

Wenn nun die Bemühungen um die zukunftssichere und breit akzeptierte Neuausrichtung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf den Weg gebracht werden soll, darf dabei eine Komponente nicht vergessen werden: die maßvolle Verwendung der Rundfunkgebühren.

Bei den LINKEN scheint sich eine Art kleine Stammtischrunde etabliert zu haben. Lieber Klaus Tischendorf!

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Ja, bitte!)

Sei doch bitte so freundlich, die Gespräche mit mir zu führen oder ein klein wenig zuzuhören. Vielen Dank.

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, DIE LINKE)

Das machen wir nachher.

Verstehen Sie mich nicht falsch. Es geht nicht darum, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Mittel zu verweigern, die ihm zwingend zur Erfüllung seines Funktionsauftrages zur Verfügung stehen müssen. Das wäre rechtlich nicht möglich und nicht richtig. Jedwede Form der Beschneidung der Gebühren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk könnte die staatliche Einflussnahme auf die Programminhalte zur Folge haben.

(Allgemeine Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wenn aber eine moderate Rundfunkgebühr wesentlicher Faktor für die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist, kann die Problemlösung nur in der Ausgestaltung des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks liegen. Die Rechtsgrundlagen, die die Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Sender regeln, müssen klarer umreißen, was den Grundversorgungsauftrag ausmacht und wo die Grenzen liegen. Diese Festlegungen können nur abstrakt auf gesetzlicher Grundlage erfolgen. Ein konkreter Eingriff in die Programmgestaltung darf nicht geschehen. Darum ist die unter Federführung des Freistaates Sachsen eingerichtete Arbeitsgemeinschaft Gebührenstabilität, an der alle Bundesländer teilnehmen, ein richtiger und zielführender Vorstoß.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Mit dem vorliegenden Antrag soll der Staatsregierung im Rahmen der AG-Beitragsstabilität ein Prüfauftrag erteilt werden, um somit zu schauen, ob eine gesetzliche Regelung möglich ist, die Einsparungen und eine maßvolle Mittelverwendung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk gewährleisten kann.

Insbesondere in Bezug auf die im Antrag benannten Bereiche scheint eine solche Konkretisierung des gesetzlichen Funktionsauftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sinnvoll. Es ist beispielsweise nicht nachvollziehbar, warum immer wieder Doppelübertragungen auf ARD und ZDF laufen. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Hochzeit von Kate und William. Hier hätte eine Kooperation von ARD und ZDF wesentliche Kosten einsparen – respektive die Übertragung auf nur einem Kanal erfolgen können.

Der Einkauf teurer Spitzenleute bzw. teuren Spitzenpersonals muss auch mehr unter Abwägung der Kostenaspek

te gesehen werden. Im Bereich der Sportrechte treibt die Maßlosigkeit Blüten. Geschätzte 50 Millionen Euro pro Saison zahlt das ZDF für die Rechte an der Champions League – für eine Übertragung, die genauso gut von privaten Veranstaltern übernommen werden könnte.

(Christian Piwarz, CDU: 52!)

Dass dadurch vor allem die Quote des ZDF geschönt werden soll – insbesondere der überalterte Zuschauerdurchschnitt verjüngt werden soll –, liegt auf der Hand.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Torsten Herbst, FDP)

Hinsichtlich der Digitalkanäle der öffentlich-rechtlichen Sender sollten wir überlegen, ob eine Begrenzung der Gesamtanzahl in den rechtlichen Grundlagen infrage kommt.

Der Bereich der Online-Angebote ist weitgehend geklärt. Niemand stellt die Online-Aktivitäten infrage. Allerdings muss nun klargestellt werden, dass Grenzen im Bereich des e-commerce liegen. In diesem Bereich darf privaten e-commerce-Betreibern keine mit Gebührenmacht finanzierte Konkurrenz beim Produzentenvertrieb entstehen.

Im Bereich der programmfremden Leistungen, zum Beispiel im Immobilienbereich, beim Einkauf oder der Buchführung, kann durch stärkere Zentralisierung und einheitliche Buchführung gegebenenfalls auch Outsourcing eingespart werden.

Im Bereich der Übertragungsmodalitäten sollten Einsparpotenziale im Simulcast-Betrieb überprüft werden. Außerdem sollte kritisch hinterfragt werden, welche Übertragungswege perspektivisch aufrecht erhalten werden müssen und welche nicht.

Über die Ergebnisse der Überprüfung sollte der Landtag bis zum 30. September dieses Jahres durch die Staatsregierung unterrichtet werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie im Sinne dieses Antrages herzlich um Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Nun ist die FDPFraktion an der Reihe. Herr Abg. Herbst, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann fast nahtlos an meinen Vorredner anknüpfen.

Was fällt Ihnen ein, wenn Sie an den öffentlichrechtlichen Rundfunk und die Hochzeit von Prinz William am 29. April denken? Dem einen fallen vielleicht schöne Bilder ein. Demjenigen, der Gebühren zahlt, fällt vielleicht eine Übertragung im Doppelpack durch ARD und ZDF ein – im Übrigen zusätzlich zu vier Privatsendern, die genau dasselbe Ereignis übertragen haben. Worin besteht der journalistische Mehrwert in einer Doppelübertragung zwischen ARD und ZDF? Das kann man getrost

hinterfragen. Wer hat dafür gezahlt? Gezahlt hat natürlich der Gebührenzahler.

Einige von Ihnen kennen vielleicht das Märchen Aschenputtel – vielleicht auch die meisten hier. Eine Verfilmung des Märchens war am Heiligabend im ZDF zu sehen – bezahlt vom Gebührenzahler. Das reicht aber nicht. Deshalb produzierte der WDR im Mai noch einmal eine eigene Fassung – für eine Million Euro. Wer bezahlte dafür? Raten Sie einmal: der Gebührenzahler.

(Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE: Warum nicht, wenn es schön ist?)

Wenn die dritte Länderanstalt der Meinung ist, dieses Märchen ein drittes Mal zu verfilmen, bezahlt es wieder der Gebührenzahler. Meine Damen und Herren, genau das ist der Grund, warum wir uns diese Redundanzen und Doppelausgaben anschauen müssen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Auf die Fußball-Champions-League und den Einkauf der Übertragungsrechte durch das ZDF hat mein Kollege bereits hingewiesen. Wenn man sich die letzten Großsportereignisse anschaut, muss man sich einmal fragen: Ist es immer notwendig, dass ARD und ZDF gemeinsam dorthin fahren und berichten? Kann man sich nicht absprechen? Die Doppelberichterstattung war in Südafrika so. Das war bei der Winterolympiade der Fall. Zwar nutzt man ein Stück weit gemeinsam die Technik, aber trotzdem sind es immer zwei Teams. Es ist zweimal Personal vor Ort, was entsprechende Kosten verursacht. Meine Damen und Herren, es gibt keinen Mehrwert für die Zuschauer.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich will klar sagen, dass es uns nicht darum geht, den Stab über einzelne Programminhalte zu brechen. Das steht uns als Politik nicht zu. Es geht aber darum, bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten und bei denen, die den Rahmen für das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem definieren, mehr Kostenbewusstsein und Augenmaß einzufordern.

(Christian Piwarz, CDU: Sehr richtig!)

Wollen wir einmal den Blick auf einige Strukturen werfen: ARD und ZDF betreiben ihre Hauptkanäle. Hinzu kommen sechs Digitalkanäle. Das kostet um die 220 Millionen Euro in der aktuellen Gebührenperiode. Der Wiederholungsanteil von Sendungen in diesen Digitalkanälen liegt um die 60 %. Ich finde es sehr bemerkenswert, dass zum Teil eher anspruchsvolle Sendungen aus dem Hauptprogramm auf die Spartenkanäle verschoben werden, während man dann, wenn man den Platz dafür hat, in ARD und ZDF die Wiederholungen von „Rote Rosen“ oder „Traumschiff“ laufen lässt. Das ist eine sehr eigenartige Arbeitsteilung.

Wir können auch andere Fragen aufwerfen: Brauchen Rundfunkanstalten eigentlich ein eigenes Printmagazin? Der SWR hat seines eingestellt, Ersparnis: 600 000 Euro pro Gebührenperiode. Wir können uns die Frage stellen,

ob wir 15 ARD-Rundfunkorchester in Deutschland brauchen. Wir können uns die Frage stellen, ob öffentlichrechtliche Rundfunksender Musikfestivals veranstalten sollten. Erinnert sei an den MDR und das JUMP Ferro Festival in Ferropolis bei Halle. Auf dem gleichen Areal gibt es aber mit „Melt!“ und „splash!“ bereits zwei kommerzielle Großveranstaltungen. Sie sehen, es gibt Möglichkeiten zu sparen, ohne dass die Programmqualität leidet.

Um es klar zu sagen: Wir als FDP-Fraktion stehen für ein starkes duales Rundfunksystem, in dem der öffentlichrechtliche Rundfunk klar seinen Platz hat

(Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

und der – da brauchen Sie gar nicht zu lachen – seine absoluten Stärken hat,

(Dirk Panter, SPD: Er lügt, ohne rot zu werden!)

was zum Beispiel die internationale Berichterstattung betrifft, was Informationen zu Bereichen betrifft, aus denen andere nicht berichten. Ich erinnere nur an das Sorbische Magazin, das der MDR ausstrahlt. Es ist eine klassische Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, auch solche Themen zu bedienen, die im privaten Bereich nicht stattfinden.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich will aber auch sagen: Das, was heute an Umfang entstanden ist, hätten sich die Verfassungsväter wahrscheinlich nie vorstellen können. Es ist ebendieses selbst verursachte und vorangetriebene Wachstum des Rundfunksystems, das die Kosten und Gebühren immer weiter nach oben treibt.

Auch wenn wir nicht in das Programm eingreifen wollen und auch nicht können, so können wir doch in die Strukturen eingreifen und diese begrenzen. Genau diese Absicht wollen wir mit unserem Antrag unterstreichen. Wir wollen die Arbeit der Arbeitsgemeinschaft Beitragsstabilität der Ministerpräsidenten unter sächsischer Federführung unterstützen, weil wir ein Interesse daran haben, dass die Gesamtakzeptanz für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erhalten bleibt. Dass man auch strukturell sparen kann, beweist beispielsweise der Mitteldeutsche Rundfunk als Dreiländeranstalt. Wenn man diverse Kostenstrukturen auch im Verwaltungsbereich mit anderen Rundfunkanstalten vergleicht, dann sieht man, dass man durchaus effizienter arbeiten kann, ohne dass der Ausstoß und die Qualität darunter leiden.

Wir müssen aufpassen, dass die Akzeptanz für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht auf einmal generell infrage gestellt wird. Deshalb und nur deshalb hinterfragen wir die Verwendung der Gebührengelder im Sinne der Bürger ganz kritisch. Stärke, meine Damen und Herren, entsteht durch Qualität und nicht durch Quote. Die öffentlich-rechtlichen Sender tun gut daran, sich auf ihren Grundversorgungsauftrag zu besinnen, sich auf das zu konzentrieren, was sie stark und einzigartig macht. Genau diese Konzentration auf den Grundversorgungsauftrag ist

die Chance, über die Straffung der Strukturen und über den Verzicht auf unnötige Ausgaben nachzudenken.