Wir sollten im Landtag viel stärker über das Thema Familie diskutieren oder darüber, wie wir Kinder stärken können.
Wenn ich die Frage lese: „Welche wesentlichen Ursachen sieht die Staatsregierung dafür, dass nicht-heterosexuelle Lebensweisen von Teilen der Gesellschaft immer noch nicht als Alternative zur heterosexuellen Lebensweise begriffen werden?“,
dann kann ich sehr gut verstehen, dass die Staatsregierung von der Beantwortung einer solchen Frage Abstand genommen hat. Wenn es nach den GRÜNEN ginge,
müssten wir uns dafür entschuldigen, dass wir noch nicht homosexuell geworden sind. So weit kann es nicht kommen.
Weiterhin wurde in der Anfrage das Thema Adoption gestreift. Ich sage es ganz deutlich: Es ist das Beste für ein Kind, wenn es bei Vater und Mutter aufwächst, also beide Rollen vorgelebt bekommt.
Das ist bei homosexuellen Eltern nun einmal nicht möglich. Da gibt es nicht Vater und Mutter gleichzeitig. Das ist auch keine Diskriminierung der Betroffenen. Wir haben ja auch Einschränkungen bei der Adoption nach dem Alter. Wir sagen, dass jemand, der 80 Jahre alt ist, bitte schön kein Baby adoptieren möge, obwohl er gleichfalls ein guter Vater sein könnte. Aber wir sagen: Jemand mit 30 kann das besser. Hier gilt das Gleiche. Es ist besser, wenn es Vater und Mutter gibt – als zwei Väter oder zwei Mütter.
Zu den Studien, die Sie einfordern: Ich finde, dass das Geld für solche Studien lieber für Familienförderung ausgegeben werden sollte. Das tun wir auch. Wir haben zum Beispiel als eines von wenigen Bundesländern das Landeserziehungsgeld. Bevor wir irgendwelche Aktionspläne oder Studien über die Friedhofsnutzung von Homosexuellen finanzieren,
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ja, Sachsen ist krank. Sachsen leidet an Homophobie.
Zur Heilung eines Patienten ist aber zweierlei notwendig: einmal eine gründliche Diagnose der Krankheit und zum Zweiten auch der Wille des Patienten, geheilt zu werden.
Für die Diagnose liegt mit der Großen Anfrage der Fraktion der GRÜNEN ein Papier vor, das die richtigen Fragen stellt, und auch die richtige Medizin wird mit dem Entschließungsantrag verordnet. Aber der Wille des Patienten Sachsen, sich von Homophobie heilen zu lassen, ist nicht erkennbar. Das zeigt jedenfalls die äußerst oberflächliche und auch schlampige Beantwortung vieler Fragen der Großen Anfrage. Von 72 Fragen wurden sage und schreibe 31 mit den Sätzen „Dazu liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor“, „Dazu ist der Staatsregierung nichts bekannt.“,
Höhepunkt der Frechheit ist übrigens die Beantwortung der Fragen 12 und 13 im 3. Abschnitt der Großen Anfrage. Darin wird danach gefragt, ob sich der zu bildende Gleichstellungsbeirat auch mit den Belangen nicht-heterosexuell lebender Einwohnerinnen und Einwohner in Sachsen befassen wird. Mit der Antwort beweisen Sie, dass Sie die Anforderungen an moderne Gleichstellungspolitik nicht im Geringsten verstanden und überhaupt kein Interesse haben, sich in die Thematik und Probleme nichtheterosexuell lebender Menschen in Sachsen einzuarbeiten.
Viele Probleme, die in der Großen Anfrage aufgezeigt werden, hätten schon gelöst werden können, wenn Sie vor einem Jahr – ich glaube, es war am 19. Mai – dem Gesetzentwurf unserer Fraktion zur Anpassung des sächsischen Landesrechts an das Lebenspartnerschaftsrecht des Bundes zugestimmt hätten. Aber Sie haben es ja vorgezogen, die entsprechenden Bundesverfassungsgerichtsurteile und auch die Anmahnungen durch den Europäischen Gerichtshof so umzusetzen, dass sie in einem entsprechenden Gesetzgebungsverfahren abgearbeitet oder in Fachgesetzen geändert werden. Wie ernst das gemeint ist, konnten wir gestern beim Besoldungsgesetz feststellen.
Sie wollen viele Änderungen mit der schon lange vollmundig angekündigten Gesamtreform des Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrechts vornehmen, die für das Jahr 2013 angekündigt ist. So jedenfalls steht es in sechs Antworten auf Fragen in der Großen Anfrage. Viele notwendige Anpassungen wird es wohl in dieser Legislaturperiode – Frau Jähnigen sagte es – nicht mehr geben. Das ist zu befürchten, obwohl das Lebenspartnerschaftsgesetz des Bundes schon zehn Jahre aktuelles Recht ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesem Hohen Hause wird oft genug betont, dass der Freistaat modern und weltoffen sein will. Das trifft wohl nicht auf alle Bereiche zu, denn in Gleichstellungsfragen ist er provinziell und altmodisch.
Jawohl, moderne Gleichstellungspolitik sehen wir als eine Politik der Gleichwertigkeit aller Menschen, unabhängig vom sozialen Status, von der kulturellen und biografischen Prägung und Herkunft, von Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, körperlicher und/oder geistiger Beeinträchtigung. Wir sehen sie auch als eine Politik, die die sexuelle Vielfalt der Menschen abbildet. Sie muss Maßnahmen ergreifen, die auf die Aktivierung der Zivilgesellschaft zielen, da sich die Akzeptanz sexueller Vielfalt nicht verordnen lässt. Deshalb bedarf es eines engagierten Wirkens aller Teile der Gesellschaft.
Die Akzeptanz sexueller Vielfalt ist ein langwieriger Prozess, der von unten beginnen muss, schon in Kitas und Schulen sowie Jugendeinrichtungen. Hierzu ist es wichtig, frühzeitig zu vermitteln, dass Menschen auch im nichtheterosexuell-normativen Sinne leben können. Kinder sollen früh verstehen, dass es nicht nur Familien gibt, in denen Vater, Mutter und Kinder zusammenleben, sondern dass es auch andere Möglichkeiten gibt. Dies erfordert ein Weiterbildungsprogramm für die Lehrkräfte sowie die Weiterentwicklung von Lehrplänen und Lehrmaterialien. Es erfordert aber auch die Förderung entsprechender schulischer Projektangebote, auch durch freie Träger.
Wir unterstützen dies und fordern die Akzeptanz der vielfältigen Lebensentwürfe statt der Festschreibung überholter christlicher Moralvorstellungen.
(Widerspruch bei der CDU – Dr. Johannes Müller, NPD: Unglaublich! – Zuruf des Abg. Sebastian Fischer, CDU)
Für uns ist Bildung der Schlüssel, um Diskriminierung entgegenzuwirken. Deshalb muss schon bei der Erziehung von Kindern notwendigerweise darauf hingewirkt werden, dass unterschiedliche Lebensentwürfe und kulturelle Hintergründe in ihrer Verschiedenheit geachtet und akzeptiert werden können.
Die Schulung und Weiterbildung von Pädagoginnen und Pädagogen in allen Bereichen ist aber eine unbedingte Voraussetzung dafür. Beratungsangebote für Jugendliche, für Eltern, aber auch für Erzieherinnen und Erzieher sind ein unbedingtes Muss. Einige wenige gibt es in Sachsen, aber meist in Großstädten; im ländlichen Raum: Fehlanzeige.
Das führt zu vielen Problemen von Betroffenen. Lassen Sie mich ein konkretes Beispiel schildern. Ein junger Vater lebt nach geschiedener Ehe in einer Beziehung mit einem Mann. Er wohnt mit seinem Sohn bei seinen Eltern.
Sein Lebenspartner kommt wochenweise in dieses Oberlausitzer Dorf, und sie führen eigentlich ein ganz erfülltes Leben. Seine Eltern werden aber von den Einwohnern massiv beleidigt und bedroht. Auch die beiden Männer sind oft Angriffen ausgesetzt, wenn sie zusammen gesehen werden. Noch schlimmer ist es aber für den kleinen Jungen. Er wird in der Schule beschimpft und gehänselt und möchte gar nicht mehr in die Schule gehen. Die drei sehen keine Lösung für ihr Problem. Die Männer ziehen nach Berlin und der kleine Junge wächst jetzt bei seinen Großeltern auf. Ist das gewollt?
Doch wohin hätte sich der junge Mann wenden können? Wie soll eine fachlich fundierte Beratung für den Vater, den Jungen, die Großeltern oder auch die Lehrerin aussehen? Hier sind neue Denkweisen gefragt; denn gerade im ländlichen Raum, in Kleinstädten und Dörfern ist viel traditionelles und konservatives Denken anzutreffen.
Es ist aber ein Teufelskreis. Auf dem Land kennen nur wenige einen Schwulen oder eine Lesbe persönlich. Die Folge: Vorurteile in der Bevölkerung gedeihen ungestört. Nicht-Heterosexuelle haben deshalb immer noch mehr Angst, verstoßen zu werden, und outen sich nicht. Sie verstecken sich oder ziehen in die Großstadt, wie in meinem geschilderten Beispiel. An den Vorurteilen und dem ablehnenden Klima ändert sich damit jedoch nichts.
Besonders schlimm ist die Situation für junge Leute. Viele Schwule und Lesben auf dem Land führen ein Doppelleben oder eine heterosexuelle Scheinbeziehung. Homosexuelle Jugendliche fühlen sich schnell unnormal, krank und isoliert. Die Folge ist: Das Suizidrisiko bei nicht-heterosexuellen Jugendlichen ist viermal so hoch wie bei heterosexuellen. Je konservativer und ablehnender das Umfeld, desto größer das Risiko.
Jugendliche sind mit ihrem Outing völlig überfordert. Auf dem Land gibt es so gut wie keine Beratungsstellen für Nicht-Heterosexuelle. Außer dem Internet und ein paar verstreuten Jugendgruppen ist dort nichts vorhanden. Zu wünschen wäre natürlich, dass auf kommunaler Ebene Angebote in Jugendberatungsstellen, Jugendfreizeiteinrichtungen, Erziehungsberatungsstellen und Schulen entwickelt würden.
Das Problem ist aber, dass die kommunalen Entscheidungsträger oft überhaupt keinen Bedarf sehen, eine derartige Infrastruktur aufzubauen. Wo es keine nichtheterosexuell Lebenden gibt, braucht man auch keine Beratung, und natürlich ist auch kein Geld dafür vorhanden. Möglich wären mobile Beratungsangebote, verknüpft mit den Beratungsstellen der Großstädte und der Nutzung von Kontakttelefonen oder E-Mails.
Eine landesweite Koordination der Beratung und Schulung, wie sie zum Beispiel für ganz Sachsen vom Leipziger Antidiskriminierungsbüro angeboten wird und noch weiter angeboten werden könnte, wäre sinnvoll. Aber