Herr Kollege Meyer, wir sind uns sicher darüber einig, dass wir eine rationale und sachliche Diskussion zu führen haben. Wir bemühen uns seit Jahren darum. Wir bemerken durchaus, dass sich Redner der CDU, nicht der FDP, auch bemühen, diesen Kurs einzuschlagen. Dazu möchte ich gern Stellung nehmen.
Ich glaube, wenn wir die Frage der Atomstromimporte nach Deutschland diskutieren, müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass weit mehr Länder der Europäischen Union über keine Atomkraftwerke verfügen, als es Länder gibt, die darüber verfügen. Wenn also immer gesagt wird, dass wir allein stünden, wenn wir aus der Atomenergie aussteigen würden, dann entspricht das schlicht und ergreifend nicht den Tatsachen.
Von Ihnen oder Herrn Kollegen Breitenbruch – ich weiß nicht genau, wer es war – wurde angekündigt, dass die Polen sechs neue AKWs bauen wollten und in Temelin ein weiterer Block gebaut werden soll. Sie sollten auch zur Kenntnis nehmen, dass die Anzahl der Ankündigungen von Atomkraftwerksneubauten wesentlich höher ist als deren Inbetriebstellung. Im Augenblick sind in Europa nach meiner Kenntnis genau zwei AKWs im Bau, und zwar Olkiluoto in Finnland und der Framatome-Reaktor in Grenoble – glaube ich –, also in Südwestfrankreich, beide mit Bauzeiten von mittlerweile über zehn Jahren, teilweise mit einer Verdreifachung der Kosten und einer unabsehbaren Fertigstellung. So eine richtige wissenschaftliche und wirtschaftliche Option ist es wohl nicht.
Wir haben fast doppelt so viele Kapazitäten, wie benötigt werden. Sie wissen auch, dass Sachsen ein Drittel seines Strombedarfes exportiert, also in Sachsen nicht verbraucht wird. Jetzt so zu tun, als ob hier demnächst die
Wenn Sie sich einmal die Stromimport- und -exportbilanzen Deutschlands der letzten Wochen ansehen, dann werden Sie feststellen, –
– dass wir an manchen Tagen sowohl importiert als auch exportiert haben. Das ging immer hin und her. Aber dass wir massiv importieren würden, entspricht einfach nicht den Tatsachen.
Sie müssen jetzt zum Ende kommen. Ich kann das nicht weiter zulassen. Sie liegen schon ein Stück über der Zeit.
Meine Damen und Herren! Damit ist die Aussprache zur Regierungserklärung beendet. Wir kommen zu den Entschließungsanträgen. Wir beginnen mit dem Entschließungsantrag der Fraktionen CDU und FDP, Drucksache 5/5897. Wird die Einbringung gewünscht? – Bitte, Herr Abg. Heidan.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor Ihnen liegt ein Entschließungsantrag, der eines zum Inhalt hat: Wir als Koalition wollen eine Energieversorgung, die erstens sicher, zweitens zuverlässig, drittens bezahlbar und viertens umweltverträglich ist. Ich will jetzt nicht den gesamten Entschließungsantrag noch einmal erörtern. Unser Entschließungsantrag rundet das ab, was von den Rednern der Koalition und vom Ministerpräsidenten eben vorgetragen wurde. Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung.
(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung). 1. Vizepräsidentin Andrea Dombois: Es gibt dazu Diskussionsbedarf. Herr Jurk hatte sich zuerst gemeldet, danach folgen Frau Dr. Runge und Herr Lichdi. – Bitte schön, Herr Jurk. Thomas Jurk, SPD: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, den Feststellungen kann man wenig hinzufügen. Es ist etwas, was man bestätigen kann. Insofern würden wir dem Punkt I zustimmen. Den Punkt II würden wir allerdings ablehnen. Ich habe Herrn Meyer intensiv zugehört und festgestellt, dass er zwar von Kernkraftsicherheitsforschung sprach – darüber lässt sich gern reden –, aber unter Punkt i) steht: „... die staatliche Unterstützung der Kernkraft- und Kernkraftsicherheitsforschung...“ Das heißt: Wir wollen Kernkraftforschung in Sachsen. Dagegen sind wir aber ausdrücklich. Deshalb lehnen wir Punkt II ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich in großen Teilen meinem Vorredner anschließen. In diesem Entschließungsantrag sind außer allgemeinen Absichtserklärungen und Plattitüden keinerlei Handlungsoptionen fixiert. Es wird ausgeführt, dass man die Kernforschung in Sachsen weiter fördern und behalten müsse. – Aus diesen Gründen schlage ich meiner Fraktion vor, gegen den Antrag zu stimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bemerkenswert ist erst einmal, was nicht in diesem Entschließungsantrag der Koalition steht, nämlich der Satz des Ministerpräsidenten, dass in Deutschland mittlerweile Einigkeit über den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie bestünde. Dies findet sich in diesem Papier nicht wieder.
Ich kann das nur so interpretieren, dass diese Erkenntnis zwar bei der sächsischen Union, aber noch nicht beim Koalitionspartner angekommen ist. Entsprechend ist der Redebeitrag des Herrn Zastrow zu werten. Allein deshalb ist dieser Antrag für uns nicht zustimmungsfähig.
Zum anderen stehen unter den Punkten I und II viele allgemein richtige Obersätze, insbesondere der Satz, dass Energie für die Verbraucher und die Unternehmen bezahlbar sein muss. Es wird aber so dargestellt, als ob die fossilen Energien, insbesondere die Braunkohle, das allein gewährleisten würden. Das ist schlicht und ergreifend nicht richtig. Darauf wollte ich noch einmal hinweisen.
Auch das, was im Papier der Ministerpräsidenten steht, dass bei der Braunkohle die Gestehungskosten 2,9 Cent betragen würden, ist falsch, denn es wurden die Subventionen nicht berücksichtigt.
Ferner wurde nicht berücksichtigt, dass die Kohlekraftwerke nicht 8 000 Volllaststunden laufen usw. usf.
Wenn wir das alles zusammenrechnen, sind wir bei 8 bis 9 Cent. Deswegen streuen Sie den Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen, wenn Sie weiterhin behaupten, dass Braunkohle den Strom billig machen würde.
Letztlich ist es so – ich habe es schon beim Beitrag des Kollegen Meyer sagen wollen: Über Ihren Punkt i) – staatliche Unterstützung der Kernkraft- und Kernkraftsicherheitsforschung auch in Sachsen – könnte man sicherlich reden. Aber schaut man sich an, wo geforscht wird, dann fällt mir sofort Ihr Prof. Hurtado von der TU Dresden ein, der in Polen weiterhin den inhärent sicheren Kugelhaufenreaktor bauen möchte. Das heißt, die Forschung, die hier staatlich subventioniert von Ihnen betrieben wird, ist keine Kernsicherheitsforschung, sondern eine Kernausbauforschung. Das zeigt, dass Sie sich immer noch nicht auf den gemeinsamen Weg des Atomausstiegs begeben wollen. Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen.
Gibt es weiteren Redebedarf? – Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung über die Drucksache 5/5897, Punkt I. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ich sehe eine Reihe von Stimmen dagegen. Dennoch ist dem Punkt I mit Mehrheit zugestimmt worden.
Ich rufe Punkt II auf. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier eine große Zahl von Stimmen dagegen, dennoch ist dem Punkt II zugestimmt worden.
Wir kommen zur Gesamtabstimmung über den Antrag. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Reihe von Stimmen dagegen wurde der Antrag dennoch mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 5/5899. Ich bitte Frau Dr. Runge um die Einbringung.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch die Fraktion DIE LINKE hat einen Entschließungsantrag vorgelegt. Unter Punkt I.1 fordern wir einen Energiegipfel für Sachsen, um der Sächsischen Staatsregierung etwas auf die Sprünge zu helfen. Wir wollen einen Energiegipfel mit allen Beteiligten, um im gesellschaftlichen Konsens ein Energiekonzept für die Zukunft in Sachsen zu entwickeln.
Zweitens wollen wir, dass im Ergebnis eines solchen Gipfels ein zeitgemäßes, überarbeitetes Energieprogramm für Sachsen vorgelegt wird mit der klaren Option für den Umbau des Energiesystems auf Basis erneuerbarer Energien, das einen Ausstiegspfad für die Braunkohleverstromung bis zum Jahr 2040 einschließt.
Wir wollen regionale Energie- und Klimaschutzkonzepte sowie dezentral und verbrauchernah verortete sowie bürgereigene Anlagen erneuerbarer Energien in besonderer Weise privilegieren. Wir fordern die Staatsregierung
auf, gegenüber dem Bund und im Bundesrat auf einen verbindlichen Atomenergieausstieg ohne Revisionsklausel bis spätestens 2020 hinzuwirken sowie zur Sicherstellung sozial verträglicher Strompreise die staatliche Preisgenehmigungspflicht für Stromtarife privater Verbraucherinnen und Verbraucher wieder einzuführen und zugleich eine funktionierende Strompreisaufsicht an der Energiebörse in Sachsen zu etablieren.
Unter Punkt II.2 wollen wir, dass die Staatsregierung mit dem passiven Atomenergieausstieg in Sachsen ernst macht. Wir wollen, dass die Lieferverträge für den Strombezug, für die der Freistaat verantwortlich ist, künftig in den Einrichtungen des Freistaates sowie in öffentlichen Einrichtungen frei von Atomstrom bezüglich des Energiemixes werden. Damit können wir einen wichtigen Beitrag zum passiven Atomenergieausstieg in Sachsen leisten.
Wir wollen – das ist Punkt II.3 –, dass die Staatsregierung den Landtag, die Ausschüsse und die Öffentlichkeit über die Fortschritte beim passiven Atomkraftausstieg regelmäßig informiert.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf einige Punkte dieses Entschließungsantrages eingehen. Frau Dr. Runge hatte bereits gesagt, Punkt I.1 entbehrt aus ihrer Sicht jeglicher wissenschaftlicher Grundlage. Die LINKEN sagen: Wir wollen den Energieausstieg bis 2040 schaffen. Die SPD sagt: Wir wollen den Ausstieg aus der Braunkohle bis 2050 schaffen. Die Frage ist jetzt nur: Machen wir das Vormittag oder Nachmittag? An dieser Stelle gibt es überhaupt keine fachlich fundierte Aussage, ob uns das auch wirklich gelingt.
Genauso wie die Feststellung sozial verträglicher Strompreise: Ich kenne wirtschaftliche Strompreise, die eine ordentliche Grundlage haben; es sei denn, man will es wieder so machen, wie wir es bereits kennengelernt haben: Die Staatliche Plankommission lässt herzlich grüßen!