Protocol of the Session on May 25, 2011

Mir gefällt in diesem Zusammenhang folgende Idee: In Japan wird das jeweils energieeffizienteste Gerät zum Standard erhoben. Innerhalb einer gewissen Frist muss diese Effizienz auch bei allen anderen Unternehmen erreicht werden. Ich denke, auch hier gibt es Potenziale für deutsche Unternehmen, es den Japanern gleichzutun. Aber auf dem Weg dorthin stellen sich gerade aus der Sicht der Energieversorgung noch einige Fragen: Wie können wir die Wettbewerbsfähigkeit, die Grundlage unseres Wohlstandes im Industrie- und Wirtschaftsland Deutschland und Sachsen, sichern? Wie kann es gelingen, den Energie- und Materialeinsatz noch mehr zu verringern und gleichzeitig die Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen zu steigern?

Das produzierende Gewerbe in Sachsen ist trotz aller Effizienzerfolge auf wettbewerbsfähigen, kostengünstigen Strom und vor allem auf eine hohe Versorgungssicherheit angewiesen. Die Automobil- und Stahlwerke, die Chip- und Solarfabriken in „Silicon Saxony“ können nicht eben mal ihre Produktion herunterfahren, weil gerade nicht genügend Wind weht oder der Himmel bewölkt ist.

Weiterhin müssen wir uns fragen: Wie sichern wir uns ab gegen eine höhere Importabhängigkeit, beispielsweise beim Erdgas? Das gelingt uns ganz eindeutig mit unseren heimischen Energieträgern, allen voran der Braunkohle.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wie können wir den Energieumstieg so gestalten, dass Energie für uns Bürger, die Kommunen und die sozialen

Einrichtungen bezahlbar bleibt? Hier kann die dezentrale Erzeugungsstruktur der erneuerbaren Energien genutzt werden. Sie hilft, Monopolstrukturen zu unterlaufen. Ebenso hilft sie, Wettbewerbsstrukturen auf dem Energiemarkt zu etablieren. Gewinner sind am Ende die Verbraucher, das heißt die Bürger.

Wie können wir unsere Überzeugung vereirklichen, Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen und die Schöpfung zu bewahren, und zugleich Wachstum und verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen erreichen? Dies wird uns gelingen, indem wir die Balance innerhalb des Energiemixes stetig hin zu einem höheren Anteil an erneuerbaren Energien verschieben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Ziel der Sächsischen Staatsregierung ist ein Energiemix, der unsere Lebensqualität und unsere Wettbewerbsfähigkeit in Einklang mit dem Klimaschutz nachhaltig sichert. Unser Ziel: In etwa zehn Jahren wird der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch in Sachsen ein Drittel betragen.

Vor Kurzem hat der Weltklimarat eine Studie zur Rolle der erneuerbaren Energien vorgestellt. Die Forscher halten es für möglich, dass bereits im Jahr 2050 77 % der weltweit benötigten Energie aus regenerativen Energiequellen kommen könnten. Aber selbst unter den optimistischsten Annahmen der Forscher werden wir auch in 40 Jahren noch auf Energie aus Kohle, Gas und Erdöl angewiesen sein. Die Kosten für diese Entwicklung scheinen hoch. Allein in den kommenden zehn Jahren müssten weltweit bis zu 3 562 Milliarden Euro investiert werden, um den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2020 auf 17 % zu steigern. Das hört sich viel an. Gleichzeitig muss man wissen, dass die weltweiten Aufwendungen für den Kauf von Erdöl pro Jahr knapp 2 300 Milliarden Euro betragen. Dieser Rohstoff ist endlich, also müssen wir uns fragen: Wo ist die langfristige Rendite besser? Beim langfristigen Trend hin zu erneuerbaren Energien sind wir in Sachsen mit dabei, treiben ihn in Deutschland mit an. Die Sächsische Staatsregierung weiß um die enormen Wachstumspotenziale in diesem Bereich.

Aber wir wissen auch: Deutschland ist noch nicht so weit, dass es den Strombedarf seiner hochtechnologischen Industrie allein aus erneuerbaren Energien decken kann. Selbst wenn es gelingt, das Problem der Speicherungsfähigkeit von neuen Energien rasch zu lösen, wird es bis zur marktreifen Entwicklung von großtechnischen und bezahlbaren Lösungen noch dauern.

Meine Damen und Herren! Sachsen ist Wirtschafts- und Industrieland, in dem unzählige Arbeitsplätze von einer stabilen, verlässlichen und bezahlbaren Energieversorgung abhängig sind. Gerade beim Strom leiden unsere Unternehmen unter Wettbewerbsnachteilen. Die Energiepreise liegen in Deutschland im europäischen Vergleich im oberen Drittel und im Osten Deutschlands wegen der Netzausbaukostenregelung nochmals höher. Unterneh

men, die im europäischen und weltweiten Wettbewerb stehen, dürfen durch steigende Energiepreise nicht noch stärker belastet werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es wäre für mich nicht zu akzeptieren, dass industrielle Energie-Großabnehmer deshalb überlegen, dem Wirtschaftsstandort Deutschland bzw. Sachsen den Rücken zu kehren.

Lassen Sie mich kurz aus einem Brief zitieren, der mich jüngst erreicht hat. Ein Vorstandsvorsitzender eines DAXUnternehmens, welches in Sachsen investiert, schreibt: „Obwohl wir technologisch führend sind, haben wir im Vergleich zum internationalen Wettbewerb gravierende Energiekostennachteile. Diese Problematik beschäftigt alle energieintensiven Produktionen.“ Dazu zählen nicht nur Werke der Schwerindustrie, der Gießerei- und der Eisenindustrie oder der Chemie; nein, auch die Reinstraum-Produktion in der Chipindustrie zählt dazu, genauso wie die Produktion von Fotovoltaik- oder auch Windenergieanlagen.

Weiter heißt es in dem Schreiben: „Die Energiepolitik der nächsten Jahre wird die Entscheidungen der Industrie wesentlich beeinflussen, sei es bei Produktionsverlagerungen ins Ausland oder bei Neuinvestitionen in Deutschland. Eine weitere Belastung des produzierenden Gewerbes würde die Verlagerung Richtung Asien/Amerika noch weiter beschleunigen.“

Für mich ist deswegen Energiepolitik immer Wirtschafts- und Standortpolitik, neben der schon erwähnten Sozialpolitik.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Damit Firmen mit energieintensiver Produktion weiter verlässliche Rahmenbedingungen vorfinden, wird sich die Sächsische Staatsregierung unter anderem bei der Novellierung des EEG weiter für Verbesserungen einsetzen. Verlässliche Rahmenbedingungen bedeuten auch: Wir dürfen uns nicht in neue und erweiterte Abhängigkeiten begeben. Deshalb ist bis zur Vollendung der EnergieEvolution hin zu erneuerbaren Energien die Nutzung des einzigen in ausreichender Menge zur Verfügung stehenden heimischen Energieträgers, der Braunkohle, das Mittel der Wahl. Die sächsische Braunkohle ist der Partner für die erneuerbaren Energien.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Das Ziel, die CO2-Emission zu verringern, wird durch die Braunkohlenutzung nicht infrage gestellt.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Mit hohen Investitionen in Kraftwerksneubauten und Modernisierung hat die Braunkohleindustrie in den vergangenen Jahren die Effizienz kontinuierlich gesteigert. Der Zertifikatehandel ist der Scharfrichter im Wettbewerb auf dem Energiemarkt.

(Beifall der Abg. Robert Clemen, CDU, sowie Antje Hermenau, und Johannes Lichdi, GRÜNE)

Nicht die Politik, Herr Lichdi, wird ein Enddatum setzen, wann die Kohlekraftwerke abzustellen sind, sondern das werden die Energieerzeuger selbst tun, wenn es sich nicht mehr rechnet.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der FDP)

Die sächsischen Braunkohlekraftwerke sind mit einem Wirkungsgrad von 43 % weltweit spitze. Die dort eingesetzte Umwelttechnik ist auf dem neusten Stand.

Damit auch zukünftig die Braunkohlenutzung mit den Erfordernissen des Klimaschutzes vereinbar ist, müssen die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten vorangetrieben werden. Dazu zählt die Steigerung der Kraftwerkseffizienz, dazu zählt die Weiterentwicklung von Technologien zur CO2-Abscheidung und zur stofflichen Verwertung von Kohlendioxid, aber auch zur stofflichen Verwertung von Kohle selbst.

Ein Alleingang Deutschlands oder Europas bei der CO2Reduktion ist nicht ausreichend. Im Sinne des Umweltschutzes ist es am effektivsten, erprobte deutsche Hochtechnologie der Kohleverstromung weltweit zu exportieren. Neben der nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung wird damit auch die nachhaltige Entwicklung des weltweiten Umweltschutzes möglich sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Schauen wir nur in die energiehungrigen Länder China und Indien. Dort allein lebt heute schon ein Drittel der Weltbevölkerung. Es liegt doch nahe, dass die dort vorhandenen Kohlevorkommen noch über einige Jahrzehnte zur Energieerzeugung genutzt werden. Dies wird aber nur dann klimafreundlich gelingen, wenn wir dafür heute die notwendigen Technologien entwickeln. Im Interesse des Klimaschutzes muss versucht werden, diesen Ländern die Technologien zur Verfügung zu stellen, die dem Anliegen „Clean Coal“ Rechnung tragen. Wenn wir hier in Sachsen führend in der Erforschung der CO2-Abscheidung werden, dann kommt das auch dem Weltklima zugute.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Staatsminister Frank Kupfer: Sehr richtig!)

Und es muss uns gelingen, die Entwicklung und Produktion solcher Anlagen hier im Freistaat anzusiedeln; denn das kommt auch den Sachsen zugute. Unser Ziel: Sächsische Unternehmen erlangen die Technologieführerschaft bei der umweltgerechten Nutzung von Braunkohle.

Meine Damen und Herren, der Freistaat Sachsen ist Forscherland. Das hilft uns, den Energieumstieg erfolgreich zu meistern. Vor über 50 Jahren ist in Freiberg das Deutsche Brennstoffinstitut gegründet worden, das sich mit der stofflichen und energetischen Verwertung der Braunkohle befasst. Ganz in dieser Tradition werden seit 2010 am Deutschen Energie-Rohstoff-Zentrum Freiberg innovative Konzepte und Technologien für das NachErdöl-Zeitalter erforscht und entwickelt.

Zum Wintersemester 2011 startet an der TU Dresden der Diplomstudiengang Regenerative Energiesysteme. Ich betone: der Studiengang Regenerative Energiesysteme. Eine neue Forschergeneration macht sich fit für die Zukunft der Energietechnik. Das Konzept dieses neuen Studiengangs ist in Deutschland erstmalig. Ich bin überzeugt, dieser Studiengang wird die hervorragende Position Sachsens als Land der Ingenieure weiter stärken.

Das Deutsche Biomasse-Forschungs-Zentrum in Leipzig forscht an der effizienten Integration von Biomasse für eine nachhaltige Energiebereitstellung. Zusammen mit Sachsen-Anhalt hat der Freistaat Sachsen ein weiteres Zukunftsprojekt erfolgreich angeschoben: ibi – Innovative Braunkohlen Integration in Mitteldeutschland. Hier arbeiten Wissenschaft und Wirtschaft daran, die stoffliche Nutzung der Braunkohle voranzubringen. Dies gibt der Braunkohlechemie in Mitteldeutschland einen weiteren Innovationsschub. Die Finanzierung übernehmen das BMBF sowie ein Bündnis aus elf Unternehmen und zwei Hochschulen aus Sachsen-Anhalt und Sachsen.

Sachsen ist besonders stark auf dem Gebiet der Brennstoffzellenentwicklung. Das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme in Dresden ist hier in einer führenden – gestern habe ich gelernt: in einer weltweit führenden – Position. Zusammen mit Partnern aus der Wirtschaft arbeiten die Forscher daran, Haushalte kostengünstig mit hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung zu versorgen. Der Gesamtwirkungsgrad für Strom- und Wärmeerzeugung liegt bei über 90 %.

Ich will das vom Bund geforderte Programm “Callux“ zur Ausstattung von Haushalten mit solchen Brennstoffzellen-Heizgeräten auf Sachsen ausdehnen. Vor etwa 15 Jahren hatten wir ein in der Nachbetrachtung sehr erfolgreiches 1 000-Dächer-Programm für die Fotovoltaik. Wir werden jetzt in Sachsen ein 1 000-Keller-Programm für die Brennstoffzelle starten, das der Freistaat Sachsen angemessen fördern wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

In einem gemeinsamen Projekt von SMUL und BMU arbeitet Sachsen an der Erforschung der Tiefengeothermie. Erdwärme ist grundlastfähig und bietet große Chancen, zukünftigen Strombedarf zu decken. Wir im Freistaat Sachsen haben den Willen, Innovation und den Energieumstieg zu verbinden. Deshalb engagieren wir uns dafür, dass das erste petrothermale Tiefengeothermiekraftwerk in Deutschland hier bei uns in Sachsen errichtet wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wenn uns das gelänge, wären wir auch in diesem viel versprechenden Technologiebereich führend. Wir haben die Trümpfe in der Hand und müssen sie jetzt nur noch klug ausspielen.

Meine Damen und Herren, auch der Energieumstieg im Privaten, im unmittelbaren Lebensumfeld, kann durch eine Vielzahl kleiner Schritte sehr wirkungsvoll begleitet werden. Der eigenverantwortliche Umgang mit dem

kostbaren Gut Energie sollte für alle selbstverständlich sein. Zum einen: Ein Hausbesitzer mit einem kleinen Blockheizkraftwerk sieht genau, wie viel Energie er verbraucht. Das ist der effektive Ansporn, sparsam mit den Ressourcen, mit seiner eigenen Energie umzugehen. Deswegen begrüße ich es ausdrücklich, dass in der geplanten Novelle des EEG der Eigenenergieverbrauch begünstigt werden soll.

Zum anderen schlummern Potenziale in der Effizienz der Wärmeerzeugung. Allein durch die Modernisierung von Heizungsanlagen könnten wir dem in Deutschland angestrebten CO2-Reduktionsziel am Wärmemarkt einen großen Schritt entgegengehen.

Auch mit der energetischen Sanierung im Gebäudebestand lassen sich große Einsparpotenziale erschließen. Insbesondere für Sachsen gilt, die vielen kleinen dezentralen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen bzw. Wärmeversorgungsanlagen noch effizienter zu nutzen. Hierbei geht der Freistaat Sachsen, dem bei allen Maßnahmen zur Energieeffizienz eine Vorbildfunktion zukommt, einen vorbildlichen Weg. Der Freistaat hat einen großen eigenen Gebäudebestand: mit 3,4 Millionen bewirtschafteten Quadratmetern und 2 200 eigenen Gebäuden. Bereits in den letzten Jahren konnte der Wärmeverbrauch sowie der CO2-Ausstoß kontinuierlich gesenkt werden.

Durch energetische Maßnahmen bei Bau und Sanierung des landeseigenen Gebäudebestandes haben wir seit 2003 fast 64 000 Tonnen CO2 eingespart. Das entspricht dem Ausstoß von 4 700 Autos im Jahr. Bis zum Jahr 2020 wollen wir unseren CO2-Ausstoß gegenüber 2009 noch einmal um 23 % senken.

Auch im Bereich des energetischen Bauens und Sanierens nutzen wir weiterhin alle Möglichkeiten, die uns der Markt bietet. Wir haben den Anspruch etabliert, bei jeder Baumaßnahme, die der Freistaat Sachsen in seinem eigenen Bereich ausführt, die gesetzlichen Vorgaben noch zu unterschreiten und zu prüfen, ob es dabei neuere Technologien gibt, die zum Einsatz kommen können.

Nicht umsonst haben wir mit dem Hauptstaatsarchiv den ersten preisgekrönten Archivbau im Passivhausstandard deutschlandweit realisiert. Nicht umsonst wird in Sachsen in Nossen das erste Laborgebäude in Deutschland im Passivhausstandard nächstes Jahr fertiggestellt. Nicht umsonst hat zum Beispiel die Internationale Passivhaustagung im letzten Jahr in Dresden – in der Landeshauptstadt – stattgefunden.

Bei der energetischen Sanierung ist Sachsen schon seit Längerem auf einem sehr guten Weg. Wo es sich anbietet, wird auf den Gebäuden oder an den Gebäuden des Freistaates erneuerbare Energie erzeugt werden. Damit wird deutlich, dass sich die Sächsische Staatsregierung im Bereich des Gebäudemanagements von der einfachen kameralistischen hin zur Gesamtkostenbetrachtung bewegt.