Landtagsbeschluss zum Schulschließungsmoratorium umsetzen – Keine Mitwirkungsentzüge und Schulschließungen in Sachsen
Es hat als Erste die Antragstellerin, die Fraktion DIE LINKE, das Wort. Danach folgen CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Zittern an den sächsischen Schulen geht weiter. Am 4. März erhielten die Schülerinnen und Schüler an den Grundschulen eine neue Bildungsempfehlung. Die neue Bildungsempfehlung gestattet es den Schülerinnen und Schülern, wenn sie in den Fächern Mathematik, Deutsch und Sachkunde einen Durchschnitt von 2,0 haben, an das Gymnasium zu gehen.
In diesem Schuljahr teilte das Kultusministerium mit, dass bisher 44,5 % der Schülerinnen und Schüler eine Bildungsempfehlung für das Gymnasium und 54,7 % für die Mittelschule erhalten haben. Das heißt ganz klar, dass der Zugang an das Gymnasium erschwert ist. Wir werden das im Landtag noch einmal diskutieren. Im vergangenen Jahr hatten 50,2 % der Schülerinnen und Schüler eine Bildungsempfehlung für das Gymnasium und 48,6 % der Schüler hatten eine Bildungsempfehlung für die Mittelschule. Dieses Thema werden wir sicherlich zu einem anderen Zeitpunkt noch einmal ausführlich im Landtag diskutieren. Bis zum 11. März sind die Schülerinnen und Schüler von den Eltern an den weiterführenden Schulen – Mittelschule und Gymnasium – angemeldet worden.
Das Zittern an den Grund- und Mittelschulen geht weiter. „Nach über 20 Jahren muss endlich Ruhe in die sächsischen Schulen einziehen –
für eine ruhige, sichere und solide pädagogische Arbeit.“ Ich weiß, dass Herr Flath mich da jetzt sehr unterstützen wird.
Das ist Ihr Zitat! – Die Schülerzahlen werden weiter steigen. Sie alle haben die Prognose des sächsischen Kultusministeriums gelesen. Daraus geht eindeutig hervor, dass die Schülerzahlen steigen werden. Wir brauchen also keine weiteren Mitwirkungsentzüge und keine weiteren Schulschließungen seitens des sächsischen Kultusministeriums.
Das Moratorium ist eine Willensbekundung und wir erkennen es an. Aber, verehrte Kollegen der FDP, es reicht nicht aus, denn es gibt den Schulen und Schulträ
Es ist auch nicht nachzuvollziehen – weder für uns als Landtagsabgeordnete noch für die Bürgerinnen und Bürger –, dass eine Klasse mit 20 Schülern im kommenden Schuljahr Bestand haben wird, aber eine Schule, die 38 Anmeldungen hat, wie die Mittelschule in Kreischa – Sie erinnern sich, wir haben schon darüber diskutiert – nach wie vor mit einem Mitwirkungsentzug bzw. einer Schließung der Schule bedroht ist. Wir als LINKE fordern Sie heute auf, Herr Staatsminister, sich dazu zu bekennen, dass die Schulstandorte der Mittelschulen in Kreischa, Bad Elster und Seifhennersdorf Bestand haben werden.
Wir fordern Sie ganz klar auf, das Moratorium nicht nur formal umzusetzen, sondern es auch in ihren Schulnetzplänen als genehmigt anzuerkennen, wenn Kreise einzügige Mittelschulen und kleine Grundschulen als Bestand behalten wollen. Geben Sie endlich den Kreisen die Aufgabe der Gründungen von Schulen und Schließungen von Schulen!
Nein, die haben sie nicht, denn Sie schreiten ja ständig ein. – DIE LINKE fordert – zum wiederholten Mal in diesem Hohen Hause, und wir werden das auch nicht aufgeben –, für die Sicherheit der Schüler, Eltern und Lehrer sowie der Schulträger endlich ein angepasstes Schulgesetz zu den aktuellen Bedingungen im Landtag vorzulegen – unser Gesetz haben Sie ja abgelehnt – und dieses auch zu beschließen. Wir werden Ihnen dann gern zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als Schulpolitiker der CDU-Fraktion, der mit diesem Thema schon über längere Zeit beschäftigt ist, wünsche ich mir ehrlichen Herzens nichts mehr, als dass wir endlich Ruhe in die Schulnetzplanung bekommen.
Meine Damen und Herren, wir brauchen diese Ruhe auch, weil ihr Fehlen in der Tat immer wieder und in jedem Jahr
erneut zur Verunsicherung bei der pädagogischen Arbeit vor Ort führt. Das ist eine Realität, die ich gern anerkennen will.
Aber – jetzt kommt das große Aber, meine Damen und Herren – wir können Rahmenbedingungen, die vorhanden sind und die die Fragen der Schulnetzplanung tangieren, nicht leichtfertig ausblenden.
Auch das hat etwas mit der Qualität schulischer Angebote zu tun: dass wir uns nicht nur über die Frage des Erhalts von Schulstandorten im ländlichen Raum verständigen, dass wir uns nicht nur über die Frage verständigen, wohnortnahe Schulen zu erhalten und einzurichten, sondern dass wir in diese Betrachtung auch einbeziehen: Fragen der Lehrerversorgung, Fragen der Vergleichbarkeit schulischer Angebote zwischen städtischen Verdichtungsgebieten und ländlichem Raum, natürlich auch Fragen der demografischen Entwicklung, die wir hier in Sachsen schmerzvoll durchlitten haben und vor deren Herausforderungen die neuen Bundesländer jetzt gestellt sind.
Meine Damen und Herren! In dieser Spannbreite sollten wir eine ehrliche Diskussion führen und uns nicht mit Schwarz-Weiß-Argumenten gegenseitig vorführen. Ich denke, das hilft der Diskussion nicht weiter.
Meine Damen und Herren! Auf den Punkt gebracht und das mit aller Deutlichkeit: Der Name und die Themenstellung der heutigen Debatte sind nicht zutreffend. Dieser Landtag hat kein Schulschließungsmoratorium beschlossen, meine Damen und Herren. Wir haben auch nicht beschlossen, dass generell Mitwirkungsentzüge und Schulschließungen durch die Staatsregierung unterbleiben sollen.
Ich darf Sie an den Text unseres Entschließungsantrages erinnern, den wir verabschiedet haben. Dort heißt es im Punkt 2.2 – ich zitiere: „Ab dem Schuljahr 2011/2012 ist aufgrund der zu erwartenden Veränderungen und des Übergangsverhaltens von der Grundschule zu den weiterführenden Schulen infolge der geänderten Bildungsempfehlung für vier Schuljahre von Mitwirkungsentzügen bei den Mittelschulen im ländlichen Raum abzusehen, wenn die Schülerzahl von mindestens 20 Schülern in der Eingangsklasse erreicht wird. Dies gilt nicht für Schulen, deren Aufhebung bereits in den Schulnetzplänen beschlossen ist.“
Meine Damen und Herren! Daran sollten wir uns auch jetzt in der politischen Diskussion festhalten. Es nützt niemandem, es nützt auch den Schulnetzplanungsträgern vor Ort überhaupt nichts, wenn wir hier Dinge propagieren, die so nicht beschlossen worden sind und für die es letztlich auch keine Rechtsgrundlage gibt, meine Damen und Herren.
Wir haben uns nicht für die Änderung des Schulgesetzes entschlossen. Ich gehe davon aus, dass das auch in Zukunft mit Blick auf die sonstigen Rahmenbedingungen,
Die Zweizügigkeit der Mittelschule erwächst nicht aus den Vorstellungen des Kultusministers oder der CDU- oder der FDP-Fraktion, sondern sie ist strukturell bedingt in dem, was Mittelschule ausmacht,
wie Mittelschule organisiert sein muss, wenn sie ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen soll. Daraus ergibt sich die Zweizügigkeit.
Meine Damen und Herren! Wir haben auch ein Weiteres mit zu bedenken – möglicherweise werden wir das in dieser Runde demnächst noch einmal kontrovers und hart diskutieren: Wir haben auch die Frage des effizienten Lehrereinsatzes mit zu diskutieren. Ich schließe mich voll und ganz der Meinung an, dass wir, was die Lehrerversorgung anbelangt, die Grenzen des Möglichen erreicht haben und dass ein weiterer Abbau von Lehrerstellen in diesem Land nicht ohne Weiteres vermittelbar ist. Aber wenn wir denn schon an dem, was wir haben, festhalten wollen und nicht unbedingt mehr fordern können, dann müssen wir trotzdem aufgrund dieses Status quo, den wir in der Personalausstattung haben, sehr wohl davon ausgehen, dass wir auch Rahmenbedingungen schaffen, die es ermöglichen, mit diesem vorhandenen Lehrerpersonal unter anderem auch Schulstandorte zu erhalten, auch kleinere Schulstandorte, aber in gleicher Weise an jedem Schulstandort die Unterrichtsversorgung zu garantieren, Mangelfächer zu bedienen und letztlich jungen Lehrern die Chance zu geben, in dieses System zu kommen. Das muss in der Komplexität mit bedacht werden.
Deshalb denke ich, es ist einfach zu kurz gegriffen zu sagen: Wir müssen jetzt in Größenordnungen Ausnahmeregelungen zulassen.
Ich gehe davon aus, wir haben im § 4a des Schulgesetzes sehr wohl Möglichkeiten, für den ländlichen Raum etwas zu tun. Das machen wir auch. Wir haben mit dem Schulschließungs- – Entschuldigung, jetzt sage ich schon selber das falsche Wort –, wir haben mit dem beschlossenen Entschließungsantrag eine gute Grundlage, auf veränderte Bildungsempfehlungen, auf aktuelle Bevölkerungsprognosen einzugehen. Das sind alles Dinge, die jetzt durchaus möglich sind. Aber wir entbinden damit die Schulnetzplanungsträger nicht von ihrer Aufgabe, die entsprechend den vorgegebenen Parametern des Schulgesetzes –
– inhaltlich untersetzt ist, das gewissermaßen auszublenden, sich zurückzulehnen und nichts mehr zu tun.