Protocol of the Session on March 23, 2011

Deshalb brauchen wir aus Sicht unserer Fraktion maximale Transparenz bei der Gesetzgebung bei Abgeordnetengesetzen. Ich halte einen Verzicht auf 1. Lesungen schon allgemein im Sinne der Öffentlichkeitswirkung nicht für wünschenswert, sondern für fragwürdig. Aber bei der Gesetzgebung in eigener Sache ist er in jedem Fall falsch. Transparenz kann auch mit der Formulierung des Gesetz

entwurfes hergestellt werden. Wenn allerdings die Begründung des Gesetzentwurfes wie im heutigen Fall aus einem einzigen Satz besteht, dann haben wir einen Negativrekord erreicht.

(Beifall der Abg. Gisela Kallenbach, GRÜNE)

Nichtsdestotrotz hält unsere Fraktion diese Detailkorrektur für richtig. Es ist richtig, eine vergleichbare Regelung mit der gesetzlichen Rentenversicherung herzustellen. Wenn wir diese Korrektur für richtig halten, heißt das aber nicht, dass wir Ihren Gesetzentwurf unterstützen. Denn Sie tun das Richtige im Falschen. Diese Korrektur ist überhaupt nur notwendig, weil Sie für alle Abgeordneten den Zugang zur alten beamtenähnlichen Altersversorgung freigemacht haben.

Das Versorgungswerk war zumindest in der letzten Legislatur ein halber Schritt vorwärts. Sie haben im Dezember zwei Schritte rückwärts gemacht, indem Sie ein teures, ein intransparentes und von der Bevölkerung zu Recht kritisiertes Privileg wieder eingeführt haben.

Wir brauchen aus Sicht unserer Fraktion nicht diese kleine, sondern wir brauchen eine große Korrektur bei der Altersversorgung. Der Kern dafür ist bereits im geltenden Gesetz enthalten. Das ist der Vorsorgebeitrag. So wie wir 2007 und auch im Dezember 2010 mit Änderungsanträgen versucht haben, diesen Vorsorgebeitrag durchzusetzen, können wir auch heute sagen: Wir halten das für den richtigen Weg. Vorsorgebeiträge sind transparent. Die Anlehnung an den Höchstbeitrag in der freiwilligen gesetzlichen Rentenversicherung schafft Vergleichbarkeit. Vorsorgebeiträge sind auch ein Weg, um den individuellen Versorgungsbedürfnissen aller Abgeordneten Rechnung zu tragen. Der eine will ihn zur Stärkung seiner Beiträge im Versorgungswerk zum Beispiel bei Rechtsanwälten einsetzen, der andere vielleicht für die gesetzliche Rentenversicherung. Auch eine private Altersvorsorge ist möglich. Deshalb bleibt diese notwendige Änderung auf der Tagesordnung. Zu Ihren heutigen Korrekturen werden wir uns enthalten.

(Beifall der Abg. Gisela Kallenbach, GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Dr. Gerstenberg. – Für die Fraktion NPD spricht Herr Abg. Dr. Müller. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Redebeitrag wird in die gleiche Richtung gehen wie der meines Vorredners. Denn nur drei Monate nachdem wir in diesem Haus das Abgeordnetengesetz geändert haben, müssen wir uns schon wieder mit diesem Thema befassen.

Der Entwurf der Koalitionsfraktionen war damals unausgereift und hat selbst die vollmundig formulierte Vorgabe einer Angleichung an eine Rente mit 67

(Christian Piwarz, CDU: 67!)

67, ja, nicht erfüllt.

Das kommt dabei heraus, wenn CDU und FDP hier im Hause nicht auf die Zuarbeit von Beamten von der Staatsregierung setzen können, sondern selbst einmal ein Gesetz machen müssen. Dabei, meine Damen und Herren von der Koalition, sind Sie gewarnt worden. Nicht nur der von der NPD-Fraktion benannte Sachverständige, sondern auch der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Landtag von Schleswig-Holstein, Herr Holger Astrup, hatte bei der Anhörung im Rechtsausschuss am 11. November 2010 ausdrücklich vor zu großer Eile gewarnt. Auf eine Frage meines Fraktionskollegen Andreas Storr antwortete Herr Astrup damals unter anderem – ich zitiere –: „Es ist eine sehr weitreichende Entscheidung zu treffen. Tun Sie sich damit ruhig schwer. Es lohnt sich, noch eine weitere Beratungsrunde zu drehen.“ Und er fügte hinzu, auch diesen Hinweis will ich Ihnen nicht vorenthalten – Zitat –: „Übrigens kann man dies auch wunderbar mit internen Beratern, was noch einmal eine geldsparende Empfehlung ist.“

Aber statt auf die mahnenden Worte eines Experten zu hören, der mit der parlamentarischen Praxis vertraut ist, mussten Sie dieses Gesetz unbedingt durchpeitschen und haben damit einen weiteren Beitrag zur Politikverdrossenheit geleistet. Denn etwas anderes kann dieses so zusammengeschusterte Gesetz beim Bürger nicht hervorrufen.

Inhaltlich ist der neue Gesetzentwurf notwendig, wenn man innerhalb Ihres Gesamtsystems der Altersversorgung die Abgeordneten mit den Normalbürgern gleichstellen will, was ja ursprünglich von Ihnen laut postuliert wurde. Da das konsequent ist, die NPD-Fraktion Ihren Vorschlag der Neuregelung im Dezember aber abgelehnt hat, werden auch wir uns dieses Mal der Stimme enthalten.

Lassen Sie mich zum Schluss anmerken, dass zumindest die Jüngeren unter uns wohl kaum in den Genuss der heute geplanten Altersversorgung kommen werden. Denn niemand kann angesichts der demografischen Katastrophe und der Entwicklung der Rentenkassen ernsthaft annehmen, dass in 30 bis 40 Jahren das heutige Rentensystem überhaupt noch finanziert werden kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Mir liegen seitens der Fraktionen keine weiteren Wortmeldungen vor. Möchte noch jemand sprechen? – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Auch das kann ich nicht feststellen. Damit kommen wir zur Abstimmung.

Aufgerufen ist das Vierzehnte Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes, Drucksache 5/5076, Gesetzentwurf der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion, abgestimmt wird auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses, Drucksache 5/5263.

Bevor wir über diesen Entwurf abstimmen, rufe ich den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 5/5375 auf. Herr Abg. Bartl, Sie haben gesagt, dass Sie diesen Antrag noch näher einbringen wollen. Ich erteile Ihnen hierzu das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Wenn wir jetzt den Gesetzentwurf so, wie er eingebracht worden ist, nehmen, hat der weiter geltende § 14b im Sächsischen Abgeordnetengesetz im Abs. 1 folgenden Wortlaut:

„Ein ehemaliges Mitglied des Landtages erhält eine Altersentschädigung nach § 13 Abs. 2, sobald es das 67. Lebensjahr vollendet und dem Landtag zehn Jahre angehört hat.“ Der Satz bleibt stehen. Erst danach kommt der jetzt mit Ihrem Änderungsgesetz vorgesehene nächste Satz als Satz 2: „Auf Antrag kann die Altersentschädigung bis zu fünf Jahren gewährt werden.“ Im Gesetzentwurf wird vorgetragen, dass Zielstellung sei, Anpassung der gesetzlichen Regelung für Mitglieder des Sächsischen Landtages an die Regelung der gesetzlichen Rentenversicherung (des Bundes) in Bezug auf die Möglichkeit, Altersentschädigung vor Vollendung des 67. Lebensjahres zu erhalten.

Die gesetzliche Rentenregelung des Bundes legt aber nicht fest, dass das Renteneintrittsalter durchgängig 67 Jahre ist. Das legt sie eben nicht fest. Sie legt fest, dass das Renteneintrittsalter gestaffelt bis 2027 dann bei 67 Jahren liegt, nicht bereits jetzt für jede und jeden, auch nicht für jede und jeden Abgeordneten, die ja gleichzubehandeln sind. Und es legt die bundesrechtliche Regelung für das Renteneintrittsalter fest, nach der Menschen mit Behinderung von mehr als 50 % mit 65 Lebensjahren Rente erhalten.

Sie haben also eine offenkundige Differenz im Gesetz zur Bundesregelung. Dass das sehenden Auges falsch stehen bleiben soll, ist für uns in keiner Weise nachvollziehbar. Wenn es Beschwernisse gibt, dem Antrag jetzt im Plenum zuzustimmen, haben wir auch kein Problem damit, dass wir heute noch einmal an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss als federführenden Ausschuss zurückverweisen, um das noch einmal zu erörtern und noch einmal darüber nachzudenken, ob wir nicht eine Anpassung vornehmen müssen. Auch diesen Zwischenschritt bieten wir ausdrücklich an, wie wir ebenso angeboten haben, dass wir einer unserer Intention aufnehmenden Formulierung eines Änderungsantrages der Koalition jederzeit offen gegenüberstehen, gewissermaßen also keine Autoren- bzw. Urheberrechte beanspruchen.

Aber die Regelung, die offensichtlich im Verhältnis zum Bundesrecht falsch ist, muss korrigiert werden. Wenn es aus bestimmten Befindlichkeiten heraus der Koalition schwerfällt, dem Antrag zuzustimmen, dann lassen sie uns als goldenen Mittelweg entscheiden, dass wir an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zurückverweisen, um dort noch einmal darüber zu reden, es noch einmal zu prüfen und den Juristischen Dienst zur Frage

der Berechtigung oder Nichtberechtigung unseres Einwandes zu Rate zu ziehen.

Bitte kommen Sie zum Schluss.

Wenn dieser Weg gangbar wäre, würden wir ihn gern mitgehen. Ansonsten würden wir bitten, unserem Antrag zuzustimmen, da Sie ansonsten sehenden Auges ein rechtsfehlerhaftes Gesetz in die Welt setzen.

Wir bedanken uns.

(Beifall bei den LINKEN)

Vielen Dank, Herr Bartl. – Herr Abg. Biesok, Sie möchten zum Änderungsantrag Stellung nehmen. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Bartl! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte kurz zum Änderungsantrag Stellung nehmen.

Herr Bartl, wir haben mit der Korrektur, die wir heute vornehmen, nicht beabsichtigt, die Altersversorgung der Abgeordneten komplett der gesetzlichen Rentenversicherung gleichzustellen, sondern wir haben eine bewusste Entscheidung getroffen, dass die Abgeordneten des Sächsischen Landtages mit 67 Jahren in den Ruhestand gehen. Wir wollten lediglich den Fehler, den wir gemacht haben, korrigieren. Herr Gerstenberg, ich gehörte auch mit zu denen, die das vereinbart haben. Wir haben uns schlicht und einfach nicht vorstellen können, dass in den vorherigen Legislaturperioden Regelungen für einen vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand ohne Abschläge vorhanden gewesen sind. Das war unsere Geschäftsgrundlage. Das haben wir übersehen. Diesen Fehler korrigieren wir. Deshalb nehmen wir Bezug auf die Regelung in der gesetzlichen Rentenversicherung und machen Abschläge dafür, wenn man früher in Rente geht.

Bei der grundsätzlichen Entscheidung, erst mit 67 Jahren den Anspruch auf Altersentschädigung entstehen zu lassen, bleiben wir, und zwar unabhängig von den Argumenten, die Sie gebracht haben. Sie haben ein anderes Modell, bei dem es darum geht, für bestimmte Gruppen eine frühere Rente zu ermöglichen. Wir wollen an der 67er Regelung festhalten. Wir wollen nur die finanziellen Aufwendungen senken.

Das ist der Hintergrund unserer Regelung. Wir möchten deshalb an dem Vorschlag, wie wir ihn eingebracht haben, festhalten und werden Ihren Änderungsantrag ablehnen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Abg. Bartl, Sie möchten erwidern.

Ich spreche noch einmal in Erwiderung für unseren Antrag.

Noch einmal: Es gibt in der Bundesrepublik Deutschland eine Verpflichtung, wonach das Landesrecht dem Bundesrecht entsprechen muss. Da kann nicht der Freistaat Sachsen für sich entscheiden, dass Abgeordnete, auch dann, wenn sie nach den Bundesregelungen mit einem anderen Eintrittsalter Altersversorgung bekommen, diese in Sachsen nicht bekommen, und zwar nur, weil sie Abgeordnete sind. Sie können nicht entscheiden, dass für Abgeordnete des Sächsischen Landtages, die eine Behinderung von mehr als 50 % haben, das Renteneintrittsalter 67 Jahre ist und sie erst von diesem Zeitpunkt an Entschädigung erhalten. Das ist ein völliger Systembruch im Verhältnis zur bundesrechtlichen Regelung.

Es ist nach unserer Überzeugung nicht in die Hand des Landesgesetzgebers gestellt zu sagen, dass anders als in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen bei der Altersvorsorge im Bereich des Landtages Menschen mit Behinderungen nicht mit 65 Jahren Anspruch auf Altersrente respektive Altersversorgung haben, sondern erst mit 67 Jahren.

Wie wollen Sie das frei vom Willkürverbot und sonstigen Grundsätzen im Verhältnis zum Bundesrecht durchhalten, wenn Menschen mit Behinderungen, die davon betroffen sind, eine entsprechende Organstreitsache einreichen würden? Das ist aus unserer Sicht nicht begreiflich. Das hätte ich gern von einem Juristen, Herr Kollege, erklärt, und zwar wenigstens die Behindertenfrage. Ich begreife es nicht.

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Herr Biesok, Sie möchten erklären?

Herr Bartl, wir haben in der Verfassung kein Gebot, dass sämtliche landesgesetzlichen Regelungen identisch mit der bundesgesetzlichen Regelung sein müssen. Wir haben immer noch ein föderatives Prinzip. Deshalb steht es den Landtagen frei, das eigenständig auszugestalten.

Wenn ihre Argumentation richtig wäre, dann hätte man in den ersten vier Legislaturperioden des Sächsischen Landtages eine verfassungswidrige Abgeordnetenversorgung gehabt, denn da hat man überhaupt keine Abschläge vorgesehen. Man hat eine starre Grenze gehabt und hat auf eine Schwerbehinderung eines Abgeordneten keine Rücksicht genommen. Von daher geht Ihre Argumentation fehl.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Klaus Bartl, DIE LINKE: Kann ich darauf erwidern?)

Ja, bitte.

Herr Kollege Biesok, ich sage es jetzt ganz knapp unter Juristen: Es ist völlig klar, dass eine begünstigende Regelung, die gewissermaßen das Bundesrecht für Sachsen in anderer Weise verfasst, gehen mag. Aber eine benachteiligende Regelung im Verhältnis zum Bundesrecht ist niemals rechtlich durchsetzbar. Eine

Benachteiligung tritt aber tatsächlich ein. Sie haben einen Systembruch, der mit dem Benachteiligungsverbot nicht in Einklang zu bringen ist.

Lassen Sie uns die Frage doch wenigstens prüfen, bevor Sie sie entscheiden.