und ob in diesem Land jeder vor dem Gesetz gleich ist und gleich bleibt, unabhängig von der Funktionshöhe. Um diese Frage geht es. Danach werden die Menschen draußen beurteilen, wie mit diesem Antrag umgegangen wird. Das ist das entscheidende Problem an der ganzen Sache.
Herr Unland, ich schiebe Ihnen die Entscheidung nicht zu. Ich sage nicht, Sie waren derjenige, der in geheimer Sitzung für sich die Entscheidung der Kosten abgewogen hat: Kostet es nach dem RVG so viel oder so viel?
Zumindest Kollege Biesok, Kollege Lichdi und andere Anwälte im Haus wissen, dass das der blanke Unfug ist. Ich kann immer entscheiden über Teilklage, über Bemessung der Forderungshöhe, über die entsprechende Mitgeltendmachung der vorher entstandenen Ansprüche, um die Expertisen zu erstellen, was alles Schaden ist. Das lässt sich alles beeinflussen vom Kläger im Zivilprozess. Dort hat er ja die Hoheit.
Die Frage ist, wir sind nicht irgendwo, wir sind im Bereich des Gesetzes über das öffentliche Kreditwesen. Dieses Gesetz macht den Unterschied zu einer anderen Gesellschaft, zu einer anderen Bank, zur Deutschen Bank oder zur Commerzbank und Ähnliches mehr. Es hat einen klaren gesetzlichen Auftrag gegeben: Förderung der Wirtschaft im Freistaat Sachsen.
Von diesem Auftrag ist 1999 abgewichen worden, ohne dass das Parlament damit befasst war. Dann wurde ab 2002 unter der Wirkung des Gesetzes über das öffentlichrechtliche Kreditwesen vor allem hervorgehoben: Weil ihr eine öffentliche Bank seid, gibt es eine Anteilseignerversammlung, die besondere gesetzliche Pflichten zur Kontrolle hat, gibt es einen Verwaltungsrat, einen Aufsichtsrat – der an der Spitze höchstselbst durch den Finanzminister besetzt wird –, der besondere Pflichten hat, gibt es einen Kreditausschuss, der besondere Pflichten hat, und gibt es die Rechtsaufsicht der Staatsregierung, die bisher überhaupt nicht geprüft worden ist. Das steht im Gesetz über das öffentlich-rechtliche Kreditwesen drin. Dort steht auch drin, dass der Aufsichtsrat die Aufgabe hat, den Vorstand bei der Durchführung dieser gesetzlichen Aufgaben zu kontrollieren. Wenn ich am Ende sage, es waren fünf, sechs, sieben Vorstandsmitglieder, die versagt haben, dann waren es auch fünf, sechs, sieben Kontrolleure, die versagt haben.
Das Problem ist letzten Endes definitiv: Wenn das Rennen so ausgeht, dass nur die Vorstandsmitglieder zivilrechtlich beklagt werden, dann gibt es zwei Wege, wie die Sache gelöst wird für den Freistaat Sachsen, für den Staatsminister, für die Staatsregierung: Entweder man dealt wie im Fall Heininger in Leipzig und es kommt überhaupt nicht groß zur Erörterung, was dahintersteckt. Oder die Banker
werden auspacken, dass sie über alle wesentlichen Entscheidungen selbstverständlich den Verwaltungsrat informiert haben, selbstverständlich den Staatsminister informiert haben.
Ich habe noch im Auge und im Ohr als Mitglied des 1. Untersuchungsausschusses in der 4. Wahlperiode den Auftritt des Gründungsvorstandes LBC Europe in Dublin Herrn Klaus Wilsing. Wilsing war derjenige, der der Staatsregierung die Idee mit vermittelt hat, Dublin zu machen. Er war Gründungsvorstand. Er sagt vor dem Ausschuss im Januar 2008 aus: Ich bin dann 2005 im Sommer bei dem Finanzminister aufgeschlagen und habe gesagt, das Geschäft ist überhitzt. Die Fonds sind nicht mehr belastbar. Das ist eine Frage der Zeit, dass es knallt. Verkaufen Sie! Und ich habe einen Käufer.
Auf meine Fragen – was würde denn der Käufer bieten, wer ist denn der Käufer? – antwortete er: „Den Namen des Käufers darf ich nicht sagen, aber das Gebot waren damals noch 400 bis 500 Millionen Euro. In der Höhe hätten wir verkaufen können in 2005.“
Dieser Vorstand, der das mit erdacht hat, sagt: Leute, Verwaltungsratsvorsitzender, das Geschäft ist überhitzt. Jetzt sind die Banker, die Vorstandsmitglieder, die Vorstände allein zuständig.
Wie ist das mit der Prüfung der Aussage von Wilsing bei Ihrer Meinungsbildung gelaufen? Sie sagen, zivilrechtliche Aufarbeitung, welcher Schaden ist entstanden. Wer ist für diesen Schaden, der hinterlassen wurde, ursächlich verantwortlich?
Dann nennen Sie als weitere Voraussetzung: Verjährung drei Jahre. Es gibt zwei Gründe für Verjährung. Erstens: Wann ist der Schaden entstanden? Zweitens: Wann ist bekannt geworden, wer der Verursacher ist?
Ich behaupte, dass es eine ganze Reihe von Schadenspositionen in diesen ganzen Fondsgeschäften gibt, wo bis heute der Schaden noch gar nicht eingetreten ist. Der trifft uns noch. Wer dann der Verursacher war als Vorstand oder als Verwaltungsratsmitglied oder als Kreditausschussmitglied, das kann allemal noch geprüft werden.
Ich bin auch nicht der Auffassung, dass wir sagen können, für alle, die bisher in Verantwortung waren, sind längst die drei Jahre vorbei. Schon diese Entscheidung ist rechtlich nicht haltbar und durchsetzbar. Wenn das mit den parlamentarischen Möglichkeiten überprüft wird, die es gibt, werden Sie Schiffbruch erleiden.
Sie sagen weiter, dass es letzen Endes im Zivilprozess nicht darum geht, nicht auf Schuld und Sühne oder Strafe zu machen, sondern es geht um Geld. Wenn man Geld nicht realisieren kann, klagt man nicht. Wie viel Prozent von der öffentlichen Hand geführter Prozesse in diesem Land würden nicht stattfinden, wenn man danach urteilt, ob bei dem Schuldner etwas zu holen ist! Wissen Sie, wie viele Hartz-IV-Leute beklagt werden mit Forderungen in fünfstelliger Höhe, obwohl man genau weiß, die kann
Dann stellt sich die Staatsregierung hin, stellen sich auch Kollegen der Koalitionsfraktionen hier hin und erklären: Im Übrigen sind wir nicht die Staatsanwaltschaft. Die zivilrechtlich jetzt nicht erwischt werden, werden es vielleicht dann von der Staatsanwaltschaft. – Werden sie nicht!
Ein Teil von Ihnen war doch vielleicht dabei. Mein Kollege Tischendorf hat im Dezember nachgefragt, was denn die Staatsanwaltschaft Leipzig ermittelt. Ich hatte im April 2010 die Frage gestellt, wer und wie viele ermitteln denn zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit und gegen wen? Darauf hat mir der Staatsminister der Justiz mitgeteilt, dass es einen Staatsanwalt gibt, der vollzeitbeschäftigt ist, dass es einen Staatsanwalt in Leipzig gibt, der eine 0,5-Stelle hat und zwei Staatsanwälte mit zwei Mal 0,25 Beschäftigungsanteil. Die arbeiten daran. Man rechnet damit, dass Anfang bis Mitte 2011 entschieden werden kann, gegen wen eventuell ermittelt wird oder es zum Verfahren kommt.
Das nimmt Klaus Tischendorf in der Fragestunde im Dezember 2010 zum Anlass, um nachzufragen, gegen wen die Ermittlungen denn laufen. Jetzt gebe ich Ihnen die Antwort der Staatsregierung bekannt – das erklärt so etwas zum Strafrechtlichen –: „Die Staatsanwaltschaft Leipzig führt im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der Sächsischen Landesbank zwei umfangreiche Ermittlungsverfahren. In einem dieser Verfahren ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen fünf ehemalige Vorstände der Sachsen LB wegen Verdachts der Untreue. In dem weiteren Verfahren, das unter anderem auch gegen diese fünf ehemaligen Vorstände geführt wird, werden die Ermittlungen wegen der Tatvorwürfe der Untreue, der unrichtigen Darstellung nach § 331 HGB und wegen Verletzung der Berichtspflicht nach § 332 HGB geführt.“
Es wird auch dort nur gegen die Vorstände ermittelt. Wo ist denn die Ermittlung strafrechtlicher Art gegen Aufsichtsratsmitglieder etc.?
Die Staatsanwaltschaft ist ein Exekutivorgan. Wieso verweisen Sie denn auf die angeblichen strafrechtlichen Verfolgungen?
Die Konstellation dieser ganzen Angelegenheit – das ist das Problem – ist: Wenn Sie den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ablehnen, drücken Sie das Prinzip der Gesetzmäßigkeit, das Prinzip, dass das Gesetz für jedermann gilt, dass in diesem Hause jeder die Pflicht hat, das Gesetz durchzusetzen,
dass das bei der Staatsregierung beginnt und worauf die Staatsregierung auch vereidigt ist, in die Tonne.
Sie können in geheimer Sitzung entscheiden, was Sie machen wollen. Aber das, was heute hier geschieht, wird
Ich frage die Fraktionen der SPD, der FDP, der NPD. – Jetzt frage ich die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Es wird gewünscht. Herr Staatsminister Prof. Unland, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Sächsische Landesbank und die Auswirkungen ihres Handelns sind ein großes Problem für den Freistaat Sachsen. Diese Auswirkungen, insbesondere die finanziellen, werden uns sicherlich noch einige Jahre beschäftigen.
Klage gegen die jeweiligen Mitglieder des Kreditausschusses der ehemaligen Sachsen LB der Jahre 2003 bis 2007 zu erheben.
Zunächst möchte ich noch einmal den Zweck eines Schadenersatzprozesses hervorheben. Es geht darum, Vermögenseinbußen, die eine Seite durch die schuldhafte Pflichtverletzung der anderen Seite erlitten hat, auszugleichen. Das heißt, etwas prosaisch ausgedrückt, es geht um Geld.
(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Die werden doch nicht angeklagt! Wo ist denn die Klage gegen Milbradt? Ist doch wahr!)
Das ist es, was die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erreichen möchte. Dies ist aber nicht Aufgabe des Schadenersatzprozesses, sondern eines Strafprozesses. Die strafrechtlichen Ermittlungen der hierfür zuständigen Staatsanwaltschaft Leipzig dauern jedoch noch an.
Bezüglich der Sachlage möchte ich klarstellen, dass Pflichtverletzungen allein in Bezug auf sechs ehemalige Mitglieder des Kreditausschusses festgestellt wurden, die gleichzeitig Mitglied des Verwaltungsrates waren. Die Entscheidung, diese sechs Personen zivilrechtlich nicht zu verklagen – das gebe ich ganz offen zu –, ist mir persönlich sehr schwergefallen. Im Grunde genommen ist es
unmöglich, nüchterne haushalterische Gesichtspunkte gegenüber dem Gerechtigkeitsgefühl abzuwägen. Trotzdem musste eine Entscheidung gefällt werden. Bei der Entscheidungsfindung waren folgende zwei Aspekte maßgeblich: erstens die Erfolgsaussichten der Klage und zweitens die Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Nutzen.
Die Erfolgsaussichten von Klagen gegen die ehemaligen Aufsichtsorgane wurden von den befassten Anwälten deutlich geringer als bei den ehemaligen Vorständen bewertet. Im Gegensatz zu den Vorstandsklagen wurden hier deutlich höhere Risiken aufgeführt. Mit Klagen gegen ehemalige Aufsichtsorgane von Banken wegen der Finanzkrise würde zusätzlich juristisches Neuland betreten werden. Auch das Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes vom 28. August 2009 führt hier nicht weiter. Im Organstreit maßgebliche Normen sind nicht deckungsgleich mit den zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen.
Die Begründung von Schadenersatzansprüchen gegen frühere Organmitglieder der Sachsen LB bedarf darüber hinausgehender Nachweise und Feststellungen. Das mit der Sache befasste Gericht müsste zu der Überzeugung gelangen, dass die früheren Organmitglieder schuldhaft ihre Pflichten verletzt haben und hierdurch ein konkret nachweisbarer Schaden entstanden ist.
Würde der Freistaat Sachsen hier unterliegen, träfen ihn neben den eigenen hohen Aufwendungen die Aufwendungen der Gegenseite sowie die Gerichtskosten. Selbst im Erfolgsfall sind die sehr hohen Kosten der Prozessführung den möglichen Erlösen gegenüberzustellen. Die vorhin schon diskutierte Managerversicherung ist für Vorstände und Aufsichtsorgane gemeinsam abgeschlossen. Sie ist auf einen ganz bestimmten Betrag begrenzt. Dieser Betrag ist durch die gegen die ehemaligen Vorstände geltend gemachten Klagen bereits vollständig ausgeschöpft. Als Haftungsmasse bei Klagen gegen die Kreditausschussmitglieder stünde daher allein das Privatvermögen der Beklagten zur Verfügung.