Protocol of the Session on December 14, 2010

(Beifall der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Die legitime Forderung nach einem Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist nicht schon dadurch erfüllt, dass man einen entsprechenden Revers unterschreiben lässt. Das ist doch töricht und absolut lebensfremd. Vielmehr werden die Verantwortlichen darauf achten müssen, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger unsere Grundordnung innerlich bejaht. Das ist doch mit „Gesinnung“ gemeint.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Um dieses erstrebenswerte Ziel zu erreichen, ist auf soziale Fehlentwicklungen, unterschiedliche Existenzängste und mangelnde politische Bildung, meine Damen und Herren, zu achten.

Wer etwas zur Stärkung des freiheitlichen Verfassungsstaates tun will, muss mit spürbaren Verbesserungen ansetzen, nicht bei Geboten, Verboten und Reglements. Danach rufen sie immer. Es geht nicht darum zu kämpfen – jedenfalls nicht so, wie Sie sich das vorstellen. Es geht darum zu werben und andere für unsere gemeinsamen Anliegen zu gewinnen. Das ist bis jetzt nicht gelungen.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Auch das macht die Arbeit von Donsbach deutlich. Es gibt einen Anstieg undemokratischen Denkens – trotz Ihrer Bemühungen. Das sollte Sie doch zum Nachdenken veranlassen. Bitte lassen Sie uns über dieses komplexe Thema angemessen diskutieren.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE sprach der Abg. Herr Prof. Besier. – Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Den sehe ich nicht. Damit hat jetzt die Staatsregierung das Wort. Bitte Herr Staatsminister Ulbig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren Abgeordneten! Zuerst möchte ich einige grundsätzliche Ausführungen machen. Es ist gerade unter anderem von Volker Bandmann angesprochen worden, dass wir uns im 20. Jahr der deutschen Einheit befinden. Eigentlich sollte ich in diesem Saal niemanden daran erinnern müssen, dass wir diese Freiheit selbst erkämpft und errungen haben. Ohne den Mut und den Freiheitswillen der Demonstranten würden wir heute nicht hier sitzen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Wir haben damals Ja gesagt zur Freiheit und Ja gesagt zur Demokratie. Die Mehrheit von Ihnen war dabei. Sie alle haben den Mut bewiesen, als es darum ging, den Feinden der Freiheit zu trotzen.

Aus dieser Zeit, meine sehr verehrten Abgeordneten der GRÜNEN und der SPD, weiß ich, dass Ihre Wurzeln länger als 20 Jahre zurückreichen. Ausgerechnet Sie haben jetzt ein Problem mit einem Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, Sie, deren Wurzeln in der mutigen DDR-Bewegung liegen.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Es geht um den zweiten Teil! – Martin Dulig, SPD: Das ist ein bisschen billig!)

Damals haben Sie sich gemeinsam mit uns einer Diktatur entgegengestellt, und heute haben Sie ein Problem mit einem klaren Bekenntnis zu Freiheit und Demokratie.

(Andreas Storr, NPD: Die Bürgerbewegungen waren auch gegen den Anschluss nach Artikel 23 GG! – Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Das kann ich nicht ernsthaft glauben und macht mich durchaus besorgt.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Für die Sächsische Staatsregierung kann ich grundsätzlich erklären: Wir stehen wie jedes Verfassungsorgan in der Pflicht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu schützen und zu verteidigen.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, DIE LINKE)

Für sie aktiv einzutreten ist unser gemeinsamer Auftrag, ich möchte sagen, sogar der wichtigste.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle sagen: Ja, wir haben in Sachsen ein Problem. Sie und ich wissen, dass wir in Sachsen eine Minderheit haben, die nicht auf dem Boden unserer Verfassung steht. Wenn Sie sich die Zahlen in den Verfassungsschutzberichten der vergangenen Jahre anschauen, dann sieht man sehr schnell, wo das größte Extremismusproblem im Freistaat zu verorten ist, nämlich im Rechtsextremismus.

(Beifall der Abg. Kerstin Köditz, DIE LINKE)

Auch wenn die Straftaten im Bereich der politisch motivierten Kriminalität im Jahr 2009 gegenüber dem Jahr 2008 gesunken sind, sind sie im Bundesvergleich extrem hoch. Das kann nicht hingenommen werden.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD und der FDP)

Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten von der NPD, stellen hier immer wieder Ihre Verachtung der Freiheit und der Demokratie unter Beweis.

(Andreas Storr, NPD: Das ist Quatsch! Das ist eine unbewiesene Behauptung!)

Sie leben von der Freiheit, die Sie anderen nicht gewähren wollen. Ihre Ideologie ist menschenfeindlich.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Andreas Storr, NPD: Wir sind auch freiheitlich! – Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Aber auch der Linksextremismus hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Zwar erreichen die Straftaten im Bereich der politisch motivierten Kriminalität von Links bei Weitem nicht die von Rechts, aber seit dem Jahr 2006 haben die Delikte gleichwohl zugenommen

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

und haben mit den Gewalttaten inzwischen gleichgezogen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Extremisten, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind für mich jene, die die fundamentalen demokratischen und rechtsstaatlichen Werte unserer Gesellschaft abschaffen wollen. Hierbei geht es nicht um eine einfache Kritik an den bestehenden Verhältnissen; Extremismus ist für mich vielmehr der Gegenbegriff zu unserer freiheitlichdemokratischen Grundordnung.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Es ist die ureigenste Aufgabe des Staates, Vorsorge zu treffen, um die fundamentalen Werte der Verfassung gegen ihre Feinde zu schützen. Der Staat kann Demokratie und Freiheit aber nicht allein bewahren, er braucht Menschen, die sich aktiv für die Werte einer offenen, humanen Gesellschaft in unserem Gemeinwesen einsetzen. Er braucht also Demokraten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Aus diesem Grunde gibt es unter anderem auch das Programm „Weltoffenes Sachsen“. Mit diesem Programm unterstützt der Freistaat

(Andreas Storr, NPD: … die Linksextremisten!)

deshalb Initiativen, die sich diesen Werten verschrieben haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Zum Beispiel werden Projekte und Maßnahmen gefördert, die sich gegen Extremismus

(Unruhe bei den LINKEN)

Sie sollten zuhören! –, insbesondere gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus und für demokratische Werte, demokratische Handlungskompetenzen usw. einsetzen.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Freie Rede, wir sind in der Aktuellen Debatte!)

Diese Demokratieerklärung soll sicherstellen, dass weder unmittelbar noch mittelbar extremistischen Strukturen Steuergelder zufließen. Aus meiner Sicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das eine Reihe von Selbstverständlichkeiten.

(Beifall bei der CDU – Alexander Krauß, CDU: So ist es!)

Für mich ist gleichermaßen selbstverständlich, dass die Demokratie von der Diskussion, von unterschiedlichen Meinungen und damit vom Meinungsstreit lebt. Auch sind Änderungen der Verfassung grundsätzlich kein Tabu.

(Zuruf des Abg. Andreas Storr, NPD)

Aber die Grenze ist dann erreicht, wenn die Grundwerte unserer Demokratie ausgehöhlt werden sollen. Deshalb ist es notwendig, dass eine breite Beteiligung und Mitverantwortung vieler Bürgerinnen und Bürger in den demokratischen Prozessen gewährleistet wird; denn damit wird die Identifikation mit unserem Gemeinwesen gestärkt. Es ist selbstverständlich, dass den Menschen dafür die notwendigen Freiheiten gegeben werden müssen.

Andererseits lehnen wir aus diesem Grund jede Ideologie der Ungleichwertigkeit von Menschen ab. Wir lehnen jede Ideologie ab, die nach einer autoritären Gleichsetzung aller Menschen trachtet.

Deshalb erfordert diese Mitverantwortung ein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung von denjenigen, die öffentliche Mittel für die Arbeit in diesem Bereich beantragen und erbitten. Das soll so ausgestaltet sein, dass das grundsätzlich nicht nur für den Fördermittelempfänger, sondern durchaus auch für Projektpartner gilt. Ich sage es ganz klar, meine Damen und Herren: Derjenige, der das nicht will, kann bei dieser Aufgabe kein Partner des Freistaates sein und noch viel weniger kann er damit rechnen,