Die allgemeine Aussprache beginnt mit der CDU, danach FDP, DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der CDU-Fraktion das Wort. Herr Abg. Hartmann, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich spreche zum Vierten Gesetz zur Änderung des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes, das Ihnen als Gesetzentwurf der CDU/FDP-Koalition heute zur Beratung und Beschlussfassung vorliegt.
Zur Zielsetzung dieses Gesetzes: Mit dem Änderungsgesetz soll ein modernes und klares Landespersonalvertretungsrecht geschaffen werden, das eine trägfähige Grundlage für eine leistungsfähige Verwaltung im Freistaat Sachsen bildet. Es stellt einen tragfähigen Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen der Beschäftigten, der Verantwortung des Dienstherrn und einer effektiven Aufgabenerfüllung dar.
Die CDU-/FDP-Koalition wird damit ihrer gemeinsamen Verantwortung gerecht und legt noch im ersten Jahr ihrer Zusammenarbeit einen aus unserer Sicht ausgewogenen Gesetzentwurf vor.
Erster wesentlicher Inhalt ist die Modifizierung des Gruppenprinzips im Personalrat. Mit dem seit 1. Oktober 2005 geltenden Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst und dem seit 1. November 2006 geltenden Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder wurde die Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern aufgegeben und diese wurden zur Beschäftigtengruppe der Arbeitnehmer zusammengefasst.
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat im Jahr 2009 in mehreren Beschlüssen ausgeführt, dass Personalratswahlen bereits nach dem noch geltenden Sächsischen Personalvertretungsgesetz in zwei Gruppen, nämlich
Beamte und Arbeitnehmer, durchzuführen sind. Der vorliegende Gesetzentwurf trägt dieser Forderung Rechnung. Dies wurde auch in der Anhörung durch eine überwiegende Mehrheit der Sachverständigen zum Ausdruck gebracht.
Zweitens. Neuordnung und Aktualisierung des Mitbestimmungskataloges. Die unübersichtliche Regelung des Mitbestimmungsverfahrens wird vereinfacht und anwenderfreundlich gestaltet. Es erfolgt eine Differenzierung zwischen den Tatbeständen der eingeschränkten Mitbestimmung, bei denen die Einigungsstelle eine Empfehlung ausspricht, und den Fällen der vollen Mitbestimmung, in denen sie abschließend entscheidet. Gleichzeitig werden offene Fragen des Mitbestimmungsverfahrens im kommunalen Bereich geklärt.
Ich möchte an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. Timo Hebeler von der Universität Potsdam aus der Anhörung des Innenausschusses vom 27. September 2010 zitieren: „Meine letzte große Bemerkung soll dem – wie ich finde – Herzstück des neuen Gesetzes gelten, nämlich der Neuordnung der Mitbestimmungskataloge und des Mitbestimmungsverfahrens …“. Weiter sagte er: „Bisher … werden in sehr verschränkter Weise die Mitbestimmungstatbestände zwischen den einzelnen Personengruppen geregelt. Zahlreiche Doppelungen sind die Folge und auch eine große Unübersichtlichkeit.“ Er führte außerdem aus: „Ich kann sagen, ich finde diese beiden Kataloge handwerklich gelungen … insofern kann man die aus meiner Sicht auch sehr gut so lassen.“
Drittens. Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft in Landesrecht. Mit dem Gesetzentwurf werden die Richtlinie 2043 EG des Europäischen Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, Unterschied der Rasse und der ethnischen Herkunft, und die Richtlinie 2078 EG des Europäi
schen Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf in Landesrecht umgesetzt. Beide Richtlinien finden sich im § 72 Abs. 1 wieder, wo die Merkmale Rasse, sexuelle Identität und Weltanschauung sowie Alter in das Gleichbehandlungsgebot aufgenommen wurden.
Viertens. Verhinderung personalratsloser Zeiten. Durch eine differenzierte Regelung der Folgen einer erfolgreichen Wahlanfechtung wird sichergestellt, dass für die Beschäftigten einer Dienststelle zwischen der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung und der folgenden Wahl eine handlungsfähige Interessenvertretung besteht. Die bisher durchgeführten Wiederholungswahlen werden zugunsten von Neuwahlen weitgehend aufgegeben.
Durch eine Neufassung der komplexen Regelungen über die Folgen einer Umorganisation von Dienststellen wird eindeutig geregelt, in welchen Fällen Übergangspersonalräte zu bilden sind.
Fünftens. Deregulierung. Aufgrund von Erfahrungen in der Anwendung des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes, zwischenzeitlich vollzogener Organisationsreformen und gesetzlicher Änderungen wurden entsprechende Anpassungen im Gesetzentwurf vorgenommen. Dazu gehören unter anderem die Neufassung der Voraussetzungen für eine Verselbstständigung von Nebenstellen und Teilen von Dienststellen, die Nutzung vorhandener dienststelleninterner elektronischer Kommunikationsmittel für den Personalrat und die Aufhebung des § 66 – das ist der Ausbildungsbeirat – aufgrund fehlender praktischer Anwendung. Hierzu ist anzumerken, dass er seit seiner Einführung 1993 in keinem Fall genutzt wurde.
Sechstens. Anträge auf Zulassung der Beschwerde. Antrag und Antragsbegründung beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht können durch Beamte und Arbeitnehmer mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im Höheren Dienst unterzeichnet werden. Gerade auf diesen Punkt hat in der Anhörung vom 27. September 2010 der Sachverständige Dr. Matthias Grünberg, Vizepräsident des Sächsischen Oberverwaltungsgerichtes, hingewiesen und diesen Punkt unterstützt.
Siebentens. Kostenübernahme aus Personalratstätigkeit. Die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehenden Kosten trägt die Dienststelle. Mitglieder des Personalrats erhalten bei Reisen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind, Reisekostenvergütungen nach Maßgabe des Sächsischen Reisekostengesetzes.
Im Rahmen der Anhörung wurde durch einige Sachverständige, wie zum Beispiel Frau Uschi Kruse von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und Herrn Thomas Neie, Rechtsanwalt aus Leipzig, auf die mit dieser Regelung verbundenen Problemstellungen hinsichtlich der Abgrenzung zwischen der Abrechnung nach Trennungsgeld und Reisekostenvergütung hingewiesen. Auch im Innenausschuss wurde dieser Punkt diskutiert.
Im Ergebnis dieser Diskussion wird die CDU/FDPKoalition heute einen Änderungsantrag einbringen, der für Personalratsmitglieder den Kostenersatz in jedem Fall nach Reisekostenvergütung, also als Wegstreckenentschädigung, regeln soll. Die Einbringung des Änderungsantrages und die genaue Begründung erfolgen nach der Aussprache.
Zur Verdeutlichung der Position der Koalition hinsichtlich vorgeschlagener Änderungen im Ergebnis der Anhörung vom 27. September 2010 möchte ich nur auf einige Punkte eingehen, die aus meiner Sicht hier im Hohen Hause noch einmal ausgesprochen werden sollten.
Der Beschäftigungsbegriff. Hier gab es die Anregung, die Begrifflichkeiten des Leiharbeitnehmers ausdrücklich als Beschäftigter in das Sächsische Personalvertretungsgesetz aufzunehmen.
Die Einbeziehung der Leiharbeitnehmer in den Kreis der Beschäftigten kann auch nach den allgemeinen Kriterien erfolgen. Ich verweise hier auf § 1 Abs. 1 Satz 1 des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes, in dem es heißt: „Personen, die aufgrund anderer Rechtsverhältnisse in der Dienststelle tätig sind“.
Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes ist der Beteiligungstatbestand der Einstellung gegeben. Eine darüber hinausgehende Besserstellung von Leiharbeitnehmern ist aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt.
Ebenfalls zum Beschäftigungsbegriff gehört die Diskussion zu den wissenschaftlichen, künstlerischen und studentischen Hilfskräften. Die Hilfskräfte sind nicht wie Beschäftigte in die Weisungs- und Organisationsstrukturen der Dienststellen integriert. Ich verweise hier auf das Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes, der eine entsprechende Regelung als nicht verfassungswidrig ansieht. Die Befristung der Arbeitsverhältnisse, die geringen Arbeitszeiten und die eng begrenzten Arbeitsaufgaben lassen es zudem gerechtfertigt erscheinen, dass trotz der Weisungsgebundenheit der Hilfskräfte diese nicht in beschäftigungstypischer Weise in die Arbeitsabläufe der Hochschulen eingegliedert seien. Ergänzend verweise ich darauf, dass wissenschaftliche und künstlerische Hilfskräfte bei der Erfüllung ihrer Aufgaben bereits der durch Artikel 5 Abs. 3 Grundgesetz gesicherten Freiheit von Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre unterliegen.
Amtsdauer der Personalvertretung. Hier ist vorgeschlagen worden, bei der vierjährigen Amtsdauer des Personalrates zu verbleiben. Eine Verlängerung der Amtszeit für Personalräte auf fünf Jahre, wie es dieser Entwurf vorsieht, wird aus unserer Sicht befürwortet. Die Verlängerung der Amtszeit stärkt die kontinuierliche und effektive Gremienarbeit. Auch mit Blick auf eine Legislaturperiode im Sächsischen Landtag, die ebenfalls fünf Jahre dauert, ist das eine vernünftige und verhältnismäßige Regelung.
Wahl des Vorsitzenden bzw. des Vorstandes des Personalrates. Hier ist vorgeschlagen worden, einen dreiköpfigen Vorstand beizubehalten. Dies begründete sich aber ur
sprünglich aus dem Dreiklang der Beteiligten, nämlich den Angestellten, den Arbeitern und den Beamten. Wir haben jetzt eine Zusammenfassung auf zwei Gruppen. Insoweit erscheint auch die Zusammenfassung des Vorstandes auf einen zweiköpfigen Vorstand als sinnvoll und geboten.
Zur Freistellung von Personalratsmitgliedern vom Dienst kraft Gesetzes. Hier ist der Vorschlag gekommen, entsprechend der Angliederung an das Betriebsverfassungsgesetz eine Erhöhung der Zahl der freizustellenden Personalratsmitglieder vorzunehmen.
Die größere Zahl von Freistellungen führt zu erheblich höheren Kosten für den Dienstherrn. Darüber hinaus sind wir der Auffassung, dass die bisher geltende Regelung einen bewährten Erfahrungswert enthält, nämlich die durchaus berechtigte Vermutung, dass die bisherigen Freistellungen zur Aufgabenerfüllung in den vergangenen 20 Jahren ausreichend waren.
Im Weiteren wurde vorgeschlagen, eine Schutzvorschrift aufzunehmen, nämlich die ausdrückliche Regelung, dass Personalratsmitglieder nach ihrem Ausscheiden aus dem Personalrat nicht behindert oder benachteiligt werden sollen. Auch hierzu ist zu sagen, dass eine Ableitung aus unserer Sicht nach den allgemeinen Schutzvorschriften des § 8 Sächsisches Personalvertretungsgesetz möglich ist. Darin heißt es nämlich: „… Benachteiligung auch dann, wenn Personalratsmitglieder befürchten müssen, im Anschluss an ihre Tätigkeit benachteiligt zu werden.“ Eine allgemein gehaltene dahin gehende Klarstellung wäre zwar möglich, ist aber aus unserer Sicht unnötig.
Hier gäbe es noch eine ganze Reihe weiterer Punkte anzusprechen, aber das waren die wesentlichen Positionen, die ich vortragen wollte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zum Schluss meiner Ausführungen. Ich denke, den vorliegenden Gesetzentwurf ausreichend begründet zu haben. Mit dem Änderungsgesetz – damit komme ich an den Anfang meiner Ausführungen zurück – soll ein modernes und klares Personalvertretungsrecht geschaffen werden. Ich lade Sie recht herzlich ein, mit uns gemeinsam heute für diesen Gesetzentwurf und unseren Änderungsantrag zu stimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Wirtschaftsminister weist gerade darauf hin, dass die Demonstration jetzt vielleicht auch viele Abgeordnete interessiert. Das tut uns leid. Das ist ein spannendes Thema, aber das Personalvertretungsrecht ist mindestens genauso wichtig für die vielen Beschäftigten im öffentli
chen Dienst. Insofern, denke ich, ist es sinnvoll, dass man sich zu diesem Gesetzentwurf entsprechend verhält, zumindest, was die Rednerinnen und Redner betrifft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie schon mein Vorredner angesprochen hat, gab es zum Personalvertretungsgesetz eine genauso intensive Ausschussberatung im Innenausschuss wie beim Ladenschlussgesetz im Wirtschaftsausschuss. Mir scheint aber, auf der Grundlage der Änderungsanträge von SPD und DIE LINKE war die Koalition erstmals gezwungen, sich überhaupt zu ihrem eigenen Gesetz zu verständigen. Im Gegensatz zum Ladenöffnungsgesetz, bei dem es zumindest einige wenige Vorschläge und Diskussionen zu unseren Änderungsanträgen gab, bin ich der Meinung, dass gerade beim Personalvertretungsgesetz die Koalition völlig überfordert war.
Nachdem Kollege Bandmann im Ausschuss ganz brav vorgetragen hat, die Koalition habe geprüft – im Gegensatz zu dem, was Sie gerade sagten, man hält keine Änderung mehr für notwendig; das ist ein ganz tolles Gesetz, es gäbe nur einen ganz kleinen Veränderungsbedarf: die Korrektur –, war es mit der inhaltlichen Debatte im Innenausschuss eigentlich vorbei. Schade drum!
Was ich übrigens auch spannend fand: Im Verlauf der Beratung, als wir unsere komplexen Änderungsanträge eingebracht haben, gab es dann die flehende Bitte von Herrn Bandmann, der Vertreter der Staatsregierung, des Innenministeriums möge doch bitte etwas zu den Vorschlägen sagen. Wohlgemerkt: Es ist nicht der Gesetzentwurf der Staatsregierung, sondern der Koalition. Deshalb meine ich, meine sehr geehrten Damen und Herren: So viel Nichtwissen über das, was eine Mehrheit selbst eingebracht hat, ist mir in meiner ganzen elfjährigen Tätigkeit noch nicht begegnet. Das hat Einmaligkeitscharakter, das muss ich schon sagen, wenn Sie diese Innenausschusssitzung verfolgt haben. Aber ich bin diesbezüglich schmerzfrei geworden, das zeigt die vorangegangene Debatte dazu.
Wie orientierungslos die Abgeordneten von CDU und FDP im Personalvertretungsrecht sind, kann aus meiner Sicht jeder in dem vorgelegten Gesetzentwurf nachlesen. Ein schönes Beispiel finden Sie im § 4 Abs. 3. Darin heißt es ganz wortgewaltig: „Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Beschäftigte, die nach dem für die Dienststelle maßgebenden Tarifvertrag oder nach ihrem Arbeitsvertrag beschäftigt werden.“ Meine lieben Koalitionspartner, das hätten Sie auch kürzer schreiben können. Der Kern dieser Regelung lautet wie folgt: „Arbeitnehmer sind Beschäftigte, die als Arbeitnehmer beschäftigt werden.“ Das können Sie mal nachlesen. Eine beeindruckende Wortschöpfung, die Sie da in einem modernen Personalvertretungsgesetz haben. Auf die ersten Fachkommentierungen bin ich schon gespannt, die die Juristen zu dieser Änderung bringen werden. Das finde ich spannend.
Aber ich möchte heute gern noch einmal daran erinnern, dass wir als DIE LINKE bereits in den letzten neun
Jahren drei Gesetzentwürfe zum Personalvertretungsrecht eingebracht haben, und immer wieder wurden diese Gesetzesinitiativen abgelehnt, obwohl es die seit Jahren von meinen Vorrednern genannten Probleme wegen der Nichtanpassung des Personalvertretungsgesetzes bei der Polizei, der Gruppenbildung, der Bildung von Einigungsstellen und in vielen anderen Bereichen gegeben hat. Im nächsten Jahr stehen die regelmäßigen Wahlen an, und damit es überhaupt möglichst bald unanfechtbar durchgeführte Wahlen gibt, gibt es sozusagen fünf vor zwölf einige notgedrungene Anpassungen.
Ich hatte für meine Fraktion von diesem Punkt aus im Juli 2006 eine Gesetzesnovelle vorgeschlagen, welche die dringend notwendigen Anpassungen, die wir jetzt durchführen, schon beinhaltete. Erst nach vier Jahren und unzähligen Gerichtsurteilen ist die CDU bereit, endlich zu akzeptieren, was es zu ändern gilt. Leider wird aber auch diesmal wieder die Chance vertan, endlich in der Mitbestimmung im öffentlichen Dienst einen zeitgemäßen Schritt nach vorn zu gehen.
Diese Kritik äußerten nach meinem Dafürhalten nicht wenige Sachverständige zur Anhörung. Stellvertretend will ich die hier schon genannte Frau Kruse von der GEW einmal zitieren. Sie sagte: „Die vorgesehenen Änderungen mögen Beiträge zu mehr Rechtssicherheit und mehr Klarheit in Einzelfragen sein, die langjährigen Forderungen der Gewerkschaften erfüllen sie bei Weitem nicht. Es ist inakzeptabel, dass das Sächsische Personalvertretungsrecht im Bundesvergleich weiterhin deutlich hinter den Standards anderer Länder zurückbleibt.“
Wir wollten im § 4 zum Beispiel die bisherigen Gruppen ändern – das wurde ebenfalls schon angesprochen –, sodass dort alle Angestellten und Arbeiter zusammengefasst werden können. Damit würden in unserem eigenen Landesgesetz im öffentlichen Dienst – diesmal rechtssicher, so wie es im Landesrecht möglich ist – die Leiharbeiter in die volle Mitbestimmung einbezogen, auch wenn sie, wie es im öffentlichen Dienst ja noch möglich ist, in einem anderen Arbeits- und Dienstverhältnis stehen. Das wäre nur konsequent und sachgerecht, nachdem das Bundesverwaltungsgericht am 7. April dieses Jahres entschieden hat, dass bei der Einstellung von Leiharbeitern grundsätzlich ein Beteiligungsverfahren des Personalrates der Dienststelle durchzuführen ist. Insofern verstehe ich überhaupt nicht, warum man es dann ins Landesgesetz aufnimmt. Dafür gibt es überhaupt keinen rechtlichen Grund.
Außerdem beantragten wir, die wissenschaftlich-künstlerischen studentischen Hilfskräfte in den Kreis derer aufzunehmen, die vom Personalvertretungsgesetz abgedeckt sind. Immerhin sprechen wir hier von 7 000 bis 10 000 Beschäftigten, die gegenwärtig nirgendwo vertreten sind. Auch die studentischen Interessenvertretungen nach § 24 Sächsisches Hochschulgesetz sind dafür nicht zuständig. Also hängt dieser Personenkreis völlig in der Luft, und die Änderung wurde ebenfalls wieder ohne Begründung von der Koalition im Ausschuss abgelehnt.
Ich bin der Meinung, so sollte man nicht mit Interessen von Nachwuchskräften unserer jungen Generation umgehen. Es ist nahezu unverantwortlich, dies zu tun. Auch hier sehen wir durchaus Chancen, etwas ins Gesetz hineinzuschreiben; aber, wie gesagt, Sie waren ja überhaupt nicht zugänglich.
Eine kleine, unscheinbar daherkommende Änderung, die nicht bis zu Ende gedacht ist und deshalb im Konkreten großen Schaden anrichtet, ist die vorgeschlagene Änderung im § 6 Abs. 3 des Koalitionsentwurfes. Hierin geht es um die Verselbstständigung der örtlichen Personalräte. Diese soll eingeschränkt werden. Den damit verfolgten Grundsatz „eine Dienststelle – eine Personalvertretung“ kann ich mit Blick auf die vollzogene Landkreisreform durchaus noch verstehen. Es gibt aber nun einmal in Sachsen auch sensiblere Bereiche, in denen mit dieser Ausschlussregelung klar die Mitbestimmung eingeschränkt wird.
Als treffendes Beispiel möchte ich den sicher auch Ihnen vorliegenden Brief des Personalrates der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland nennen. Sie ist einer der größten Arbeitgeber im Freistaat Sachsen innerhalb des öffentlichen Dienstes. Durch die Fusion der ehemals drei Rentenversicherungsträger aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen im Jahre 2005 wurden die Grenzen des Freistaates Sachsen überschritten und ein größerer, länderübergreifender Verwaltungsaufbau gebildet. Innerhalb der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland erstreckt sich die Dienststelle in den drei genannten Bundesländern von Salzwedel, Gardelegen und Stendal im Norden bis Hildburghausen, Sonneberg und Annaberg-Buchholz.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Vorschlag der Koalition führt nun dazu, dass den örtlichen Personalräten in den Dienststellen die Rechtsgrundlage entzogen wird – völlig ohne Grund. Auch hierbei hatten wir im Innenausschuss beantragt, dass man diesen Kahlschlag verhindern kann, obwohl man natürlich „eine Dienststelle – ein Personalrat“ im regionalen Bereich umsetzen kann. Da fand ich dann wirklich, es geht nur um „Augen zu und durch“, aber es geht überhaupt nicht darum, die berechtigten Bedenken, die uns per Brief ereilt haben, irgendwie umzusetzen.