Protocol of the Session on September 2, 2010

(Mario Pecher, SPD: Das muss aber bald kommen!)

Das kommt bald; ich bin gleich durch, keine Angst. Sie müssen nicht mehr lange durchhalten. Gleich kommt Ihr Moment, Herr Brangs.

Trotzdem – das richte ich vor allem an die Adresse der Linken – ist Schuldenmachen nun mal die Politik von gestern. Sie bieten hier in diesem Parlament Rezepte von gestern, weil Sie selbst wahrscheinlich von gestern sind.

(Beifall bei der FDP, der CDU und des Staatsministers Sven Morlok – Thomas Kind, Linksfraktion: Das macht Herr Schäuble!)

Ich bin sehr glücklich, dass ich hier in Sachsen leben kann, weil es in Sachsen zum guten Ton gehört hat – und zwar aller, die bisher in diesem Land Verantwortung getragen haben –, dass man verantwortungsbewusst mit dem wertvollen Steuergeld und den wertvollen Transfergeldern, die wir aus Westdeutschland bekommen, umgeht.

Auch wenn dabei nicht alles glatt gegangen ist – wir alle kennen die Probleme mit der Sachsen LB und dem CityTunnel –, so muss man ganz klar sagen, dass jeder, der bisher in diesem Land Verantwortung getragen hat, seinen Beitrag zu soliden Staatsfinanzen geleistet hat. Genau das ist das Ergebnis, das Prof. Unland vorhin mit der sogenannten Sachsendividende beschrieben hat. Nur deshalb leben wir in Sachsen besser als alle anderen ostdeutschen Bundesländer. Nur deshalb werden wir bald besser leben als viele westdeutsche Bundesländer. Ob das mit dem Geberland bis 2020 klappt?

(Heiterkeit bei der FDP und der CDU)

Ich kenne meinen Wirtschaftsminister; er ist halt ein leidenschaftlicher Optimist. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich als relativ junger Politiker habe lieber Ziele. Ich weiß wenigstens, wofür ich kämpfe. Ob das mit dem Geberland dann 2020 oder 2025 funktioniert, ist nicht so wichtig. Mein Ziel ist es jedenfalls, nicht auf Dauer am Tropf des Westens zu hängen. So selbstbewusst sollten wir Sachsen sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, der CDU und des Staatsministers Sven Morlok)

Das heißt, wir haben in den letzten Jahren – ganz ausdrücklich auch die SPD-Fraktion – dafür gesorgt, dass solide Finanzen in Sachsen eine Rolle gespielt haben. Wir als FDP treten dieses Erbe im Übrigen sehr gern an.

Eines muss man dazusagen: Wir hätten wahrscheinlich – ich weiß nicht, wie der Rückblick der Sozialdemokraten aussehen wird – noch mehr tun müssen; denn wir haben zu spät umgesteuert und bestimmte Strukturveränderungsmaßnahmen zu spät bzw. bis heute noch gar nicht vorgenommen. Das bezahlen wir heute damit, dass viele Einschnitte, auch im jetzigen Haushalt, härter sind, als sie vielleicht hätten sein müssen.

Ich erinnere nur daran, dass wir bis zum Jahr 2008 auf allen politischen Ebenen im Freistaat Sachsen Rekordsteuereinnahmen hatten. Da wurde Vernünftiges gemacht. Zum Beispiel denke ich an die Bildung des Generationenfonds. Bis heute tilgen wir sogar. Wir tilgen alte Schulden. Es ist unter CDU und SPD das erste Mal passiert, dass ein Haushalt ohne Neuverschuldung gelungen ist.

Trotz alledem haben auch Sie, liebe Kollegen von der SPD – sicher auch mit Unterstützung der CDU – sich dazu breitschlagen lassen, in den Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen ein paar aus unserer Sicht nicht unbedingt gerechtfertigte Wahlgeschenke zu verteilen. Das sind Wahlgeschenke, die wir heute zurückholen müssen. Ich denke an das kostenlose Vorschuljahr. Ich denke auch an die 100-prozentige Angleichung der Gehälter im öffentlichen Dienst an das Westniveau. Das sind Fehler gewesen, die wir heute mit härteren Einschnitten in anderen Punkten bezahlen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Unglaublich!)

Der Haushaltsentwurf ordnet die Ausgabenseite neu. Anstatt zum Rasenmäher zu greifen, haben wir den Mut, Unterschiede zu machen. Dass das Widerstand erzeugt, Herr Hahn, wundert uns nicht. Damit haben wir gerechnet. Sie können uns damit nicht überraschen. Aber wenn ich auf Sie hören würde, liebe Kollegen von der Linken, dann gäbe es sowieso keinen einzigen Bereich, in dem Sie kürzen würden. Vielleicht die Ministergehälter – da wäre sicher Konsens, oder? Oder ist das noch nicht populistisch genug? Ich weiß es nicht, aber das wäre vielleicht ein Vorschlag.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Sie erhöhen sie!)

Ich habe gehört, dass Sie gestern gesagt haben, Sie würden die Dachmarke gern einstampfen und dafür die Standortwerbung des Freistaates Sachsen einstellen. Das sind 35 Millionen Euro – eine Menge Geld, mit dem man das kostenlose Vorschuljahr sicher prima bezahlen könnte. Ob das Einstampfen der Standortwerbung allerdings so gut ist für neue Unternehmensansiedelungen, die wir in Sachsen brauchen, für Studenten, die wir von außerhalb an den sächsischen Hochschulen brauchen,

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Die gehen ja dann wieder weg!)

für das Ansprechen von Fachkräften, die wir brauchen, und für Zuwanderung und Zuzug nach Sachsen in die von Abwanderung gebeutelten Regionen? Also ich weiß es nicht. Herr Hahn, ich sage Ihnen: Fachlich haben Sie keine Ahnung. Was Sie hier erklärt haben, ist ziemlicher Blödsinn.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren! Dieser Haushalt zeigt, dass wir uns immer noch in vielen Bereichen mehr leisten. Wir leisten uns in Sachsen mehr Bildung, mehr Kultur, mehr Innovation, mehr Forschung und mehr Sicherheit als die meisten anderen Bundesländer und vor allem mehr als vergleichbare westliche Flächenländer. Ja, wir wollen mehr Lehrer. Ja, wir wollen mehr Polizisten. Wir wollen auch mehr Forschung in Sachsen haben. Wir wollen höhere Qualität.

(Beifall des Abg. Volker Bandmann, CDU – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Sie streichen!)

Aber wir müssen uns in den nächsten Jahren – hören Sie bitte zu, das ist ein wichtiger Punkt! – darüber Gedanken machen, wie viel mehr wir uns noch leisten können und wie viel mehr wir in Sachsen noch brauchen. Wir wollen mehr, weil wir uns eine höhere Qualität in allen Bereichen in Sachsen leisten wollen. Aber darüber, wie viel das ist, müssen wir uns Gedanken machen.

Bitte auf die Zeit achten!

Wir müssen uns daran messen lassen, was andere vergleichbare Flächenländer im Westen leisten. Deshalb, meine Damen und Herren, werden wir diese Frage beantworten müssen. Ich freue mich auf spannende Haushaltsverhandlungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und des Staatsministers Sven Morlok)

Die Fraktion GRÜNE, bitte; Frau Abg. Hermenau.

Bevor Frau Hermenau mit ihrer Rede beginnt, möchte ich bekanntgeben, dass beim Redezeitmodell ein kleiner Fehler unterlaufen ist. Die Staatsregierung hat nur 45 und nicht 60 Minuten. Das heißt, die Fraktionen, die eine

abweichende Meinung zur Auffassung der Staatsregierung haben, dürfen 5 Minuten länger sprechen, weil die Staatsregierung 5 Minuten überzogen hat.

(Heiterkeit der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Ich habe es soeben erst erfahren. Es tut mir sehr leid. Aber es ist vielleicht für diejenigen von Bedeutung, die sich für die nächste Runde vorbereiten wollen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Der Haushaltsentwurf wurde bereits von einigen Seiten beleuchtet. Eines kann man konstatieren: Das wäre deutlich besser gegangen, wenn Sie sich mehr angestrengt hätten.

Das wichtigste Projekt Ihrer Koalition ist handwerklicher Murks und wirkt ein wenig wie ein Azubi-Projekt aus der Kabinettslehrwerkstatt.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Milbradts Erbe geht Schritt für Schritt – das beobachte ich mit einer gewissen Enttäuschung – immer weiter bergab. Sie sollten sich eigentlich schämen für das, was Sie vorgelegt haben.

Wenn Sie, Herr Zastrow, von Mut sprechen, warum haben Sie dann nicht den Mut besessen, die Zahl der Ministerien demografisch anzupassen? Das wäre deutlich klüger gewesen, als die parlamentarische Kontrolle einschränken zu wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Kein Mensch wird nach dem heutigen Tag, nachdem klar geworden ist, wie viele Fehler im Etat sind – das heute Morgen war ja noch eine Petitesse gegenüber den vielen anderen Dingen –, auch nur ein Wort von dieser Regierung zum Thema Staatsfinanzen glauben. Sie haben sich in Ihrem eigenen Markenkern erheblich verletzt, und zwar brutal.

Die klare Ausweisung von echten Mehrausgaben und echten Kürzungen ist enorm wichtig, nicht nur für die parlamentarische Diskussion, sondern auch für die in der Öffentlichkeit. Dann müssen alle Etats nach der gleichen Regel aufgeschrieben werden. Das, was Sie hier vorgelegt haben, wirkt – das wissen Sie –, als wüssten Sie nicht, was Sie tun. Wenn Sie es wissen sollten, dann soll es offenbar niemand merken. Das finde ich sozial kalt. Das hat etwas von Gutsherrenart und ist keine klare, öffentlich debattierte Zielsetzung.

Herr Finanzminister, nun wollen Sie den Parlamentarien ein Handbuch zum Haushalt mitgeben, als ob hier bemitleidenswerte Analphabeten säßen.

(Zuruf des Abg. Martin Dulig, SPD)

Das ist rührend, Sie wollen den Fehler heilen. Das ehrt Sie. Aber mir persönlich hätte ein ordentlicher Haushalt völlig genügt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ein Bild mache ich mir dann schon selbst, auch ohne Interpretationshilfe. Seit 15 Jahren lese ich Haushalte. Ich werde auch Ihren Irrgarten entziffern. Aber das ist nicht die Frage. Im Haushalts- und Finanzausschuss sind viele neue, junge Kollegen, gerade von der CDU-Fraktion. Es ist ihre erste Haushaltsberatung. Sie geben Ihrer eigenen Truppe keine Chance, aus Erkenntnis hinter Ihnen zu stehen, sondern zwingen sie zu blindem Kadavergehorsam, weil Sie nicht in der Lage sind, einen ordentlichen Haushalt vorzulegen.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion)

An welche Zeiten erinnert mich das wohl? Ein Handbuch zum Haushalt! Am besten legen Sie einen Inbusschlüssel bei und jeder muss sich heute sein Billy-Regal selbst zusammenbauen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben einen Haushalt vorgelegt, den jeder Rechnungsprüfer sofort zwecks Überarbeitung zurückweisen würde. Die Verschiebung von Titeln geschieht unsystematisch, man könnte sagen, in zwei verschiedenen Sprachen. Manchmal werden Verschiebungen zwischen Ministerien spurlos abgehen. Bei anderen Verschiebungen bleibt der Solleinsatz 2010 stehen, aber 2011 und 2012 wandern hinüber in den anderen Haushalt. Das ist in mehreren Etats so. Das führt dazu, dass man vermeintliche Mehrausgaben oder Kürzungen vermuten muss, wo es sich nur um Verschiebungen handelt.

Ein Beispiel ist der Etat von Frau von Schorlemer. Da ist etwas hinübergewandert in den Einzelplan 14 zum Hochbau, 35 Millionen Euro. Diese Mittel werden im Einzelplan 14 als Mehrausgabe ausgewiesen, was sie nicht wirklich sind. Das ist eine Fehlinformation.

Dasselbe ist bei den Etats von Justiz und Inneres festzustellen. Da bin ich bei Ihnen, Herr Flath. Wir können uns auf der Basis von Adam Ries einigen. Da bin ich sofort dabei, denn richtig rechnen wäre hilfreich. Aber die Salden innerhalb der Kapitel und Einzelpläne sind durch diese scheinbaren Mehrausgaben und scheinbaren Kürzungen falsch berechnet. Wenn die Saldierung nicht stimmt, dann hilft auch das Handbuch nicht mehr, weil Sie den Rechenfehler ständig mit durchschleppen.