Protocol of the Session on June 16, 2010

Effizienz des öffentlichen Sektors, Verzicht auf Gehaltssteigerungen, keine Dynamisierung der Budgets.

Kürzen ist unbedingt notwendig, auch das werden wir hier im Freistaat Sachsen zu diskutieren haben. Wir sind Vorreiter für das, was im Bund passieren muss.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Mann, SPDFraktion, wurden Sie bereits angekündigt? – Ich bitte um Entschuldigung. Hier gibt es eine Wortmeldung. Bitte.

Ja. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit zu einer Kurzintervention nutzen.

Ich muss zugeben, dass sich mir nach den Redebeiträgen der CDU- und FDP-Abgeordneten regelrecht die Nackenhaare hochstellen. Da Herr Rohwer die rhetorische Frage stellte, wo man einsparen könne, und er in dreister Weise versucht, den Schuldenstand der Bundesrepublik gegen berechtigte soziale Interessen auszuspielen, will ich erklären – Sie haben es schon mehrere Male gehört und wir sind auch bereit, Sie die nächsten vier Jahre mit dem Dampfhammer immer wieder daran zu erinnern –, wo wir als NPD sparen würden.

Ich erinnere an eine aktuelle Studie, derzufolge der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan jedes Jahr 3 Milliarden Euro kostet.

Jetzt kommen Sie mir nicht mit dem Merkel-Gequatsche von der „Alternativlosigkeit“ des Bundeswehraufenthalts in Afghanistan. Holländer und Kanadier ziehen ihre Truppen dort ab, weil sie ihre Truppenpräsenz nicht für alternativlos halten. Wenn Holländer und Kanadier zu der Einschätzung kommen, dass sie am Hindukusch kein Steuergeld verbraten und verbrennen wollen, dann meine ich, dass auch diese Bundesregierung die Kraft aufbringen müsste, amerikanischen Imperialinteressen entgegenzutreten und zu sagen: Wir ziehen unsere Soldaten aus Afghanistan ab.

Allein dadurch ließe sich in Deutschland eine jährliche Einsparsumme von 3 Milliarden Euro erzielen. Alles Weitere – was wir auch schon mehrmals kritisiert haben – ist die Folge Ihrer Politik: 23 Milliarden Euro, die in das bodenlose Fass Griechenland gepumpt werden, 148 Milliarden Euro, mit denen die Bundesrepublik durch Mehr

heitsbeschluss des Bundestages und des Bundesrates den kriselnden Euro aufzufangen versucht – das alles ist systematische Zweckentfremdung von deutschem Steuergeld. Sie wüssten ganz genau, wo Sie sparen könnten, wenn Sie nur ein wenig politischen Anstand und etwas Volksbewusstsein hätten.

(Beifall bei der NPD)

Herr Mann, jetzt sind Sie an der Reihe für die Fraktion der SPD. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Insbesondere an Herrn Gansel seien die Worte gerichtet: Wenn Sie sich ernsthaft mit dem Haushalt und dem Antrag hier auseinandergesetzt hätten, dann hätten Sie vielleicht kritisiert, dass Herr Zastrow zwar verkündet hat, es hätte keine Kürzungen bei Forschung und Bildung gegeben, wohl aber wurden gestern bei der Vorlage der Zahlen zum sächsischen Haushalt genau diese Bereiche massiv geschröpft. Das wäre eine Auseinandersetzung mit dem Haushalt gewesen, die ich für qualitativ wertvoll gehalten hätte.

(Holger Zastrow, FDP: Haben Sie den Haushalt gelesen?)

Ich habe die Zahlen gesehen. Wir werden uns darüber noch auseinandersetzen.

Es sind sicherlich drastische Einschnitte, die SchwarzGelb im Bund beschlossen hat, aber mich treibt mindestens genauso die Situation in Sachsen um. Draußen formiert sich gerade zum wiederholten Mal in diesem Jahr eine Demonstration, die sich gegen die Einschnitte der Staatsregierung in den Bereichen Bildung, Kultur und Soziales richtet. Die Demonstration unter dem Motto „Wir sind mehr wert! – Wer heute kürzt, zahlt morgen drauf!“ erreicht aber eine neue Qualität, nicht nur, weil diesmal mehr als 4 000 Menschen vor den Landtag ziehen und sie damit die größte Demonstration des Jahres wird. Vielmehr stehen vor dem Landtag heute Menschen aus nahezu allen Teilen der sächsischen Gesellschaft. Da stehen Schüler und Lehrer, Studierende und Hochschulmitarbeiter, da stehen Jugendsozialarbeiter und Engagierte in der Altenarbeit, Polizisten und Freiwilligendienstleister, Frauen und Männer, Jung und Alt. Kurzum, da steht ein guter Querschnitt der Sachsen – und das, wohlgemerkt, trotz WM und bestem Sommerwetter. Sie alle sagen: Es muss Schluss sein mit dem Rasenmäher! Wir brauchen endlich eine Debatte über den Wert des Sozialen und um die Prioritätensetzung im Haushalt.

Genau deshalb möchte ich Sie von der Regierungsbank fragen: Halten Sie es tatsächlich für verantwortlich, Schulden zu tilgen, wenn man nicht einmal weiß, wie man den Haushalt bestellen soll? Das macht keine Privatperson, das macht kein anderes Bundesland, das macht nur Sachsen, und das macht Sachsen kaputt.

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Dr. Monika Runge, Linksfraktion: So ist es!)

Deshalb möchte ich genau wie die Sachsen da draußen wissen: Was ist denn die Strategie der Sächsischen Staatsregierung bei ihrer Haushaltspolitik?

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Setzen Sie tatsächlich Prioritäten bei Bildung, Forschung und Sicherheit? Die Zahlen jedenfalls, die Sie gestern vorgelegt haben, sprechen eine deutlich andere Sprache.

Ein kleines Beispiel nur: Allein im Haushalt des SMWK haben Sie für die nächsten zwei Jahre Kürzungen in Höhe von 200 Millionen Euro verkündet. Dabei sind noch nicht einmal die Kürzungen eingerechnet, die im Haushaltsplan 15 verzeichnet sind, also beim Bau usw. Das sind Kürzungen, die allein hier erzielt werden sollen und deutlich über 10 % des Haushaltsanteils gehen.

Ist es das, was Ihre Prioritätensetzung ist? Oder ist es so, dass Sie weiter auf Kosten der Kommunen kürzen wollen? Dies alles bleibt auch nach gestern unklar. Ich fordere die Regierungsfraktionen deshalb auf, hier Klarheit zu schaffen.

Der gemeinsame Antrag der demokratischen Oppositionsfraktionen dazu wird leider heute erst spät behandelt, sicherlich erst dann, wenn der Ministerpräsident als Schirmherr des Pressefestes schon am Büfett steht. Es ist meiner Meinung nach die Pflicht der Regierung, sich zu erklären. Ich kann Ihnen eine gute Botschaft überbringen: Sie haben dazu heute eine weitere Chance. In einer Talkrunde mit allen demokratischen Fraktionen gegen 17:30 Uhr auf dem Platz vor dem Landtag können Sie erklären, worin Ihr Haushaltskonzept besteht und welche politische Prioritätensetzung Sie diesem Haushaltskonzept unterstellen.

Es kann aber meiner Meinung nach nicht sein, dass Sie entgegen Ihrer eigenen politischen Rhetorik wieder nur die Neuen und Jungen hinausschicken und ausbaden lassen, was Sie im Kabinett beschlossen haben. Wenn sich der Ministerpräsident nicht traut, zu seinem Volk zu sprechen, dann schicken Sie wenigstens ein Kabinettsmitglied oder den Fraktionsvorsitzenden zu den Demonstranten, die heute vor dem Landtag stehen. Das wäre meiner Meinung nach dem Motto „Hier regieren Sie“, das über dem Landtagsvorplatz prangt, angemessen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Das war Herr Mann für die Fraktion der SPD. Ich frage die FDP: Wird noch einmal das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Hermenau, Sie hatten bereits Ihren Redewunsch angekündigt.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ich vermute, die Staatsregierung will noch nicht reden!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Die Schuldenbremse ist

richtig und wichtig, aber sparen muss man können. Sie suchen eben nicht nach der besten Lösung, Sie suchen nach der erstbesten Lösung. Damit schädigen Sie das Instrument der Schuldenbremse. Sie benutzen sie als Ausrede für unsoziale Entscheidungen.

Die Abschaffung der Rentenversicherungsbeiträge bei Hartz-IV-Empfängern – das sind 1,8 Milliarden Euro – kommt zeitverzögert bei den Kommunen an. Die zahlen die Mehrausgaben bei der Grundsicherung im Alter in den nächsten Jahren. Das ist die Operation „Schlanker Fuß“.

Es gibt eine riesige Ratlosigkeit. Da ist im Milliardenbereich von Effizienzverbesserung am Arbeitsmarkt die Rede. Arbeitsmarktexperte Schäfer vom IW Köln sagt: „Da gibt es bei den Pflichtleistungen bei Langzeitarbeitslosen keine Möglichkeiten.“ Luftbuchungen. Brüssel wird Ihnen den Hintern versohlen, wenn Sie mit diesem Sparpaket von Bundesseite in Brüssel aufschlagen.

Lassen Sie endlich die Schwachen in Ruhe. Bauen Sie die ökologisch schädlichen Subventionen ab. Das sind 48 Milliarden Euro struktureller Gewinn. Machen Sie eine ordentliche Bankenabgabe. Da ist Schwarz-Gelb in Berlin „ganz tapfer“ und sagt: 2 Milliarden Euro pro Jahr sammeln wir von den Banken ein, damit wir die nächste Bank herauskaufen können. Die HRE hat 100 Milliarden Euro gekostet. Da müssen Sie 50 Jahre sammeln, bis Sie wieder einmal eine Bank in diesem Land retten können. Ich glaube, Sie müssen mindestens 10 Milliarden Euro erheben.

Eine Vermögensteuer macht auch aus ostdeutscher Sicht Sinn, und zwar nicht wegen der Einnahmen, von denen wir nur 2 % bekommen. Aber wenn Baden-Württemberg, Bayern und andere Länder, die schwer durch die Steuereinnahmeausfälle getroffen wurden, sich mit der Vermögensabgabe hochpäppeln können, lassen sie unsere Aufbau-Ost-Transfers in Ruhe. Darüber muss man auch einmal nachdenken. Das ist ein sehr patriotischer Ansatz.

Die 1,7 Milliarden Euro, die bis Freitag letzter Woche immer im Raum standen, waren ein Tanz, ein Popanz, ein „Schmalhansalarm“, wie die „Wirtschaftswoche“ sagte.

Es ist richtig, weniger auszugeben, aber das muss man auch können. Das erkenne ich hier jedoch nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Hermenau. Die Fraktion der NPD? – Dann frage ich jetzt die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Prof. Unland, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich mich in den letzten Tagen auf die heutige Debatte vorbereitet und den Titel gelesen habe „Wer heute kürzt, zahlt morgen drauf“ und das im Kontext zu den Beschlüssen der Bundesregierung gesehen habe, kam ich etwas ins Grübeln. Ich glaube, der Titel hätte wohl besser so heißen sollen: „Wer heute Schulden macht, zahlt morgen doppelt“.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich muss nämlich die Schulden zurückzahlen, und zwar mit Zins und Zinseszins.

(Dr. Monika Runge, Linksfraktion: Das ist reiner Monetarismus! Haushaltspolitik hat vielleicht auch eine gesellschaftspolitische Aufgabe!)

Ich glaube, dass Sachsen dafür ein gutes Beispiel ist. Sachsen verfolgt seit Jahren eine sparsame Haushaltspolitik. Wir legen Wert auf einen Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben. Diese Art der Finanzpolitik trägt inzwischen Früchte. Hätten wir in Sachsen nur die Ausgaben fortgeschrieben, das heißt, an manchen Stellen keine schmerzlichen Einschnitte vorgenommen, dann hätten wir heute einen bedeutend höheren Schuldenstand und müssten in unserem Haushalt deutlich höhere Zinszahlungen berücksichtigen. Diese sogenannte Sachsendividende beträgt inzwischen rund 1 Milliarde Euro jährlich. Ich will das einmal übersetzen: Das entspricht in etwa unserer gesamten Hochschulfinanzierung in einem Jahr.

Damit hat Sachsen Frei- und Gestaltungsspielräume für die nächste Generation, und zwar in doppelter Hinsicht. Zum einen müssen unsere Nachkommen nicht die Schulden und deren Zinsen und Zinseszinsen bezahlen, zum anderen haben wir heute schon den Vorteil, gerade für diese Generation entsprechende Ausgaben für die Bildung vorsehen zu können.

Am Beispiel der sächsischen Haushaltspolitik wird deutlich, wie falsch die Hypothese ist, dass Kürzungen von heute dazu führen, dass später draufgezahlt werden muss. Ein „Weiter so!“ in der Ausgabenpolitik – auch wenn die Steuereinnahmen wegbrechen – ist nicht verantwortbar. Der Schuldenstand muss gesenkt werden.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Warum brechen sie denn weg? Durch eine falsche Steuerpolitik!)

Das Ergebnis einer solch falschen Haushaltspolitik sehen wir zurzeit in einigen Regionen und in einigen Ländern Europas. Die Menschen haben inzwischen die Gefahr einer immer höheren Staatsverschuldung erkannt. Deshalb ist der Weg, den die Bundesregierung eingeschlagen hat, grundsätzlich richtig. Ich habe Verständnis dafür, dass man über die einzelnen Vorschläge unterschiedlicher Meinung sein kann, aber das ist in einer Demokratie immer so, und das ist auch gut so.

Wir müssen weiterhin bedenken, dass die Bundesregierung in den vergangenen zwei, drei Jahren mehrmals erhebliche Lasten zur Behebung der Finanz- und Wirtschaftskrise aufnehmen musste. Das kann aber nicht so weitergehen, zumal wir in Deutschland insgesamt beachten müssen – nicht nur in Sachsen –, dass wir in den nächsten Jahrzehnten ein demografisches Problem lösen müssen.