Genau, zum Antrag, Frau Meiwald. Aber Sie müssen mir schon zugestehen, dass ich einige Erläuterungen dazu gebe, sonst versteht man nicht, warum wir diesen Antrag gestellt haben.
Mein Kollege Schiemann hat bereits deutlich gemacht, dass es um die Aufarbeitung des SED-Unrechts geht, auch in finanzieller Hinsicht.
Ende März – das wurde bereits angesprochen – erreichte uns die, wie ich finde, frohe Kunde, dass das Obergericht des Kantons Zürich in seinem Urteil am 25. März die Bank Austria zur Rückzahlung des Vermögens der ehemaligen Handelsgesellschaft Novum verpflichtet.
Novum ist eine ehemalige DDR-Handelsfirma und nicht, wie von Frau Meiwald vorhin ausgeführt, eine Firma der
KPÖ. Es ist eine ehemalige DDR-Handelsfirma mit Sitz in Österreich, die vor allem bei Geschäften mit dem Westen auf den Plan trat. In der Wendezeit fungierte Novum als Tarnfirma. Im Zeitraum der Wiedervereinigung wurden beträchtliche Summen des DDR- bzw. SEDVermögens an solche Firmen im Ausland verschoben.
Meine Damen und Herren! Wer hätte gedacht, dass fast 20 Jahre nach der Wiedervereinigung diese Gelder auftauchen, welche den neuen Bundesländern zustehen, und dann auch noch in dreistelliger Millionenhöhe?! Ich nehme stark an, dass die wenigsten noch daran geglaubt oder gedacht haben.
Bis hierhin war es allerdings ein langwieriger Prozess. Immerhin dauerte der Rechtsstreit beinahe 18 Jahre. Das Verfahren wurde durch die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben im Namen der Bundesrepublik Deutschland geführt. Letztendlich dauerte der Rechtsstreit so lange, weil die Nachfolgepartei der SED – die PDS, die heute DIE LINKE heißt – es nicht fertig brachte, konstruktiv mit den offiziell eingesetzten Behörden zusammenzuarbeiten, welche das Vermögen der Parteien und Massenorganisation der ehemaligen DDR aufspüren sollten.
In einem Interview der Tageszeitung „Die Welt“ vom 31. März mit dem ehemaligen Chef der Kommission zur Überprüfung des DDR-Vermögens, Herrn Christian von Hammerstein, finden sich zum langen Rechtsstreit eindeutige Aussagen zum Unvermögen der heutigen Partei DIE LINKE. So ist in der Zeitung zum Beispiel zu lesen: „Kooperativ war die PDS nicht. Das muss man in aller Eindeutigkeit sagen. Die Partei hat sich immer gegen fast alles gewehrt.“
An einer anderen Stelle sagt Herr von Hammerstein: „Die Partei hat lange gemauert. Die uns zur Verfügung gestellten Unterlagen waren höchst unvollständig. 1995 konnten wir dann einen Vergleich mit der PDS schließen – wohl deshalb, weil sie einen Imageschaden befürchtete. Wirklich kooperativ war die Partei allerdings auch danach nicht.“
Glücklicherweise hat der Vertuschungs- und Rechtsstreitmarathon, wenn denn das Urteil rechtskräftig wird, nun endlich ein Ende und die neuen Bundesländer können – frei nach dem Sprichwort „Zeit ist Geld“ – statt circa 128 Millionen Euro dank der aufgelaufenen Zinsen auf ganze 230 Millionen Euro hoffen.
Ich stelle mir nur immer wieder die Frage, ob die ostdeutschen Bürgerinnen und Bürger nicht schon viel eher zu den ihnen zustehenden Geldern hätten kommen können. Immer wieder komme ich zu der Antwort, ja, wäre da nicht eine Partei namens PDS, die immer wieder versuchte, die eigenen Bürgerinnen und Bürger zu täuschen und es bis heute eben auch als Partei DIE LINKE versäumt hat, ihre Vergangenheit ernsthaft aufzuarbeiten.
Umso wichtiger ist es jetzt, genau hinzuschauen, um eventuell andere sich im Ausland befindliche Außenstände des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR aufzudecken.
Sie haben ja jetzt den Vergleich gebracht, was DIE LINKE noch aufzuarbeiten hat und wie sie zu ihrer Geschichte steht. Erkennen Sie da in der Geschichte Parallelen zu dem Skandal um Helmut Kohl mit seinem Geld, bei dem ja nur sein Ehrenwort gereicht hat? Sind das nicht gewisse Parallelen, die immer wieder auftauchen, bei denen wir gemeinsam überlegen müssen, wie wir sie verhindern können?
Aus diesem Grund – das ist der Inhalt unseres Antrages – ersuchen wir die Staatsregierung, Gerichtsverfahren aufzuzeigen, die zurzeit zum Sachverhalt noch anhängig sind, und sich dazu zu äußern, um welchen Streitwert es sich hier eigentlich handelt, damit man ein Gefühl dafür bekommt, was eigentlich noch kommen kann oder was vielleicht auch nicht mehr möglich ist, weil die Rechtsstreite eben so langwierig sind.
Des Weiteren ist es wichtig, Klarheit darüber zu erlangen, welches PMO-Vermögen bisher an den Freistaat Sachsen gezahlt und welche Projekte damit investiert wurden. Nur so lässt sich schließlich sagen, wie viel Geld Sachsens Bürger nach der Friedlichen Revolution aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR erhalten haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind in dieser Angelegenheit nicht nur zur Transparenz gegenüber den Einwohnern unseres Freistaates verpflichtet, nein, wir haben auch die Pflicht, ein Stück zur Aufarbeitung des SED-Unrechtsverschiebens in der DDR beizusteuern.
An dieser Stelle ein kleiner Exkurs in die Vergangenheit, es ist ja schon angesprochen worden. Ja, auch die CDU hat in der DDR entsprechendes Vermögen besessen und verwaltet. Auch dieser Betrag war kein Pappenstiel. Im Abschlussbericht der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen in der DDR, UKPV, aus dem Jahre 2006 heißt es: „Die politische Abhängigkeit der Blockparteien von der SED wurde auch dadurch unterstrichen, dass die Blockparteien zur Bestreitung ihres Aufwands Staatszuweisungen bei der SED beantragen mussten und von ihr
ausbezahlt erhielten. Daraus entstand auch eine finanzielle Abhängigkeit der Blockparteien von der SED.“
Grundvermögen sowie gewerbliche Unternehmen der Blockparteien sind im Wesentlichen von der Treuhandanstalt und der BVS treuhänderisch verwaltet und zugunsten gemeinnütziger Zwecke in den neuen Bundesländern verwertet worden. Die Geldmittel der Ost-CDU und der DPD in der DDR, die schon angesprochen wurden, hat die CDU Deutschlands im Rahmen ihres Zusammenschlusses in einem Sonderfonds verwaltet, über dessen Abwicklung sie, die CDU, dem Deutschen Bundestag auch Bericht erstattet hat. Es ist also alles transparent und nachvollziehbar.
Der Hauptteil des Vermögens der Ost-CDU bestand aus den gewerblichen Unternehmen, die in der Vereinigung organisationseigener Betriebe Union zusammengefasst waren, die 1990 in Union Verwaltungsgesellschaft umgewandelt wurde. Das bei dieser Vermögensgesellschaft konzentrierte Vermögen bestand im Wesentlichen aus Zeitungsverlagen, Buch- und Kunstverlagen, Druckereien sowie weiteren Wirtschaftsbetrieben.
Die CDU Deutschlands hat in diesem Kontext gegenüber der Treuhandanstalt und der UKPV – das ist an dieser Stelle die entscheidende Passage des Berichtes – unwiderruflich auf das gesamte, der treuhänderischen Verwaltung unterliegende Altvermögen der Ost-CDU verzichtet. Die CDU verpflichtete sich weiterhin, alle Vermögenswerte der Ost-CDU auf die Treuhandanstalt zu übertragen, und damit verbunden war auch die Übertragung aller ihrer Lasten und Verbindlichkeiten sowie die Übernahme von Arbeitsplätzen durch die Treuhandanstalt.
So viel zur Geschichte meiner Partei im Zusammenhang mit dem PMO-Vermögen und zu unserem bewussten und transparenten Umgang in dieser Sache.
Aber nun wieder zu Ihnen, liebe Kollegen von der LINKEN, PDS oder wie Sie sich gerade wieder nennen. Die Propaganda der SED hatte die DDR 1989 zur zehntstärksten Industrienation der Welt hochstilisiert, aber die Realität sah ganz anders aus. Im Herbst 1989 drohte nicht nur der politische, sondern auch der finanzielle Kollaps. In ihrer Hilflosigkeit wollte sich die DDR die Öffnung der Mauer vom Westen bezahlen lassen, um so den Staatsbankrott abzuwenden. Dann kam alles anders. Es bleibt das große Geheimnis des Jahres 1989: Wie konnte die Führungsriege der DDR so viele Menschen über Jahre in dem Glauben lassen, hinter der Mauer gäbe es eine gesunde, starke Volkswirtschaft? 16 Jahre im Durchschnitt musste jemand auf ein Auto warten, 25 Jahre auf ein Telefon. Das sagt genug aus über den Wohlstand hinter der Mauer.
Die Entbehrungen der DDR-Bürger waren dabei nicht so extrem wie in Polen oder in Rumänien, aber die Ostdeutschen verglichen ihren Lebensstandard eben nicht nur mit Ländern des Warschauer Paktes, sondern mit dem der westdeutschen Nachbarn, und der lag deutlich höher. Immerhin konnten in der DDR 1986/87 etwa 100 000 Menschen in 35 000 Häusern nicht genügend heizen.
1988 und 1989 gab es in der DDR kaum noch Fleisch zu kaufen, außer auf dem Schwarzmarkt. Der Versuch, in den Achtzigerjahren eine einheimische Mikroelektroniktechnologie aufzubauen, war gescheitert und hatte den Staat Milliarden gekostet, statt, wie geplant, eine Menge einzuspielen. Zudem war die DDR verschuldet.
Ich komme gleich zu unserem Antrag zurück. Ich will nur erläutern, wie Sie mit diesem Land umgegangen sind.
Im Oktober 1989 informierte Gerhard Schürer, der Vorsitzende der Staatlichen Plankommission – hören Sie zu, es war einer von Ihnen –, einige Mitglieder des Politbüros über das wirkliche Ausmaß der staatlichen Finanzklemme. Während im Jahr 1970 die Verschuldung im kapitalistischen Ausland lediglich 2 Milliarden Valutamark betragen hatte, war sie 1989 auf 49 Milliarden Valutamark angewachsen, und die Westverschuldung stieg weiter, Monat für Monat um 500 Millionen Valutamark. Schürer schloss seine Ausführungen mit den Worten, dass bei Fortsetzung dieser Entwicklung die DDR 1991 zahlungsunfähig ist.
Die Führungsriege der SED hat alles daran gesetzt, dass diese Information nicht nach außen drang. Dabei war sie äußerst erfolgreich. Nicht nur die eigenen Bürger blieben über das Ausmaß des Verfalls im Unklaren, auch der Westen hat die wirtschaftliche Kraft Ostdeutschlands bis zuletzt weit unterschätzt. Besonders die Amerikaner haben die Produktivität der DDR viel zu hoch angesetzt. Noch im Jahr 1987 kam der Geheimdienst CIA in seinem Factbook zu dem Schluss, dass das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in der DDR 100 Dollar über Westdeutschland liegt.
Wären die wahren Zahlen vor dem Mauerfall durchgesickert, so hätte die DDR umgehend ihre Kreditwürdigkeit verloren, auch in Bonn, was für die Honecker-Regierung verheerend gewesen wäre. Das Schuldenkorsett schnürte sich zu, die DDR war am Ende, und Sie haben dann in der Wendezeit angefangen, Ihre Milliarden in den Westen zu transferieren und den ostdeutschen Bürgern ihr Parteivermögen zu entziehen.
Damit bin ich wieder bei Ihnen. Ihre Vorgängerpartei, deren politischen Impetus Sie immer noch wie eine Monstranz vor sich hertragen, hat in 40 Jahren einen ganzen Staat in den Abgrund gestürzt.
Sie haben jahrelang wissentlich und willentlich Geld, das so essenziell für die neuen Länder gewesen wäre, bewusst verschleiert und versteckt.
Aus diesem Grund haben wir die Möglichkeit, mit diesem Antrag, der heute zur Abstimmung steht, dazu beizutragen, dass dies geschieht. Nutzen wir diese Chance und übernehmen wir eine Aufgabe, die die PDS bzw. DIE LINKE schon seit Jahrzehnten versäumt hat.
Gibt es noch Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Wünscht die Staatsregierung das Wort? – Bitte, Herr Minister.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Anlass der heutigen Debatte ist das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich im sogenannten Novum-Fall von Ende März dieses Jahres. In diesem Schadensersatzprozess der Bundesanstalt für Vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, kurz: BVS genannt, gegen die UniCredit Bank Austria hat dieses Gericht die Bank verurteilt, rund 230 Millionen Euro an die Bundesrepublik Deutschland zu zahlen.
Das Urteil ist jedoch – darauf möchte ich hinweisen – noch nicht rechtskräftig. Deshalb lässt sich auch noch nicht abschätzen, in welcher Höhe dem Freistaat Sachsen eventuell Mittel zufließen werden.
Aufgrund des Einigungsvertrages und der entsprechenden Verwaltungsvereinbarung werden die PMO-Mittel, also die Mittel aus dem Vermögen von Parteien und Massenorganisationen, unter den neuen Ländern nach der Einwohnerzahl zum Stand 31.12.1991 verteilt.
Das Vermögen der Parteien und Massenorganisationen stand zunächst unter der treuhänderischen Verwaltung der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR, kurz – wie es vorhin schon erwähnt worden ist – UKPV genannt.