Protocol of the Session on April 28, 2010

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Viel tiefgreifender ist aber der Fakt, dass die trotz Zeitnot abgegebenen inhaltlichen und teilweise sehr kritischen Stellungnahmen keinerlei Niederschlag in den in das Gesetzgebungsverfahren eingebrachten Vorschlag gefunden haben. Das ist für mich eine schwerwiegende Ignoranz der Fachkompetenz, die gewiss dazu beiträgt, die landauf, landab stets vehement beklagte Politikverdrossenheit zu verstärken. Das ist mehr als bedauerlich.

Damit noch nicht genug: Zur öffentlichen Sachverständigenanhörung versammelte sich erneut geballter Sach- und Fachverstand, wiederum mit durchaus sehr kritischen Anmerkungen und Empfehlungen zur Änderung, insbesondere auch durch die von den Kollegen der Koalition berufenen Experten. Was passierte? Die alten Hasen wissen es, die neuen – wie ich – können sich nur wundern: Es passierte nichts. Ohne Begründung seitens der Staatsregierung oder auch nur den ansatzweisen Willen der Koalition wurde jegliche inhaltliche Diskussion im Umweltausschuss abgelehnt und lediglich auf die noch ausstehende Novellierung dieser beiden Gesetze im nächsten Jahr verwiesen.

Das soll nun, habe ich mir sagen lassen, in diesem Haus nicht ganz ungewöhnlich sein. Allerdings, gestatten Sie mir die dringliche Frage: Sollten wir in Zukunft auf jegliche Anhörung verzichten? Sollten wir uns die Mittel dafür sparen? Ist es nicht eine unerträgliche Ignoranz der Bemühungen der geladenen Experten, die nach bestem Wissen ihren Sachverstand in den Gesetzgebungsprozess einbringen wollen?

Ich habe es mehrfach angemerkt: Die Verfahrensweise der Entscheidungsfindung in diesem Hause ist gewöhnungsbedürftig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es war auch die Vorgehensweise, die mich letztlich im Fachausschuss bewogen hat, gegen den vorgelegten Gesetzentwurf zu stimmen, auch wenn wir einige der vorgeschlagenen Regelungen durchaus unterstützenswert finden.

Aus Zeitgründen kann ich nur auf einige wenige Beispiele eingehen. Diese wurden insbesondere von den Kolleginnen der Opposition bereits genannt. Der Schutz der Gewässerränder ist auf 10 Meter auszudehnen. Das ist grundsätzlich richtig und gut. Allerdings bleibt dieser Vorschlag halbherzig, wenn es zukünftig erlaubt ist, eben dort, auf diesen zusätzlichen Metern, Dünger und Pflanzenschutzmittel aufzubringen. Das führt zur Eutrophie

rung und mindert die Wasserqualität auch im Sinne der von uns bis 2015 umzusetzenden EU-Wasserrahmenrichtlinie.

Wichtiger als diese inhaltliche Diskrepanz ist für mich die in Zweifel zu stellende Kontrolle der zwei unterschiedlichen Rechte bzw. Verbote. Ich befürchte, dass die auf den ersten Blick gute Absicht in einen reinen Papiertiger verwandelt wird. Das hätten wir vermeiden können.

Auch die wohl berechtigten Zweifel des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege bezüglich des zukünftig noch geltenden Schutzstatus der Streuobstwiesen wurden genannt. Dazu gab Herr Staatsminister Kupfer im Ausschuss zu Protokoll, dass mit der jetzt vorgelegten Anpassung der besondere Schutzstatus der Biotope nach § 26 gewährleistet bleibt. Das begrüße ich und vertraue glattweg dem Wort des Ministers.

(Christian Piwarz, CDU: Bitte weiter so! Guter Ansatz!)

Werte Damen und Herren Abgeordnete! Werter Herr Staatsminister! Ich ahne es, Sie wissen, wie heute das Abstimmungsergebnis ausfallen wird. Anfang des nächsten Jahres soll die Gesamtnovelle vorgelegt werden. Eine dringliche Bitte möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben: Nutzen Sie die Ergebnisse der Anhörung von Anbeginn! Degradieren Sie nicht die Verbände und die Öffentlichkeit zu Pappkameraden, sondern ermöglichen Sie echte Beteiligung, demokratische Teilhabe bei der Erarbeitung neuen Landesrechts im Interesse eines umfassenden Natur-, Wasser- und Umweltschutzes. Ich denke, das sind wir nicht nur uns, sondern auch nachfolgenden Generationen schuldig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die NPD-Fraktion; Herr Dr. Müller, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aufgrund einer umfangreichen Tagesordnung und unserer begrenzten Redezeit möchte ich jetzt nur kurz erklären, warum sich die NPD-Fraktion bei dieser Gesetzesinitiative enthalten wird. Zum einen sehen wir die Notwendigkeit der Anpassung des Landesumweltrechtes an das Bundesrecht, wie es die Föderalismusreform vorschreibt. Zum anderen haben wir allerdings auch noch Bauchschmerzen mit der bisherigen Ausgestaltung des Gesetzes. Wir würden da fachlich-inhaltlich noch Änderungsbedarf sehen, seien es die Streuobstwiesen, die Gewässerrandstreifen oder die Frage der Regelung des Felskletterns in Sachsen, nicht nur in der Sächsischen Schweiz. Ich vertraue in diesem Fall auch auf das Wort des Ministers, dass sich am Status quo erst einmal nichts ändern soll, was das Felsklettern betrifft.

Die inhaltliche Auseinandersetzung sollte dann 2011 stattfinden. Auf diese werden wir uns freuen. Heute werden wir uns der Stimme enthalten.

(Beifall bei der NPD)

Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Wird von der Staatsregierung das Wort gewünscht? – Herr Minister Kupfer, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es ist von den Vorrednern schon gesagt worden, worum es in diesem Gesetz geht. Ich darf es noch einmal wiederholen: Es geht um nicht mehr und nicht weniger, als den vorhergehenden gesetzlichen Zustand wieder zu erreichen, der nach dem 1. März, nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes, in einzelnen Fällen infrage gestellt wurde. Die Beispiele sind auch schon genannt worden: das Klettern und die Gewässerrandstreifen. Es wären noch weitere Beispiele hinzuzufügen.

Ich darf mich an dieser Stelle ganz herzlich beim Parlament bedanken, dass es das Gesetz so zügig mit Anhörung und Ausschussberatung beraten hat. Diesen Wunsch hatte ich. Deswegen – ich hatte es im Ausschuss schon erklärt, Frau Kallenbach – war die Anhörungsfrist auch so kurz und über die Weihnachtszeit. Ich wollte natürlich mit dem Gesetz so nahe wie möglich an den 1. März herankommen. Aber wir sind in der Verwaltung auch nicht eher zu einem Gesetzentwurf gekommen. Das liegt nicht daran, dass die Beamten auf der anderen Elbseite nicht fleißig waren. Im Gegenteil. Sie haben sich bemüht, und das auch in einem ungewöhnlich kurzen Zeitverlauf auf den Weg gebracht. Wir haben es dann zur Anhörung gegeben – in der Tat nur vier Wochen, und das über die Weihnachtszeit. Dann ging es ins Kabinett, ins parlamentarische Verfahren.

Ich darf mich noch einmal ganz herzlich bedanken, dass wir heute hier an dieser Stelle das Gesetz verabschieden können. Ich weiß, dass damit verlässliche landesrechtliche Umweltregelungen weiter gelten. Das stellt auch einen kontinuierlichen Verwaltungsvollzug sicher.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Nochmals herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zur Anpassung des Landesumweltrechtes an das neue Bundesrecht aufgrund der Föderalismusreform. Wir stimmen auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft, Drucksache 5/1791, ab. Es liegen folgende Änderungsanträge vor, über die wir gemäß § 46 Abs. 4 der Geschäftsordnung in der Reihenfolge ihres Eingangs abstimmen: zwei Änderungsanträge der Fraktion GRÜNE in den Drucksachen 5/2147 und 5/2148 sowie der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/2153.

Ich bitte jetzt die Fraktion der GRÜNEN um Einbringung ihrer Änderungsanträge. Möchten Sie es einzeln machen oder gleich zusammen? – Bitte, Frau Abg. Kallenbach.

– Wenn Sie gestatten, bringe ich gleich beide ein.

Natürlich.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen Ihnen die Chance geben, die Gesetzesvorlage noch qualitativ aufzuwerten, rechtssicherer zu machen und auch anwendungsfreundlicher zu gestalten. Dazu liegt Ihnen von uns der Änderungsantrag zum Artikel 3 vor. Ich beziehe mich jetzt auf die Drucksache 5/2147.

Hierbei geht es nach unserer Auffassung um eine gewisse Diskrepanz zwischen dem Wasserhaushaltsgesetz, also dem Bundesgesetz, und dem Landesgesetz. Wir schlagen vor, einen Punkt b einzufügen, der beinhaltet, dass der Abs. 1, der gleichbleibend wie im vorliegenden Antrag ist, inhaltlich auch für ausgebaute Gewässerstrecken gilt, soweit nicht in einem Planfeststellungsbeschluss oder einer Plangenehmigung etwas anderes bestimmt ist. Die zuständige Wasserbehörde kann den Umfang der Unterhaltung einschränken, wenn sie die Erhaltung des durch den Ausbau geschaffenen Zustandes nicht mehr für notwendig hält.

Was steckt dahinter? Wir haben im Sächsischen Wassergesetz eine Regelung, nach der der Ausbauzustand bei ausgebauten Gewässerstrecken zu erhalten ist. Im Bundeswasserhaushaltsgesetz ist diese Forderung nicht enthalten. Wir denken, dass wir damit deutlich hinter der Regelung des Bundesgesetzes stehen. Wir erreichen damit, dass für nicht ausgebaute und ausgebaute Gewässerabschnitte die gleichen Regelungen gelten. Wir könnten auch erreichen, dass wir einen naturfernen Zustand erhalten, wenn wir weiterhin unseren sächsischen Paragrafen aufrechterhalten. Das könnte im Gegensatz zur EU-Wasserrahmenrichtlinie stehen.

Ich denke, dass das auch ein guter Tipp für Einsparungen ist. Man muss genau abwägen. Die Erhaltung vieler Ausbaubauwerke in Flüssen ist in der Erhaltung und Unterhaltung garantiert wesentlich teurer als der naturnahe Ausbau.

Den zweiten Änderungsantrag betrifft die Drucksache 5/2148. Hier bitten wir, das Wort „natürliche“ zu streichen, und zwar schlagen wir im Sinne des Hochwasserschutzes vor, dass wesentlich mehr Flächen als Retentionsflächen in Anspruch genommen werden können als nur die natürlichen Flächen. Wir bitten Sie, auch dem zuzustimmen. Ich denke, dass wir uns alle einig sind, dass der Hochwasserschutz – nicht zuletzt aus den Erfahrungen des Jahres 2002 – eine erste Pflicht ist und dass wir alles tun müssen, um sämtlichen Retentionsraum zu schützen, um ihn im Sinne des Hochwasserschutzes zur Verfügung zu haben.

Das sind die zwei Änderungen, von denen wir uns versprechen, dass das Gesetz anwenderfreundlicher und auch rechtssicherer ist. Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer möchte zu den Anträgen sprechen?

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kallenbach, ich kann durchaus nachvollziehen, dass Sie Änderungsbedarf haben. Auch die bisherige Aussprache hat deutlich gemacht, dass es alle Fraktionen so sehen, dass wir eine große Novelle im Jahr 2011 anstreben. Aber die Komplexität des Umweltrechts macht auch deutlich, dass es nicht nur um ausgewählte Passagen geht, wie Sie sie in Ihren Änderungsanträgen formulieren, sondern dass es auch eine Prüfung sämtlicher Verordnungen zur Folge haben muss, und das wollen wir uns wirklich für das nächste Jahr vorbehalten.

Ich möchte noch einmal deutlich machen, dass die Sachverständigenanhörung einen wesentlichen Bestandteil haben wird und von Anfang an die Meinungen der Sachverständigen einbezogen werden, weil wir letzten Endes eine Anhörung machen, damit wir diesen Input bekommen. Ich möchte unterstreichen, dass das nicht eine Sache gewesen ist, die wir „nur mal so“ getan haben.

Zu Ihren Änderungsanträgen möchte ich wie folgt Stellung nehmen: Zu dem ersten Änderungsantrag, in dem es darum geht, dass wir das Wort „natürliche“ streichen, möchte ich deutlich machen, dass es hier – im Gegensatz zum § 77 Wasserhaushaltsgesetz – um das natürliche Rückhaltevermögen beim Sächsischen Wassergesetz geht. Da soll eben das Wort „natürlich“ die Abgrenzung zur technischen Möglichkeit deutlich machen. Von daher ist es wichtig, dass wir dort von einem „natürlichen“ Rückhaltevermögen sprechen. Es ist hier kein Zusammenhang unmittelbar zum § 99 Abs. 2 Sächsisches Wassergesetz gegeben. Deshalb geht Ihre Antragstellung etwas in die falsche Richtung. Ich weiß, was Sie meinen, aber hierbei geht es wirklich um die klare Abgrenzung zwischen technischem und natürlichem Rückhaltevermögen.

Den zweiten Antrag möchte ich deshalb ablehnen, weil wir uns in der Debatte deutlich ausgesprochen haben. Wir wollen möglichst zeitnah beim sächsischen Recht auch wieder Planungssicherheit schaffen, und die §§ 99 und 69 Abs. 2 sind eben kein Bestandteil der Anpassungsgesetzgebung, sondern werden zusätzliche Punkte, die man sicherlich in der großen Novelle diskutieren kann, die aber nicht unmittelbar mit dem vorliegenden Anpassungsgesetz einhergehen.

Von daher werden wir beide Anträge ablehnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Gibt es weiteren Redebedarf? – Das ist nicht der Fall.

Somit lasse ich jetzt über die Drucksache 5/2147, den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE, abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte! – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und einer Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe den zweiten Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE auf, Drucksache 5/2148. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte! – Stimmenthaltungen? – Gleiches Abstimmungsverhalten: Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe die Drucksache 5/2153, den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, auf und bitte jetzt Frau Abg. Pinka um Einbringung.