Protocol of the Session on March 31, 2010

Es geht dabei in erster Linie um die umfassende Beschleunigung des öffentlichen Verkehrs durch ein intelligentes und flexibles Verkehrsmanagement und den Einsatz neuer Technologien. Es geht dabei um die Fahrplantreue, um eine Verdichtung der Taktzeiten und um die Verbesserung der Anschlussqualität bei gleichzeitigem Verzicht auf eine Verlangsamung, denn die Qualität soll auf diesem hohen Niveau beibehalten werden.

Holger Zastrow hat gestern, als es um Standards ging, ein Beispiel gebracht: die Halbierung der ampelbedingten Verlustzeiten bei Bussen und Straßenbahnen. Das sollte ein Ziel sein, das Verkehrsplaner durchaus realistisch einschätzen. Wenn wir hören, dass es in Dresden circa 78 Ampeln mehr gibt als in anderen vergleichbaren Städten, ist das ein Ansatzpunkt, dem man nachgehen sollte.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Sehr gern.

Bitte sehr, Frau Jähnigen.

Ich freue mich erst einmal grundsätzlich, dass Sie sich zu Umweltzonen bekennen. Das war seitens der CDU nicht immer selbstverständlich und ist sicherlich ein neuer Stand.

Vor diesem Hintergrund möchte ich nach Ihren Vorstellungen zur Beschleunigung des öffentlichen Verkehrs und nach Tempo 30 fragen. Ist Ihnen bekannt, dass sich durch die Einführung von Tempo 60 in der Stadt Dresden – ein Pilotprojekt der damaligen schwarz-gelben Koalition 1999 – die Reisezeit des Autoverkehrs deutlich zuungunsten des öffentlichen Verkehrs entwickelt hat und der öffentliche Verkehr unter 20 km/h liegt? Wissen Sie das, und halten Sie das für richtig?

Ich weiß, dass beispielsweise der Straßenbahnverkehr mit einer durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit von 14 km/h deutlich unter der des motorisierten Individualverkehrs liegt. Aber ich hatte die Tempo-30-Zonen benannt. Eine andere Möglichkeit, auf die ich noch eingehen wollte, ist die Beschleunigung durch die grüne Welle. Das war der Ansatz, bei dem ich zu den Ampeln gesprochen habe. Da ist eine grüne Welle, bei der man eine 60-Kilometer-Geschwindigkeit erreichen kann, ein wichtiger Ansatz. Es geht um die Beschleunigung des Verkehrs.

Ich möchte noch einmal nachfragen. Es geht darum, dass die Leute zum Umsteigen auf den öffentlichen Verkehr animiert werden, wie Sie ganz richtig vorgetragen haben. Wenn der öffentliche Verkehr deutlich langsamer und der Autoverkehr beschleunigt wird, entsteht ein Wettbewerbsnachteil für den öffentlichen Verkehr. Können Sie sich dieser Überlegung anschließen?

Ich kann mich dieser Überlegung in gewisser Weise anschließen. Man muss differenzieren zwischen beispielsweise Unternehmern, die ihre Lieferwagen nicht auf die Schiene verlagern können,

(Beifall der Abg. Dr. Martin Gillo, CDU, und Tino Günther, FDP)

und den Bürgern, die den ÖPNV nutzen. Ich bin schon der Meinung, dass man diesen in der Stadt nutzen sollte und könnte. Aber man muss zwischen dem wirtschaftlichen und dem privaten Bereich unterscheiden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Gestatten Sie noch eine weitere Nachfrage?

Es gibt zunehmend Unternehmen, die durch Kombi-Tickets den öffentlichen Verkehr nutzen. Ziel muss doch sein, den vermeidbaren Autoverkehr einzudämmen, sodass die Lieferwagen von denen, die sie brauchen, wirklich fahren können. Können Sie sich dieser Überlegung anschließen, dass der öffentliche Verkehr für Unternehmen attraktiv und deshalb schnell sein muss?

Ich hatte vorhin ausgeführt, dass es darum gehen soll, den ÖPNV zu stärken und dafür Anreize zu schaffen, damit es zu einer Verlagerung kommt. Ich möchte mich dagegen sperren – das war vorhin Ihre Einschätzung –, dass ich ein großer Verfechter von Umweltzonen bin. Das trifft in der Form nicht zu; denn ich versuche Ihnen hier Alternativen aufzuzeigen. Ich bin nicht der Meinung, dass wir das ordnungspolitisch vorschreiben sollten, sondern wir sollten das wirksamste Instrument herausgreifen, das letztendlich der Wirtschaft hilft. Da ist es richtig, wie Sie sagen, dass wir Anreize schaffen, damit es zu einer Verlagerung kommt. Aber ich halte nicht viel davon, das als ordnungspolitisches Dogma voranzustellen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich fahre fort in meinen Ausführungen. Weitere Maßnahmen sind zum Beispiel Lkw-Routenkonzepte, der Ausbau von Straßen, die Verbesserung der Attraktivität des ÖPNV – das sagte ich soeben – und die Optimierung des Radwegenetzes. Das spielt auch mit hinein. Des Weiteren sind zu nennen: die grüne Welle, Geschwindigkeitsregelungen, Kreisverkehre, die Verbesserung der Baustellenlogistik und verkehrsberuhigende Maßnahmen. Abgastechnische Maßnahmen, zum Beispiel abgasärmere Fahrzeuge für den kommunalen Fuhrpark oder alternative Antriebstechniken, Elektrofahrzeuge – diese hatte ich bereits genannt – bzw. alternative Kraftstoffe stellen ebenso Handlungsalternativen dar.

Wichtig dabei ist die frühzeitige Einbindung und Sensibilisierung der Unternehmen und der Bevölkerung für die Maßnahmen der Luftreinhaltung. Nur so können Konflikte vermieden und die Akzeptanz für umweltpolitische Maßnahmen geschaffen werden. Die Mobilität sollte durch Umweltzonen nicht eingeschränkt werden, sondern besser umweltfreundlich realisiert werden, um die Städte lebenswert und sauber zu gestalten.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und Beifall bei der FDP)

Der mit den Umweltzonen teilweise verbundene Wirrwarr von Ausnahmeregelungen ist eher intransparent und ungerecht als wirkungsvoll und die Akzeptanz erhöhend. Gerichtliche Entscheidungen der letzten Zeit haben die Rechtmäßigkeit von Umweltzonen bestätigt. Von daher werden wir uns generell nicht dagegen sperren. Damit steht die Frage im Raum, wie es mit der Einrichtung von Umweltzonen weitergeht, wenn andere Maßnahmen allem Anschein nach viel bessere Ergebnisse erbringen können.

Wenn die Stadtverwaltungen sich für Umweltzonen entscheiden, kann und soll dies niemand verhindern. Vielmehr kann der Freistaat die Kommunen in ihrer Entscheidungsfreiheit nicht dazu zwingen, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen oder auch nicht. Wir können Hilfestellung geben, welche sonstigen Maßnahmen möglich sind. Diese Hilfe existiert bereits in Form eines umfangreichen Kataloges an Maßnahmen, welche ebenfalls das Ziel der Senkung der Feinstaubbelastung erreichen können. Inwieweit die Kommune diese Hilfe aber annimmt, liegt in deren Ermessen. Im Übrigen können auch Großgrünflächen, also Bäume, ein Instrument sein. Herr Günther, das ist an Sie gerichtet.

Noch einige Ausführungen zum Reformbedarf auf EUEbene. Wir halten es für sachgerecht, dass im Rahmen der nächsten Revision der EU-Luftqualitätsrichtlinie wahrscheinlich im Jahr 2015 die Partikelfraktion PM2,5 – also der noch feinere Feinstaub – aus Gründen des Gesundheitsschutzes verstärkte Aufmerksamkeit bekommt und die Partikelfraktion PM10 nicht mehr im Fokus steht. Der gesundheitsgefährdende Ruß ist Bestandteil der Staubfraktion mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrogramm. Die Umrüstung der Messsysteme von PM10 auf PM2,5 ist ohne Probleme möglich. Vor allem sollte die bisher vorgeschriebene Doppelmessung von PM2,5 und PM10 abgeschafft werden. Der Vorteil ist, dass es in der Folge um Tagesmessungen und nicht mehr um die Jahresmittelwerte geht. Daraus kann man gezielter Erkenntnisse gewinnen.

Es sollte deutlich geworden sein, dass wir uns sehr wohl der Notwendigkeit der Schadstoffemissionssenkung bewusst sind. Die dramatischen Zahlen der Todesfälle machen dies deutlich. Mit Sorgfalt sollte diese Senkung generiert werden. Wir wollen hierbei den Einsatz wirkungsvoller Umweltinstrumente in den Vordergrund stellen.

Ich denke, dass das Ziel unseres Antrages damit deutlich geworden ist und wir an dem Ziel der Schadstoffreduktion selbstverständlich festhalten werden. Manchmal führen viele Wege nach Rom. Wir wollen den möglichst effizientesten Weg wählen, den viele Menschen mitgehen können. Daher bitte ich Sie im Namen der CDU- und der FDP-Fraktion um Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Eine Kurzintervention von Frau Kallenbach, Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN; bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Meyer, ich möchte gern klarstellen, dass es nicht in der Hand der Kommunen liegt zu entscheiden, ob sie eine Umweltzone einführen oder nicht, sondern dass das nur in enger Abstimmung mit der fachlich zuständigen Aufsichtsbehörde, dem Landesamt für Geologie und Umwelt, geschehen kann und dass diese Aufsichtsbehörde

möglicherweise ergänzende Maßnahmen ablehnen muss, weil sie nicht die erforderliche Reduzierung der Emissionen bewirken. Das kann nur eine Umweltzone sein.

(Beifall der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Herr Meyer, bitte.

Ich möchte auf die Kurzintervention antworten. Frau Kallenbach, Sie haben, glaube ich, eine ganze Weile im Europäischen Parlament gesessen. Deswegen dürfte Ihnen klar sein, dass solche europäische Richtlinien vor allem erst einmal die Bundesrepublik Deutschland in die Pflicht nehmen und damit auch den Freistaat, wo das heruntergebrochen wird.

Ihre Einschätzung, dass die Kommunen dabei keinen Spielraum haben, stimmt so nicht. In erster Linie ist schon die Kommune dafür verantwortlich, diese Senkung und die vorgeschriebenen Werte einzuhalten. Natürlich hat der Freistaat, der letztendlich finanziell in die Pflicht genommen wird, wenn man die entsprechenden Werte nicht einhält, dafür Sorge zu tragen, dass durch eine fachliche Prüfung – dafür haben wir unter anderem die Fachbehörden – die Abwägung der Maßnahmen vorgenommen wird. In erster Linie ist die Kommune dafür verantwortlich; denn für Dresden und Leipzig gibt es durchaus spezifische Unterschiede und die Kommune sollte die Maßnahmen festlegen.

(Beifall des Abg. Alexander Krauß, CDU, und bei der FDP)

Herr Günther von der FDP-Fraktion ist an der Reihe; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sachsen gehörte durch den Aufschwung im Montanwesen im 12. Jahrhundert und vor allem als Kernland der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert zu den technisch, wissenschaftlich und ökonomisch fortschrittlichsten Regionen Deutschlands.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Es waren die großen und kleinen Betriebe der sächsischen Industriegeschichte, die dem Freistaat Sachsen den Ruf verschafft haben, den er bis heute hat und von dem wir heute leben. Damals gab es keine Luftreinhaltepläne. Unsere Urgroßväter würden sich bei Emissionsgrenzwerten einschließlich festgelegter Toleranzmargen nach § 47 Abschnitt 1 und der Vielzahl an Maßnahmen und Auflagen zu deren Einhaltung im Grabe umdrehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, sei es drum. Luftreinhalte- und Aktionspläne der Kommunen bündeln jetzt diese verschiedenen Maßnahmen zur Verringerung der Schadstoffbelastungen. In ihren Zielen der Schadstoffminimierung sind sie durchaus sinnvoll, in ihren einzelnen Maßnahmen jedoch teilweise vollkommen übertrieben und in ihren Auswirkungen auch so nicht vertretbar. Es ist für uns als FDP-Fraktion und für uns als Koalition vollkommen übertrieben, wenn Handwerker und Gewerbetreiben

de dadurch am Arbeiten gehindert werden. Dafür, sehr geehrte Damen und Herren, hatte ich noch nie Verständnis, und dafür kann es auch keine überzeugenden Begründungen geben. Aber ich bin gespannt darauf, was Herr Lichdi normalerweise – jetzt ist er nicht da – diesmal wieder einmal an grünen ökologischen Utopien als Argument für Umwelt- und Fahrverbotszonen zu bieten hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es muss doch bei den Maßnahmen zur Senkung von Schadstoffemissionen um Anreizsysteme gehen. Es darf doch nicht die Bestrafung im Mittelpunkt stehen. Umweltzonen stellen aber im Moment eine solche dar. Sie sanktionieren genau diejenigen die auf Mobilität ganz besonders angewiesen sind: sächsische Handwerker, die sächsischen Gewerbetreibenden und die kleinen Unternehmen. Gerade sie verwenden häufig leichte Nutzfahrzeuge mit Dieselantrieb. Diese Fahrzeuge erfüllen zu einem großen Teil gerade nicht die Anforderungen zum Erhalt der grünen Umweltplakette. Wer die betriebswirtschaftlichen Erkenntnisse von Kleinbetrieben hat, der weiß, dass sie auch in der nächsten Zeit nicht in der Lage sein werden, dass alle ihre Mobilität durch neue Fahrzeuge erlangen.

Folglich trifft dann auch die Einführung einer Fahrverbotszone gerade diejenigen, die von der anhaltenden Wirtschaftsschwäche jetzt sowieso schon betroffen sind, nämlich den sächsischen Mittelstand. Wir wollen keinen Stillstand in den Innenstädten. Wir wollen stattdessen eine Verkehrsverflüssigung, Verkehrsleitsysteme und vermehrte Anstrengungen in den Kommunen bei der Stadtbegrünung, ja, aber eben auf kommunalen Grundstücken. Solche Maßnahmen müssen durchgeführt werden, um die Schadstoffemissionen zu mindern. Erst wenn alle Mittel dafür ausgeschöpft sind, darf über Umweltzonen und damit verbundene Fahrverbote für meist ältere Fahrzeuge nachgedacht werden. Natürlich müssen wir auch etwas im Straßenverkehr unternehmen, um dies mit weniger Schadstoffausstoß zu organisieren. Aber dazu brauchen wir keine grüne Glaubensideologie. Es ist unstrittig, dass die höchsten Feinstaubbelastungen in der Nähe von verkehrsreichen Straßen auftreten.

Deshalb ist der Ansatzpunkt, die Emissionsbelastung im Straßenverkehr zu senken, die richtige. Aber die Innenstädte vom Straßenverkehr gänzlich auszuschließen bewirkt doch nicht, dass weniger gefahren wird. Die sächsischen Städte und Gemeinden brauchen keine Fahrverbotszonen, sie brauchen eher Schutzzonen vor grünen Fantasien, die niemandem mehr nützen als den GRÜNEN selbst. Den Bürgern, den Handwerkern und Gewerbetreibenden nützen Umwelt- und Fahrverbotszonen gar nichts. Deshalb müssen alle Möglichkeiten geprüft werden, um die Einrichtung von Fahrverbotszonen zu verhindern und die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen dennoch zu gewährleisten. Das Weitere wird Ihnen meine Kollegin Jonas im zweiten Redebeitrag beibringen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Die Fraktion DIE LINKE, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrter Herr Günther, ich bin auch Geowissenschaftler

(Tino Günther, FDP: Ich auch!)